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Kapitel 6

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Der weitere Verlauf des Samstags verbleibt ohne Überraschungen. Nachdem ich es mir auf der Couch gemütlich gemacht habe, geht es mir schon wesentlich besser. Ich freue mich sogar auf das Gulasch, das hervorragend schmeckt. Meine Mama kann einfach kochen, da gibt´s mal nix.

Am Abend beschließe ich eine DVD zu schauen, da im Fernsehen mal wieder nur Mist läuft. Nachdem ich gerademal eine halbe Stunde „Ein Chef zum Verlieben“ geschaut habe, klingelt zum zweiten Mal am heutigen Tag meine Türklingel, ohne dass ich verabredet bin. Das ist neuer Rekord.

Ich überlege kurz, ob es meine Mutter sein könnte. Verwerfe diesen Gedanken aber wieder. Sie kommt nicht zweimal, nachdem sie sich davon überzeugt hat, dass ich nicht in Lebensgefahr schwebe. Aber wer dann? Also gut, die Neugier siegt.

„Ja, bitte!“, spreche ich in die Gegensprechanlage und warte auf Antwort.

„Hey, ich bin´s Maya!“

„Maya? Was machst Du denn hier?“

„Lässt Du mich rein oder reden wir neuerdings über die Gegensprechanlage?“

„Äh, sorry, klar komm hoch!“, sage ich und lasse sie ins Treppenhaus.

Maya ist meine beste Freundin und gleichzeitig eine super coole Polizistin. Bisweilen neigt sie aber zu Geschmacksverirrungen, da sie in meinen Bruder Niklas verschossen ist. Sie würde es natürlich nie zugeben. Er arbeitet ebenfalls bei der Polizei, allerdings beim SEK. Und, obwohl er ein ziemlicher Schwachkopf in Bezug auf Frauen ist, lässt sich Maya durch nichts von ihrer Schwärmerei abbringen. Glaubt mir, ich habe schon so einiges versucht. Aber na ja, muss sie wissen.

Ansonsten ist auf Maya jedenfalls Verlass. Sie ist meine Ratgeberin, wenn ich nicht mehr weiterweiß. Und jetzt steht sie tatsächlich vor meiner Tür. Man, warum bin ich eigentlich nicht selbst darauf gekommen, sie einfach anzurufen und herzubitten. Aber egal, das Ergebnis wäre ja das gleiche.

„Ich bin so froh, dass Du da bist! Aber woher wusstest Du, dass ich gerade jetzt Deine Gesellschaft gut gebrauchen kann?“, frage ich irritiert und sie schaut mich ebenso irritiert an.

„Wie meinst Du das? Ist was passiert?“, fragt sie mich erschrocken.

Bevor sie noch einen Herzinfarkt bekommt, erkläre ich ihr mein Elend und sie lacht. Tatsächlich, sie kann darüber lachen, wie schön.

„Das ist nicht witzig Maya!“, sage ich empört und schmolle.

„Wenn Du nur hergekommen bist, um mich zu ärgern, dann ist heute kein guter Tag dafür!“ Das ist jetzt vielleicht etwas übertrieben, aber ich bin wirklich sauer. Wenigstens sie müsste mich doch verstehen.

„Ist schon gut, reg Dich ab. Ich verstehe ja, dass Du Dir Vorwürfe machst. Aber so wie Du mir die Sachlage geschildert hast, kannst Du nichts dafür. Wenn euer Mandant nicht mit offenen Karten spielt, wie wollt ihr ihn dann richtig verteidigen. Er müsste doch langsam merken, dass er damit nicht gut fährt.“ Sie schaut mich kritisch an und ergänzt: „Wieso lässt er euch überhaupt im Dunkeln. Hat er noch nie was von anwaltlicher Schweigepflicht gehört? Da stimmt doch was nicht?“ Und schon kommt die Polizistin in ihr durch. So kenne ich sie, Fakten sammeln, analysieren, Wahrscheinlichkeiten ermitteln und schließlich ein Ergebnis ausspucken – wie ein Computer. So ist Maya und ich liebe sie dafür! Normalerweise, heute ist aber nichts normal. Heute geht’s um mich.

