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Maggie umarmte ihre Mutter: "Niemand kann mich aufhalten. Wenn keiner etwas für die Flüchtlinge tut, muss ich es tun, Mutter. Bitte versteh' mich." Dann riss sie sich los, bestieg ihr Pferd und ritt aus dem Hof der Brennerei. Sie suchte den Weg zur alten Brücke bei der Mühle. Sie hatte Mary verschwiegen, dass sie zuerst das Grab von Shauna besuchen wollte.

Sie saß auf dem Boden, eingehüllt in ihren Umhang, angelehnt an den Grabstein. Dann legte sie sich bäuchlings auf das Grab und hielt ihren Mund nahe an die Erde. "Shauna, hörst du mich? Ich bin Maggie, deine Tochter." Sie presste ihr Ohr auf den Boden. "Du warst so mutig. Du hast Cremor das Leben gerettet. Du hast mich geboren." Sie legte beide Handflächen auf den Boden. "Ich will so mutig sein wie du. Ich will den Flüchtlingen helfen. Was soll ich tun?" Sie krallte ihre Hand in die Erde und rief laut: "Was soll ich tun, Shauna?"

Sie legte sich auf den Rücken, zog ihren Umhang über sich und schlief ein.

Die Kühle des Morgens ließ sie aufwachen, Traumbilder tauchten auf und sie versuchte sie zu fangen. Eine Frau, deren Gesicht sie nicht sehen konnte, aber mit der Stimme von Mary ritt neben ihr. Ein Blick zurück zeigte eine lange Kolonne von Menschen, die ihnen folgten. Als sie sich wieder nach vorne wandte, war die Frau nicht mehr an ihrer Seite. Die Bilder entschwanden; was blieb war die Erinnerung an die Menschenkolonne, die Überlebenden der Schlacht, die sie schon einmal angeführt hatte und die von den Soldaten von MacAreagh aufgenommen worden waren. Sie erhob sich fröstelnd, tauchte ihre Hände ins kalte Wasser und rieb sich ihr Gesicht, füllte ihre hohlen Hände und trank. Dann pflückte sie taunasse Blumen und streute sie über das Grab von Shauna. Sie schnüffelte an einer der Blüten, ein fremder Geruch hatte sie irritiert, sie legte sie zu den anderen und versuchte den Duft wieder aufzunehmen. Rauch! Sie zäumte ihr Pferd auf.

Ihr Ziel war Dunlochy. Sie wusste, dass Shauna dort gewesen war. Sie wollte sehen, was Shauna gesehen hatte. Sie wollte wissen, wie es um das Dorf stand. Vielleicht war es niedergebrannt wie Blair Mhor. Vielleicht waren da Menschen, die ihre Hilfe brauchten. Vielleicht konnte sie sie überzeugen, sich in Sicherheit zu bringen, wenn sie ihnen von Blair Mhor und den Engländern erzählte.

Der Weg führte talwärts. Wieder stieg ihr der leichte Geruch nach Rauch in die Nase. Er erinnerte sie nicht an die rauchenden Kamine der Hütten, in denen Torf brannte. Als sich das Tal erweiterte, sah sie in der Ferne dichte Rauchwolken in der Luft hängen. Sie setzte ihr Pferd in Trab. Der Geruch wurde intensiver. Ihr Pferd verwarf den Kopf. Kurz vor einer Anhöhe verlangsamte sie und bald öffnete sich der Ausblick auf die Ebene. Dunlochy brannte an allen Ecken und Enden, schwarze Wolken ballten sich, stiegen auf und verbreiteten sich über das ganze Tal. Noch war kein Geräusch zu hören. Sie sah sich um und suchte sich einen Weg, der sie näher heranführte, ohne dass sie gesehen werden konnte. Sie kam an einen Waldrand, führte ihr Pferd in Deckung, band es fest und suchte sich einen Platz zwischen den Gebüschen. Das Prasseln des Feuer gelangte bis zu ihr, sie meinte dessen Hitze zu spüren. Soweit ihr Auge reichte, sah sie nichts als Dutzende von Feuersbrünsten, verbunden in einem riesigen flammenden Inferno. Sie hörte das Schreien der Menschen, das trockene Knallen der Gewehre, das Brüllen der Rinder und Jaulen der Hunde.

