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Von Arche

Der Name von Arche war nicht weit verbreitet, Eva wusste, dass sie in Wiesbaden und Umgebung suchen musste. Über das Internet fand sie zusätzliche Informationen, eine Dynastie von Reichtum und Einfluss. Leider gab es keine Adresse zu dem Anwesen, auf dem vermutlich der Firmeninhaber von Automo-Hessen wohnte und deshalb speicherte sie die Koordinaten des parkähnlichen Geländes in ihrem Navi.

Der Sommer zog alle Register, ein Hitzerekord jagte den nächsten und es war kein Ende der verheerenden Trockenheit in Sicht.

Nach einigen, teilweise hitzigen Diskussionen mit Moritz, der seine Sorge um sie vor sich her trug wie einen Schild, fuhr sie kurzerhand auf gut Glück los. Mit ihrem ›Frosch‹ über die Autobahn Richtung Wiesbaden, 20 Minuten später bog sie ab und folgte der Bundesstraße und der Ausschilderung nach Rabengrund. Das Navi schickte sie unvermittelt in eine private Zufahrtsstraße, jetzt war es allerhöchste Zeit, sich einen Grund für den unangemeldeten Besuch einfallen zu lassen. Ihre Weiterfahrt wurde urplötzlich von einem großen hohen Tor gebremst. Durch das heruntergedrehte Fenster versuchte sie, eine Klingel zu entdecken, als ein Summen über ihrem Kopf die Bewegung einer Kamera verriet.

Flink stieg sie aus und wandte sich dem Objektiv zu, »Mein Name ist Eva Völkel, ich schreibe an einer Dokumentation und möchte bitte mit Herrn von Arche sprechen«, erklärte sie der Elektronik. ›Hören die mich auch, oder sehen sie mich nur?‹, überlegte sie, als sich unerwartet das Tor öffnete. Rasch stieg sie in den Wagen und folgte der Straße, die sich kurze Zeit später in eine Allee durch ein weitläufiges, parkähnliches Areal wandelte. Rasenflächen wechselten mit Baumgruppen und je näher sie der Villa kam, umso mehr durchbrachen die leuchtenden Farben der blühenden Blumenrabatten, die unzähligen Grünschattierungen der Parkanlage. Tief beeindruckt von dem riesigen Anwesen und seinem gepflegten Aussehen fuhr sie langsam auf die mit weißem Kies bestreute, kreisförmige, Zufahrt vor. Hier zweigte ein schmaler Weg zu einem kleinen Parkplatz ab und führte etwas weiter, hinter die große, dreigeschossige, im viktorianischen Stil erbaute Villa. Eva parkte und lief, die schätzungsweise einhundert Meter, über den knirschenden Kies zum Haus hinauf.

›Hier gab es mit Sicherheit unzählige Zimmer und endlose Flure‹, dachte sie. Der halbrunde, vierstufige Treppenaufgang war rechts und links von hüfthohen Säulen eingefasst, auf denen unterschiedliche, aus Stein gehauene, Tiere saßen. Beidseitig der breiten, hohen, dunkelbraunen Tür standen zwei, aus schwarzem Marmor gearbeitete Greifvögel mit leicht geducktem Kopf und weit aufgerissenen Schnäbeln, zum Angriff bereit.

›Das Wappentier der von Arches, welches ebenfalls als Plakette auf den Autos prangte‹, kombinierte Eva. Der eigenwillige Klingelzug, in Form eines Oldtimers, entlockte ihrem angespannten Gesicht ein mildes Lächeln. Ihre Hand hatte diesen noch nicht erreicht, als von innen die Tür geöffnet wurde und ein mittlerweile in die Jahre gekommener Butler vor ihr stand. ›Wie sollte es auch anders sein, ein Herr von Arche hat selbstverständlich Personal‹, schoss es ihr blitzartig durch den Kopf. Stocksteif, mit hochgezogenen Augenbrauen sah er wartend auf sie herab. Rasch wiederholte sie ihr Anliegen, an einer Dokumentation zu schreiben und bat den Hausherrn interviewen zu dürfen.

»Ich werde ihr Begehren vortragen, geben Sie mir bitte Ihre Karte«, Eva hatte mit so etwas Ähnlichem gerechnet, an ihrem Computer einige Visitenkarten entworfen und ausgedruckt. Sie überreichte diese dem wartenden Butler, der ohne jede Regung die Haustür schloss und verschwand.

›Ich werde erst gar nicht vorgelassen‹, Eva stand unschlüssig vor der Villa und blickte in den weitläufigen Park. ›Der Traum schlechthin, hier zu leben war schon etwas besonderes.‹ Es dauerte gefühlt eine halbe Stunde, bis die Tür erneut geöffnet wurde.

»Kein Interesse, falls Herr von Arche es sich anders überlegen sollte, meldet sich sein Sekretär bei Ihnen«, mit diesen Worten war ihre Audienz beendet.

