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9. Mehrvergütung für höherwertige Tätigkeit

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Neben der quantitativen Mehrarbeit deckt § 612 Abs. 1 BGB auch den Fall der qualitativen Mehrleitung ab. Ob eine solche vorliegt, hängt davon ab, ob die vorübergehende oder vertretungsweise vorgenommene Tätigkeit von der vereinbarten Tätigkeit und damit der arbeitsvertraglichen Vergütungsabrede mit umfasst wird. Erbringt ein AT-Angestellter höherwertigere Leistungen als die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung, hängt eine gesonderte Vergütung davon ab, ob die Leistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten war.

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Diese objektive Vergütungserwartung ist bei einer qualitativen Mehrleistung im Tarifbereich gegeben, wenn im betreffenden Wirtschaftszweig entweder Tarifverträge gelten, die für eine vorübergehend und/oder vertretungsweise ausgeübte höherwertige Tätigkeit eine zusätzlich Vergütung vorsehen. Im tarifungebundenen Wirtschaftsbereich wird anhand eines objektiven Maßstabs unter Berücksichtigung der Verkehrssitte, der Art, des Umfangs und der Dauer der Leistung sowie der Stellung der Beteiligten zueinander zu beurteilen sein, ob eine Vergütung zu erwarten ist. Die Höhe der zusätzlichen Vergütung bemisst sich nach der Vergütung, die der Vertretene üblicherweise bei dem Arbeitgeber erhält.147

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Die übliche Vergütung ist diejenige, die in gleichen oder ähnlichen Gewerben oder Berufen am gleichen Ort für vergleichbare Tätigkeit für Überstunden gezahlte Vergütung, wobei die persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind.148 Entscheidend sind auch stets die Umstände des Einzelfalls. Maßgebend ist die Vergütung im vergleichbaren Wirtschaftsbereich.

73 Blanke-Blanke, Außertarifliche Angestellte, Rn. 76. 74 Auch Jahresfestgehalt oder garantiertes Jahresentgelt genannt. 75 Zu den in der Praxis zu findenden Methoden der Arbeitsbewertung, Blanke-Blanke, Außertarifliche Angestellte, Rn. 79 ff. 76 Blanke-Blanke, Außertarifliche Angestellte, Rn. 78 gab seine noch in seinen Vorauflagen vertretene Forderung nach rechtlich verbindlichen Mindestprozentsätze für das Grundentgelt („richterrechtlicher Mindestlohn“) wieder auf; Loritz, AuA 1997, 224 ff. wollte unternehmenserfolgsabhängige Vergütungen von 10 Prozent unter dem Regellohn für zulässig erachtete; Annuß, NZA 2007, 290, 291, erachtete die vollständige Flexibilisierung außerhalb bestehender Tarifbindung hingegen für zulässig. 