Читать книгу Das Lebenselixier - Эдвард Джордж Бульвер-Литтон, Эдвард Бульвер-Литтон - Страница 17
Kapitel XIII
ОглавлениеAm nächsten Tag hatte ich den letzten Patienten verabschiedet und wollte gerade meinen Wagen besteigen, um meine Hausbesuche zu machen, als ich ein zerknittertes Schreiben bekam, welches nur folgende Worte enthielt:
Kommen Sie heute so bald wie möglich bei mir vorbei. M. Poyntz
Einige Minuten später stand ich im Salon der Verfasserin des Schreibens.
„Nun, Allen Fenwick,“ sagte sie, „ich diene meinen Freunden nicht halbherzig. Nein, danken Sie mir nicht! Ich verfolge damit nur einen Grundsatz, den ich mir selbst auferlegt habe. Ich verbrachte den letzten Abend bei den Ashleigh´s. Lilian hat sich auf jeden Fall sehr verändert – sie ist sehr schwach und, wie ich fürchte, sehr krank. Ich glaube, dass dieser Zustand auf die unsachgemäße Behandlung durch Dr. Jones zurückzuführen ist und habe es für meine Pflicht gehalten, auf einem Wechsel des behandelnden Arztes zu bestehen; aber da war noch etwas anderes zu bedenken als wer dieser Nachfolger sein sollte. Als ihre Vertraute war ich verpflichtet, ihre eigenen Ehrbegriffe zu wahren. Deshalb konnte ich natürlich nicht rundheraus zu Mrs. Ashleigh sagen: „Dr. Fenwick ist ein Verehrer Ihrer Tochter, hätten Sie etwas gegen ihn als Schwiegersohn einzuwenden?“ Ich durfte das Geheimnis, in das Sie mich eingeweiht haben, nicht offenbaren. Aber ich bin in Übereinstimmung mit meiner früheren Ansicht, dass Annie Ashleigh nicht sehr weltgewandt ist, zu der Überzeugung gekommen, dass Mrs. Ashleigh ebensowenig die Ambitionen einer weltgewandten Dame für ihre ebenso hübsche wie reiche Tochter hat. Ihre Hauptsorge gilt dem Glück ihres Kindes und sie hat Angst, ihre Tochter könne sterben. Sie würde sich nie der Wahl Lilian´s entgegenstellen und wenn Lilian den Mann wählen würde, der ihr das Leben gerettet hat, glaube ich, dass ihr Herz dem ihrer Tochter dankbar folgen würde. Damit dürften alle Bedenken, die Ihre Ehre berühren, sich in Luft aufgelöst haben.“
Vor Freude strahlend sprang ich von meinem Stuhl auf. Mrs. Poyntz fuhr jedoch trocken fort: „Sie bewerten Ihren gesunden Menschenverstand ein wenig zu hoch und an ihn möchte ich einige Worte des Rates richten, die Ihrer Romantik vielleicht nicht entgegenkommen. Ich habe bereits gesagt, dass auf lange Sicht gesehen Sie und Lilian nicht zusammenpassen, und meine reiflichen Überlegungen bestätigen diese Ansicht. Hören Sie mir zu und passen Sie gut auf. Fragen Sie sich selbst als einen Mann, dessen Tage seinem anstrengenden Beruf gewidmet sind, dessen Ehrgeiz eng mit dem Erfolg seiner Anstrengungen verknüpft ist und dessen Denken von seinen Zielen in Anspruch genommen wird – fragen Sie sich selbst, welche Art Frau Sie sich gesucht hätten, wenn Sie nicht durch dieses bezaubernde Gesicht völlig durcheinander geraten wären und alle Ihre früheren Pläne und Entschlüsse über den Haufen geworfen hätten. Sicherlich jemanden, auf den sich Ihr Herz stützen könnte und durch den Ihre Gedanken nicht aus den Kanälen geleitet würden, in deren Bahnen Ihr Fluss durch Ihren Beruf bedingt gelenkt werden sollte – um es kurz zu sagen, eine heitere, ruhige Gefährtin in einem trauten, erholsamen Heim! Ist es nicht so?“
„Sie geben den Gedanken Ausdruck, die ich hatte, als ich mich mit dem Gedanken an eine Heirat befasste. Aber was sollte Lilian Ashleigh haben, dass das von Ihnen entworfene Bild verzerren könnte?“
„Was hat Lilian Ashleigh, das dem Bild auch nur einigermaßen entspricht? Zunächst einmal sollte die Gattin eines jungen Arztes nicht gleichzeitig sein ständiger Patient sein. Je mehr er sie liebt und je mehr sie seiner Liebe würdig ist, um so mehr wird ihn ihre Krankheit verfolgen, wohin immer er geht. Wenn er nach Hause zurückkehrt, findet er keine Erholung; es erwartet ihn der Patient, um den er sich am meisten sorgt, und die Angst, die ihn am stärksten quält.“
