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Susanne, 31.10. 2016

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Susanne Peinig starrte ihren Mann entgeistert an. Das muss ein Traum sein, dachte sie wie betäubt. Ein sehr realistischer Albtraum. Mathias ist doch gar nicht so einer. Und erst gestern hatte er noch mit ihr geschlafen.

„Jetzt? Du sagst mir das jetzt? Zehn Minuten, bevor wir zu einer Halloweenparty gehen, und ich in einem schwarzen Kleid, roter Perücke und albernem Hexenhut hier sitze und mir die Schuhe anziehe?“

Mathias befeuchtete nervös seine Lippen und fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare. Schweißperlen standen ihm auf der grünen Stirn mit den aufgemalten schwarzen Strichen, die Nähte darstellen sollten, denn er ging als Frankensteins Monster. Susanne hatte ihm eigens für die Party einen alten Anzug ihres Vaters

besorgt, der die gleiche Figur besaß, aber etwas kleiner war als sein Schwiegersohn. Wie im Film waren Ärmel und Hosenaufschläge zu kurz. Das perfekte Kostüm für den perfekten Ehemann. Nun erzählte er ihr, dass er sich in seine Arbeitskollegin verliebt habe und sie, Susanne, verlassen wollte.

„Es war ja keine Absicht, dass das passiert ist. Und da es zwischen uns nicht mehr läuft …“

„Es gehören immer zwei zu. Na klar läuft es zwischen uns nicht mehr so wie am Anfang. Immerhin sind wir schon elf Jahre zusammen. Und hör mir mit Absicht auf! Entweder man lässt so etwas zu oder eben nicht. Du hast es zugelassen. Man verliebt sich nicht einfach in jemandem, nur weil man ihm oder ihr über den Weg läuft. Da muss es eine Entwicklung geben. Man passt den anderen ab, labert ihn immer wieder an, spricht über Dinge, die über die Arbeit hinausgehen. Da steckt auf jeden Fall eine Absicht dahinter!“ Sie stand vom Bett auf und starrte ihren Mann an. Es konnte einfach nicht wahr sein. Ihr Herz hämmerte.

„Ich wollte mich aber nicht verlieben! Und Katrin auch nicht!“

„Katrin? Hatte die nicht was mit eurem Chef?“

„Das war nur ein Gerücht. Da ist nichts dran.“

„Sagt wer, Katrin?“, höhnte Susanne. „Kann mir ja auch egal sein, wenn du für die Betriebsmatratze unsere Ehe das Klo runterspülst!“

„So darfst du über Katrin nicht reden, sie kann am wenigsten dafür!“

„Wenn sie dafür nichts kann, dann warst du die treibende Kraft, du Arsch!“, schrie Susanne. Zitternd sank sie auf das Bett und fuhr wie von der Tarantel gestochen wieder hoch. Dieses Bett … ihr gemeinsames Bett!

„Gestern noch hast du mit mir geschlafen!“, schleuderte sie Mathias entgegen. „Darf ich fragen, wieso?“

„Das war … na ja, wie ein Überprüfen meiner Gefühle für dich. Oder alte Gewohnheit, keine Ahnung!“

„Was?!“

„Es ist ja nicht so, dass ich dich nicht mehr lieben würde“, stammelte Mathias hilflos. „Aber ich liebe Katrin mehr…“

Susanne konnte kaum glauben, was sie da hörte. Sie brach in bitteres Gelächter aus.

„Das gibt‘s doch nicht … Jetzt weiß ich wenigstens, wieso du mich immer so merkwürdig angesehen hast. Schuldgefühle waren das. Und ich Idiot dachte, dass du und ich uns wieder mehr annähern und du mich ansiehst, weil du mich endlich wieder wahrnimmst. Statt wie üblich deine Nase nur noch in dein Tablet oder Smartphone zu stecken. Und ich hatte mich so gefreut, dass das bedeutet, dass unser Kind in einer intakten Familie groß werden wird.“

Mathias klimperte mit den Augenlidern und sah in diesem Augenblick genauso dumm aus, wie man sich Frankensteins Monster für gewöhnlich vorstellte.

„Kind …? Du meinst doch nicht …?“

„Doch. Ich war gestern beim Gynäkologen und wollte dir heute auf der Party mitteilen, dass wir Eltern werden. Pino hat schon eine Babypuppe bereitgelegt. Sollte ganz toll und lustig werden. Das kann man jetzt wohl vergessen.“ Susanne brach in Tränen aus. Schwarze Schlieren liefen ihr über die Wangen. Das Augen-Make- up war auf solche Neuigkeiten nicht vorbereitet gewesen.

Aber ich auch nicht, dachte Susanne.

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