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Juni 2017

Die Kameradschaft

Moritz durfte seit einigen Wochen auf die ambulanten Rehabilitationsmaßnahmen zurückgreifen, rigoros hatte er die weitere stationäre Unterbringung abgelehnt. Die noch kalten Nachttemperaturen und kühlen Morgenstunden verursachten ihm große Schmerzen, doch er bestand darauf, mit dem Bus nach Bad Homburg zu fahren. Starrköpfig blieb er dabei, »Viel zu lange musste ich im Krankenhaus bleiben, ich will endlich raus. Keinen Tag mehr halte ich das aus.«

Sein Gemütszustand schwankte wie ein Jojo zwischen Euphorie und Frustration hin und her. Ebenfalls den Entschluss das Buch zu schreiben verwarf er mehrfach, zerriss die Notizen nur um sie am nächsten Tag mit Klebeband wieder aneinanderzufügen. Die Freunde aus der Redaktion, Chris und Tom, kamen regelmäßig, versuchten ihm die neue Lebenssituation zu erleichtern und boten ihre Unterstützung an. Moritz musste eine wichtige Entscheidung zu seiner beruflichen Zukunft treffen, was sich als echte Herausforderung erwies. Die Versuche, am vorherigen Leben anzuknüpfen, scheiterten kläglich. Er konnte und wollte die neue Situation so nicht akzeptieren. Die vergangenen Monate hatten ihn doch stärker verändert, als er sich einzugestehen bereit war. Mit den wärmer werdenden Tagen kam ein umgänglicher Moritz zum Vorschein, die Schmerzen verflogen teilweise und seine üble Launenhaftigkeit schwand zusehends. Eva freute sich über Moritz Wunsch, wieder ein Auto zu kaufen, sein Altes war, durch den Unfall, nur noch ein Klumpen Schrott.

Fleißig lernte sie die alte deutsche Sütterlin Schrift und vermochte von einer Kopie zur nächsten, die Inhalte der Niederschriften besser zu lesen. ›Danke Herr Gerhardt‹, und blätterte in den handschriftlichen Aufzeichnungen der Stadtgeschichte.

›Frau Schling hat mir den Namen Otto Freckel genannt, mal sehen, ob ich ihn im Stadtarchiv finde.‹

Nach vielen Stunden, die sie in den Urkundensammlungen und Geburtsanzeigen aus den Jahren 1900 bis 1930 verbrachte, wurde Eva endlich fündig. Freckel war nicht sehr verbreitet und mit dem letzten Namensträger Otto Freckel ausgestorben. Doch seine Schwester Claudia, verheiratete Köhler, hatte Kinder, die noch in Eschborn ansässig waren und einen der Höfe bewirtschafteten. Mit neuer Bestätigung auf dem richtigen Weg zu sein, nahm Eva Kontakt mit der Familie Köhler auf. Als Begründung schob sie zum wiederholten Male die Arbeit an einer Dokumentation vor, bei der sie, während ihrer Recherche, auf den Namen Freckel gestoßen sei. Jetzt suche sie die nächsten Angehörigen um möglicherweise noch Berichte zu den Nachkriegsjahren und dem Wiederaufbau der Höfe mit ihren Familien, zu erhalten.

Keiner der Nachkommen freute sich über ihr Anliegen, sie hatten genug von diesen alten Geschichten und lehnten es ab darüber sprechen. Eva stieß auf eine breite Wand der Zurückweisung. Ebenfalls ihre Bitte eventuell vorhandene Briefe oder Tagebücher nur lesen, vielleicht das eine und andere Foto davon machen zu dürfen, wurde glatt weg abgewunken. Nachdem Eva hartnäckig in der darauffolgenden Woche erneut bei der Familie vorstellig wurde, war eine der Töchter endlich bereit, auf dem Speicher die alten Sachen aus der damaligen Zeit zu suchen. Eva hinterließ ihre Handynummer in der Hoffnung auf den einen oder anderen Dachbodenfund. Nach weiteren drei Tagen meldete sich unerwarteter Weise einer der Enkel und berichtete, es sei ein Schuhkarton aufgetaucht, in dem Briefe lägen, die allerdings in einer merkwürdigen Schrift verfasst seien, welche niemand von ihnen lesen könne. Erwartungsvoll, was sich Interessantes in der Schachtel verbarg, fuhr Eva hin. Sie wurde von einem sichtlich nervösen jungen Mann erwartet, der sie sofort in die nicht einsehbare Toreinfahrt zog.

