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Aus Andreas Ganzigers Tagebuch

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Murat hat mich heute gefragt, warum.

Zuerst war ich auch voller Zweifel. Ich hatte für Religionen nichts übrig. Der Buddhismus schien mir ganz okay zu sein. Aber dort gibt es nur Heuchelei. Alle Weltreligionen sind voller Heuchelei. Gott spricht klar, es gibt keine Fehlinterpretationen. Er wird alle Religionen vernichten und seinen klaren, leuchtenden Weg des Lichts anbieten. Wehe denen, die das nicht annehmen wollen. Sie werden ebenfalls die Bewohner des Feuers sein. Ja, zuerst war ich sehr skeptisch. Und ich dachte jedem das seine, soll doch jeder glauben, was er will. Aber dann fand ich durch Gottes Gnade an jenem Tag mein Buch in der Straßenbahn. Scheinbar hatte jemand in der Bahn darin gelesen und es dann in seiner Dummheit einfach zurückgelassen, weil er nicht verstehen wollte. Anton gab mir später meine Neufassung, die mit dem Golddruck, als ich mehr wissen wollte und daher Kontakt zu ihm gesucht hatte. Anton nahm mich auch mit in unseren Tempel. Da drinnen erfüllte mich ein Gefühl von Geborgenheit. Zugehörigkeit. Ich habe mich sofort wohlgefühlt.

Es war, als wäre ich nach Hause gekommen.

Ich war sehr überrascht, wie komplex diese Anschauung ist. Mit ab und zu Beten ist es nicht getan. Jeder Aspekt des Lebens ist geregelt. Die Suche nach einem Sinn im Leben entfällt sofort. Auch die Frage "mache ich dieses und jenes richtig oder nicht?", wird beantwortet.

Es war eine Erleichterung. Dieser Glaube hat so etwas Reines, Sinnvolles. Man lebt so, wie Gott es will. Endlich tut man das Richtige und konzentriert sich vollständig auf Gott. Und man gehört zu einer enorm großen Gemeinschaft. Es ist ein tiefes Gefühl von Frieden und Zugehörigkeit. Man zählt als Mensch, nicht mehr nur als jemand, der die tollsten Klamotten trägt, am besten aussieht oder die meisten Biere trinkt. Mir dröhnte erst der Kopf, weil ich so vieles falsch gemacht hatte, aber durch die Konversion ist man wie neu geboren. Ich gehöre jetzt zu denen, die sehen können. Anton hat mir so vieles erklärt. Unsere Welt ist eine einzige Lüge, in der die Menschen sich von Werbung und schlechten Filmen einschläfern lassen. Er zeigte mir solche Werbespots. Ich kannte einiges davon, aber mir war nicht klar, welchen Sinn sie erfüllen.

Sieh, was dir da vorgelebt wird. Du sollst konsumieren, Ressourcen verschwenden. Brauchst du wirklich zwanzig verschiedene Joghurtsorten? Zehn Paar Schuhe? Das neuste Tablet oder Smartphone? Den größten Fernseher? Kleidung, die aus armen Ländern kommt? Und auch noch ganze Berge davon? Ein eigenes Auto? Es könnten fünf Menschen damit transportiert werden, aber es sitzt immer nur einer darin. Braucht deine Freundin Blumen, die nur ein paar Tage halten und ebenfalls im Ausland hergestellt werden und durch das ganze Land transportiert werden müssen? Sieh dich um, du bist umgeben von Verschwendung. Sie schadet uns allen. Wir beuten diesen Planeten aus. Da Gott dich zu uns gebracht hat, ist all das für dich nun vorbei.“

Ich hatte endlich etwas gefunden, das größer ist als ich, umfassender. Ich kann mich endlich fallenlassen. Anton hat das auch gesagt.

Du suchst? Du hast gefunden, Bruder“, sagte er und umarmte mich.

Murat enttäuscht mich. Gerade er sollte es verstehen. Aber er denkt, ich sehe das alles viel zu eng.

Die Botschaft ist doch klar! Wer sich weigert, sie zu lesen, weigert sich, Gottes Gebote anzuerkennen.

Unsere Lebensweise ist so falsch ... Gott versteht das, wenn es ihn gibt, hat meine Mutter doch eben tatsächlich gesagt, als ich sie auf ihr Leben angesprochen habe. Dieses Leben ohne Moral, diese Art, sich zu kleiden. Sie scheint es toll zu finden, wenn Wildfremde ihren Busen sehen können. Abscheulich! Ist eine Frau nicht mehr als ihr Körper? Sie lockt so nur Männer an, die ihr Kinder machen. Unser Planet platzt aus allen Nähten, und die Leute machen immer noch Kinder. Ohne weiter darüber nachzudenken. Jedes Mal, wenn meine Mutter im Minirock und knappen Oberteil auf die Straße geht, stempelt sie sich zur Waster-Queen und mich zum Schlappschwanz, weil ich sie nicht davon abhalte ...

IXXI

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