77 Nach dem BAG 16.2.2012, 8 AZR 242/11, NZA 2012, 1307 ergibt sich dies aus § 65 HGB, wonach Provisionen für abhängig beschäftigte Handlungsgehilfen und damit auch für kaufmännische Angestellte ohne jede Fixvergütung zulässig sind; so zuvor bereits Riesenhuber/v. Steinau-Steinrück, NZA 2005, 785, 791. 78 BAG 23.5.2001, 5 AZR 527/99, BeckRS 2009, 52775 m.w.N; Brors, RdA 2004, 273, 275; Lakies, NZA-RR 2002, 340; Mauer NZA 2002, 540, 542, der davon ausgeht, dass eine Flexibilisierung nur wirksam ist, wenn der Arbeitnehmer stets die tarifliche Mindestvergütung erhält. 79 So BAG 16.2.2012, 8 AZR 242/11, NZA 2012, 1307. 80 Zutreffend Annuß, NZA 2007, 290, 291. 81 Riesenhuber/v. Steinau-Steinrück, NZA 2005, 785, 790; BAG 23.5.2001, 5 AZR 527/99, ArbuR 2001, 509 stellt auch auf die übliche Vergütung ab. 82 Einen Überblick zu Regelungen in der Praxis bietet Breisig, AT-Angestellte, S. 71 ff. 83 Ausführlich zu Zielvereinbarungen als Steuerungs- und Entlohnungsinstrument, Blanke-Breisig, Rn. 97 ff. 84 Riesenhuber/v. Steinau-Steinrück, NZA 2005, 785, 786. 85 ErfK-Preis, § 611 BGB Rn. 504. 86 Schaub-Vogelsang, § 77 Rn. 1 und 11. 87 Näher zu Zielvereinbarungssystemen im AT-Bereich vgl. Blanke-Breisig, Außertarifliche Angestellte, Rn. 69 ff. 88 BAG 12.12.2007, 10 AZR 97/07, NZA 2008, 409; Annuß, NZA 2002, 290. 89 ErfK-Preis, § 611 Rn. 505. 90 Vgl. LAG Nürnberg 23.7.2002, 6 Sa 269/01, BeckRS 2002, 41255. 91 St. Rspr. u.a. BAG 12.10.2011, 10 AZR 746/10, AP zu § 315 BGB Nr. 92; BAG 25.8.2010, 10 AZR 275/09, AP zu § 106 GewO Nr. 11. 92 Palandt-Grüneberg, § 315 BGB Rn. 20. 93 Riesenhuber/v. Steinau-Steinrück, NZA 2005, 785, 791; Mauer, NZA 2002, 540, 549. 94 Riesenhuber/v. Steinau-Steinrück, NZA 2005, 785, 791. 95 BAG 10.12.2008, 10 AZR 889/07, NZA 2009, 256 = NJW 2009, 1227; BAG 12.12.2007, 10 AZR 97/07, NZA 2008, 409 = NJW 2008, 872. 96 BAG 12.12.2007, 10 AZR 97/07, NZA 2008, 409 = NJW 2008, 872 = AP zu § 280 BGB Nr. 7. 97 BAG 10.12.2008, 10 AZR 889/07, NZA 2009, 256 = NJW 2009, 1227; BAG 12.12.2007, 10 AZR 97/07, NZA 2008, 409 = NJW 2008, 872. 98 BAG 12.12.2007, 10 AZR 97/07, NZA 2008, 409 = NJW 2008, 872. 99 Annuß, NZA 2007, 290, 294, der zu Recht darauf hinweist, dass eine dahingehende ausdrückliche Regelung im Arbeitsvertrag zu empfehlen ist; a.A. Lindemann/Simon, BB 2002, 1807, 1813 hingegen hält eine ausdrückliche Regelung für entbehrlich. 100 Vgl. BAG 18.1.2012, 10 AZR 612/10, NZA 2012, 561 = NJW 2012, 1532 = AP zu § 611 BGB Gratifikation Nr. 292, in dem ein Arbeitsvertrag einen gewinn- und leistungsorientierter Bonus für das Kalenderjahr vorsah, den Bonusanspruch aber ausschloss, wenn das Arbeitsverhältnis am 1. April des Folgejahrs nicht mehr ungekündigt bestand. 101 So Bauer/Diller/Göpfert, BB 2002, 882, 885; dagegen Reiserer, NJW 2008, 609, 612 aber mit Verweis auf befürwortende Instanzenrechtsprechung. 