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4.5Katholizität nach anglikanischem Verständnis

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Die Anglikanische Gemeinschaft vereinigt seit jeher unterschiedliche Typen christlicher Bekenntnisse. Der Tatbestand dieser sogenannten „comprehensiveness“ führt einerseits zu einem Reichtum an verschiedenen (katholischen wie evangelischen) Traditionen, verhindert andererseits eine einheitliche Dogmatik „der“ anglikanischen Kirchen sowie ein einheitliches Verständnis von Katholizität.199

Die Anglikanische Gemeinschaft versteht sich als „eine Familie von Kirchen innerhalb der universalen Kirche Christi, die an der apostolischen Lehre und Struktur festhält und in voller Sakramentsgemeinschaft miteinander und mit den Bischofssitzen von Canterbury und York steht.“200 Dabei sind Übereinstimmung im katholischen und apostolischen Glauben (der sich in Teilen liturgisch und lehrmäßig im „Common Prayer Book“ ausdrückt) sowie ihre bischöflich-synodale Verfassung mit Autokephalie der Ortskirchen und gleichzeitiger Kirchengemeinschaft untereinander (Lambeth-Konferenz seit 1867 als Synode sowie das damit verbundene Anglican Consultative Council seit 1970 ohne Legislative und Exekutive) Wesenszüge der Anglikanischen Kirche, die mehr eine moralische Größe denn eine ontologische Glaubensaussage darstellen.201 Die Anglikanische Gemeinschaft versteht sich also als ein Teil der einen „wahren“ Kirche, die als ein größeres Ganzes gedacht wird und nicht notwendiger Weise empirisch erkennbar sein muss.202

Während das Interesse am Verständnis der Katholizität während und kurz nach der Reformation auf anglikanischer Seite noch recht groß war, ebbte es im 17. und 18. Jahrhundert zunehmend ab. Eine Neubesinnung auf die Frage nach der Katholizität der Kirche erfolgte erstmals im 19. Jahrhundert im Zuge der Erneuerung der hochkirchlichen Bestrebungen und in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen. Im Vordergrund steht fortan das Anliegen, die dogmatische Vielfalt sowie das Nebeneinanderbestehen evangelischer und katholischer Traditionen der anglikanischen Kirche im Sinne der „comprehensiveness“ in eine Synthese zu bringen. Während etwa Arthur Michael Ramsey203 das der anglikanischen Kirche aufgegebene Problem einer Einheit in der Vielheit strukturell aufzulösen versucht – er glaubt, in der Verfassung der Kirche („order“) das einigende und normierende Prinzip der Katholizität zu finden –, setzt Daniel Jenkins204 am Glauben der Kirche an („faith“) und sieht die Katholizität der Kirche in ihrer Kontinutität zur Lehre der Apostel begründet, wie sie in der Heiligen Schrift bewahrt ist.

Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg nehmen qualifizierte Theologen des hochkirchlichen205, evangelikalen206 und freikirchlichen207 Teils getrennt voneinander Stellung zur Frage nach einer einenden Synthese der unterschiedlichen Auffassungen. Der erste (hochkirchliche) Bericht betont die Institution („order“) der Kirche als das einigende Prinzip der Katholizität.208 Der zweite Bericht spricht Katholizität im Sinne von Heilsfülle („fullness“) jeder kirchlichen Gemeinschaft nur fragmentarisch zu. Die eigentliche Heilsfülle komme allen erst im Eschaton zu. Der dritte und letzte Bericht definiert die Katholizität der Kirche als die alles umfassende Fülle Christi, die nie in einer konkreten (sichtbaren) Kirche verwirklicht sein könne, sondern nur in der gesamten Menschheit, letztlich überall dort, wo Menschen an das Wort Gottes glauben und es in tätiger Liebe bezeugen.209

Das Prinzip der Katholizität bleibt in der anglikanischen Kirche demnach unterschiedlich definiert. Folglich eignet sich die Katholizität kaum, die unterschiedlichen Strömungen zu einer Synthese zu führen.

Die Katholizität der Kirche

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