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Grundlegende bionome Prozesse

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Aufbauphase – Abbauphase

In allem biologischen und physiologischen Geschehen greifen prinzipiell zwei Prozessphasen ineinander:

1 Der Aufbau, bei welchem aus der Nahrung Eiweißstoffe, Fette, Kohlehydrate, Mineralstoffe und Wasser als Körpersubstanz zu Zellen, Zellgewebe, Gefäßen, Organen, dem gesamten Organismus aufgebaut werden (Assimilation).

2 Der Abbau, bei welchem die Nahrungsstoffe und auch bereits abgelagerte Körpersubstanz abgebaut und verbraucht werden (Dissimilation).

Dabei wird aus den Substanzen Energie in Form von Muskelkraft, Körperwärme oder auf andere Weise frei. Aufbau und Abbau bedingen einander und ergänzen sich gegenseitig. Denn aus dem Substanzabbau wird die Energie frei, welche notwendig ist, um Materie neu aufzunehmen, aufzubauen und die Organe funktionstüchtig zu erhalten. Andererseits bestünde ohne assimilierte Substanz keine Möglichkeit, Energie im Körper freizusetzen. Aufbau und Abbau verlaufen jedoch nicht gleichmäßig, sondern in Intervallen, in einer Rhythmik gegenseitig wechselnder Intensität. So ist beispielsweise während des Schlafes der aufbauende, substanzgebende Stoffwechsel stärker ausgeprägt, während des Tages und der Arbeit hingegen überwiegt der substanzabbauende Prozess der Dissimilation.

Physiologisches Gleichgewicht

Wenn diese beiden Prozessphasen miteinander in einem ausgewogenen Gleichgewicht verlaufen, dann ist der Organismus innerlich gesund und in seiner Erscheinung harmonisch. Man spricht von einem dynamischen Prinzip des physiologischen Gleichgewichtes, welches man auf das Vermögen des Organismus zur Sensibilität und Reagibilität zurückführen kann. Das heißt, auf die Fähigkeit, Reize zu empfinden und auf diese Empfindungen entsprechend zu reagieren. Dieses Reaktionsverhalten nennt man auch System physiologischer (neuraler) Rückkoppelung. Der Ablauf der physiologischen Prozesse hat den Aufbau und die Gestaltung des Körpers und seiner Organe zum Ergebnis. Aus der Diagnose der äußeren Erscheinungen ist es daher möglich, auf die Art der physiologischen Prozesse zurückzuschließen, welche den Körper und die Organe gebildet haben. Grundsätzlich kann man dabei folgende drei Stadien des Energie- und Stoffwechselzustandes unterscheiden:

1 Die Normalfunktion oder Normergie. Die aufbauenden und die abbauenden Prozesse im Organismus sind miteinander in einem optimalen gegenseitigen Gleichgewicht. Ihr Ergebnis ist der gesunde Organismus, ist die gesunde, normale Haut.

2 Die Unterfunktion oder Hypergie. Die Energie- und Stoffwechselprozesse verlaufen entweder allgemein oder partiell innerhalb einzelner, bestimmter Funktionen und Faktoren vermindert, geschwächt. Alle Erscheinungen, die man auf physiologische Unterfunktionen zurückführt, kann man unter dem Begriff der Atrophie zusammenfassen.

3 Die Überfunktion oder Hyperergie. Physiologische Prozesse sind über das durchschnittliche Maß gesteigert, wie beispielsweise eine vermehrte Produktion an Hauttalg, eine übermäßige, verfrühte Verhornung, eine extreme Reizempfindung oder -reaktion.

Wenn man diese einfache schematische Einteilung möglicher Stoffwechselstadien der Diagnose zugrunde legt, lassen sich die folgenden physiologisch bedingten Hautbilder ableiten:

1 Normergie hat das Erscheinungsbild der normalen Haut zur Folge.

2 Hypergie führt zur atrophierenden, alternden, reiferen Haut.

3 Hyperergie verursacht physiologisch den seborrhoischen Zustand (Status seborrhoicus) und in Folge einer gesteigerten Reizreaktion eine Überempfindlichkeit sowie eine erhöhte Disposition zu Irritationen der Haut.


