Читать книгу Von der Weisheit und vom Brauchtum unserer bäuerlichen Vorfahren - Dieter Kremp - Страница 38

Der Hahn, der Ritter im Dorf

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Die Hähne waren eine Zierde auf dem Bauernhof. Mit stolzem, gemessenem Schritt stolzierten sie durch die Hühnerschar. Sie hatten meist dieselbe Farbe. Sie hatten einen leicht gebogenen, hellfarbigen Schnabel und über demselben auf dem Kopf einen purpurroten, kronenartigen Kamm, welcher mit Würde getragen wurde. Der etwas gebogene Hals war bekleidet mit einer bronzefarbenen, gemischt mit hochroten Federn geschichteten Pelerine, hängend bis über die Brust. Der übrige Teil des Körpers bestand aus einem Behang aus bronzefarbigen Federn. Nicht minder zierte den Hahn der hoch geschwungene, mit tiefblau glänzenden Federn geschmückte Schweif.

Der Hahn wurde als Symbol bei manchen Feierlichkeiten benutzt. Auch bei Haus- und Scheunenrichtfesten durfte der Hahn auf der Spitze des Kranzes, der beim Umzug im Dorf von zwei Jungfrauen zum Takt der Musik getragen wurde, nicht fehlen. Er war aus Pappe geschnitten und mit Goldschaum bedeckt.

Die Hähne waren aber auch die Ritter im Dorf. Sie blieben nicht in ihrem Heim, sondern passierten andere Höfe und befehdeten stets einander. Ergötzlich war solch ein Duell anzusehen, wenn man es nicht vorzog, sie auseinander zu scheuchen. Wenn die beiden kampfbereiten Hähne sich forderten, gingen beide etwa 15 Schritte rückwärts auseinander. Auf ein beiderseitiges Zeichen, indem sie sich aufbauschten, flogen sie gegeneinander. Das Ziel war ein Teil des Kammes. Beim ersten und zweiten Anflug wurde er gewöhnlich verfehlt, indem sie gegeneinander abpurzelten. Die Hähne, je der seinen Platz wieder einnehmend, wiederholten den Anflug solange, bis einer, der einen schmerzlichen blutenden Hieb erhalten hatte, um die Ecke lief. Der Gewinner flog auf den höchsten Gegenstand, der in der Nähe war, und verkündigte seinen Sieg durch kräftiges Schreien.

Der Hahn war auch ein willkommener Gast im Hause, da er morgens den nahenden Tag durch sein lautes Krähen ankündigte. Die Hähne krähten morgens pünktlich um drei Uhr. Dann jede Stunde, so pünktlich und zuverlässig, dass man annehmen sollte, vor Jahrtausenden sei die Tageszeit danach eingeteilt worden. Dem Großknecht auf dem Hofe kam das Krähen morgens sehr zustatten, da derselbe derzeit der erste auf den Beinen war im Haus. Er hatte für Licht und Feuer zu sorgen, und er musste das Futter für die Pferde auf der Handlade, dem Zappelbock, schneiden. Dann oblag ihm noch das Wecken des übrigen Gesindes.

Überhaupt war das damalige Hühnervolk sehr rührig. Die Hühner flogen mehr, als sie gingen. Wurden sie ausnahmsweise mal gefüttert, so kamen sie auf den Zuruf nicht angelaufen, sondern über Zäune und Hecken angeflogen. Auch die Hühner untereinander stritten sich oft. Sie bauschten sich auf und flogen kerzengerade voreinander hoch. Augen in Auge tobten sie durch Schnabelhiebe ihren Sinn aus, bis sie sich blutig verließen.

Von der Weisheit und vom Brauchtum unserer bäuerlichen Vorfahren

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