Читать книгу Von der Weisheit und vom Brauchtum unserer bäuerlichen Vorfahren - Dieter Kremp - Страница 27

Das Zimtwaffeleisen meiner „Großel“

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Ich erinnere mich mit Wehmut an den würzig-süßen Duft Von Zimtwaffeln, wenn alljährlich in der Adventszeit meine „Großel“ (Großmutter) auf dem Kohlenofen die Zimtwaffeln gebacken wurden. Noch heute ist das uralte Zimtwaffeleisen im Besitz meiner Schwester Ursula. Es muss wohl über hundert Jahre alt sein.

Wie heimelig war es in der Stube, wenn der Duft alle Räume des Hauses durchströmte. Und oft war es so, dass auch Bratäpfel auf der Ofenplatte brutzelten. Heute rätsele ich über die Bedeutung der sechs verschiedenen Backformen-Symbole, die auf dem Zimtwaffeleisen erhalten sind. Da ist eine Schnecke (Spirale) dargestellt als Zeichen für die unaufhörliche Bewegung der Zeit, also eine Verheißung der ständigen Erneuerung. Für das Rotkehlchen gibt es zwei verschiedene Deutungen. Die christliche lautet, dass das Rotkehlchen dem Herrn Jesus am Kreuz einen Dorn aus der Stirn zog, sich dabei selbst verletzte und seitdem den roten Blutfleck auf der Brust trägt. Es kann aber auch sein, dass das Rotkehlchen mit dem Zaunkönig verschmolzen ist, der früher am Tag des heiligen Stephan (26. Dezember) gejagt wurde. es war der einzige Tag im Jahr, an dem dieser im Naturglauben heilige Vogel getötet werden durfte.

Vier Herzformen symbolisieren das Fest der Geburt Jesu, das Fest der Liebe. Die Christrose, im Volksmund auch Schneerose oder Schneekatze genannt, erinnert an die Blüte Jesse, die mitten im Dunkel der unerlösten Welt aufblühte: „Es ist ein Ros’ entsprungen aus einer Wurzel zart“. In der Wintersonnenwende haben unsere Vorfahren große Schalen mit Früchten auf den Tisch gestellt, um im kommenden Jahr keinen Mangel zu leiden. Zu den Früchten gehörten vor allem Nüsse als Symbol der Fruchtbarkeit. Die Nüsse waren auch Sinnbilder von Gottes unerforschlichem Ratschluss.

Schließlich ist auf dem Zimtwaffeleisen auch noch ein Kreuzsymbol. Am Luciatag (13. Dezember) wurde vielfach Lucienweizen in Kreuzform in flache Tonschalen gesät und feucht gehalten. Die Weizensaat stellte die wieder keimende Natur dar. Fast nicht mehr zu entziffern, weil „das Alter am Zahn der Zeit genagt hat“, ist ein Symbol auf der Kopfseite der Zimtwaffelpfanne. Es sieht aus wie ein Rad (Zahnrad) mit einer römischen Eins. Es könnte das Rad als Symbol der Sonne im Mithras-Kult der keltischen Vorfahren sein. Die römische „I“ weist auf den Beginn des neuen Jahres hin.

Meine Schwestern backen noch heute Zimtwaffeln nach einem uralten Rezept ihrer Großmutter, das in der alten Sütterlin-Schrift in einem Kochbuch ihrer „Großel“ aufgeschrieben ist: Man nimmt ½ Pfund Butter, 300 Gramm Zucker, drei große Eier, 100 Gramm Zimt und ein Pfund Mehl. Der Teig muss drei bis vier Stunden lang stehen.

Von der Weisheit und vom Brauchtum unserer bäuerlichen Vorfahren

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