Читать книгу Gottes Feuer - E.D.M. Völkel - Страница 15
ОглавлениеLakotas
›Geh ich gleich zu Anfang, oder warte ich etwas?‹, überlegte Eva, griff kurz entschlossen zu ihrem Autoschlüssel und fuhr am frühen Abend zum abseits gelegenen Clubhaus des Lakota MC. Das Symbol des Vereins zierte sowohl das Einfahrtstor als auch die Außenwand über der halb offenstehenden Eingangstür, aus der Rockmusik strömte, sie hörte Udo mit seinem Song ›Wir sind Rocker‹. Mit laut dröhnenden Maschinen fuhren weitere Gäste auf das Gelände. Auf dem freien Platz vor dem Gebäude standen zahlreiche Motorräder der unterschiedlichsten Marken, die Besucher begrüßten sich gegenseitig mit Umarmungen und deutlich hörbarem Rückenklopfen. Die Frauen pflegten die herzliche, südländische Küsschen Variante und gingen lachend auf den Eingang zu.
Neugierig, was sie hier finden würde, folgte Eva ihnen und betrat die große Halle. Überrascht besah sie sich die Einrichtung und stellte fest, dass sie dergleichen noch niemals gesehen hatte. Hier gab es in Gruppen aufgestellte, einladende Sessel und Sofas. Einzel verteilte Stehtische und ein breiter freier Bereich, vor der extrem langen, gut besuchten Theke. Eine kleine Bühne und zudem ein niedriges Podest mit einer Stange bis an die Decke, an der sicher schon das eine oder andere Girl eine Vorführung der speziellen Art absolviert hatte, vervollständigten das Bild. Im hinteren Teil der Halle führten drei Türen in weitere Räume. Einer davon war mit einem Billardtisch und Tischkicker ausgestattet. An den beiden anderen besagten Metallschilder, das dies ein privater Bereich sei.
Schmunzelnd bemerkte sie, dass ihre Vorstellung vom typischen Klischee des Rockers passte. Sie teile die Männer für sich in drei Gruppen auf, die drahtigen, die bierbäuchigen, und jene, die sich noch nicht entschieden hatten, zu welcher sie gehören wollten.
Schnell merkte Eva, dass die Männer mit ihren Westen und den sich darauf befindlichen Patches zwar gastfreundlich, doch genauso reserviert gegenüber Fremden waren. An ihrem ersten Abend würde sie noch nicht die benötigten Kontakte knüpfen können, um das Gewünschte zu erfahren. Es werden mehrere Besuche und Wochenenden nötig sein, damit ich einen oder zwei der Mitglieder etwas besser kennenlerne. Rasch kam sie mit einzelnen Besuchern ins Gespräch.
Dieser Club hatte seine eigenen Gesetzte, die Hierarchie war klar abgesteckt und Frauen sollten eine Augenweide sein, hatten aber nichts zu sagen. Eva musste sich außerordentlich ins Zeug legen, um überhaupt auch einen verbalen Zugang zu einigen der Mitglieder zu bekommen. Leider kamen diese Gespräche nicht über Small Talk hinaus.
Der Mann hinter der Theke versuchte Eva mit seinem Charme einzuwickeln und auszuhorchen. Er war mit beeindruckenden Muskelpaketen bepackt und verbrachte mit Sicherheit endlose Stunden im Sportstudio. Er war ihrem Blick gefolgt, grinste von einem Ohr zum anderen und ließ den linken Bizeps zucken. Eva konnte nicht mehr ernst bleiben, lachte zurück, nahm das Radler und ging neugierig durch die mit zahlreichen Bildern bestückte Halle.
»Och, jetzt hab ich die süß´ Maus verschreckt«, hörte sie seine frotzelnden Worte hinter sich, drehte sich etwas um und hob grüßend ihre Hand. Die Fotos an den hohen Wänden zeigten Clubmitglieder auf ihren Motorrädern, Gruppenbilder mit bemerkenswert vielen Personen, und Bilderrahmen mit Trauerflor. Fast alle Gesichter waren mit Sonnenbrillen bedeckt, doch sie erkannte sofort den Mann hinter der Theke. Keine noch so große Sonnenbrille der Welt konnte seine Gestalt unkenntlich machen.
»Sexy«, hörte sie ganz nahe an ihrem Ohr und spürte den Atem auf ihrem Hals. »Hugo«, vernahm sie seine Stimme und eine ausgestreckte riesige Hand, welche ein Hütchenglas hielt, kam in ihr Blickfeld, »Prost, un Du?«, bot er ihr das Getränk an.
›Bleib allgemein und unverfänglich‹, »Eva«, entgegnete sie grinsend, »Danke.«
»Weil de neu bist, is der zu deiner Begrüßung.«
»Ja, hmm lecker«, antwortete sie und nahm das Glas entgegen, »mal sehen, ob‘s mir bei euch gefällt.«
»Bestimmt, denn schöne Mädcher sehn mer hier gern« flirtete er unmissverständlich.
Sie redeten über Gott und die Welt, und Eva erfuhr dabei, woher der Name des MC’s kam. Die Gründer des MC hatten ihn, nach einem beeindruckenden und ereignisreichen Urlaub, in den Black Hills, South Dakota, in Amerika gewählt. Im Laufe des Abends kamen andere Lakotas zu ihnen und Hugo stellte ihr die Brüder vor. Eva lernte Fritz, den drahtigen, schlanken Präsidenten, mit seiner eindrucksvoll tiefen, sonoren Stimme, zahlreichen Tattoo’s und einem mit Furchen durchzogenen Gesicht kennen. Sowie den bärtigen Vice Präsidenten Kralle, dessen blaugrauen Augen erschienen unnatürlich, so als trage er Kontaktlinsen. Die raue, rauchige, manchmal etwas leise Stimme jagte einen Schauer den Rücken hinunter. Gegen diese beiden wirkte Mike, der, breit grinsend neben Hugo am Tresen lehnte, schon fast farblos. Sie blieben einige Zeit und verschwanden im angrenzenden Raum. Es wurde ein lockerer Abend und Eva versprach wiederzukommen.
Andreas Schröder erkannte Eva sofort. Ihr Auftauchen passte ihm überhaupt nicht. Innerlich wütend auf den Vater sah er sie böse funkelnd mit seinen stahlgrauen Augen an.
›Was hatte der Alte ihr alles erzählt? Wie viel wusste sie? War sie etwa auch hinter dem Gold her? Völlig egal, die musste verschwinden bevor sie unvorsichtig etwas ausplapperte‹, waren seine ersten spontanen Gedanken. ›Ich habe mir ein ganzes Jahr lang den Arsch aufgerissen, um bei den Lakotas aufgenommen zu werden und die Zwetsche versaut mir möglicherweise alles.‹
»Was machsden für ein Gesicht? Haste einen Geist gesehen?«, frotzelte Mike ihn. Erschrocken sah Andreas auf, ›War seine Mimik so eindeutig zu lesen?‹, »Ne, alles ok«, wiegelte er rasch ab.
»Die Neue da gefällt dir wohl? Ein knackiger Hase, alles am rechten Fleck«, lachte Mike rau auf und schlug ihm freundschaftlich auf die Schulter.
›Vielleicht weiß sie ja doch nicht so viel. Ich kann sie aushorchen, mal sehen, was tatsächlich in ihr steckt‹, entschied er.