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b) Schätzung der Schadenshöhe

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Kartellschäden lassen sich selten mit absoluter Gewissheit quantifizieren. Während in einigen Jurisdiktionen eine gesetzliche Vermutung eines Schadens auch der Höhe nach besteht,53 enthält das GWB mit § 33a Abs. 2 bislang nur eine für nach dem 26.12.2016 entstandene Ansprüche geltende54 widerlegliche Vermutung, dass ein Kartell einen Schaden verursacht. Die instanzgerichtliche Rechtsprechung zum Kartellschadensersatz hatte Geschädigten auch schon für Fälle, auf die die gesetzliche Schadensvermutung der 9. GWB-Novelle noch nicht anwendbar ist, entsprechende Beweiserleichterungen sowohl für den Beweis der seinerzeit noch relevanten tatbestandsseitigen Kartellbefangenheit als auch eines Schadenseintritts eingeräumt.55 Ganz überwiegend nahmen die Instanzgerichte einen „doppelten“ Anscheinsbeweis an.56 Der BGH hat in der Schienenkartell-Entscheidung zumindest für Quoten- und Kundenschutzkartelle hingegen festgestellt, dass weder für den Eintritt des Schadens noch für die Kartellbetroffenheit die Voraussetzungen für die Annahme eines Anscheinsbeweises erfüllt seien.57 Vielmehr sei der strengere Maßstab einer tatsächlichen Vermutung zu erfüllen.58 Ein Klarstellungsbedürfnis durch den Gesetzgeber scheint angezeigt. Daran ändert auch die „Schienenkartell II“-Entscheidung des BGH vom 28.1.2020 grundsätzlich nichts.59 Der BGH stellt in der Schienenkartell II-Entscheidung allerdings klar, dass zur Ermittlung der haftungsbegründenden Kausalität nicht festgestellt werden muss, ob sich der Kartellverstoß auf die einzelnen in Rede stehenden Beschaffungsvorgänge oder Einkäufe, auf die der Anspruchsteller sein Schadensersatzbegehren stützt, tatsächlich ausgewirkt hat und das Geschäft damit in diesem Sinn „kartellbetroffen“ bzw. „kartellbefangen“ ist.60 Mit der 10. GWB-Novelle ist neben der gesetzlichen Vermutung zum Schadenseintritt auch eine widerlegliche Vermutung in § 33a Abs. 2 Satz 4 GWB über die Kartellbefangenheit aufgenommen worden, nach der Rechtsgeschäfte über Waren oder Dienstleistungen mit kartellbeteiligten Unternehmen, die sachlich, zeitlich und räumlich in den Bereich eines Kartells fallen, von diesem auch erfasst waren.61 Geschädigten kann es nicht zugemutet werden den Nachweis erbringen zu müssen, dass alle von ihnen bezogenen Produkte von den Kartellabsprachen umfasst waren und dass die konkreten Absprachen, die diese Produkte betreffen, auch in jedem einzelnen Fall beachtet und umgesetzt wurden. Dieser Nachweis ist dem Kläger in der Praxis oft nicht möglich, da es sich um in der Sphäre des Beklagten liegende Umstände handelt. Die Gerichte können gemäß § 33a Abs. 3 GWB und nach der Rechtsprechung des BGH62 eine Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO vornehmen. Das LG Dortmund hat in einer Entscheidung im September 2020 Kartellschadensersatz auf der Basis einer freien Schadenschätzung nach § 287 ZPO zugesprochen, d.h. ohne, dass die Kläger ein ökonomisches Schadensgutachten vorgelegt hatten.63 Der Schadensersatzanspruch umfasst die Erstattung eingetretener Vermögenseinbußen einschließlich des entgangenen Gewinns sowie der Zinsen.64 Zinsen und Zinseszinseffekte können mitunter einen Großteil der Forderungssumme ausmachen oder diese sogar übersteigen.65 Die durch das Kartell verursachte Vermögenseinbuße besteht nach der Differenzhypothese grundsätzlich in der Differenz zwischen dem hypothetischen Wettbewerbspreis (kontrafaktischer bzw. But-For-Preis) und dem gezahlten Preis. Der But-For-Preis wird vor allem durch Vergleichsmarktbetrachtungen bestimmt.66 Ferner hat zumeist (über den Kartellverstoß hinaus) eine Reihe von Faktoren Einfluss auf die Höhe und die Entwicklungen von Preisen. Diese preisbeeinflussenden Faktoren werden sich sowohl im Zeitverlauf als auch im Vergleich regional und sachlich verschiedener Märkte unterscheiden. Einfache (Durchschnitts-)Preisvergleiche reichen hier nicht mehr aus. Hierfür können bestenfalls ökonometrische Methoden eingesetzt werden, die eine angemessene, simultane Berücksichtigung mehrerer preisbeeinflussender Faktoren einräumen und eine transparente, überprüfbare Schätzung des Schadens ermöglichen.67 In der Praxis entscheidet häufig die Datenverfügbarkeit darüber, welche Methode anwendbar ist und wie belastbar die Ergebnisse einzustufen sind.68 Neben unternehmensinternen Daten können Informationen teilweise auch über öffentliche Statistiken, Branchenberichte oder Marktstudien bezogen werden. Einige Daten existieren zwar in der Sphäre der Kartellbeteiligten, der Zugriff gestaltet sich hier aber weiterhin aufwendig.69 Ferner kann es sich in einigen Fällen als sinnvoll erweisen, mit anderen geschädigten Unternehmen im kartellrechtlich zulässigen Rahmen eine Datenbank aufzusetzen, um eine ggf. gegenüber den Kartellbeteiligten bestehende Informationsasymmetrie zumindest in Teilen aufzuwiegen. Sofern Daten nicht verfügbar sind, müssen entweder einfache, meist weniger belastbare Schätzmethoden verfolgt werden, oder es ist mit Annahmen zu arbeiten. Hierbei ist jedoch höchste Transparenz zu wahren.

Kartellrechtliche Schadensersatzklagen

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