›Das wäre ja auch zu einfach und banal gewesen, hinfahren, klingeln, Informationen mitnehmen und gehen.‹ Nachdenklich, wie sie weiter vorgehen sollte, schlenderte sie die Auffahrt zu ihrem Auto hinunter. Aus der Entfernung sah sie eine schätzungsweise 30-jährige schlanke Frau mit hellbraunem, halblangen Haar, die sich an ihren ›Frosch‹ lehnte und auf sie zu warten schien.

»Na endlich mal eine junge hübsche, die sich traut, bei Großvater vorstellig zu werden«, wurde sie begrüßt, »Katharina, ich bin die Enkelin von unserem uralten Fossil.« Freundlich streckte sie ihr die Hand entgegen und ihre tiefblauen Augen blitzten spitzbübisch.

»Eva Völkel«, erwiderte sie die Begrüßung.

»Wie weit sind Sie gekommen?« Irritiert sah Eva die junge Frau an. Katharina lachte hell auf, »Ich teile die Chronikschreiber in verschiedene Klassen ein, bis zur Haustür, bis in die Diele, bis in den Salon. Also, wie weit hat Henry Sie vorgelassen?«

Eva verstand, sie lächelte und verzog ironisch das Gesicht, »Ich gehöre zur ersten Gruppe.«

»Dann brauchen Sie definitiv Hilfe, kommen Sie«, verschwörerisch hakte sie ihren Arm unter und zog sie mit sich in den Park. »Sie sind die erste Frau, in einer langen Reihe der Bewerber und sind ohne Empfehlungsschreiben und persönlichen Auskünften hier erschienen. Meine Hochachtung, das imponiert mir.«

Eva dachte blitzschnell nach, ›Was habe ich übersehen?‹

»Ach kommen Sie schon, seien Sie nicht zu bescheiden, das war großartig. Endlich mal jemand der Mut hat.« Abrupt blieb Eva stehen,

»Frau von Arche«, begann sie, »ehrlich, ich will mich nicht bewerben, egal auf was, ich wollte lediglich den Zusammenhang zwischen Ihrer Familie und den Teubners hinterfragen.« Laut schallte ein hohes, spitzes Lachen durch die uralten Kastanienbäume der Allee.

»Katharina, bitte nennen Sie mich Katharina. Ich habe sonst den Eindruck, Sie sprechen mit meiner Mutter oder Großmutter.« Unsicher sah Eva zu ihr hinüber, die einen schmalen Fußweg abseits der Allee eingeschlagen hatte.

»Los, auf was warten Sie, hier entlang, der Weg führt zum Seerosenteich. Das müssen Sie sich unbedingt ansehen.« Eva folgte voller Neugier ihrer Gastgeberin, jetzt bekam sie den Teil jenseits der Zufahrtsstraße zu sehen und das wollte sie sich nicht entgehen lassen. Der typische Geruch von frisch gemähtem Gras lag in der Luft. Hier schien die Welt wahrlich noch in Ordnung zu sein und Unmengen Kubikmeter Wasser sorgten für das satte Grün. Katharina hakte erneut ihren Arm unter,

»Laufen Sie einfach weiter, als ob nichts wäre, Sie sind eine neue Freundin und ich zeige Ihnen unseren schönen Park mit all seinen schrecklichen Geheimnissen«, flüsterte sie verschwörerisch und vielsagend. Mit einem hocherfreuten Lächeln im Gesicht winkte sie, »Hallo Mario«, rief sie absichtlich laut ohne sich umzudrehen, »Blüht der Rosenpavillion?«

»Ja, gnädiges Fräulein«, hörte Eva hinter sich und drehte verwundert ihren Kopf, woher die Stimme plötzlich kam.

»Unser Gärtner, er schleicht sich gerne mit seinem Elektrokarren an. Ich glaube, Großvater hat ihn beauftragt, er soll berichten, was ich mache und wen ich mitbringe«, erklärte sie trocken. »Meine Ohren sind auf das leise Surren der Karre programmiert, er hat mich nur ein einziges Mal erwischt«, grinste sie vielsagend. »Jetzt aber zurück zum Thema, Sie wollen nicht die Stelle der Chronistin?«

»Nein, ich bin auf gut Glück hier, meine Recherchen über ….« Weiter kam sie nicht.

»Oh nein, hören Sie auf zu lügen. Sie schreiben niemals eine Dokumentation.« Katharina hatte sich ihr zugewandt, hielt sie an beiden Schultern fest und sah Eva mit zusammengekniffenen Augen abschätzend an. »Was auch immer Sie machen, Sie sind kein Schreiberling«, felsenfest von ihrer Meinung überzeugt forderte sie, »Versuchen Sie es erneut.«

›Was kann ich ihr antworten, sie ist höflich, gibt sich freundschaftlich und ist gleichzeitig knallhart. Ich bleibe, so weit es geht, an der Wahrheit‹ entschied Eva sich.