102 Vgl. BAG 6.5.2009, 10 AZR 443/08, NZA 2009, 783, wo Voraussetzung für die Auszahlung des Bonus ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis zum Abschluss des Kalender-(Geschäfts)jahres war, der Arbeitnehmer am 3.12. verstarb. 103 Diese Auffassung teilend Riesenhuber/v. Steinau-Steinrück, NZA 2005, 785, 790; Baeck/Winzer, NZG 2012, 657 auch zum Rechtsprechungsstand; a.A. Heins/Leder, NZA 2014, 520 für Bonizahlungen, mit denen ein zusätzlicher Erfolg/Arbeitserfolg vergütet werden soll. 104 Dafür Riesenhuber/v. Steinau-Steinrück, NZA 2005, 785, 790; Reiserer, NJW 2008, 609, 612; LAG München 14.3.2007, 10 Sa 1001/06, BeckRS 2009, 61901. 105 Vgl. BAG 18.1.2012, 10 AZR 612/10, NZA 2012, 561 = NJW 2012, 1532 = AP zu § 611 BGB Gratifikation Nr. 292. 106 Lindemann/Simon, BB 2002, 1807, 1813. 107 Mauer, NZA 2002, 540, 541; Annuß, NZA 2007, 291, 294. 108 Im Anwendungsbereich der InstitutsVergV sind weitere Besonderheiten (vgl. §§ 19, 20 InstitutsVergV) zu beachten. 109 Auch Sonderzahlungen, Sonderzuwendungen genannt. 110 ErfK-Preis, § 611 BGB Rn. 527. 111 ErfK-Preis, § 611 BGB Rn. 527. 112 St. Rspr. vgl. BAG 11.10.2006, 5 AZR 721/05, NZA 2007, 87 = AP zu § 308 BGB Nr. 6 m.w.N.; BAG 12.1.2005, 5 AZR 364/04, NZA 2005, 465 = AP zu § 308 BGB Nr. 1. 113 So u.a. Willemsen/Jansen, RdA 2010, 1, 3 m.w.N.; Hromadka/Schmitt-Rolfes, NJW 2007, 1777, 1781; Willemsen/Grau, NZA 2005, 1137, 1139; Schwarze, RdA 2012, 321, 323. 114 BAG 12.1.2005, 5 AZR 364/04, AP zu § 308 BGB Nr. 1. 115 Diese Rechtsprechung betraf allerdings Entwicklungs- und Anpassungsklauseln in Chefarztverträgen. Der Kernbereich soll hier auch dann nicht angetastet sein, wenn die Gesamteinnahmen mit Nebentätigkeiten auf 60–65 % des bisherigen Einkommensniveaus sinken vgl. BAG 28.5.1997, 5 AZR 125/96, NZA 1997, 1160 = AP zu § 611 BGB Arzt-Krankenhaus-Vertrag Nr. 36; BAG 13.3.2003, 6 AZR 557/01, NZA 2004, 735 = AP zu § 611 BGB Arzt-Krankenhaus-Vertrag Nr. 47. 116 Dies ergab die Marktanalyse von Breisig, AT-Angestellte, 2010. 117 ErfK-Preis, § 612 Rn. 18 m.w.V. 118 ErfK-Preis, § 612 Rn. 18 m.w.V. 119 BAG 20.4.2011, NZA 2011, 917. 120 Überstunden liegen bei Überschreitung der einzelvertraglich, tariflich oder betrieblich vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit vor; Mehrarbeit ist dagegen die Überschreitung der gesetzlichen Höchstarbeitszeit, vgl. ErfK-Preis, § 611 BGB Rn. 486; HWK-Thüsing, § 611 BGB Rn. 134. Die Begriffe werden aber häufig synonym verwendet. 121 Zuletzt BAG 21.9.2011, 5 AZR 629/10, NJW 2012, 1387; BAG 17.8.2011, 5 AZR 406/10, NZA 2011, S. 1335, 1337; ErfK-Preis, § 612 BGB Rn. 18; HWK-Thüsing, § 612 BGB Rn. 23 jeweils m.w.N. 122 Vgl. BAG 11.10.2000, 5 AZR 122/99, NZA 2001, 458, das hier über einen Anspruch nach § 612 BGB in Bezug auf Umkleiden, Waschen und sonstige Rüsttätigkeiten zu entscheiden hatte. 