Читать книгу Von der Weisheit und vom Brauchtum unserer bäuerlichen Vorfahren - Dieter Kremp - Страница 30
Als noch das „Heimsje“ auf dem Bauernhof auf der Pirsch war
ОглавлениеMit dem Schwinden der bäuerlichen Struktur nahm die Zahl der Hauskatzen in den letzten Jahrzehnten bei uns rapide ab. Früher spielten sie auf dem Bauernhof eine wichtige Wächterrolle. Mit dem Anlocken „Heimsje oder Heimiche komm“ verband man die enge Beziehung der Hauskatze zu Haus und Hof. Daher kommt auch der liebevolle Name „Heimiche“: „Zum Heim gehörend“. Ein „Heimchen“ war früher auch die Hausgrille, ein kleiner Hausbewohner, auf dessen erstes Zirpen man im Sommer wartete. Und schließlich war eine gute Hausfrau ein „Heimchen am Herd“.
Einst war die Hauskatze der Wächter auf dem Hofe. Von großen Weizen-, Gerste- und Roggenhaufen wurden Mäuse und andere Nager geradezu magisch angezogen. Ganze Heerscharen taten sich oft an den Körnerbergen gütlich, solange keine Samtpfote einen Abschreckungseffekt erzielte. Mehr noch: Der Mäusekot und die schimmelnden Essensreste galten als höchst ungesunde Beimischungen für den Getreideschrot, der ja schließlich an Rinder und Schweine verfüttert werden sollte. Mit reichem Hunger und Jagdfieber ausgestattet, bewachten die Katzen auch die Futterübenhalde vor Mäusen und größeren Nagern, verscheuchten Ratten schon alleine durch die geschickt platzierten Duftmarken vom Komposthaufen und hielt zuweilen sogar im Gemüsegarten Wacht, um beispielsweise Amseln von den Beeten abzuhalten.
Auch kundige Obstbauern wussten die Arbeit des Schnurrers zu schätzen, denn kräftige Kater waren in der Dämmerung in den Obstanlagen auf der Pirsch, verharrten mucksmäuschenstill vor dem Eingang ins Reich einer Wühlmausfamilie und erwischten an einem Abend gleich drei der Schrecken. Kater „Tom“ hatte sich allein an diesem Abend schon bezahlt gemacht. Die wenigen nächtlichen „Gesangsarien“ der „Miezen“ wurden leicht verziehen.
Allerlei Schabernack trieben wir Jungen abends auf dem Dorf. Konnten wir einen Hausbewohner nicht leiden, so legten wir frische Baldrianwurzeln vor die Haustür. Dass Baldrianduft Katzen magisch anzieht, wussten wir. Die sich dann auf der Treppe tummelnden Katzen miauten so laut, dass der Hausherr nicht schlafen konnte. Meine Mutter brachte die erste Katze in unsere Familie mit. Es war eine schwarze Katze, und obwohl schwarze Katzen damals noch als Unglücksbote galten, waren wir hochzufrieden mit unserer „Mieze“. Meine Mutter Berta war mit meiner Tante Lina und der „Tilchegoth“ an einem Sonntagnachmittag den weiten Weg über den Berg von Steinbach nach Ottweiler ins Kino gegangen. Es war mitten im Winter. Auf dem Rückweg mitten in der Nacht fing es an zu schneien. Da kamen sie an einem kleinen Wäldchen vorbei und hörten ein klägliches Miauen. Es war ein schwarzes Kätzchen, das ihnen entgegenkam. Meine Mutter hatte Leid mit dem Kätzchen und nahm es mit nach Hause.