»Ich wohne seit gut einem Jahr in Eschborn. Mein Freund hatte einen schlimmen Unfall, ich brauchte Ablenkung und habe mich mit der Stadtgeschichte beschäftigt. Dabei fand ich den alten Flughafen, der kurz vor dem Zweiten Weltkrieg bei Nacht und Nebel aufgebaut und im Krieg für geheime Operationen genutzt wurde. Diese Heimlichkeiten waren für mich der Grund weiter zu suchen und ich konnte einiges an Informationen ausgraben. Dabei bin ich auch auf die Familie von Arche und Teubner gestoßen und jetzt bin ich hier«, fasste Eva im Groben zusammen.

»Das ist nur die halbe Wahrheit, Sie haben einen großen Teil weggelassen, ich bin ebenfalls mit den Vorkommnissen vertraut, sie sind die Grundlage unserer Familie. Was wollen Sie mit den Erkenntnissen anfangen? Familien vernichten? Einen Unternehmer in den Ruin treiben? Was Eva, was wollen Sie?« Das war eine berechtigte Frage, die sie sich ebenfalls öfter gestellt hatte.

»Wenn möglich verhindern, das noch mehr Menschen einen grausamen Tod sterben.«

Katharina sah sie abwartend an, »Das war`s? Mehr nicht? Vielleicht Gutes tun, Benachteiligten bessere Chancen geben?« Eva merkte sofort, dass dies eine Anspielung auf das Gold war, welches versteckt auf seine Entdeckung wartete. Sie sahen sich in die Augen, das Kräfte messen, wer zuerst die Lider niederschlug und dem Blick des anderen nicht mehr standhielt, begann. Katharina hatte wunderschöne tiefblaue Augen mit winzig kleinen bernsteinfarbenen Sprenkeln und langen dunkelbraunen Wimpern.

›Eva ist stärker und selbstbewusster, als ich dachte, sie könnte zu meinem Werkzeug werden um endlich mit der Vergangenheit aufzuräumen und den eigenen Anspruch durchzusetzen‹, »Kommen Sie nächste Woche wieder«, entschied sie und durchbrach den Blickkontakt.

»Jetzt lassen Sie mich überprüfen«, schoss Eva ins Blaue, ›Die von Arche hat es in sich.‹

»Ich sehe schon, wir verstehen uns und werden prima miteinander auskommen. Genießen Sie den Park und bleiben Sie, solange Sie möchten.«

Mit großen Schritten entfernte sie sich über die gepflegten Rasenflächen auf den hinteren Bereich der Villa zu. Eva schlenderte ein Stück weiter dem Seerosenteich entgegen, sie musste Ordnung in ihre Gedanken und die möglichen Vorgehensweisen bringen.

›Bestimmt hat sie vor, mich vor ihren Karren zu spannen und für ihre Zwecke zu gebrauchen. Nach außen die klasse sexy Frau und im Nachgang verspeist sie ihre Kerle. Genau wie eine Schwarze Witwe.‹

Katharina von Arche zu unterschätzen, konnte sehr gefährlich sein, ein Mann übersah schnell, wie gerissen sie vorging, er wurde von ihren überaus weiblichen Reizen gefangen genommen. Geblendet von ihrem Äußeren vergaß er jede Vorsicht und tappte in die ihm gestellte Falle. Insgeheim bewunderte Eva diese Frau, ob das Vorgehen angeboren war oder das Ergebnis von jahrelangem Training, vermochte sie nicht zu beurteilen.

Einige Tage später rief Anette erneut an. Eva bedankte sich nochmals für den Einwurf des Umschlags, und entschuldigte sich für die Schwierigkeiten, welche sie durch ihr Erscheinen womöglich ausgelöst hatte.

»Frau Schröder, wie kann ich Ihnen helfen?«

»Liebe Frau Völkel, ich habe da etwas für Sie«, sprach sie verschwörerisch. »Beim Ordnen von Vaters Nachlass bin auf diverse Hefte gestoßen, einiges ist sogar noch von Großvater Hans. Andreas will zwar alles sehen und selbst entscheiden, was damit geschehen soll, jedoch ist er das ganze Wochenende nicht da. Also bestimme ich, diese Ihnen zu geben.« Anettes Stimme war zu einem Flüstern geworden und Eva musste genau hinhören.

»Es sind schriftliche Erinnerungen von Peter über die alten Geschichten. Wir kennen sie in- und auswendig, vielleicht haben Sie Verwendung dafür und es hilft Ihnen bei Ihren Recherchen. Ich hebe den Karton bis heute Abend auf, dann wandert er in die Papiertonne, bevor Andreas zurück ist und sie wieder auspackt. Es ist furchtbar, er sammelt alles vom Krieg, ich versteh nicht, was ihn daran so fasziniert. Also Frau Völkel bis nachher?!«

»Das ist großartig, herzlichen Dank für ihre Hilfe. Ist es recht, dann komm ich sofort.«

Hocherfreut von diesem unglaublichen Angebot fuhr Eva erneut zu Anette, glücklich, endlich weitere Informationen zu erhalten. Innerlich hoffte sie, dass die Hefte ihr einige, momentan noch nicht nachvollziehbaren Verbindungen aufzeigten. Ehrfürchtig übernahm sie den Karton, der mit dem ihr bekannten Klebeband extra gut verschlossen war.