Abbildung 2

Übersicht über die verschiedenen Stoffwechselstadien und deren Auswirkungen auf den Hautzustand.

Seborrhoe wird dabei durch die folgenden Faktoren hervorgerufen:

1 Infolge übersteigerter Talgproduktion (ölige Seborrhoe – Seborrhoea oleosa).

2 Infolge vermehrter Verhornung (lokale Hyperkeratose an der Follikelmündung als trockene Seborrhoe – Seborrhoea sicca).

Die verschiedenen Stoffwechselstadien sind in Abbildung 2 zusammengefasst. Wir können diese drei physiologischen Stoffwechselzustände auf die Art und Weise der Behandlung übertragen und damit deren Modus den Eigenschaften der Haut entsprechend anpassen:

1 Bei einer Normergie wollen wir den vorhandenen gesunden Status der Haut erhalten und zugleich möglichen Tendenzen zu Unter- oder Überfunktionen vorbeugen.

2 Bei der Hypergie müssen wir versuchen, die verminderten Energie- und Stoffwechselvorgänge in natürlicher, physiologischer Weise anzuregen und zu beleben.

3 Liegt eine Hyperergie zugrunde, dann wollen wir die Haut beruhigen, ausgleichen, normalisieren, und zwar jeweils sowohl durch die Wahl der Wirkstoffe und ihrer Anwendungsformen, als auch durch die ganze Art und Weise der biokosmetischen Behandlung in der Praxis.

Durchschnitt und Norm

Wir sprechen von einer Normalkonstitution, aber wir hören auch sehr häufig von Durchschnittswerten. Beide Begriffe, Norm und Durchschnitt, müssen wir streng unterscheiden. Durchschnitt ist das Ergebnis einer statistischen Erfassung von Gegebenheiten. Ein Durchschnittswert muss in keiner Weise als gesund bewertet werden, sondern kann sogar pathologisch sein, beispielsweise wenn man bei zahnmedizinischen Erhebungen feststellt, dass der Durchschnitt aller Menschen, vor allem in hochzivilisierten Ländern, zahnkrank ist. Der Durchschnitt ist also überall in den statistischen Maßen greifbar, erfahrbar und registrierbar. Die Norm eines Menschen ist eine biologische Potenzfülle, ist der ideale Mensch im Vollbesitz seiner körperlichen, seelischen und geistigen Kräfte. Mit diesem Begriff der Norm sind wir im Prinzip bereits im Bereich der Metaphysik. Denn es handelt sich dabei um ein Idealbild, um eine erstrebenswerte transzendentale Idee, die in der realen Welt nicht unbedingt und unmittelbar fassbar sein muss. Die Norm umschreibt eine Lebensführung, Lebenshaltung und Lebenseinstellung, die erstrebbar und wünschenswert ist.

Wenn wir das physiologische Hautgeschehen beeinflussen, so wollen wir entweder anregen, beleben, stimulieren oder beruhigen, ausgleichen, normalisieren. Dabei gibt es folgende Möglichkeiten:

Substitution

Man kann die Stoffwechselprozesse unmittelbar beeinflussen, indem man im Rahmen einer Substitutionsbehandlung physiologische Substanzen gibt, die selbst im normalen Stoffwechsel vorkommen, wie etwa Aminosäuren.

Biokatalysator

Es gibt auch Stoffe, welche in ganz geringen Mengen in der Lage sind, physiologische Vorgänge im Organismus spontan hervorzurufen oder bereits ablaufende zu beschleunigen, ohne dass sie selbst dabei verändert werden. Einen derartigen Stoff, welcher Stoffwechselprozesse vermittelt, ohne selbst dabei umgewandelt zu werden, nennt man im lebendigen Geschehen einen Biokatalysator. Dazu gehören vor allem Enzyme, Vitamine und Hormone.

