Читать книгу Das Lebenselixier - Эдвард Джордж Бульвер-Литтон, Эдвард Бульвер-Литтон - Страница 21

Kapitel XVII

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Wie ich es aussprach? In welchen Worten konnte sich mein Herz äußern? Ich erinnere mich dessen nicht mehr. Alles war wie ein Traum, der auf eine ruhelose, fiebrige Nacht folgt und verschwindet, sobald sich die Augen für den Frieden eines wolkenlosen Himmels und die Luft einer goldenen Sonne öffnen. In der Tat schien mir auf Erden ein neuer Morgen anzubrechen, als ich aus einem lebenslangen Gestern erwachte – ihre teure Hand in der meinen, ihr holdes Antlitz sich an meine Brust anschmiegend.

Und dann das melodische Schweigen, in das sich kein hörbarer Laut von außen mischte, im Innern aber eine besänftigende himmlische Musik, als ob unser ganzes, mit dem All in Harmonie getretenes Wesen aus seiner glücklichen Tiefe in die Hymne einstimmen würde, zu der sich der Sterne Chor vereinigt!

In diesem Schweigen schienen unsere zwei Herzen sich wechselseitig zu verständigen, einander näher und näher zu rücken und mit geheimnisvoller Eintracht in dem feierlichen Bund zu verschmelzen, der hinfort nicht mehr gelöst werden sollte.

Nach einer Weile sagte ich leise: „Und hier war es, an dieser Stelle, als ich Sie zum ersten Mal sah – hier, dass ich zum ersten Mal erfuhr, welche Macht der Zauber eines menschlichen Antlitzes besitzt, um unsere Welt zu ändern und unsere Zukunft zu beherrschen!“

Lilian fragte mich dann schüchtern und ohne die Augen zu erheben, wie ich sie gesehen habe, indem sie mich zugleich daran erinnerte, ich habe ihr schon früher versprochen, es ihr zu sagen, ohne dass ich Wort gehalten hätte.

Und dann erzählte ich ihr von dem seltsamen Impuls, der mich in den Garten führte, und von dem Zufall, der mich bewog, meine Schritte auf den Pfad hin zu dem freien Platz zu lenken; wie ihre Gestalt plötzlich, bestrahlt von dem Rosenrot der untergehenden Sonne, vor mir auftauchte und wie sehnsüchtig mein Auge dem stummen Blick gefolgt sei, den sie in den fernen Himmel schickte.

Während ich so sprach, drückte ihre Hand krampfhaft die meinige; sie erhob ihr Antlitz von meiner Brust und sah mich mit ängstlicher Eindringlichkeit an. Dieser Blick! Schon zweimal hatte er mich erschreckt und verwirrt.

„In diesem Blick liegt etwas, oh meine Lilian, was mir sagt, dass Ihnen etwas beklemmend auf der Seele liegt – Sie möchten es mir anvertrauen und scheuen gleichzeitig davor zurück. Sehen Sie, ich studiere bereits in dem schönen Buch, dessen Siegel gelöst ist; aber Sie müssen mir noch helfen, seine Sprache zu übersetzen.“

„Wenn ich davon zurückscheue, es Ihnen anzuvertrauen, so geschieht das nur deshalb, weil ich fürchte, ich kann mich nicht so ausdrücken, dass ich verstanden werde oder dass man mir Glauben schenkt. Doch Sie haben ein Recht, die Geheimnisse des Lebens kennen zu lernen, das Sie mit dem Ihrigen verbinden wollen. Sie müssen aber Ihr Gesicht von mir abwenden; ein tadelnder Blick, ein ungläubiges Lächeln würde mir – oh, Sie können sich nicht denken wie sehr - eiskalt durch die Seele fahren, wenn ich von dem spreche, was für mich eine so ernste, so seltsam feierliche Sache ist.“

Ich wandte mein Gesicht ab und ihre Stimme wurde fester, als sich nach einer kurzen Pause fortfuhr.

„So weit meine Erinnerung in meine Kindheit zurück reicht, erinnere ich mich, dass es Augenblicke gegeben hat, in welchen ein dünner Nebelschleier zwischen meine Augen und die umgebenden Dinge zu treten schien. Der Nebel verdichtete sich, bis er das Aussehen einer der weißen flockigen Wolken hatte, die sich am Horizont sammeln, wenn die Luft noch ruhig, aber die Winde sich schon erheben wollen. Dann öffnete sich dieser Dunst oder Schleier plötzlich, wie es auch die Wolken tun und ließ mich den blauen Himmel sehen.“

„Fahren Sie fort,“ sagte ich sanft, da sie hier stockte.

Sie fuhr in einem hastigeren Tempo fort.

