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14 DI 24.04.

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Sie musste sich schon im Unterbewusstsein auf die Entsorgungsaktion gefreut haben – oder was sollte sie sonst schon um sechs Uhr aus dem Bett getrieben haben?

Nach einer hastigen Dusche und der zügigen Auswahl der Kleidung (grau oder schwarz? Mehr war ja sowieso nicht vorhanden) stellte sie ihre ganze Ausbeute bereit, verstaute die Bücher und Romanheftchen etwas geschickter im einen Korb und die Geschirrproben und das silberne Teeset im anderen und setzte sich wieder an ihre Dissertation – vor neun machten Lesefabrik und Ronny nicht auf.

Die Sache mit Herbert Simms war drin, das Fazit aus diesem Kapitel konnte noch etwas griffiger formuliert werden – und eine passende Zweitquelle hatte sie dazu doch auch noch? Sie blätterte durch ihre beiden Materialordner, fand, was sie gesucht hatte, und arbeitete es ein, dann sah sie sich seufzend um. Wenn sie ihre übrigen eigenen Ordner hier vernünftig aufstellen könnte…

Okay, zwei Tüten voller Kram fürs Altpapier!

Im Arbeitszimmer fand sie Eigentümerprotokolle in sieben Ordnern, von denen keiner voll war; sie räumte sie platzsparender auf und klebte Post-its auf die Ordner, dann stopfte sie alles andere, auch eine Menge völlig uninteressanter Broschüren, in einen weiteren Korb und trug den umgehend zum Altpapier.

Jetzt musste sie wohl mit weiteren Aktionen warten, bis die Container gelehrt wurden. Oder zu dem Standplatz an der Uni gehen.

Aber drei leere Regalfächer im Arbeitszimmer waren doch auch ein Gewinn! Sie wischte wieder alles sorgfältig aus und beschloss, dass sie langsam aufbrechen konnte.

Die Körbe waren ganz schön schwer. Vielleicht gab das einen Hauch von Muskeln? Ihre magere, kraftlose Figur gefiel ihr selbst nicht so besonders. Besser als zu dick, das ja – aber sie war eine traurige Gestalt, blass, dünn, schlapp, grau gekleidet. Musste das so bleiben?

In der Lesefabrik blinzelte ihr die Inhaberin verwirrt entgegen. „Hier muss was im Trinkwasser sein – die Heftchenromane wurden mir förmlich aus der Hand gerissen. Haben Sie noch mehr?“

Mathilde wuchtete ihr die dreißig neuen auf den Tresen und die Bücher daneben. „Soll ich noch welche holen? Drei Regalfächer voll habe ich bestimmt noch!“

„Unbedingt! Bringen Sie mir ruhig alle auf einmal.“ Sie zählte durch und reichte Mathilde achtzehn Euro, die das Geld zufrieden einsteckte und weiter zog, um Ronny zu erfreuen.

Ronny freute sich tatsächlich und bot ihr für das Teeset vierhundert Euro. Ihre Erzählung von dem dunkelrot geränderten Service interessierte ihn: „Das könnte ein echtes Weidenbusch sein, die sind ziemlich selten. Wenn das komplett ist…! Tausend vielleicht, wenn der Zustand gut ist. Sie haben eine Probe dabei? Zeigen Sie mal!“

Ronny packte den Teller vorsichtig aus und betrachtete ihn ehrfürchtig. „Wahnsinn. Das ist ein echtes Weidenbusch! Zwölf Personen…“

Er rechnete im Geiste. „Elfhundert, mehr geht nicht. Wann können Sie mir den Rest denn bringen?“

„Na, gleich, wenn Sie wollen“, entgegnete Mathilde. „Ich mag schönes Geschirr, aber doch nicht in solchen Massen. Und so was Seltenes benutzt man ja ohnehin nicht.“

„Benutzen?“, japste Ronny entgeistert. „Das wäre ja ein Sakrileg!“

Meinetwegen, dachte Mathilde und zog wieder los. Zu Hause packte sie das komplette Service in zwei große Körbe und eine Umhängetasche, musterte zufrieden den leeren Schrank und schleifte alles vorsichtig und mit immer länger werdenden Armen zurück zu Ronny, der es begeistert entgegennahm und Mathilde elfhundert Euro überreichte.

Ihr war klar, dass er es für mindestens das Dreifache weiter verkaufen würde, aber das war ihr egal. Hauptsache, Cash und leere Schränke! Sie verstaute die Scheine in der Umhängetasche und ging auf dem Weg nach Hause gleich bei der Bank vorbei und zahlte alles ein. Damit sah ihr Konto sehr befriedigend aus. Sollte sie sich mal etwas Bunteres zum Anziehen kaufen? Aber was? Was stand ihr wohl, wo sie doch so blass war? Das konnte sie sich alles später überlegen, erst einmal sollte die Frau aus der Lesefabrik alle übrigen Heftchenromane bekommen, dann war auch dieser Kram aus dem Haus.

Als sie zum letzten Mal nach Hause eilte, war sie sehr zufrieden mit sich. Alles weggeschafft, ein bisschen an der Diss gearbeitet, und es war erst Viertel vor elf.

„Hallo?“

Sie drehte sich um, sah aber niemanden, den sie kannte, also wandte sie sich wieder um.

Alte Hexe

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