Zu Hause öffnete sie, aufs höchste gespannt, was sie vorfinden würde, die Schachtel und sah auf ein Sammelsurium von Heften, Zeitungsausschnitten, Postkarten, Briefen und einigen Fotos hinunter. Sorgfältig begann sie den Inhalt akribisch zu ordnen, ihm einen chronologischen Ablauf zu geben. Stundenlang las sie, überlegte, kombinierte, ordnete die Schriftstücke, nur um sie einige Zeit später wieder einzusammeln und in einer anderen fortlaufenden Richtung zu sortieren.

Endlich nach vielen Stunden Arbeit und noch mehr Tassen Tee hatte sie eine Übersicht angelegt. In den folgenden Nachkriegsjahren las sie von einer schweren Zeit des Zurechtfindens, die Trauer über den Verlust seiner Ehefrau Elisabeth und dem Stolz des Vaters auf den Sohn Peter. Die Eintragungen wurden weniger, die Zeiträume immer länger. Hatte die schwerwiegende Zeit Hans dermaßen zugesetzt, dass er nicht mehr schreiben wollte oder konnte?

Den nächsten Hinweis fand sie erst im Jahr 1955.

Peter hatte anscheinend die Tradition des Vaters fortgeführt und schrieb ebenfalls die für ihn wichtigen Ereignisse auf.

›Vater hatte unangemeldeten Besuch. Ein überaus arroganter Horst von Arche ist hier aufgetaucht und bestand darauf ihn zu sprechen. Vater hatte sich niemals richtig erholt und Mutters Tod ließ ihn zum psychischen Wrack werden. Diese Erinnerungen halten ihn oft tagelang im Gestern fest und es kostete ihn übermenschliche Kräfte daraus aufzutauchen und für mich, seinen Sohn Peter zu sorgen.

Mein Versteck hinter der Tür bemerkten sie nicht, ich wollte schon immer wissen, was damals tatsächlich geschah, denn in meinen Vorstellungen war Vater der Held.

Für Spielchen hatte von Arche anscheinend keine Zeit und Lust, er versuchte Vater mit, »Das ist Ihre Pflicht Oberleutnant«, unter Druck zu setzten. Dieser erinnerte sich an seinen Auftrag, dem Major von Arche das Versteck mitzuteilen. Jetzt stand sein Sohn Horst vor ihm und forderte die Information.

Vater bemühte sich aufzustehen, erhob sich halb und sprach,

»Ich war bei Ihnen in Wiesbaden und habe nach Ihrem Herrn Vater, dem Major gefragt. Niemand aus Ihrer Familie wollte mit mir reden, sie haben mich als unwürdig angesehen und in der großen Halle stehen lassen. Ihr Diener hat mich hart am Revers gepackt und vor die Tür befördert. Das habe ich nicht vergessen.« Ich war erstaunt wie klar und deutlich seine Erinnerung für einen kurzen Augenblick war, nur um sofort wieder zu verschwinden. Kraftlos ließ er sich in den Sessel sinken. Verwirrt wie er entscheiden sollte, sah er sein Gegenüber an. Konnte er endlich dieses Versprechen einlösen? Paul hatte ihn eindringlich gewarnt, er dürfe niemanden das Versteck verraten einzig und allein Major Friedrich von Arche. Der Besucher ignorierte diese Aussage und wischte jeden weiteren Einwand mit einer Handbewegung fort. Angsteinflößend kam er bedrohlich nahe. Vorsichtig begann Vater mit seinem Bericht des 15. August 1944. Horst machte sich einige Notizen, er begriff schnell, dass der scheinbar verwirrte Geist des Gegenüber Daten und Fakten offenkundig durcheinander brachte.

»Das ist ausgeschlossen, Sie lügen«, fauchte er. Die Schilderung der Ereignisse konnten seiner Ansicht nach unmöglich wahr sein, die entscheidenden Informationen fehlten. »Ich glaube Ihnen kein Wort Oberleutnant. Niemals hätte der ehrfurchtgebietende Major Friedrich von Arche diese große Lieferung allein gelassen und sie nur in die Hände von Hilfskräften gelegt.« Seine Worte waren voller Verachtung für die einfachen Menschen. Was beide nicht bemerkten, ich, Peter war zwar erst 20 Jahre alt, begriff dennoch, welch ungeheure Geschichte ich soeben hörte. Von Arche versuchte erneut, Druck auf Vater auszuüben, ich hatte genug von der arroganten, geringschätzen Art des Besuchers, stürmte ins Zimmer und stellte mich schützend vor ihn. Im ersten Augenblick war von Arche derartig überrascht, dass er sogar einen Schritt zurückwich. Dann kam seine Überheblichkeit und Selbstgefälligkeit zurück, er hob die Faust und wollte mich schlagen.

