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3.4.2Begriffsbestimmungen

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Die Diskussion um den fächerübergreifenden Unterricht wird allerdings teilweise dadurch erschwert, dass eine eindeutige Begriffsdefinition bis heute fehlt: «Das Begriffswirrwarr bezüglich fächerübergreifenden Unterrichts und Interdisziplinarität ist gewaltig», stellt Labudde (2014, 14) fest, und Moegling (2012) ergänzt: «Häufig wird zwischen fächerübergreifendem, fächerverbindendem, fächerüberschreitendem, fächerintegrierendem etc. Unterricht unterschieden, ohne letztendlich eine inhaltlich vertretbare und trennscharfe Unterscheidung zu treffen» (ebd., 84). Die Notwendigkeit fächerübergreifenden Unterrichts wird zwar «inzwischen durch die Verankerung in zahlreichen Lehrplänen und Richtlinien unterstrichen» (Kranz, 2013, 41), gleichzeitig wird jedoch mit zum Teil unterschiedlichen Begrifflichkeiten operiert (vgl. auch Reinhold & Bünder, 2001, 334).

Im Folgenden soll auf die Begriffsbestimmung von Moegling (2012) Bezug genommen werden, da sie aus einer allgemeindidaktischen Perspektive heraus eine Rahmung für unterschiedliche Formen des fächerübergreifenden Unterrichts bietet, zugleich aber auch differenzierte Kriterien benennt, die sowohl eine Abgrenzung von anderen Konzepten als auch eine Einschätzung von Realisierungen fächerübergreifenden Unterrichts ermöglichen. Nach Moegling ist fächerübergreifender Unterricht:

«der didaktische Oberbegriff für alle Unterrichtsversuche, bei denen verschiedene Fachperspektiven systematisch zur Lösung eines Problems so miteinander vernetzt werden, dass ein thematisch-inhaltlicher Zusammenhang erkennbar wird, eine mehrperspektivische Analyse und Beurteilung gefördert werden und eine handlungsorientierte Problemlösung oder handlungsorientierte Problemlösungsalternativen aus verschiedenen Blickwinkeln heraus entwickelt werden können. Hierbei findet eine bewusste Reflexion von Fachperspektiven statt. Im Unterschied hierzu ist der Begriff des Überfachlichen auf Wissensbestände, Methoden und Fähigkeiten, die mehreren Fächern gemeinsam sind, wie z. B. Lesekompetenz oder Kooperationsfähigkeit, bezogen.» (Ebd., 85; Hervorh. im Orig.)

Damit ist eine sehr anspruchsvolle Bestimmung fächerübergreifenden Unterrichts vorgenommen worden, wie sich im Vergleich mit anderen Systematisierungsversuchen zeigt (vgl. auch Metzger, 2010; Labudde, 2003 und 2014). So unterscheidet Labudde (2003, 2009, 2014) in Anlehnung an Huber und Effe-Stumpf (1994) drei Typen des fächerübergreifenden Unterrichts, die sich vor allem auf unterrichtsorganisatorischer Ebene voneinander abheben (siehe Tab. 3.1).

Tabelle 3.1:

Typen von fächerübergreifendem Unterricht (angepasste Darstellung nach Labudde, 2009, 334)


Im fachüberschreitenden Unterricht liegt das unterrichtlich thematisierte Problem im Erkenntnisinteresse des Einzelfachs. Erkenntnisse anderer Fächer werden dabei als Ausgangspunkt oder zur Lösung des Problems herangezogen. Entscheidend ist vor allem, dass für die Lösung des Problems kein fachlicher Perspektivenwechsel notwendig ist. Fachüberschreitender Unterricht eignet sich insbesondere, um punktuell die Notwendigkeit des Einbezugs anderer Fächer sichtbar zu machen.