»200,- Euro und Sie bekommen den Karton«, verlangte er.

»Junger Mann, erst einmal möchte ich den gesamten Inhalt sichten«, entgegnete sie verwundert. Umständlich kramte er eine Seite aus der Schachtel hervor und reichte diese ihr. Das Schriftbild erinnerte sie an ihre bisherigen Recherchen im Stadtarchiv, er war in Sütterlin geschrieben. Eva überlegte blitzschnell, ›Wenn er bemerkt, das ich die Schrift lesen kann, steigt der Preis. Verhandle, lass‘ Dich nicht über‘n Tisch zieh‘n.‹ Kritisch zog sie die Augenbrauen hoch und spitzte die Lippen,

»Hören Sie, 200,- Euro für eine Seite und irgendwelchen Krimskrams in diesem Karton, das ist Wucher.«

»Heehh, Sie wolle was aus der Vergangenheit un sinn ganz scharf druff, also könne Sie auch dafür was zahle.«

»Nein. Erst einmal will ich den gesamten Inhalt sichten. Für alte Zeitungen zahle ich nicht, die finde ich auch im Stadtarchiv«, lehnte sie kategorisch ab.

»Verdammt, Sie bekomme die Kohle doch eh von Ihrer Zeitung zurück. Ich brauch‘ den Zaster.«

»Für die Katze im Sack gibt es nichts«, entgegnete sie entschieden, wandte sich um und verließ den Hof. Der Enkel eilte hinter ihr her,

»Na gut, gebbe se mir 100,- Euro. Aber dann Schluss, mein letztes Wort.«

»Erst will ich den Inhalt sehen«, beharrte sie auf ihrem Standpunkt, »Oder kaufen Sie eine Schachtel ohne etwas drin?«

Demonstrativ schüttelte er den Karton, sie hörte das Klappern und rascheln, »Also gut, es ist etwas darin, nun heben Sie den Deckel hoch und lassen mich hineinsehen«, verlangte Eva unnachgiebig, »Hop oder Top?« Die zusammengekniffenen Augen und der schmale Mund ihres Gegenübers sagten ihr, das sie fast am Ziel war. Sie zog einen 50,- und 20,- Euroschein aus der Hosentasche und hielt sie auffordernd hoch. »Den Fuffi gibt es fürs Hineinsehen, den anderen, wenn der Deckel zubleibt.« Seine Entscheidung war schnell gefallen, hastig griff er nach den Geldscheinen. Eva wich ihm geschickt aus, »Ts, ts, ts, so nicht.«

»O.K., aber wenn des da drin gut is, bekomm ich die 70,- Mäuse.«

»Aufmachen, dann sehen wir weiter.«

Nach zähem Ringen gelang es Eva, den Inhalt des Kartons zu sichten, fand noch weitere Feldpostbriefe, einen Füllfederhalter, alte Postkarten und ein angefangenes, im Laufe der Jahre stockig und mit Wasserflecken durchzogenes Tagebuch. Für dieses Sammelsurium war sie bereit, die 70,- Euro zu zahlen und kaufte den Nachlass im Karton.

Nach einigen Versuchen gelang es ihr, die eigenwillige Handschrift des Verfassers, immer flüssiger zu lesen und deren Inhalt verstehen. Sie fertigte für ihre weiteren Recherchen eine Kopie an, mit genügend Platz, um ihrerseits Notizen einzufügen. Verschiedene Wörter konnte sie nur im Zusammenhang des Satzes erkennen, der Zahn der Zeit hatte sein Übriges getan und teilweise ganze Silben ausgelöscht.

In den Briefen fand Eva den bereits gehörten Sturmvogel wieder, und weitere Informationen zu den Personen der Vierer Gruppe. Die Namen von Rolf-Kaspar, Albert, Feodor und Ernst sowie andere Details zu ihren Familien unterstrich sie mit einem Textmarker.

Alberts Frau hatte einen Sohn geboren, Rolf-Kaspars Schwester geheiratet, Ernsts Vater war verstorben und sein Bruder galt als vermisst. Zu Feodor gab es keine weiteren Angaben.