„Aber, gütiger Himmel, warum sollte Lilian Ashleigh ein ständiger Patient sein? Die gesundheitlichen Ressourcen der Jugend sind unberechenbar. Und...“
„Erlauben Sie mir, Sie zu unterbrechen, ich kann nicht gegen einen verliebten Arzt argumentieren. Ich werde meinen Diskussionsstandpunkt aufgeben und einfach an meiner Überzeugung festhalten, dass in Lilian´s Konstitution etwas liegt, dass Sie verwirren, quälen und all ihre Pläne durchkreuzen wird. Genau so war es bei ihrem Vater, dem sie im Aussehen und Charakter ähnlich ist. Er zeigte ebenfalls keine Symptome einer ernsten Erkrankung. Seine äußere Form zeigte, wie die Lilian´s, ein Muster an Ebenmaß, nur dass er, wie sie, zu empfindlich war. Selbst wenn er sich anscheinend bester Gesundheit erfreute, konnte ihn eine leichte nervliche Belastung beunruhigend krank machen. Ich war überzeugt, dass er jung sterben würde, und ich behielt Recht.“
„Schon, aber Mrs. Ashleigh sagte etwas von einer Hirnhautentzündung, die er sich durch ein Übermaß an geistiger Beschäftigung zugezogen haben soll. Frauen überbeanspruchen selten ihr Gehirn auf diese Weise. In meiner ganzen Praxis ist mir noch kein Fall bekannt geworden, in dem eine Frau an rein mentaler Überanstrengung gestorben ist.“
„In Folge rein mentaler Überanstrengung vielleicht nicht; aber aufgrund einer emotionalen Überbelastung ihres Herzens? Oh, das geben Sie zu! Ich weiß nicht viel über das Nervensystem; aber ich nehme an, dass wenn es zu fein für die tägliche Arbeit ausgelegt ist und zerreißt, das Resultat für das Leben dasselbe ist. Das ist der Grund, weshalb ich behaupte, dass Sie und Lilian nicht zusammenpassen. Bis jetzt war sie ein Kind; ihre Natur ist unterentwickelt und sie ist in Bezug auf Zuneigungen unerprobt. Sie könnten annehmen, ihr Herz gewonnen zu haben, sie mag glauben, sie habe es Ihnen geschenkt und doch würden Sie beide getäuscht. Würden auch heute noch Elfen ihre Nachkommenschaft gegen die der Sterblichen austauschen und würde die volkstümliche Tradition einen derartigen Wechselbalg nicht als hässliches, bösartiges Geschöpf schildern, dem nichts von der Anmut seiner Eltern innewohnt, wäre ich fast geneigt anzunehmen, dass Lilian zum Volk der Elfen gehört. Sie schien noch nie auf der Erde zu Hause zu sein und glaube ich nicht, dass sie je mit ihrem prosaischen Erdenlos zufrieden sein wird. Nun habe ich Ihnen gesagt, weshalb ich glaube, sie passt nicht zu Ihnen. Ich muss es Ihnen überlassen, selbst zu beurteilen, inwieweit Sie zu ihr passen würden. Ich teile Ihnen dies alles bei Zeiten mit, um es Ihnen zu ermöglichen, Ihren Impuls zu steuern. Jetzt können Sie noch beobachten, beurteilen und darüber nachdenken. Von diesem Moment an werde ich nichts mehr zu der Angelegenheit sagen. Ich erteile gerne einen Rat, aber ich verschleudere ihn niemals.“
Sie schwieg und begann, ihre Kopfbedeckung aufzusetzen und ihren Schal umzulegen, die auf dem Tisch neben ihr gelegen hatten. Ich war von ihren Worten und noch mehr von ihrem schlauen groben Blick und der Gestik, welche diese begleitet hatten, wie erstarrt. Aber diese Erstarrung schmolz in der plötzlichen Glut meines Herzens, als sie sich noch einmal zu mir umwandte und sagte:
„Natürlich können Sie sich nach dieser Einleitung vorstellen, dass Sie wirklich in Gefahr sind? Mrs. Ashleigh möchte Ihre Ansicht über Lilian hören und ich schlage vor, dass ich Sie jetzt zu ihr bringe.“
„Oh meine liebe Freundin, wie kann ich das jemals wieder gut machen?“ Ich ergriff ihre Hand, ihre feste weiße Hand und hob sie an meine Lippen.