»Der Krieg ist vorbei, es muss endlich mal Schluss sein. Hören Sie auf, meinen Vater zu belästigen«, forderte ich. Der Mut der Verzweiflung gab mir Kraft, ich entwickelte ungeahnte Verwegenheit und warf, ungeachtet des Titels, von Arche hinaus.‹

Eva konnte sich lebhaft vorstellen, wie 1955 die Einstellung der Menschen gegenüber von Titeln des Adels war. Sie blätterte weiter in ihrer Zusammenfassung und las,

›1955 – 1957 In diesem Zeitraum erfuhr ich immermal wieder einige Details von den Ereignissen aus den Jahren 1940 – 1944. In seinen klaren Momenten befreite sich Vater von dem belastenden Wissen. Für mich, ich bin Anfang 20, war es manchmal schwer, die Erzählungen in der richtigen Reihenfolge zusammen zu setzten. Wenn ich dachte, jetzt alles erfahren zu haben, kamen immer wieder neue Informationen hinzu. Diese Angelegenheit erwies sich als sehr umfangreich und komplex. Vater erzählte von der Umlagerung, manchmal hatte ich den Eindruck, dieses Wissen belaste ihn dermaßen, dass er, um das Geheimnis endlich loszuwerden, in mir, seinem Sohn den so lange gesuchten Major Friedrich von Arche sah. Vater packte mich hart an den Handgelenken, er entwickelte erstaunlich viel Kraft, »Ich muss Ihnen nach so langer Zeit noch eine Botschaft überbringen, Operation Medusa. Herr Major, bitte, ich habe es beim Leben meines Sohnes geschworen, Ihnen den Lagerort mitzuteilen«, waren seine Worte.‹

Eva markierte den nachfolgenden Text als besonders wichtig. ›Ich war hin und hergerissen, hatte Gewissensbisse, auf die Halluzination zu reagieren. Meine jugendliche Neugier siegte und ich übernahm die Rolle des Major Friedrich von Arche. Froh, letztendlich von der jahrelangen Last befreit zu werden, war Vater aufgestanden, hatte Haltung angenommen, machte Meldung und gab sein Geheimnis preis.

»Die roten Kisten sind teilweise zerstört, der zerbrechliche Inhalt ist unversehrt. Ich habe ihn in den Totrohren des Fuhrparkgeländes versteckt. Die Männer müssen erst die Belüftungsdeckel der Kanalisation heben, um an die beiden zusätzlichen Rohrstutzen zu gelangen. Die Münzen aus den gelben Kisten sind am Fundamentsockel der gegenüberliegenden Seite vergraben. Etwa 90 Zentimeter tief, acht Meter vom Stubenfenster.« Erleichtert, endlich seinen Auftrag ausgeführt zu haben, sank er unendlich müde in den hinter ihm stehenden Sessel. Die Augen wurden glanzlos und er rutschte zu einem Häuflein Elend in sich zusammen. Ich war sprachlos, was mein Vater soeben gestanden hatte, war die Lösung unserer knappen finanziellen Situation. Um ganz sicher zu sein, alles richtig verstanden zu haben, wollte ich die Angaben noch einmal hören, doch Vater war nicht mehr ansprechbar und total in sich gekehrt. Auf meine Ansprache reagierte er überhaupt nicht mehr. Sogleich begann ich die erhaltenen Informationen in die für mich lesbare Form des Sütterlin aufzuschreiben. Niemand sollte uns die Münzen vor der Nase wegschnappen. Um die Lage besser einzuschätzen, fuhr ich mit dem Rad zum Fuhrparkgebäude wo sich meine schlimmsten Befürchtungen als Tatsache erwiesen. Der beschriebene Ort lag genau in dem seit 1945 besetzten Areal der Amerikaner. Zum Greifen nahe geschätzte 20 Meter entfernt und für mich doch unerreichbar durch einen hohen Zaun mit Stacheldrahtkrone geschützt.‹

Eva stützte ihren Kopf in die Hände und überlegte, wie sie wohl reagiert hätte. ›Peter musste innerlich fluchend den Heimweg angetreten sein, bis die Erkenntnis, ›Woran ich nicht komme, kommt kein anderer‹ mit Sicherheit ein zufriedenes Grinsen auf sein Gesicht gezaubert hatte. Gleichfalls die Sorge, ›hoffentlich finden es die Amis nicht bei irgendwelchen Bauarbeiten‹, musste Peter lange mit sich getragen haben. Das Gelände war neu aufgeteilt, die Baracken hochgezogen und eigentlich gab es keinen Grund, ausgerechnet die stehenden Mauern des Fuhrparkgebäudes abzureisen.‹ Gespannt las sie weiter.