„Ich hab´s! Ich kann mich noch gut an den Unfall erinnern. Wir mussten ermitteln, weil ein Fahrradfahrer schwer verletzt worden ist. Er kann bis heute nicht sagen, was damals wirklich vorgefallen war. Wir mussten den Unfallhergang über einen Sachverständigen rekonstruieren. Der Unfallverursacher wurde nie ermittelt, weil sich bis heute keine Zeugen gemeldet haben. Das müsste jetzt ein Jahr her sein.“

„Und was hat das jetzt mit meinem Fall zu tun?“, frage ich ehrlich verwirrt.

„Jetzt wart doch mal ab. Ich weiß zwar nicht, ob ich recht habe, aber irgendwas sagt mir, dass die beiden Fälle zusammenhängen. Auch damals handelte es sich um einen Mercedes, da die Farbpartikel, die sichergestellt wurden, einer bestimmten Farbmischung zugeordnet werden konnten, die nur von Mercedes in dieser Zusammensetzung benutzt wird. Außerdem liegen die Unfallorte auf der gleichen Strecke, wenn man von Osten kommend in die Stadt fährt."

"Aha", lautet mein Kommentar und ich verstehe immer noch nur Bahnhof aber Maya spricht schon weiter.

"Jetzt müssen wir nur noch herausfinden, wo Schuster herkam und was er dort gemacht hat. Dann wissen wir auch, was er verschweigt.", endet sie.

"Ich werde ihn am Montag gleich danach fragen.", sage ich zu Maya und lege meinen Kopf auf die Lehne meiner Couch. Ich kann heute einfach nicht analytisch denken, also lasse ich es besser.

"So ein Quatsch. Du denkst doch nicht, dass er gerade Dir erzählt, was er Dirk verschweigt!", sagt sie empört und ich rolle nur mit den Augen, was sie nicht sehen kann, da meine Augen geschlossen sind.

"Natürlich nicht. Aber ich bin gerade nicht in der Lage komplizierte Sachverhalte zu analysieren.", sage ich mit einem tiefen Seufzer.

Sie schaut mich an und ich fühle mich auf einmal unwohl. "Aha, was verschweigst Du mir?", fragt Maya. "Das kann doch nicht nur der Fall sein." Und da ist sie wieder, die Polizistin, die ich normalerweise sehr schätze. Aber heute ist verdammt nochmal nicht normal.

Sie starrt mich an und ich werde irgendwie immer kleiner auf meiner Couch. "Es hat was mit Dirk zu tun!", schreit sie plötzlich und ich falle beinahe von der Couch.

"Wie kommst Du denn auf das dünne Brett?", frage ich sie in der Hoffnung, dass sie nicht weiter in diese Richtung bohrt. Aber das wäre ja zu einfach und einfach ist heute für mich einfach nicht drin.

"Erzähl schon, was ist passiert?", bittet sie und da kann ich einfach nicht anders und erzähle ihr, was gestern vorgefallen ist und wie sehr ich mich für mein Benehmen schäme.

Es sprudelt einfach aus mir raus und als ich fertig bin, fühle ich mich irgendwie besser. Allerdings vergeht das Gefühl auch schon, nachdem ich Maya wieder anschaue.

Plötzlich fragt sie: "Was kommt eigentlich im Fernsehen?" Total verwirrt aber auch ebenso froh über diesen spontanen Themenwechsel erwidere ich: "Nichts! Ich habe eine DVD geschaut, bevor Du gekommen bist!"

"Welcher Film?"

"Ein Chef zum Verlieben"

"Gut, lass uns den zusammen anschauen. Hast Du irgendwo Schokolade im Haus? Und Chips?", fragt Maya

"Äh, ja, in meiner Süßigkeiten-Schublade.", sage ich verwirrt und sehe zu, wie sie sich in Bewegung setzt und zielgenau ebendiese Schublade aufmacht und bewundernd sagt: "Na das nenne ich Auswahl. Möchtest Du auch etwas?"

"Nein, vielleicht nehme ich mir später was raus!", sage ich immer noch etwas verwirrt.

"Na dann mal los, Film ab.", sagt Maya als sie sich vergnügt neben mich setzt und das erste Stück Schokolade genüsslich in ihren Mund steckt. Ich schalte stumm den Fernseher wieder an und starte die DVD.


Liebe ist...

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