Sie zog sie hastig zurück, legte sie sanft auf meine Schulter und sagte mit weicher Stimme:
„Armer Allen, wie wenig die Welt uns beide kennt! Aber wie wenig wir uns vielleicht selbst kennen. Kommen Sie, wartet Ihr Wagen? Das ist gut; wir müssen Dr. Jones öffentlich und in aller Form absetzen.“
Im Wagen unterrichte mich Mrs. Poyntz von dem Inhalt ihrer Unterredung mit Mrs. Ashleigh, der ich meine Wiedereinführung ins Abbots´ House verdankte. Es schien, dass sich Mr. Vigors am Morgen nach meinem ersten Besuch dort eingefunden hatte und große Unzufriedenheit darüber geäußert hatte, dass ich hinzugezogen worden war. Er ließ sich über mein schändliches Benehmen gegenüber Dr. Lloyd aus, einem entfernten Verwandten von ihm, und da er wiederum entfernt mit dem verstorbenen Gilbert Ashleigh verwandt gewesen war, bemühte er sich, seiner Zuhörerin den Gekränkten als einen Angehörigen der Familie ihres Gatten darzustellen und sie dazu zu bewegen, Partei gegen den Beleidiger zu nehmen. Er bezeichnete mich als einen Untreuen, von „den französischen Doktrinen angesteckten“ vorschnellen und anmaßenden Arzt und bekundete seine eigene Freiheit vor Anmaßung und Hast damit, dass er rundweg entschied, meine Behandlung könne nur falsch sein. Vor dem Umzug von Mrs. Ashleigh nach L... hatte er ihr Interesse für die angeblichen Phänomene des Mesmerismus wecken können. Er hatte eine, von dem armen Dr. Lloyd sehr geschätzte Hellseherin wegen Lilian´s Gesundheit konsultiert, die sie als konstitutionell schwindsüchtig veranlagt deklariert hatte. Mr. Vigors überredete Mrs. Ashleigh, sofort mit ihm zu dieser Hellseherin zu gehen, bewaffnet mit einer Locke Lilians und einem Handschuh, den diese getragen hatte, als Medien des mesmerischen Rapports.
Die Hellseherin war eine derjenigen, die ich öffentlich als Betrügerin gebrandmarkt hatte und rächte sich natürlich jetzt dafür. Als Mr. Vigors sie feierlich bat „nach Dr. Fenwick zu forschen und festzustellen, ob sein Einfluss für das Subjekt zuträglich sei“ geriet die Sibylle in heftige Bewegung und teilte mit, dass sie „wenn sie uns zusammen sehe, wir in eine schwarze Wolke gehüllt wären; die sei ein Vorzeichen für Not und unheilvolle Konsequenzen; unser Rapport sei antagonistisch.“ Mr. Vigors forderte sie dann dazu auf, mein Bild fallen zu lassen und das von Dr. Jones heraufzubeschwören. Die Somnambule wurde ruhiger und sagte: „Dr. Jones wird das Richtige tun, wenn er sich von höheren Lichtern als seiner eigenen Geschicklichkeit leiten lasse und sich täglich mit ihr über die anzuwendenden Heilmittel berate. Das beste aller Heilmittel sei der Mesmerismus. Aber seit Dr. Lloyds Tod kenne sie keinen Mesmerist, der begabt genug sei, um in Affinität mit dem Patienten zu treten.“ Kurz sie beeindruckte Mrs. Ashleigh und versetzte sie dermaßen in Angst und Schrecken, dass sie in aller Eile zurückkehrte, Dr. Jones rufen ließ und mich entließ.
