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Spanischbücher waren allmählich keine Nischenprodukte mehr, überlegte Ludwig Wintersteiner, als er die Redaktionsrunde musterte, die sich um den Konferenztisch versammelt hatte. Je mehr Spanisch in den Rang einer regulären Fremdsprache an den bayerischen Gymnasien rückte – völlig zu Recht, fand er -, desto stärker interessierten sich die Multis dafür, die drei, vier Großverlage, die das Schulbuchgeschäft nahezu unter sich aufgeteilt hatten. So würde Si, hablo español irgendwann sicher vom Markt gedrängt werden.

Er merkte, dass er das laut gesagt hatte, als die etwas dröge Carin sich meldete.

„Ja, Frau Carin?“

„Erschließt das für uns nicht auch neue Nischen – Übungshefte, Nachhilfematerial, Lektüren und Ähnliches?“

„Da könnten Sie Recht haben – wenn uns dieser Markt nicht von Stark und Anders weggeschnappt wird.“

„Dann müssen wir eben besser sein“, beharrte die Carin auf ihrem Optimismus. Er lächelte ihr kurz zu und sie begannen, alle Teile des Spanischlehrbuchs durchzugehen – was war fertig, was musste ein zweites Mal lektoriert werden, wo fehlten Abbildungen, wo war das Layout suboptimal, welche Termine mussten mit der hauseigenen Druckerei vereinbart werden, wer musste alles ein Prüfexemplar erhalten, um die begehrte Genehmigung für die Lehrmittelfreiheit zu erhalten?

Gut zweieinhalb Stunden berieten und debattierten sie, dann war alles geschafft. Wieder einmal war Wintersteiner aufgefallen, dass die Carin weder Kaffee noch Wasser annahm. Die Göttin der Askese… irgendwie war die Frau merkwürdig. Nicht uninteressant, aber schon ein bisschen seltsam. Immer in Grau oder Schwarz gekleidet, die Haare straff im Nacken zusammen gehalten, kein Make-up, selten ein Lächeln. Aber eine exzellente Mitarbeiterin.

Im allgemeinen Aufbruch und Zusammenräumen der Unterlagen fragte er sie: „Frau Carin, Sie promovieren doch?“

„Ja. Warum fragen Sie, Herr Wintersteiner?“

„Wenn Sie fertig sind, würde ich Sie gerne fest anstellen. Vollzeit. Zu einem deutlich besseren Gehalt natürlich. Interessiert?“

Jetzt lächelte sie tatsächlich eines ihrer seltenen Lächeln. „Aber natürlich. Sogar sehr! Ich werde im Oktober abgeben, denke ich, dann müssten die Prüfungen im Januar nächsten Jahres sein. Ist das zügig genug?“

„Auf jeden Fall. Aber wenn Sie vorher schon die eine oder andere Stunde mehr bei uns aushelfen könnten… Ihr Fachwissen ist wirklich beeindruckend.“

Er lächelte versuchsweise, sie erwiderte das Lächeln einen Moment lang, und bedankte sich mit einem Nicken.

„Gerne“, antwortete sie dann, „ich denke, einen Nachmittag mehr könnte ich jetzt auch schon einrichten. Den Donnerstag vielleicht?“

„Gleich diesen Donnerstag? Wunderbar!“

Frau Carin zog sich an ihren Schreibtisch zurück und überarbeitete einige Punkte im Übungsteil; erst gegen vier Uhr nachmittags verabschiedete sie sich, höflich wie immer.

Wintersteiner trat ans Fenster und sah ihr nach, wie sie die Straße in Richtung Uni davoneilte. Wirklich eine merkwürdige Person. Aber klug und höflich. Für eine Angestellte reichte das ja wohl.

Jetzt stoppte sie und sprach mit einem Mann. Wer das wohl war? Und was ging ihn das an? Ach, jetzt deutete sie in seine Richtung und ging weiter. Wohl nur ein Ortsfremder.

Alte Hexe

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