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Vom „Strohpatt“ und der „Binsegoth“

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In unserem Dorf wurde das neugeborene Kind innerhalb acht Tagen getauft. Bis zu diesem Tage war es ein „Hädekend“ (Heidenkind). Je nachdem, ob es ein Bub oder ein Mädchen war, erhielt es früher den Vornamen des Vaters oder der Mutter. Waren schon Kinder in der Ehe vorhanden, so wählte man gern die Vornamen der Paten. Pate und Patin (Patt und Goth) wurden, wenn irgend angängig, der näheren Verwandtschaft entnommen. Die Frau des Paten war die „Binsegoth“, der Mann der Patin der „Binsepatt“. Pate und Patin zu werden, wurde als besondere Ehre empfunden, die aber auch zu Patengeschenken verpflichtete. Ein solches Geschenk, Zuckersteine oder auch Bargeld, erhielten vor allen Dingen der taufende Pfarrer und die Hebamme. Auch pflegten Pate und Patin an die vor der Kirche schon sehnsüchtig wartenden Kinder Zuckersteine auszuteilen. Bis zur Konfirmation waren Pate und Patin verpflichtet, ihre Patenkinder am Neujahrstag und an Ostern zu beschenken. In der Regel hatte früher ein Kind drei Paten. Diese wurden an Ostern und an Neujahr reihum aufgesucht. Die Pflicht der Paten war es auch, den Wein zu bezahlen, der bei der Kindtauffeier getrunken wurde. Zeigte sich der Pate knauserig, so wurde er zeitlebens den Namen „Strohpatt“ nicht mehr los.

Uralte Wiegenlieder wurden dem Kleinkind von der Mutter gesungen:

„Schlaf, Kindchen, schlaf!

Dein „Babbe“ hüt die Schaf.

Dein „Modder“ hüt die Lämmercher,

in den dunkeln Kämmercher,

schlaf, Kindchen, schlaf“

Oder die Großmutter sang:

„Guten Abend, gute Nacht,

mit Rosen bedacht,

mit Näglein besteckt,

schlupf unter die Deck.

Morgen früh, wenn Gott will,

wirst du wieder geweckt.“

Bei Krankheiten glaubte meine Urgroßmutter noch an einen Erfolg durch „gesundbeten“. Die „Gesundbetersch“ sollte durch „Sympathie“ heilen. Brave Kleinkinder wurden auf dem Schoß der Mutter reiten gelehrt. Dazu sang man:

„Reite, reite Rösschen!

Dort oben steht ein Schlösschen;

Da unten steht ein Glockenhaus,

da gucken drei schöne Jungfern raus!“

Aus meiner Kinderzeit kann ich mich auch noch an ein Neckliedchen erinnern:

„Miller, Miller, Maler

hatt de Sack voll Daler,

hat de Sack voll Haselness

Miller, miller, Maler!“

Oder es hieß:

Miller, Miller, Maler

Hatt de Sack voll Daler.

Miller, Miller, Plaschderschess,

die Dieter hat en die Hos geschesss.“

Den weinerlichen und ungehorsamen Kindern drohte man: „Pass off, der ewig Judd kommt und steckt dich en de Sack!“ Oder „Der schwarze Mann kommt und holt dich mit!“ oder „Der Bautz kommt!“ In der Zeit vor dem ersten Schulgange ängstigte man unverständigerweise das Kind mit den Worten: „Du musst noch in die glühend Kett beiße.“ In die Schule nahmen wir dann die „Greffelbichs“ (Griffelbüchse) und die „Lai“ (Schiefertafel) mit. Wenn der Saft im Frühjahr wieder in die Sträucher stieg, stellten wir Jungen uns Blasinstrumente aus der Rinde von Haseln und Weiden her: „Schalmeien, Huppen oder Hippen, Pfeifen, Tuten oder Tratschen. Kam dann der Herbst, dann verbrannten wir Kinder auf den Äckern das welke Kartoffelkraut und brutzelten die Kartoffeln im Kartoffelfeuer.

Von der Weisheit und vom Brauchtum unserer bäuerlichen Vorfahren

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