Biostimulanz und Biosedativum

Einige Stoffe wirken nicht direkt, sondern mittelbar über ein Nervensystem (das autonome, vegetative Sympathikus-Parasympatikus-System, Zentralnervensystem) auf die Stoff- und Energiewechselprozesse im Organismus, in den Organen oder auf die Haut. Die Wirkung ist entweder anregend, belebend, stimulierend als Biostimulans oder beruhigend, ausgleichend und neutralisierend als Biosedativum.

Biologische Wertigkeit

Der Begriff der biologischen Wertigkeit bezieht sich meist auf die Nahrung. Aber man kann in der BioKosmetik für die Wirkstoffe wie auch für alle Grundstoffe der Präparate von einer biologischen Wertigkeit der eingesetzten Substanzen sprechen. Es handelt sich dabei vor allem um die Anwendung von biologisch wertvollen, für die Haut wichtigen Substanzen wie essenzielle Aminosäuren, essenzielle Fettsäuren, Mineralstoffe, Vitamine und Fermente. Vor allem bei einer substituierenden Behandlung ist es notwendig, dass nur physiologisch identische oder biologisch verwandte Grund- und Wirkstoffe Anwendung finden, damit bei ästhetischen Mangelerscheinungen Hilfe und Unterstützung sicher gestellt sind.

Arndt-Schulzsche Regel

Man nennt die Arndt-Schulzsche Regel häufig ein biologisches Grundgesetz. Es betrifft die physiologische und biologische Wirksamkeit von Substanzen und besagt: „Kleine Reize fachen die Lebenstätigkeit an, mittlere fördern sie, starke hemmen sie und extrem starke heben sie auf.“ Diese Gesetzmäßigkeit hatte Virchow bereits in seiner Reizlehre angedeutet, ohne sie jedoch als biologische Regel zu formulieren.

Prophylaxe und Substitution

Wir haben in der Einleitung davon gesprochen, dass die Bio-Kosmetik:

1 Eine vorbeugende (präventive oder prophylaktische) Gesundheitspflege darstellt.

2 Eine ergänzende, vervollkommnende (kompensative oder substituierende) Körperpflege ist.

Sind diese beiden Momente gleichartig oder unterscheiden sie sich in der Art der Anwendung und Behandlung?

Die vorbeugende Gesundheitspflege will erreichen, dass bei einer Neigung zu Seborrhoe, Hautunreinheiten, bei einer Tendenz zu vorzeitigen Alters- und Degenerationserscheinungen, bei einer Anfälligkeit und Überempfindlichkeit für Reizungen, Rötungen, Irritationen, einer erhöhten Disposition zu Allergie der Körper in seiner Gesamtheit und die Haut im speziellen vorsorglich so behandelt wird, dass die genannten Symptome und Syndrome nicht oder nur in leichtem, vorübergehendem Maße auftreten. Bei einem atrophierenden Teint regen wir den peripheren Stoff- und Energiewechsel der Haut durch eine belebende, leicht durchblutende, revitalisierende Behandlung an. Das heißt, prophylaktisch suchen wir stets physiologisch die Vorgänge und Prozesse in der Haut zu beeinflussen.

Wenn wir mit fehlenden Substanzen ergänzend behandeln wollen, dann müssen wir vorher wissen, was der betreffenden Haut an materiellen Stoffen und Stoffkomplexen fehlt, um diese dann epikutan und endoderm zu geben. So fehlt der trockenen Haut sowohl Fett (als fett-arme) als auch der natürliche Feuchtigkeitsfaktor (als feuchtigkeits-arme Haut), und daraus ergibt sich für die substituierende Behandlung, dass wir dem Teint physiologisch und biologisch dem natürlichen Hautfett möglichst verwandte Fette und Öle in Form von Emulsionen zuführen und außerdem den natürlichen Feuchthaltefaktor (NMF) geben. Daraus folgt, dass die substituierende Behandlung stets mit Substanzen arbeitet, die ersetzt und ergänzt werden sollen. Sie wirkt also primär substanziell und erst in zweiter Linie funktionell.

Bio Kosmetik

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