›Die Amis sind schon so lange hier, bestimmt ziehen sie bald wieder ab und geben das Areal frei. Ich durchdachte die unterschiedlichen Möglichkeiten hatte diverse Pläne notiert, und kam zu der Einsicht, entweder warten oder bei Nacht und Nebel versuchen über und durch den Zaun zu steigen. In einem Fachhandel kaufte ich mir eine Knollepetz und kam in der folgenden Neumondnacht zurück. Die ersten Drähte waren schnell durchgezwickt, als mein Unternehmen jäh ein Ende fand. Vor mit tauchte aus der Dunkelheit ein amerikanischer Soldat und hinter ihm, ein deutscher Polizist auf. Die Zange wurde konfisziert und ich bekam glücklicherweise nur eine milde Strafe, eine Anzeige wegen Sachbeschädigung und unbefugtes Betreten. Wie sie mich so schnell erwischten, konnte ich mir nicht erklären. Später erfuhr ich, dass bereits seit einigen Jahren andere Personen versucht hatten, an fast der gleichen Stelle über den Zaun zu steigen. Ernüchtert und resignierend gab ich mein Vorhaben erst einmal auf.‹

Hier brachen die Aufzeichnungen ab. Die letzten Seiten waren unsanft ausgerissen, wie die gezackten Ränder in dem Heftrücken bewiesen.

Eva überlegte, ob das Männer aus der 4er Gruppe gewesen sein könnten, jemand anderer hatte eigentlich keinen Grund unerlaubt das Areal zu betreten. In den beiliegenden Zeitungsausschnitten fand sie die dazugehörenden Artikel. Diese vermehrten Verstöße ließen die Gerüchte erneut auflodern, dass auf dem ehemaligen Flugplatz doch etwas Ungewöhnliches versteckt sei. Wie Vermutungen sich verselbstständigten und die stille Post ihr Übriges tat, wuchsen die Angaben und Inhalt der Berichte, wurden immer kurioser, blähte sich dermaßen auf, bis sogar die großen Tageszeitungen davon berichteten. Diesen gesamten Trubel konnte weder Peter noch die 4er Gruppe gebrauchen.

Eva und Moritz hatten sich ein weiteres Mal geeinigt, gaben ihrem Zusammenleben eine zusätzliche Chance und versuchten den Neustart ihrer Beziehung. Sie fuhren gemeinsam zur Nepomukquelle, um ein Stück durch den sommerlichen Wald, mit seinem unterschiedlichen grün schimmernden Blätterdach, zu laufen. Die hohen Blütenstände des Fingerhuts leuchteten in kräftigem violett. Die Farne hatten ihre langen grazilen Wedel entfaltet und das Moos auf dem ausgetrockneten Boden verwandelte sich in braune, löchrige Polster. Hier in der freien Natur kamen sie sich wieder näher und nach eingehenden Gesprächen zur Klärung ihrer Situation, bemerkten sie die altbekannte Übereinstimmung ihrer Gedanken und Ansichten. Moritz blühte regelrecht auf, bekam neue Ideen, fand zu seiner früheren Begeisterung des Journalismus zurück. Vielleicht war es dieser anderen Sichtweise geschuldet, dass er sie unvermittelt in den Arm nahm, sie fest an sich drückte,

»Halt mich jetzt bitte nicht für verrückt, könnte nicht doch einer der Besucher in Deinen und meinen Aufzeichnungen geschnüffelt haben? Ich glaube Dir, Du hast mich noch nie belogen und wenn Du versicherst, nicht meine Notizen zu lesen, dann stimmt das. Es macht mich ganz verrückt, in dieser Ungewissheit zu leben und nicht zu wissen wie es mit mir weitergehen soll. Das hier«, er klopfte auf sein steifes Knie, »Soll mich nicht an meiner Arbeit hindern. Ordentlicher Journalismus braucht nicht zwingend zwei gesunde Beine.«

»Das ist gut zu wissen und ich kann Dir nur erneut bestätigen, das auch ich mir nicht vorstellen kann von Dir so ausgetrickst zu werden. Ich biete Dir meine Hilfe und Unterstützung an und bin gerne bereit Dich in meine Recherchen mit einzubeziehen, vorausgesetzt Du möchtest nicht etwas eigenes versuchen. Ich teile Deinen Verdacht, das wir erneut ausspioniert werden. Es macht auf mich den Eindruck, als wolle uns jemand bewusst gegeneinander ausspielen, einen Keil zwischen uns treiben. Aber warum? Wer würde so niederträchtig sein?«

Gemeinsam gingen sie alle Besucher durch, schrieben jeden auf, der die Gelegenheit gehabt hatte an einen der Hausschlüssel zu gelangen. Die Liste war recht übersichtlich. Zusammen überlegten sie, strichen einen nach dem anderen Namen aus und kamen auf kein schlüssiges Ergebnis. Moritz war in seinem Element, er hatte noch sehr genau die Wanzensuche in Erinnerung und schlug vor, eine Infrarotkamera in der Diele aufzustellen.

Eva schloss ihre Augen und lehnte sich gegen einen der hohen alten Baumstämme und ihre Finger spürten die raue Rinde. ›Ging das schon wieder los? Gab es kein Ende? Kann ich ein ganz normales Leben führen?‹ Ruckartig richtete sie sich auf, ›Nicht, solange ich immer neu in irgendwelche Geschichten verwickelt bin‹, traf sie die Erkenntnis.

Auf ihrem Rückweg hielten sie noch an einem Fachgeschäft für Überwachungstechnik an und kauften die entsprechende Ausrüstung. Zu Hause hatte Moritz schnell die Kamera befestigt und schaltete sie auf Bewegungsmelder mit Nachteinstellung.