„In dieser Öffnung zeigen sich mir seltsame Bilder wie in einer Vision. In meiner Kindheit waren es hauptsächlich Landschaften von wunderbarer Schönheit. Ich konnte damals nur eine vage Beschreibung davon geben und vermag sie auch jetzt nicht zu beschreiben, da sie fast aus meiner Erinnerung entschwunden sind. Meine liebe Mutter tadelte mich, wenn ich ihr erzählte, was ich sah, und so prägten sich die Gestalten, von denen ich nicht weiter sprechen durfte, meinem Gedächtnis nicht ein. Als ich heranwuchs, wurde diese Art Vision, wenn ich es so nennen darf, seltener und noch weniger deutlich. Ich sah wohl noch den dünnen Schleier niederfallen, sich zu einer blassen Wolke bilden und auseinandergehen; doch was sich mir dann zeigte, war meist vergessen, wenn ich wieder wie aus einem Schlaf erwachend, zu mir kam. Bisweilen aber konnte ich mich sehr lebhaft und vollständig wieder erinnern. Ich sah hin und wieder das Antlitz meines verstorbenen Vaters und vernahm wohl auch seine Stimme, ganz genau so, wie mir beides aus früher Jugend in Erinnerung war, als er mich, wenn er nachdachte und studierte, stundenlang neben sich ruhen ließ und ich mich so glücklich fühlte, wenn ich still in seiner Nähe sein konnte; denn ich liebte ihn – ach, und wie - und ich erinnere mich seiner noch so deutlich, obwohl ich erst sechs Jahre alt war als er starb. Vor kurzem, um es genau zu sagen während der letzten paar Monate, erschienen mir die Bilder zukünftiger Dinge in dem freien Raum so deutlich wie in einem Spiegel. So sah ich einige Wochen bevor ich hierher kam und ehe ich noch etwas von diesem Platz wusste, deutlich das alte Haus, jene Bäume dort, diesen Rasen, den moosbewachsenen gotischen Brunnen, und an die Vision knüpfte sich der Eindruck, dass auf dem Schauplatz vor mir in meinem alten kindlichen Leben eine ernste Veränderung vor sich gehen werde. Als ich nun hierher kam und die Bilder meiner Vision wieder erkannte, fasste ich für den Ort eine Vorliebe, die freilich nicht frei war von einer gewissen Ehrfurcht: er hatte ein gewaltiges, die Sinne verwirrendes Interesse für mich, wie man es etwa unter dem Einfluss eines Schicksals fühlt, in das man einen prophetischen Blick tun durfte. Und an jenem Abend, als Sie mich zum ersten Mal sahen und ich hier saß.....“

„Ja, Lilian, an jenem Abend...?“

„Sah ich auch Sie, aber nicht körperlich, sondern nur in meiner Vision – dort, weit in den Tiefen des Raumes – und – und mein Herz fühlte eine Unruhe, wie nie zuvor; und nicht weit von Ihrem Bild sah ich in der Wolke das Antlitz meines Vaters und hörte seine Stimme, nicht mit meinen Ohren, sondern in meinem Herzen, wie sie mir zuflüsterte....“

„Was flüsterte sie, Lilian?“

„Diese Worte – nur diese – „Ihr werdet einander nötig haben.“ Dann aber erhob sich zwischen meinen aufwärts gerichteten Augen und den zwei Gestalten, die sie vor sich hatten, von der Erde aufsteigend und den Himmel verdunkelnd, plötzlich trüber, sich wellenförmig ausbreitender Dunst, der sich wie zu einer ungeheuren Schlange ringelte, ohne bestimmte Gestalt und Form, ein Blitzen aus zwei schrecklich leuchtenden Augen und ein jugendliches Haupt, ähnlich dem der Medusa, welches sich schneller, als ich nach Atem ringen konnte, in einen grinsenden Totenschädel verwandelte. In meinem Schrecken wandte ich den Kopf ab und als ich wieder zurückblickte, war die Vision verschwunden. Der Schrecken aber wich nicht, selbst als mich der Arm meiner Mutter umschlang und ich ihre Stimme hörte. Und als ich dann im Haus allein war, wurde die Erinnerung an das, was ich gesehen hatte, – an jene Augen – jene Vision – jenen Schädel – immer mächtiger, bis ich zuletzt ohnmächtig zusammensank. Von da an weiß ich nichts mehr bis zu meinem Erwachen. Als ich meine Augen aufschlug, sah ich Sie an meiner Seite, verwundert wohl, aber nicht erschreckt, sondern vielmehr mit einem Gefühl der Freude, des Schutzes und der Hoffnung. Allerdings mischte sich ein Schatten aus Furcht und Scheu darein, als ich das Gesicht erkannte, das aus dem Himmel auf mich herabblickte, während mir die Stimme meines Vaters zuflüsterte: „Ihr werdet einander nötig haben.“ Und nun – und nun – werden Sie mich weniger lieben, seit Sie ein Geheimnis in meinem Dasein kennen, das ich noch niemand geoffenbart habe und das ich mir selbst nicht zu deuten weiß? Ach, so spotten Sie wenigstens nicht – und sagen Sie nicht, dass Sie mir nicht glauben. Nein, halten Sie sich nicht länger abgewandt; ich bitte Sie jetzt, mir in die Augen zu sehen. So; nun mögen Sie mir, bevor sich unsere Hände wieder vereinigen können, sagen, dass Sie mich nicht als eine Lügnerin verachten oder als eine Irrsinnige bemitleiden.“

„Still – still!“ versetzte ich, sie an meine Brust ziehend. „Über alles, was Sie mir erzählt haben, wollen wir später sprechen. Die Waagschalen der Wissenschaft haben keine Gewichte, die fein genug wären für die Seidenfäden der reinen Phantasie einer jungen Frau. Es ist genug für mich – für uns beide –, wenn aus allen solchen Trugbildern nur eine Wahrheit aus dem Himmel hervorbricht, die zu Ihnen, liebliches Kind, und auch auf Erden zu mir, dem raueren Manne spricht. Jeder Schlag dieses Herzens, das Ihnen in vollem Vertrauen entgegenschlägt, wiederholt die Worte – jetzt und fortan durchs ganze Leben bis in den Tod: Jeder bedarf des Anderen – ich Deiner – ich Deiner! meine Lilian – meine Lilian!“

Das Lebenselixier

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