Sie durchdachte die verschiedensten Möglichkeiten, ›Das Gruselmärchen von der Schling hatte sich aufs Neue bestätigt. Ebenfalls die drei Namen der Gruppe. Wer von ihnen hatte Otto erschlagen oder war es ein gemeinschaftlicher Mord? Was würde ich unternehmen, um ein Geheimnis, beziehungsweise die Lage eines Schatzes zu bewahren, wenn mir der Zugang über sehr viele Jahre verwehrt ist? Hinterlasse ich schriftliche Aufzeichnungen für meine Nachkommen? Welche Maßnahmen ergreife ich, wenn mein fortgeschrittenes Alter die Bergung nicht mehr zulässt? Ab wann bereite ich meine Kinder darauf vor?‹ Dies waren Familiengeheimnisse der besonderen Art und mit Sicherheit gab es weitere davon.

›Grabe tief genug und Du findest in jeder Familie eine Leiche im Keller, egal welcher Art‹, hatte Chris immer gesagt, wenn sie sich wunderte, was er alles fand. ›Wie zum Kuckuck hängt der Pilot Paul Wenzel in der Geschichte?! Ordentlich begraben, wie es einem Hauptmann würdig ist.‹

Eva klappte das muffig riechende Büchlein zu, für heute hatte sie genug Vergangenheit gelesen, Moritz würde sicherlich in der nächsten Stunde zurückkommen und sie wollte einen schönen Nachmittag mit ihm verbringen. Sie vermisste seine leidenschaftlichen Umarmungen und ihr vertrautes Zusammensein sehr. Außerdem brauchte er dringend eine Aufgabe, die ihn forderte, das Bisherige, rein und raus aus den Kartoffeln, machte ihn nur strubbelig im Kopf. Tom hatte sich ebenfalls angesagt, vielleicht besaß er als Mann mehr Einfluss auf ihn. Morgen war auch noch ein Tag, an dem sie wieder in die Kriegs- und Nachkriegsjahre eintauchen konnte.

Zeitig stand Eva auf, die Morgendämmerung kroch über die Häuser und im Osten verhieß der zarte rosa Schimmer einen sonnigen Tag. Heute hatte sie die Suche nach dem ungewöhnlichen Vornamen Rolf-Kaspar geplant. Mit einer großen dampfenden Tasse voll heißem Früchte Tee nahm sie an ihrem Schreibtisch platz. Irritiert durchblätterte sie die Briefe aus dem Schuhkarton. Das muffig riechende Tagebuch war nicht zu finden, gestern lag es noch ganz oben drauf. Sie stutzte, merkwürdig, nun fand sie es als unteres in dem gesamten Stapel. ›Hatte das Gespräch mit Tom gestern doch nichts gebracht? Schade, ich war überzeugt, er würde sich für sein Buch entscheiden. Lag sein Interesse jetzt doch wieder auf Reportage und er hat deswegen neugierig in meinen Unterlagen gelesen? Warum fragte er mich nicht? Diese Heimlichkeit war neu in seinem Verhalten,‹ überlegte Eva, ›Hat er dies spontan und aus Interesse gemacht oder befand er sich immer noch auf der Suche nach einer Aufgabe?‹ Irritiert schüttelte sie ihren Kopf. ›Ich muss Chris anrufen, ob er bereits etwas ausgegraben oder den Hinweis auf einen Goldfund erhalten hatte.‹

Der Vorname Rolf-Kaspar war sehr markant. Eva kämpfte sich durchs Internet, hatte zwei verschiedene Treffer im Umkreis von 150 Kilometern, einer davon, quasi direkt vor ihrer Haustür, versprach sehr interessant zu werden und erschien ihr momentan ganz besonders vielversprechend. ›Soll ich Chris noch einschalten, um weitere Informationen zu diesem ungewöhnlichen Namensträger zu erhalten?‹, überlegte sie, ›Nein, erst mal sehen wie das Ergebnis meiner eigenen Suche ausfällt‹, entschied sie.

Ihr Treffer in Schwalbach erwies sich als korrekt. Hier lebte noch eine Familie Mertens, die den markanten Vornamen weitergegeben hatte. Eva nahm erst einmal telefonischen Kontakt auf, und bevor Frau Mertens am anderen Ende auflegen konnte, schob sie erneut die Dokumentation in den Vordergrund und bat sie um Mithilfe. Das Zögern ihres Gegenübers gab Eva die Chance, näher auf ihr Vorhaben einzugehen und sie bat darum den ehemaligen Soldaten sprechen zu dürfen, falls er noch lebte.