123 BAG 21.9.2011, 5 AZR 629/10, NJW 2012, 1387; BAG 22.2.2012, 5 AZR 765/10, NZA 2012, 861. 124 BAG 22.2.2012, 5 AZR 765/10, NZA 2012, 861 = AP BGB § 612 Nr. 75; BAG 17.8.2011, 5 AZR 406/10, NZA 2011, 1335, 1337. 125 BAG 17.11.1966, 5 AZR 225/66, NJW 1967, 413 zu leitenden Angestellten und BAG 17.3.1982, 5 AZR 1047/79, NJW 1982, 2139 zu Chefärzten. 126 So zutreffend Z.B. Lunk/Leder, NJW 2015, 3766, 3768. 127 Vgl. BAG 17.4.2002, 5 AZR 644/00, NZA 2002, 1340, 1344 = AP BGB § 611 Mehrarbeitsvergütung Nr. 40; BAG 4.5.1994, 4 AZR 445/93, NZA 1994, 1035 = AP TVG § 1 Tarifverträge: Arbeiterwohlfahrt Nr. 1; BAG 25.11.1993, 2 AZR 517/93, NZA 1994, 837; HWK-Thüsing, § 611 BGB Rn. 136; MüArbR-Matthes, Bd. 2, § 245 Rn. 19 128 Vgl. auch BAG 17.8.2011, 5 AZR 406/10, NZA 2011, S. 1335 ff. Denn regelmäßig handelt es sich bei solchen Klauseln um allgemeine Geschäftsbedingungen gem. §§ 305, 305 Absatz 1 Satz 1 und Satz 2 BGB, die dem Transparenzgebot des § 307 Abs. I Satz 2 BGB standhalten müssen. 129 ErfK-Preis; §§ 305–310 BGB, Rn. 91; Preis-Preis, Der Arbeitsvertrag, II M 20 Rn. 25. 130 BAG 1.9.2010, 5 AZR 517/09, NZA 2011, S. 575 = AP BGB § 307 Nr. 47; HWK-Gotthardt, Anh. §§ 305-310 Rn. 39. 131 BAG 1.9.2010, 5 AZR 517/09, NZA 2011, S. 575 = AP BGB § 307 Nr. 47; BAG 20.4.2011, 5 AZR 200/10, NZA 2011, 917 jeweils m.w.N.; ErfK-Preis, 11. Aufl., §§ 305–310 BGB Rn. 92; HWK-Gotthardt, Anh. §§ 305–310 BGB Rn. 39. 132 ErfK-Preis, §§ 305–310, Rn. 92. 133 ErfK-Preis, § 611 Rn. 109; ErfK-Krause §§ 305–310 Rn. 91 f.; Franke, Der außertarifliche Angestellte, S. 99 ff. 134 LAG Köln 20.12.2001 6 Sa 965/01, BeckRS 1999, 09932. 135 ErfK-Preis, §§ 305–310, Rn. 92; Preis-Preis, Der Arbeitsvertrag, II M 20, Rn. 30. 136 Vgl. zutreffend Lunk/Leder, NJW 2015, 3766, 3768. 137 Vgl. Lunk/Leder, NJW 2015, 3766, 3768. 138 Vgl. LAG Köln 20.12.2001, 6 Sa 965/01, BeckRS 9999, 09932 zu einem außertariflichen. 139 ErfK-Preis, § 612 BGB Rn. 18; Preis-Preis, Der Arbeitsvertrag, II M 20, Rn. 53. 140 MüKo-Müller-Glöge, Bd. I, § 612 Rn. 29; ErfK-Preis, § 612 BGB Rn. 37; Schaub-Vogelsang, § 67 Rn. 67. 141 Preis-Preis, Der Arbeitsvertrag, II M 20, Rn. 53. 142 ErfK-Preis, § 612 BGB Rn. 38 ausführlich zum Streitstand. 143 Preis-Preis, Der Arbeitsvertrag, II M 20, Rn. 53. 144 BAG 16.1.1985, 7 AZR 501/83, BeckRS 1985, 30712535; BAG vom 14.10.1997, 7 AZR 562/96, BeckRS 1997, 30928089. 145 BAG 17.4.2002, 5 AZR 644/00, NZA 2002, 1340, 1343 = AP BGB § 611 Mehrarbeitsvergütung Nr. 40 146 Vgl. BAG 25.11.1993, 2 AZR 517/93, NZA 1994, 837. 147 BAG 25.3.2015, 5 AZR 874/12, NJOZ 2015, 1662. 148 MüKo-Müller-Glöge, Bd. I, § 612 Rn. 29; ErfK-Preis, § 612 BGB Rn. 37; Schaub-Vogelsang, § 67 Rn. 67.

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