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Olivenöl, Rotwein und Siesta

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Warum die mediterrane Küche guttut


Es gibt kaum jemanden, der die Küche vom Mittelmeer nicht liebt. Im Urlaub, aber auch zu Hause, bei vielen Restaurantbesuchen, selbst in den dunkelsten nordeuropäischen Winternächten wird inzwischen mit Olivenöl, Rosmarin und Co. das Essen zelebriert. Die UNESCO hat die Mittelmeerküche zum Weltkulturerbe erklärt – verdiente Krönung für eine einfache, gesunde Ernährungsweise, die aber auch voller Widersprüche steckt. Die Wissenschaft fasziniert vor allem das sogenannte französische Paradox: In Frankreich und auch anderen Mittelmeerländern wird bei besserer Gesundheit mehr Fett und Alkohol konsumiert, als es bei uns gutgeheißen wird. Mediterran zu essen soll Herz und Kreislauf helfen, Zivilisationskrankheiten wie Diabetes vorbeugen und beispielsweise auch das Alzheimer-Risiko senken.


Rund ums Mittelmeer isst man – anders als hierzulande durch Volksmund und Wissenschaft empfohlen – nicht sparsam zu Abend, sondern ausgiebig, spät und lange. Trotzdem lebt man dort länger und bleibt meist auch schlanker. Zumindest bis vor einiger Zeit. Inzwischen werden auch dort die Figuren fülliger, die Nordeuropäer dagegen essen immer mediterraner.


Das hat damit zu tun, dass das Prinzip der mediterranen Diät hierzulande bei fast jeder Gelegenheit als optimal empfohlen wird. Kulinarische und gesundheitliche Vorteile werden überall beschworen, aber Nudeln mit Sauce ist noch keine mediterrane Ernährung: Es geht vor allem um viel frisches Obst und Gemüse, dazu Knoblauch, Kräuter und Tomaten, reichlich Olivenöl, eher wenig Fleisch, Fisch direkt aus dem Meer – und langes geruhsames Tafeln, meist ein Glas Wein inklusive.

Anders als nördlich der Alpen isst man rund ums Mittelmeer auch kein Vollkornbrot, sondern Baguette oder Fladenbrot, alles aus ausgemahlenem weißem Mehl. Die Ballaststoffe, das Hauptargument fürs volle Korn, stammen in der mediterranen Küche vor allem von Kichererbsen, Linsen und anderen Hülsenfrüchten, die man allüberall reichlich verzehrt und die viel Eiweiß enthalten. Das ist eine Kombination, die lange satt hält. Ballaststoffe stecken zudem im Gemüse. Man soll es nicht unterschätzen, auch wenn es vielleicht nur halb so viele wie in Vollkornbrot sind. Schließlich isst man mehr Karotten und Kohl als Brot. Wer gerne Gemüse isst, kann viel Positives für sich verbuchen, neben den Ballaststoffen reichlich Vitamine, dazu sekundäre Pflanzenstoffe en masse, die das Immunsystem stärken. Und das bei wenigen Kalorien, aber gut gefülltem Magen – ein Prinzip, das sich auch hervorragend zum Schlankbleiben oder -werden eignet.


Ideal ist es, wenn frisch gekocht und mit vielen Kräutern und Knoblauch gewürzt wird. Der Knoblauch kann Herz und Kreislauf unterstützen, Kräuter wirken vielfältig, enthalten meist reichlich Kalium, Salbei und Basilikum auch Kalzium, Schnittlauch auch Ballaststoffe. Das alles addiert sich, selbst bei kleinen Mengen. Kräuterdüfte wirken anregend, die ätherischen Öle oft gesundheitsfördernd. Salbei wie Rosmarin sollen sogar den kleinen grauen Zellen auf die Sprünge helfen. Fett wird rund um das Mittelmeer großzügig verwendet, zeichnet sich aber meist durch gesunde Fettsäuren aus. Olivenöl ist beinahe schon zum Symbol für die mediterrane Diät geworden, seit Neuerem hält auch das noch gesündere Rapsöl Einzug, das auch in der Provence vor Ort produziert wird. Noch besser ist Fischöl mit hochungesättigten Fettsäuren, vor allem in fettreichen Fischen wie Makrele und Lachs. Butter gibt’s da-für nur selten, nicht aufs Brot, sondern als Geschmackszutat in die Pfanne.


Was ist sonst noch der gemeinsame Nenner für die Länder rund ums Mittelmeer, die alle kulturelle und kulinarische Eigenheiten haben? Etwas Rotwein ist möglicherweise gesund, aber in Nordafrika nicht überall üblich. Ein wichtiger Faktor ist das Kochen mit wenig industriell bearbeiteten Lebensmitteln, die Elemente einer einst bäuerlichen, eher armen Küche. Die verarbeitete, was von der Sonne getränkt gerade von Feld und Wiese kam, dazu frischer Fisch aus dem Meer und Fleisch, das von der Weide und aus dem Stall schon immer bio war, bevor es das Wort dafür gab. Die Stichworte einer solchen Ernährung heißen saisonal und regional – Prinzipien der Slow-Food-Bewegung, die sich dem Bewahren kulinarischer Traditionen verpflichtet hat. Die Lebensweise spielt beim mediterran geprägten Wohlbefinden eine wichtige Rolle. Wer ohne Stress isst und vorher entspannt am Herd steht, lebt insgesamt besser. Aber vielleicht sind es auch die Gene, die den Unterschied machen. Oder mehr Bewegung an frischer Luft und mit Sonne. Das verbraucht Kalorien, stärkt Muskeln und Kreislauf, führt zu mehr Vitamin D durch Sonneneinstrahlung – und es tut der Seele gut. Oder es sind alle diese Faktoren zusammen.


Wer aber über einen ganz normalen Markt in Avignon, Carpentras, Barcelona oder sonst wo am Mittelmeer schlendert, fühlt sich bei dem üppigen Angebot dort oft weit von manchen Supermärkten deutscher Art entfernt. Aber das Angebot bei uns hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert. Dass damit auch Nordländer mediterran kochen können, zeigt dieses Buch. Vieles ist hier nicht selbstverständlich: Frühlingszwiebeln zum Beispiel sehen meist anders aus, junge Artischocken sind eher selten, rosa Knoblauch gibt’s fast gar nicht und frische Feigen nur kürzere Zeit. Kurzum: Bei einigen Zutaten mussten wir unsere im Süden Frankreichs entwickelten Rezepte den deutschen Gegebenheiten anpassen. Das Ergebnis kann sich trotzdem sehen und schmecken lassen, ist gut für Gaumen und Gesundheit.


Sehr gut mediterran kochen

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