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26. Fall: Bürgerbegehren, Unzulässigkeitsgründe, Rechtsschutz gegen Feststellung der Unzulässigkeit

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Sachverhalt

Mit der erforderlichen Zahl von Unterschriften wird ein Bürgerbegehren zur Sanierung des gemeindlichen Freibades vorgelegt. Das Begehren ist ordnungsgemäß begründet, enthält eine richtig formulierte Entscheidungsfrage, eine Kostenschätzung der Verwaltung und benennt zwei Bürger als Vertreter.

Der Rat stellt durch einstimmigen Beschluss die Unzulässigkeit des Begehrens fest. Zur Begründung führt der Rat an, dass der Zustand des Freibades durchaus noch einen Aufschub der Sanierung dulde. Außerdem seien andere Investitionsvorhaben der Gemeinde vorrangig.

Aufgabe

1.Ist die Feststellung der Unzulässigkeit rechtmäßig?

2.Welche Möglichkeit haben die Begehrenden, gegen diese ablehnende Entscheidung vorzugehen?

Lösung

Zu 1. Nach § 26 Abs. 6 Satz 1 GO ist der Rat für die Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens zuständig.

Die Feststellung der Unzulässigkeit ist nur rechtmäßig, wenn das Bürgerbegehren die in § 26 GO vorgeschriebenen Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht erfüllt.

A. Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen

1.Verbandskompetenz der Gemeinde

Ein Bürgerbegehren ist nur zulässig über eine gemeindliche Angelegenheit (§26 Abs. 1 Satz 1 GO). Dass die Sanierung eines Freibades (öffentliche Einrichtung der Gemeinde, § 8 GO) eine gemeindliche Angelegenheit ist, steht außer Zweifel.

2.Organkompetenz des Rates

Der Rat muss für die Entscheidung der fraglichen Angelegenheit zuständig sein. Dies formuliert die GO nicht ausdrücklich als Zulässigkeitserfordernis; es ergibt sich aber daraus, dass die Bürger „an Stelle des Rates" (§ 26 Abs. 1 Satz 1 GO) entscheiden wollen. Ebenso folgt dies aus § 26 Abs. 8 Satz 1 GO, wonach der gegebenenfalls dem Bürgerbegehren nachfolgende Bürgerentscheid die Wirkung eines Ratsbeschlusses hat.

Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 GO ist der Rat für alle gemeindlichen Angelegenheiten zuständig, soweit die GO nichts anderes bestimmt. Der Annahme, es könnte sich um ein Geschäft laufender Verwaltung (§ 41 Abs. 3 GO) handeln, stehen die Seltenheit oder gar Einmaligkeit des Vorhabens und wohl auch die Investitionshöhe entgegen. Es ist auch keine andere Regelung der GO erkennbar, die eine vom Grundsatz der Allzuständigkeit des Rates abweichende Zuständigkeit begründen würde. Folglich hat das Bürgerbegehren eine Entscheidung zum Gegenstand, für die der Rat zuständig ist.

B. Besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen

1.Unterstützerquorum (§ 26 Abs. 4 GO)

2.Schriftform (§ 26 Abs. 2 Satz 1 GO)

3.Entscheidungsfrage (§ 26 Abs. 2 Satz 1 GO)

4.Begründung (§ 26 Abs. 2 Satz 1 GO)

5.Kostenschätzung (§ 26 Abs. 2 Satz 5 GO)

6.Vertreterbenennung (§ 26 Abs. 2 Satz 1 GO)

7.Kein ausdrücklicher Ausschluss (§ 26 Abs. 5 Satz 1 und 2 GO)

Das Vorliegen der Voraussetzungen zu 1., 3., 4., 5. und 6. ergibt sich aus ausdrücklichen Sachverhaltsangaben. Auch von der Wahrung der Schriftform ist auszugehen, da das Bürgerbegehren „vorgelegt" wurde. Für einen generellen Ausschluss des Bürgerbegehrens nach §26 Abs. 5 Satz 1 GO oder eine Sperrfrist nach § 26 Abs. 5 Satz 2 GO gibt es keine Anhaltspunkte.

Somit sind sämtliche Zulässigkeitsvoraussetzungen für das Bürgerbegehren erfüllt.

Der Rat hat bei der Zulässigkeitsentscheidung weder einen Beurteilungs- noch einen Ermessensspielraum. Auf die Ausführungen des Rates zur Begründung der Unzulässigkeit des Begehrens kommt es nicht an.

Die Feststellung der Unzulässigkeit ist rechtswidrig.

Zu 2. Nach Feststellung der Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens durch den Rat ist dies den Antragstellern - vertreten durch die im Begehren benannten Vertreter - mitzuteilen. Dabei handelt es sich um einen Verwaltungsakt. Gegen diese ablehnende Entscheidung des Rates können nur die benannten Vertreter von einem Rechtsbehelf Gebrauch machen (§26 Abs. 6 Satz 2 GO).

Zulässige Klageart wäre die Verpflichtungsklage, die auf die Verpflichtung zur Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens durch den Rat gerichtet ist.

Praktische Fälle zum Kommunalrecht Nordrhein-Westfalen

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