»Mein Vater ist bereits Anfang 1994 verstorben«, entgegnete sie zurückhaltend.

»Meine Anteilnahme. Entschuldigen Sie, das habe ich nicht gewusst«, Eva machte eine kurze Pause, bevor sie weitersprach.

»Vielleicht können Sie mir weiterhelfen, ich suche Zeitzeugen, oder deren Kinder und Enkel, die möglicherweise Geschichten aus diesen Jahren wissen und mir davon erzählen. Es geht mir rein um den Inhalt, ich verwende keine Namen«, versicherte sie. Frau Mertens zögerte, Eva spürte ihren Zwiespalt, »Verzeihen Sie, ich bin eine völlig Fremde am Telefon, die Sie ausfragt, ich kann verstehen, wenn Sie nicht mit mir sprechen möchten, aber vielleicht haben Sie einen Namen oder einen Verein, den ich kontaktieren könnte.« Stille am anderen Ende der Leitung.

»Hallo? Sind Sie noch dran?«

Frau Mertens senkte ihre Stimme zu einem Flüstern, »Warten Sie, verraten Sie auf keinen Fall, das ich Ihnen die Information gegeben habe. Es ist zwar schon alles sehr lange her, aber mein Bruder will nicht, das ich mit jemandem darüber rede. Volker-Kaspar trifft sich immer Mittwochs in der Lindenschänke mit Gleichgesinnten. Sie sind alle die Söhne von Ehemaligen und diskutieren über die unwahrscheinlichsten Zukunftsmodelle, wenn der Krieg anders ausgegangen wäre. Ich glaube dort erhalten Sie die gesuchten Informationen.«

»Das ist großartig, ich danke Ihnen. Wir Frauen müssen doch zusammenhalten«, blitzschnell überlegte Eva, ob es respektlos wäre Frau Mertens nach vorhandenen Briefen oder Ähnlichem zu fragen. »Verzeihen Sie, ich möchte nicht unverschämt erscheinen aber befinden sich in Ihrem Besitz vielleicht noch Feldpostbriefe oder andere Aufzeichnungen?«

»Hm, mein Bruder hat seine Hand auf diesen Dingen. Er rückt auch nicht ein Zipfelchen davon raus, geradeso als wäre es der Heilige Gral.« Jetzt kam sie richtig in Fahrt, vergaß alle Vorsicht und die Angst vor ihrem Bruder. »Immer wieder sage ich ihm, er solle endlich die Vergangenheit ruhen lassen, der Krieg ist über 70 Jahre her, du bist 67 und wir leben heute im Jahr 2017. Lass‘ los und geb‘ letztendlich Ruhe. Begrab‘ die Geister der alten Zeit.« Der Damm war gebrochen, es war unmöglich, ihren ausgelösten Redefluss zu unterbrechen, Eva sagte lediglich, »Ja, aha, Hm, Ach?«

»Reicht es nicht, dass Vater bei einem seiner nächtlichen Streifzüge auf dem ehemaligen Flugplatz zu Tode gestürzt ist? Willst du genau wie er an den alten und verfluchten Geschichten festhalten? Doch was macht mein sauberer Herr Bruder? Geht jeden Mittwoch in die Lindenschänke und bespricht die große Politik, was wäre wenn. Sagt mir, ich hätte eh keine Ahnung und sei zu einfältig, um die Bedeutung und die Wichtigkeit begreifen zu können. Diese Art Wissen würde nur vom Vater auf den Sohn weitergegeben. Nur wenn kein Sohn mehr zur Verfügung stünde, müsste bedauerlicherweise eine Tochter eingeweiht werden. Ich solle mich lieber um meinen Weiberkram kümmern und ihm als Mann die Entscheidungen überlassen. Pah, was er sich einbildet. Ungeheuerlich, anmaßend und wie vor 160 Jahren, gerade so als hätten wir Frauen heute nix zu sagen.«

Eva wurde hellhörig, sie war auf der richtigen Spur. Frau Mertens lieferte unwissentlich viele wertvolle Informationen. Jetzt hatte sie bereits Feodor Schling, Otto Freckel und Rolf-Kaspar Mertens gefunden. Die beiden anderen Albert und Ernst würde sie auch noch aus der Versenkung holen. Als ihr Gegenüber Luft holte fragte sie schnell, »Um wie viel Uhr treffen sich die Männer in der Lindenschänke?«

»18 Uhr, ganz pünktlich auf die Minute. Wenn Sie tatsächlich hin wollen, kommen sie eine halbe Stunde später, die mögen es gar nicht vor dem ersten Bier gestört zu werden. Dann sind die richtig eklig.«

»Vielen Dank, Sie haben mir weitergeholfen und wenn Ihnen noch etwas einfällt, rufen Sie mich bitte an. Hier ist meine Handynummer«, bot sie Frau Mertens verschwörerisch an.