Nach erfolgreicher Installation betrat Moritz, sehr mit sich selbst zufrieden, Evas Arbeitszimmer.

»Warum hört jemand auf zu schreiben, beziehungsweise warum reißt einer die letzten Seiten aus?«, überlegte sie laut und hielt das Heft in die Höhe. Hatte Peter aufgehört zu schreiben oder gab es noch andere Aufzeichnungen. In dem erhaltenen Sammelsurium war nichts dergleichen zu finden. Sie sah ihn nachdenklich an.

»Weißt Du, Anette ist eigentlich ganz nett, sie wird verstehen, wenn ich sie nochmals anrufe und frage, ob möglicherweise doch noch irgendwo der nachfolgende Teil zu finden ist. Vielleicht hat sie es bereits fortgeworfen und gar nicht bemerkt, um was es sich handelt.«

Entschlossen ergriff sie das Telefon und klingelte bei Anette Schröder durch. Nach kurzer Zeit nickte sie ihm zu.

»Hallo Frau Schröder, Eva Völkel hier, erst einmal recht herzlichen Dank für die Überlassung der Unterlagen. Ich habe diese gelesen und ausgewertet, dabei sind mir die ausgerissenen Seiten im Tagebuch Ihres Vaters aufgefallen und ich wollte fragen, ob Sie vielleicht das nachfolgende Heft auch noch haben und ich es lesen darf?« Erwartungsvoll hob Eva ihre Augenbrauen und sah Moritz gespannt an. Er war ganz dicht zu Eva getreten und hörte die Antwort von Anette mit.

»Hallo Frau Völkel, es freut mich, wenn Sie mit dem ganzen alten Zeug noch etwas anfangen konnten. Nein ich habe alles durchgesehen und nichts weiteres gefunden, tut mir leid. Wie weit sind Sie denn gekommen, möglicherweise kann ich Ihnen noch einige Informationen zu meinem Vater oder Großvater geben.«

»Das wäre großartig, ich wollte Sie nicht belästigen.«

»Ach wo, das ist schon in Ordnung, also worum geht es?«

»Die letzten Aufzeichnungen brechen 1957-1958 ab. Ihr Vater hat anscheinend die Hefte weitergeschrieben, die Schrift Ihres Großvaters Hans taucht gar nicht mehr auf.«

»Ah, ja, ich weiß«, seufzte sie, »Vater hatte immer davon erzählt, wenn wir als junge Menschen gejammert haben. Er war zu dieser Zeit erst Mitte 20 und hat seinen Vater ganz allein versorgt. Zum Glück hatten sie das Haus, sonst wären sie nicht über die Runden gekommen.« In Anettes Stimme schwang die Erinnerung mit.

»Peter musste schon sehr früh eine Ausbildung zum Mechaniker machen, der geringe Lohn hielt sie mit Ach und Krach über Wasser. Hans war nach dem Krieg und seiner Gefangenschaft nicht mehr der Alte, er hatte Wahnvorstellungen und neurotische Schübe, manchmal dachte er, Peter sei ein Major und begann stramm zu stehen und Bericht zu erstatten.« Sie seufzte laut.

»Vater hatte es extrem schwer eine Frau zu finden, die mit diesem Schwiegervater zurechtkam. Dann lernte er endlich Ruth kennen, sie war eine Seele von Mensch, unendlich geduldig und konnte sehr gut mit Großvater umgehen. Es war ganz allein ihr Verdienst, dass die Schrecken des Erlebten langsam in den Hintergrund traten. 1963 heiratete Vater Mutter. So weit ich weiß hatten sie einige glückliche Jahre. Dann tauchte 1966 kurz vor unserer Geburt unerwartet ein Mann aus den Kriegstagen bei uns auf und riss die ganzen geheilten Wunden der Vergangenheit wieder auf. Er muss Großvater sehr unter Druck gesetzt haben, der sonst friedliche Mann war aufgebracht, wütend, verzweifelt, ein gefährlicher Mix aus bösen Erinnerungen. Zum Glück kam Vater kurze Zeit später nach Hause und hat diesen Teubner hinausgeworfen. Der Besuch war das Ende, Großvater war völlig verwirrt, habe einen irren Blick gehabt und schlug um sich, dabei erwischte er unsere Mutter Ruth, die hochschwanger war und unglücklich stürzte.

Vater schrie Großvater an, was er angerichtet habe. Schnell rannte er zu den Nachbarn, die ein Auto hatten und bat, dass sie Ruth ins Krankenhaus brachten. In dieser Nacht wurden wir geboren. Am nächsten Tag kam die Polizei, sie hatten Großvater gefunden, er ist noch am gleichen Abend auf den Dachboden gestiegen, hatte sich seine Uniform angezogen und war nach Frankfurt gefahren. Im Hof der ehemaligen Kaserne hat er sich erschossen. Die Anwohner erzählten, er habe herumgeschrien und verlangt Herrn Major von Arche zu sprechen. Junge Männer wollten ihn zur Vernunft bringen, als er plötzlich seine Pistole zog und sich in den Kopf schoss. Vater hat danach nie mehr von ihm erzählt. Alles was wir wissen, von unserer Mutter.«

Anette machte eine kurze Pause und überlegte, »Ich denke, das war es und ich konnte Ihnen weiterhelfen.«

Eva und Moritz, hatten schweigend mit zugehört und ebenfalls auf Zwischenfragen verzichtet.