Bei fächerverbindenden Konzepten wird eine unterrichtliche Thematik / ein unterrichtlicher Aneignungsgegenstand zeitgleich in verschiedenen Fächern behandelt. Der gemeinsame Aneignungsgegenstand wird somit durch einzelfachliche Bearbeitungsstränge aus verschiedenen Perspektiven erschlossen. Aus diesem Grund eignet sich fächerverbindender Unterricht in besonderer Weise, um die Erkenntnis zu einem unterrichtlichen Thema zu vergrößern oder um für die Notwendigkeit der fächerübergreifenden Betrachtung zu sensibilisieren. Außerdem können hierbei gezielt Chancen und Grenzen einzelfachlicher Betrachtung aufgezeigt werden. Schließlich zeichnen sich fächerkoordinierende Unterrichtskonzepte dadurch aus, dass Ausgangsprobleme gewählt werden, die sich nicht (eindeutig) dem Erkenntnisinteresse eines einzelnen Fachs zuordnen lassen. Für die Lösung des Problems ist somit die Bearbeitung aus unterschiedlichen Fachperspektiven essenziell. Im Prozess der Problembearbeitung nehmen die Schülerinnen und Schüler gezielt unterschiedliche fachliche Perspektiven ein und setzen diese zueinander in Beziehung. Die reflektierte Relationierung der einzelnen fachlichen Erkenntnis für die gewählte Problemstellung wird zur zentralen Herausforderung für die Lernenden. Der Lösungsprozess eines fächerkoordinierenden Unterrichts verdeutlicht somit die Relevanz der beteiligten Fachperspektiven für komplexe Probleme der Lebenswelt. Zugleich sind die Herausforderungen eines solchen Vorgehens aufgrund der fachlichen wie fachübergreifenden Problemlöseprozesse, die zudem immer reflektiert erfolgen sollen, nicht zu unterschätzen. Sowohl die Wahl des Ausgangsproblems als auch die Entscheidung für die einzubeziehenden fachlichen Perspektiven sollten den Schülerinnen und Schülern eine zielführende Bearbeitung ermöglichen und beispielsweise zu viele nicht aufzulösende Widersprüche vermeiden, um Frustrations- und Überforderungserlebnisse zu verhindern.

Für die Beschreibung der Art und Weise, wie verschiedene Fachperspektiven systematisch vernetzt werden können, ist die Systematisierung Hubers (2000) hilfreich:

•«instrumentell: die Begriffe und Methoden eines Faches werden als bloße Hilfsmittel im anderen benutzt; insofern profitiert die Arbeit in diesem von Kenntnissen aus jenem. Beispiele: Hilfswissenschaften; Mathematik in vielfachen Varianten;

•komplementär: eine Sicht oder Erfahrung ergänzt die andere, z. B. wissenschaftliche und ästhetische Erfahrung;

•konzentrisch: mehrere Sichtweisen richten sich auf einen gemeinsamen Gegenstandsbereich (z. B. Raum, Epoche) oder einen Problembereich (z. B. Verkehrsplanung, Gesundheitsförderung, Umweltpolitik);

•kontrastiv oder dialogisch: eine Sicht oder Erfahrung widerspricht der anderen, relativiert sie; es geht um gegenseitiges Verstehen oder Übersetzen;

•reflexiv: mit Hilfe anderer Sichtweisen, die bewusst als solche eingenommen werden, wird die des anderen Faches (philosophisch, historisch, soziologisch) reflektiert» (Huber, 2000, 192).

Insbesondere die letzten beiden Formen entsprechen der Definition von fächerübergreifendem Unterricht nach Moegling (2012), da hier die Fächer und ihre spezifischen Perspektiven auf die zu erschließenden Phänomene reflektiert in Beziehung gesetzt werden. Es ist aber natürlich auch denkbar, dass die von Huber beschriebenen Formen innerhalb eines Unterrichtsverlaufs aufeinander folgen, das heißt, dass die zunächst aperspektivische, nichtreflexive Verknüpfung der Fächer mit der dann folgenden perspektivischen Verknüpfung gezielt verbunden wird. Dies kann sich gerade angesichts der oben angedeuteten Herausforderungen fächerkoordinierender Unterrichtsprojekte als sehr sinnvoll erweisen.

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