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Von der „Katzenmusik“ bis zum „Leichenimbs“

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Ein besonderer Tag im Leben des Kindes war bei uns im Dorf der Konfirmationstag und der Kommunionstag. Die Familie gab dann ein großes „Imbs“ (Imbiss). Die Verwandtschaft wurde eingeladen, Pate und Patin wurden nie vergessen. Nach der Entlassung aus der Volksschule zählte sich das Kind schon gern zu den „Großen“. Damals war es auf dem Dorf höchst selten, ein Kind auf die „höhere Schule“ zu schicken. Ich war 1949 der erste Junge im Ort, der auf die „höhere Schule“ ging. Ich war in der Volksschule der beste Schüler. Vor allem Deutsch, Naturkunde („Biologie“), Erdkunde („Geographie“), Heimatkunde, Religion und später Französisch waren meine Lieblingsfächer. Ich träumte schon damals im Geheimen vom Studium der Botanik. Doch wie sollte ich auf die „höhere Schule“ kommen? Meine Eltern waren wahrlich nicht begütert. Sie waren schon auf der Suche nach einer Lehrstelle für mich. Ich sollte Kürschner werden. Als das mein Lehrer Zwalla hörte, war er bitterböse. Er besuchte meine Eltern und bat sie inbrünstig darum, mich auf das „Saarländische Lehrerseminar“ in der benachbarten Stadt Ottweiler zu schicken. So geschah es also: Die Aufnahmeprüfung bestand ich mit sage und schreibe 20 Punkten. Im Saargebiet wurde damals nach folgendem Punktsystem bewertet: 18 bis 20 Punkte war die Note „sehr gut“, 16 bis 17 Punkte war „gut“, 13 bis 15 Punkte war „befriedigend“, 10 bis 12 Punkte war „ausreichend“, 6 bis 9 Punkte war „mangelhaft“ und null bis 5 Punkte war „ungenügend“.

Die Verlobung war bei uns auf dem Dorfe keine so einfache Sache, wie sie es heute ist. Die Eltern hatten bei der Auswahl des Ehegatten ein sehr gewichtiges Wort mitzureden. Die Verlobung erfolgte durch Handschlag, auch Handstreich genannt. Den Hochzeitszug eröffnete, mit der Braut am Arm, der Brautführer. Dieser war auch standesamtlicher und kirchlicher Zeuge. Beim Hochzeitsmahl ging es immer lustig zu. Wie bei allen bäuerlichen Schmäusen gab es früher zuerst Rindfleischsuppe, dann Rindfleisch mit Meerrettich, Rotrüben und Gurken als Beilage und hierauf Schinken mit Kraut. Es war auch Brauch, dass während der Hochzeitsfeierlichkeiten der Braut der Schuh geraubt und dann versteigert wurde. Am Spätnachmittag zog die Hochzeitsgesellschaft in die Wirtschaft, wo getanzt wurde. Vor dem Haus des Bräutigams wurde am Abend mit allen möglichen Gegenständen eine „Katzenmusik“, „Schariwari“ genannt, gemacht. Sie hörte erst dann auf, wenn der Bräutigam sich bereit erklärte, etwas Trinkbares zu stiften.

Wenn jemand in der Familie oder in der nahen Verwandtschaft gestorben war, stelle meine Mutter die Uhr ab, „damit der Tote in seiner Ruhe nicht gestört werde.“ Sie verhängte den Spiegel, um dem Toten nicht die „zweite Leich“ zu zeigen. Die Leiche wurde gewaschen und mit einem Totenhemd bekleidet. Des Mittags oder des Abends läuteten die Totenglocken. Um den Sarg stellte man vielfach brennende Kerzen. Abends kamen die Nachbarn und Verwandten zusammen, um zu beten. Ganz früher wurde auch Nachtwache gehalten. Am dritten Tage nach dem Tode wurde der Verstorbene beerdigt. Mit einem Pferdefuhrwerk wurde der Tote im Zug zum Friedhof gefahren. Nach der Beerdigung fand in der Wirtschaft das „Leichenimbs“ statt. Dazu gehörte vor allem Zuckerkuchen und Kranzkuchen.

Von der Weisheit und vom Brauchtum unserer bäuerlichen Vorfahren

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