Читать книгу Die Katholizität der Kirche - Dominik Schultheis - Страница 32

4.3Katholizität als Konfessionsbezeichnung

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Wie auch immer die einzelnen Reformatoren ihr Kirchenverständnis ausprägten und den Begriff „katholisch“ gebrauchten: „Katholisch“ ist sowohl für die Reformatoren als auch für die reformierten Theologen der ersten Generation noch keine Konfessionsbezeichnung, sondern mehr ein „Gütesiegel“. „Katholisch“ wird primär als geistige Größe verstanden und nur sekundär auf die sichtbare Kirche übertragen, was die aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen aus ihrer Sicht als „wahre“ Kirchen qualifiziert. Damit wird die bleibende Kontinuität zur alten Kirche betont und zugleich eine Abgrenzung zur „ecclesia Romana“ unterstrichen. Die eigentliche Bezeichnung, die man beibehalten wollte, war: „ecclesia apostolica catholica“, „christliche“, „allgemein katholische“168 Kirche.

Während ein mehr wesentliches Verständnis der Katholizität lediglich der unsichtbaren Kirche das Attribut „katholisch“ zubilligt, in der die einzelnen Konfessionskirchen geeint und somit indirekt katholisch sind169, fördert die institutionelle Deutung des Katholizitätsbegriffs in Folge Melanchthons die Identifizierung der sichtbaren lutherischen mit der einzig wahren katholischen Kirche. Schon bald gereicht „katholisch“ mehr und mehr zur Konfessionsbezeichnung, wovon absetzend sich die die reformatorischen Kirchen „lutherisch“ nennen und das ursprüngliche Begriffsverständnis von „katholisch“ aufgeben. Wegen der Gefahr der Verwechslung mit der „römischen“ Konfession ersetzen die meisten evangelischen Gemeinden das „katholisch“ im Apostolikum durch Wörter wie „christlich“, „allgemein“ oder in Kombination „allgemein christlich“, die ihrer Auffassung nach in gleicher Weise die Gemeinschaft der Catholica als alle Christen auf der ganzen Welt einende (unsichtbare) Größe zum Ausdruck bringen. Wo aber das Wort „katholisch“ aufgegeben wird, „um statt dessen ‚allgemeine Kirche’ zu sagen“, wird man – so folgert Henri de Lubac richtig – „damit unvermeidlich eine völlig andere ‚Kirche’ bezeichnen als die von Jesus Christus auf dem Fundament der Apostel gegründete und von dorther durch die Geschichte hindurch fortlebende: man […] [denkt] an eine ‚Kirche’ ohne Struktur, unsichtbar und diffus“170.

Eine beginnende Wiederbesinnung auf das Wesen der allen christlichen Kirchen zukommenden Katholizität setzt auf evangelischer Seite zu Beginn des 20. Jahrhundert ein unter anderem mit Beiträgen von Friedrich Heiler (1892–1967), Nathan Söderblom (1866–1931) und Paul Tillich (1886–1965), die selbstbewusst von einer „evangelischen Katholizität“ sprachen.171 Bedeutende evangelische Theologen machen derweil das Attribut „katholisch“ ganz selbstverständlich für die evangelische Kirche geltend (vgl. u.a. Karl Barth, Werner Elert, Ernst Kinder, Edmund Schlink, Ulrich Kühn, Gunther Wenz).172

Die Katholizität der Kirche

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