Читать книгу Sozialrecht für die Pflege - Dieter-Eckhard Genge - Страница 33
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4 Formen und Funktionen von Sozialleistungen
Allgemein wird im Rahmen der konkreten Ausführung von Sozialleistungen zwischen Dienst-, Sach- und Geldleistungen unterschieden. Häufig kann die Unterscheidung vom Inhalt der beantragten Leistung abhängig gemacht werden.
4.1 Ausführung von Sozialleistungen
Beispiel 1
Eine Mitarbeiterin eines Sozialhilfeträgers oder eines Pflegestützpunktes empfiehlt einer von Pflegebedürftigkeit betroffenen Person die Inanspruchnahme eines konkret benannten ambulanten Pflegedienstes, einer stationären Pflegeeinrichtung, eines Trägers einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft oder einer Form des Betreuten Wohnens.
Beispiel 2
Die Pflegefachkraft einer Pflegekasse klärt einen Versicherten über den Einsatz eines Pflegehilfsmittels auf, das möglicherweise zugunsten des Pflegebedürftigen zum Einsatz kommen kann. Sie informiert darüber hinaus über die Finanzierung von wohnumfeldverändernden Maßnahmen in dessen häuslichem Umfeld.
In allen derartigen Konstellationen werden Dienstleistungen als Formen persönlicher Betreuung und Hilfe aufgefasst. Man könnte auch sagen, dass immer dort, wo eine Leistung als solche nicht durch Geld ersetzt werden kann, sie in der Regel als Dienstleistung in Erscheinung tritt.
Demgegenüber werden Sachleistungen charakterisiert als die Bereitstellung bzw. das Zurverfügungstellen von Sachen respektive Sachgesamtheiten.
Beispiel 1
Die Krankenkasse/Pflegekasse lässt über ein mit ihr kooperierendes Sanitätsfachhaus aus ihren Beständen einen für die versicherte Person bestimmten Rollstuhl/Pflegerollstuhl an diese ausliefern.
Beispiel 2
Der Sozialhilfeträger gewährt die Leistungen nicht nur als reine Geldleistung, sondern teilweise auch in Form von Gutscheinen.
Bei der Frage, in welcher Form ein angegangener Sozialleistungsträger die von ihm beantragten Leistungen ausführt bzw. sie der nachfragenden Person gewährt, kommt ihm oft ein Entscheidungsspielraum zu. Insofern handelt es sich um sogenannte Leistungen nach Ermessen, die neben den gebundenen Entscheidungen im Sozialleistungsrecht eine immer größere Rolle spielen.
4.2 Funktionen von Sozialleistungen
Sozialleistungen werden darüber hinaus auch nach ihrer Funktion unterschieden:
4.2.1 Prävention
Im günstigsten Fall tragen Sozialleistungen dazu bei, eine aus Sicht des Versicherten negative Folge gar nicht erst entstehen zu lassen:
Beispiele
• Leistungen zur Krankheitsverhütung: alle einschlägigen Vorsorgeuntersuchungen (vgl. §§ 20 bis 26 SGB V)
• Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben: etwa die herkömmliche Arbeitsvermittlung bzw. berufliche Förderung zur Verhinderung von Arbeitslosigkeit (vgl. § 35 SGB III)
• Leistungen der medizinischen Rehabilitation zwecks Verhinderung der Erwerbsminderung (vgl. §§ 9 ff. SGB VI); insoweit kommt der Grundsatz »Rehabilitation vor Rente« zum Ausdruck, siehe oben!
4.2.2 Restitution
In jenen Fallkonstellationen, in denen ein Schadenseintritt bei der versicherten Person nicht mehr abgewendet werden konnte, stehen dagegen die Bemühungen der unterschiedlichen Sozialleistungsträger im Vordergrund, den ursprünglichen Status quo wiederherzustellen; dieser Wiederherstellungsgedanke steht etwa bei nachstehend aufgeführten Sozialleistungen an oberster Stelle:
Beispiele
• Kranken- und Heilbehandlung (vgl. § 27 SGB V)
• Leistungen zur medizinischen Rehabilitation durch die Krankenkasse (vgl. § 40 SGB V)
4.2.3 Kompensation
Für die verbleibenden, im pflegerischen Alltag leider häufig anzutreffenden Fälle, in denen eine Wiederherstellung der Gesundheit, beispielsweise die Wiedererlangung körperlicher Fähigkeiten durch eine Heilbehandlung nicht mehr möglich ist, gewähren Sozialleistungen, etwa in Form von Sachleistungen, einen angemessenen Ausgleich, um die für die Betroffenen zu erduldenden Defizite wenigstens zu mildern.
Beispiele
• Die Bereitstellung eines Rollstuhls durch die Krankenkasse soll ein Stück weit die verlorene Fortbewegungsmöglichkeit aus eigener Kraft ausgleichen helfen.
• Große Bedeutung erlangen kompensatorische Hilfen in Form von Sachgesamtheiten für behinderte Menschen. Zur Umsetzung der geforderten gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, bedarf es eines Ausgleichs der besonderen Belastungen, die diese erfahren. So erhalten behinderte Menschen etwa Hilfen zur Verständigung mit der Umwelt als Assistenzleistung nach § 78 SGB IX.
Die hauptsächliche Bedeutung der kompensatorischen Funktionen von Sozialleistungen erschließt sich aber aus den dem betroffenen Personenkreis zur Verfügung stehenden materiellen Geldleistungen. Diese bezwecken allesamt den Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile:
Beispiele
• Gewährung von Kranken-, Übergangs-, Unterhalts- oder Verletztengeld durch die einschlägigen Sozialversicherungsträger ( Kap. 2.3).
• Die Gewährung von Mehrurlaub für Menschen mit Behinderungen nach § 125 SGB IX besitzt für diese geldwerten Charakter.