Читать книгу Psychologie in der Heil- und Sonderpädagogik - Erwin Breitenbach - Страница 28
3.3 Diagnostischer Prozess
ОглавлениеAm Anfang des diagnostischen Prozesses steht für van der Kooij (2004) eine Erkundungsphase, die der Sammlung vielfältiger Informationen zur Fragestellung dient. In einem nächsten Schritt zieht sich der Diagnostiker sozusagen in seine eigene Gedankenwelt zurück und versucht, die erhaltenen Informationen zu ordnen und sie im Sinne der Fragestellung zu verstehen, um dann daraus möglichst zahlreiche und alle Aspekte abdeckende Hypothesen zu entwickeln. Daran schließt sich die Durchführung der Untersuchung mit der Analyse der gewonnen Daten und der Überprüfung jeder einzelnen Hypothese an, was weiterführt zur Integration der Ergebnisse, einer Art Theoriebildung über den Einzelfall und wodurch beim Untersucher ein gedankliches Abbild der problematischen Erziehungssituation entsteht. Den Abschluss des Prozesses bilden Gutachten oder Beratung sowie das Erstellen von Förderplänen mit der Auswahl günstiger Interventionen und der Planung der Förderung in einer konkreten Fördersituation.
Für Paradies, Linser und Greving (2007) wird die pädagogische Diagnose vor allem im unterrichtlichen Kontext in drei Schritten durchgeführt:
1. Schritt: fachliche und fachdidaktische Zielbestimmung
2. Schritt: Datenerhebung und -aufbereitung, bestehend aus den Bausteinen Bestandsaufnahme, Zweck- und Zielbestimmung, Hypothesenbildung, Förderplanung und Evaluation
3. Schritt: Datenaufbereitung und -interpretation.
Mutzeck (2004) und Arnold (2007) orientieren sich bei ihren Prozessmodellen an den Diagnose- und Entscheidungsabläufen im Förderzentrum und schlagen deshalb folgende Schritte im diagnostischen Prozess vor:
1. Diagnose des Förderbedarfs oder Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs mit Entscheidung über den Förderort und
2. Entwurf eines Förderplans, in dem notwendige Förderung und Beratung beschrieben werden, der Förderverlauf erfasst und der Fördererfolg evaluiert wird.
Die in allen Modellen und Konzepten beschriebenen zentralen Bestandteile des diagnostischen Prozesses im pädagogischen Handlungsfeld finden sich letztendlich bei Hesse und Latzko (2009) wieder, für die das diagnostische Vorgehen mit der Präzisierung einer Fragestellung beginnt und über die Hypothesenbildung und Hypothesenprüfung zu einem diagnostischen Urteil gelangt, das dann die Ausgangsfrage nach Selektion oder Förderung beantwortet ( Abb. I.5).
Abb. I.5: Ablaufmodell des diagnostischen Prozesses (aus: Hesse, I. & Latzko, B. (2009): Diagnostik für Lehrkräfte. Opladen: Barbara Budrich, 63)
Auffallend ist auch hier wieder die große inhaltliche Nähe dieser Prozessmodelle zu denen aus der psychologischen Diagnostik ( Kap. I.2.3).