Tucker saß auf seinem Pferd, den Wind im Rücken, und sah befriedigt auf die brennenden Gebäude und Hütten. "Kein Haus, kein Stall — nichts bleibt übrig! Treibt die Leute zusammen! Wer Widerstand leistet wird sofort erschossen!" So hatten seine Befehle gelautet und sie wurden wortwörtlich umgesetzt.

Maggie zitterte am ganzen Leib. Es war nicht aus Angst und Schrecken — es war Empörung; Zorn, der jede Faser ihres Körpers erfasst hatte. Sie atmete einige Male tief durch. Dann ging sie zu ihrem Pferd, holte die Pistole aus der Satteltasche, überprüfte die beiden Steinschlösser und schnallte sich den Säbel um. Ihr rotbraunes Haar verbarg sie unter der Kappe. Sie wollte näher heran, um zu sehen, wer der Anführer der bestialischen Horde war. Sie machte sich von der Landschaft ein Bild, um einen sicheren Weg zu finden. Sie würde einige Umwege machen müssen, um im Schutz von Waldstreifen und Gebüschen ihr anvisiertes Ziel zu erreichen.

Tucker hatte zwei Pferche einrichten lassen, einen kleineren, in dem die Obrigkeit des Dorfes eingeschlossen werden sollte — alle die das Pech hatten gerade eine Perücke zu tragen und jene, die anhand ihrer besseren Kleidung als zugehörig betrachtet wurden. Ein Adjutant verfügte über einige Listen mit Namen. Sie würden sie einzeln abhaken; wessen Name dort stand würde verhaftet und nach Schloss Blackhill zur Aburteilung verbracht. Die Übrigen kämen in den großen Pferch, wo auch die Frauen und Kinder zusammengetrieben wurden. Ihr Schicksal war nicht besser, denn sie waren dazu verdammt an die Küste verbracht, auf Schiffe verladen und in die Kolonien verbannt zu werden.

Die meistens Hütten waren inzwischen vollständig abgebrannt und qualmten vor sich hin, die größeren Scheunen und Gebäude loderten noch. Über allem hing beißender Rauch. Das Schreien der Kinder und Verletzten ging einem durch Mark und Bein. Lautes Gerufe und Befehle der Soldaten brachten die Menschen in Bewegung, unterstützt durch Hiebe mit den Gewehrkolben.

Maggie lag ein Stück entfernt auf dem Bauch und beobachtete das Geschehen. Bald hatte sie Tucker mit seinen grauweißen Zöpfen unter seinem Dreispitz als Anführer ausgemacht. Sie war völlig ruhig, versuchte die Soldaten zu zählen, und wenn sie jene, die für sie sichtbar waren, mit jenen zusammenzählte, die um das Dorf herum und verdeckt durch Rauch im Einsatz waren, kam sie auf neunzig, vielleicht hundert. Sie beobachtete den Anführer, der sein Pferd von einer Stelle zur nächsten trieb, sodass ihm seine paar Leibwächter kaum folgen konnten; wie er herumkommandierte, Leute beiseite stieß und seinen Auftritt offensichtlich genoss.

Im großen Pferch war so etwas wie Ruhe eingekehrt. Die Leute saßen am Boden, pflegten ihre Wunden oder standen dicht gedrängt in Gruppen. Mütter versuchten vergeblich ihre Kinder zu beruhigen, die Alten und Gebrechlichen weinten lautlos vor sich hin. Es gab keine Männer im mittleren Alter; da waren ein paar junge Burschen, die Mehrheit jedoch waren Frauen. Maggie zählte auch sie und kam auf etwa hundert Menschen. Sie beobachtete sorgfältig jede Bewegung der Rotjacken. Viele hatten ihre Gewehre abgelegt. Es wurde langsam Nacht, doch die noch nicht erloschenen Feuer gaben genügend Licht. Bis es vollständig dunkel war, musste sie genau erkannt haben, wer wo lagerte, wo die Wachen waren und wo der Anführer seinen Kommandoposten hatte …

Die Frauen von Schloss Summerset

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