„Ich hätte nicht gedacht, dass Mrs. Ashleigh so wenig gesunden Menschenverstand besitzt,“ sagte ich. „Sie hörte sich eigentlich ganz vernünftig an, als ich sie besuchte.“
„Sie hat durchaus ein gewisses Maß an gesundem Menschenverstand,“ antwortete Mrs. Poyntz, „aber sie ist schnell zu beeindrucken und einzuschüchtern, wenn ihre Zuneigung zu Lilian ins Spiel kommt. Daher gelang es Mr. Vigors so leicht, sie zu überreden, der Somnambulen ihr Angst zu machen und mir, durch Überredung und Einschüchterung sowohl dem einen als auch dem anderen entgegenzuarbeiten. Natürlich hatte ich den Wert der Erfahrung auf meiner Seite, da sich Lilian´s Zustand während der Behandlung durch Dr. Jones rapide verschlechtert hatte. Die Haupthindernisse, die ich überwinden musste, wenn ich Ihre Wiedereinsetzung betreiben wollte, bestand erstens in der Furcht Mrs. Ashleigh´s, Mr. Vigors, einen Freund und Verwandten von Lilian´s Vater, zu kränken und zweitens in ihrer Scham, Sie wieder zu konsultieren, nachdem Sie mit solcher Geringachtung behandelt worden waren. Beide Schwierigkeiten konnte ich aus dem Weg räumen. Ich bringe Sie zu ihrem Haus und gehe, nachdem ich Sie verlassen habe, auf direktem Weg zu Mr. Vigors, sage ihm, was von mir veranlasst wurde und von ihm nicht wieder rückgängig zu machen ist; dann ist die Angelegenheit geregelt. Selbst wenn das Ganze nichts mit Ihnen zu tun hätte, würde ich nicht dulden, dass dieser Mummenschanz aus Hellseherei und Mesmerismus Einzug in den Bannkreis des Berges hielte. Ich habe nicht einen Mann wie Dr. Lloyd, den ich sehr schätzte, zerstört, um einen Mann wie Dr. Jones, den ich verachte, an seine Stelle treten zu sehen. Ich habe schon genug davon gesehen.“
„Sie haben Recht; Ihr scharfer Verstand hat sofort die ganze Absurdität dieser ganzen Vorstellung erfasst – die Lüge des Mesmerismus und die Unmöglichkeit des Hellsehens.“
„Nein, mein scharfer Verstand hat nichts dergleichen getan. Ich weiß nicht, ob Mesmerismus eine Lüge und Hellsehen unmöglich ist, und ich will es auch gar nicht wissen. Alles, was ich weiß ist, dass ich eine große Gefahr auf den Hill zukommen sah – junge Damen, die sich von Herren in Schlaf versetzen lassen und vorgeben, dass sie keinen eigenen Willen gegen einen derartigen Zauber hätten. Unschicklich und schockierend! Miss Brabazon, die anfängt zu prophezeien und Mrs. Leopold Smithe, die ihr Dienstmädchen (welche Mr. Lloyd als sehr begabt bezeichnete) nach allen Geheimnissen ihrer Freunde befragt. Als ich dies bemerkte, sagte ich: „Der Hill wird demoralisiert; der Hill macht sich lächerlich; der Hill muss gerettet werden!“ Ich machte Dr. Lloyd Vorhaltungen deswegen, er aber blieb verstockt. Da vernichtete ich ihn als Feind, nicht als den meinen, sondern als Staatsfeind. Ich erschlug meinen eifrigsten Verehrer zum Wohle Roms. Nun wissen Sie, warum ich auf Ihre Seite übertrat – nicht weil ich der einen oder anderen Meinung wäre, Falschheit oder Wahrheit von Dr. Lloyds Behauptungen, sondern weil ich der Meinung war, dass seine Ansichten, mögen sie richtig oder falsch gewesen sein, nicht für den Berg geeignet waren. Und damit – Allen Fenwick – war die Angelegenheit geregelt.“
Vielleicht hätte mich zu einer anderen Zeit die Entdeckung, dass ich nicht etwa deshalb mit der Gunst dieses großen Potentaten geehrt wurde, weil ich als Kämpfer für die Wahrheit eintrat, sondern weil ich ein Instrument der Politik darstellte, ein wenig gedemütigt und mein schlechtes Gewissen geweckt, dass ich einen Mitforscher auf dem Gebiet der Wissenschaft opfern half – der, ohne Zweifel fehlgeleitet, immerhin seinen unabhängigen Glauben seinen weltlichen Interessen vorzog – und ihn den Gottheiten überließ, mit denen die Wissenschaft in stetigem Hader lebt – die Vorurteile einer Clique, welche ihr eigenes Weltbild heiligen. Aber in diesem Augenblick machten die Worte, die ich vernahm, keinen nennenswerten Eindruck auf mein Denken. Die Giebel des Abbots´ House wurden über dem Efeu und den Fliederbüschen sichtbar; einen Moment später hielt meine Kutsche vor seiner Eingangstür.