»Danke für Ihre Geduld. Ich wünsche Ihnen alles Gute«, verabschiedeten sie sich. Eva hatte sich die ganze Zeit über Notizen gemacht und begann ihre Aufstellung zu ergänzen.

»Diese Kisten sind auf dem Flugplatz vergraben, liegen seit 63 Jahren im Verborgenen und warten auf ihre Entdeckung«, sprach Eva mehr zu sich selbst als zu Moritz.

»Dann bist Du wieder auf Entdeckungstour und schreibst nicht an einer Dokumentation«, hörte sie sehr sachlich Moritz Worte. Überrascht den Gedanken ausgesprochen zu haben sah sie ihn etwas schuldbewusst an.

»Na ja, so ein bisschen von beidem«, versuchte sie ihn zu beruhigen.

»Das glaube ich Dir nicht, Du hast schon länger diesen eigentümlichen Ausdruck im Gesicht. Halt mich nicht zum Narren. Was hast Du noch alles gefunden?«, verlangte Moritz zu wissen.

›Soll ich ihm von dem Hinweis erzählen? Würde er nicht viel lieber die Zeit im Krankenhaus und anschließender Reha vergessen? Wäre es kontraproduktiv zu seinem Entschluss das Buch zu schreiben?‹

»Mach schon, ich bin erwachsen und habe seit einigen Monaten ein neues Leben«, beharrte er auf seiner Forderung.

»Was ist mit Deinem Entschluss das Buch zu der Reportage über X-ambles auszuarbeiten?«

»Das Vorhaben ziehe ich durch, der erste Entwurf ist in Arbeit und fast fertig«, argwöhnisch verzog er das Gesicht, »Ich sehe an Deiner Art wie Du hin und her läufst, wie Du zum Nachdenken in die Ferne blickst, ohne hinzusehen, dass Du wieder eine außergewöhnliche Spur verfolgst. Willst Du noch mehr?«

Erstaunt sah sie ihn an, »Ist mein Verhalten so auffällig?«

»Für mich ja, keine Sorge, jeder andere würde denken, dass Du etwas verpeilt bist.«

»Oh wie nett von Dir«, Sarkasmus tropfte aus ihren Worten, »Also gut. Ja, ich habe eine neue Sache begonnen«, druckste sie noch ein bisschen herum.

»So, nur eine Sache. Na, dann kann es sich um nichts bedeutendes handeln«, tat er beleidigt.

»Ja, genau lediglich eine Sache«, bestätigte sie.

»Ok, jetzt weiß ich definitiv, dass es gefährlich werden kann. Je harmloser Du es darstellst, desto schlimmer ist es. Ach Eva, ich bin fast wieder hergestellt und nicht zerbrechlich, oder gar aus Zuckerguss, Du kannst mich zumindest zum Denken miteinbeziehen«, dabei hob er seinen Stock. »Den brauche ich jeden Tag weniger, das hast Du selbst festgestellt«, grinste er sie an.

»Also gut, aber nur wenn Du mir versprichst nicht gleich aufzuspringen«, verlangte sie.

»So schlimm? Ich wusste, dass Du wieder einen heißen Tipp bekommen hast«, triumphierte er. Ernsthaft fügte er hinzu, »Ehrlich, ich habe Deine Notizen und den Schreibtisch nicht durchsucht. Auch nicht heimlich darin gelesen. Ganz großes Ehrenwort ich war das nicht. Ich merke, dass Du mir immer noch etwas misstraust.«

»Moritz, wie Du selbst bemerkt hast, wurde in Deinen als auch in meinen Ergebnissen herumgeschnüffelt. Das steht fest. Diese Tatsache lässt sich nicht leugnen. Wir haben die Liste erstellt und eine Infrarotkamera installiert. Seit diesem Zeitpunkt ist Ruhe, wie abgeschnitten, ich persönlich finde das auffällig.« Moritz holte empört Luft, doch Eva schnitt ihm das Wort ab.

»Bevor wir wieder in Schuldzuweisungen verfallen und uns gegenseitig bezichtigen, ich bin bereit, unseren Neuanfang durchzuziehen.« Sie wollte Moritz glauben, es kam auf einen Versuch an, und sie war entschlossen, sich darauf einzulassen. Hier lagen keine Staatsgeheimnisse herum und niemals zuvor hatte sie einen Grund zum Zweifeln gehabt. »Ich habe Dich zuerst verdächtigt, also mache ich auch den ersten Schritt.« Moritz nickte zustimmend und Eva fing an zu erzählen, er hörte gespannt mit zu, schrieb gelegentlich etwas auf, nickte und brummte, ohne sie zu unterbrechen.

Gottes Feuer

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