Am folgenden Mittwoch ging Eva zu diesem Treffen und versuchte weitere Informationen aufzuschnappen. Doch wie von Frau Mertens prophezeit, verhielten sich die Söhne der Ehemaligen zugeknöpft bis unters Kinn. Sie witterten sofort Gefahr. Hier gab es eine neugierige, Neunmalkluge, die unbedingt noch eine, der völlig überflüssigen Dokumentationen schreiben musste. Davon gab es reichlich und alle Vorstellungen und Interpretationen der Zeitgeschehnisse waren falsch. Diese sogenannten Experten hatten keine Ahnung von dem wahren Wissen, den tatsächlichen Gründen, ein neues Reich aufzubauen. Alle miteinander spekulierten und unterstellten die ungeheuerlichsten Absichten der ehemaligen Vorbilder. Erkannten nicht wie außerordentlich wichtig die neue Ordnung war.

Sie erzählten Eva nur Belangloses, was sie bereits im Internet und auf der Homepage zur Stadtgeschichte gelesen hatte. Sie ihrerseits revanchierte sich, blieb ebenfalls sehr vage und allgemein in ihren Fragen. Rasch bemerkte sie, ›Die ehrenwerten Herren wollen mich aushorchen, möchten erfahren, ob ich irgendetwas herausgefunden habe, das ihnen möglicherweise gefährlich werden könnte.‹ Sie beantwortete die hinterhältigen Fangfragen der Anwesenden geschickt, machte viele Worte, die jedoch nichts aussagten. ›Spiele das Dummchen, welches ihre erste richtige Dokumentation schreibt und jede Menge Hilfe benötigte.‹ Lauernde Blicke waren auf ihr Gesicht geheftet um jede Regung, jeden Versprecher zu registrieren. Diese Männer ließen sie ganz genau spüren, was sie von ihrer Tätigkeit hielten. Das war in ihren Augen verwerflich, sie gehörte zu ihrer Familie und den Kindern, Frauen hatte nichts in der Politik verloren. Dies war reine Männersache.

Nach endlosen drei Stunden verabschiedete sie sich höflich, lief die Straße hinunter zu ihrem Auto. War das die Nachwirkung des Abends oder hatten diese Herren es tatsächlich geschafft ihr etwas Furcht einzupflanzen? Wie zufällig drehte sie sich um, folgte ihr jemand? Der Schatten im Hauseingang? Erneut kroch ein nicht benennbares Unbehagen in sie, ließ ihre Nackenhaare abstehen und ein eisiger Schauer rieselte durch ihren Körper. Flink schloss sie die Fahrertür auf, setzte sich erleichtert und verriegelte die Tür von innen. Alles in allem war dies ein erschreckender Abend. Was sie nicht für möglich gehalten hatte, war Realität. Es gab immer noch Verfechter der -wahren- Werte und in ihren Köpfen war die Zeit stehengeblieben. Leider hatte sie keine Bestätigung, zu Frau Schlings Geschichte bekommen. Wie viel Wahrheit und Erfindung steckte in der Erzählung? Gab es tatsächlich ein Geheimnis zu lüften? Die ersten Bedenken meldeten sich, Unsicherheit bemächtigte sich ihrer und Zweifel verselbstständigten sich, wollten ihre Zielstrebigkeit unterlaufen.

›Nein, das lasse ich nicht zu. Ihr macht mir keine Angst, da habe ich bereits Gefährlicheres erlebt.‹ Fest entschlossen ihre neue, selbst ausgesuchte Arbeit, nicht gleich bei den ersten Problemen oder Schwierigkeiten hinzuwerfen, drehte sie den Zündschlüssel. ›Jetzt erst recht. Ihr habt genau das Gegenteil erreicht. Ich suche weiter.‹

Gottes Feuer

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