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2.3.5 Steuerverflechtungen und Steuerwirkungen

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Steuern stehen nicht unverbunden nebeneinander, sondern wir haben es mit einer Vielzahl steuerlicher Verflechtungen auf unterschiedlichen Ebenen zu tun. Im Bereich der Unternehmensbesteuerung waren die bisherigen Verflechtungen der relevanten Steuerarten sehr stark. Die Gewerbesteuer war bislang von der Eigenbemessungsgrundlage abzugsfähig, sie beeinflusste ihrerseits die Körperschaftsteuer und die Einkommensteuer auf gewerbliche Gewinne. Körperschaftsteuer und Einkommensteuer existieren aber ebenfalls nicht unverbunden nebeneinander. Eine Verknüpfung besteht bislang über das sog. Teileinkünfteverfahren, nach dem Dividenden nur zu 60 % in die Einkommensteuerbemessungsgrundlage einbezogen werden und somit pauschal die Vorbelastung durch Körperschaftsteuer berücksichtigt wird. Andererseits beeinflusst die Gewerbesteuer auch die Einkommensteuer. Nach § 35 EStG wird die Gewerbesteuer mit dem 3,8-fachen des Gewerbesteuermessbetrags auf die Einkommen­steuer angerechnet. Die Einkommensteuer ihrerseits ist nun wieder Ausgangspunkt für Zuschlagssteuern, wobei zum einen der Solidaritätszuschlag als Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer existiert und andererseits ggf. Kirchensteuer in Betracht kommt (§ 51a EStG). Durch die Unternehmensteuerreform 2008 ist die Insichabzugsfähigkeit der Gewerbesteuer und die Beeinflussung der Körperschaftsteuer und der Einkommensteuer durch die Gewerbesteuer beseitigt worden. Die Gewerbesteuer ist seitdem nicht-abziehbare Betriebsausgabe (§ 4 Abs. 5b EStG). Andererseits greift seit dem Jahr 2009 die Abgeltungsteuer, sodass Körperschaftsteuer und Einkommensteuer bei Privatanlegern nicht mehr über das Teileinkünfteverfahren verknüpft sind, sondern über die Einkommensbesteuerung der Dividendeneinkünfte regelmäßig mit dem Abgeltungsteuersatz abgegolten ist, wenn sich die Beteiligung im Privatvermögen befindet. Ist die Beteiligung hingegen Teil des Betriebsvermögens, kommt das Teileinkünfteverfahren zum Tragen.

Steuerwirkungen können einerseits verstanden werden als Steuereinwirkungen, d. h. unmittelbare Beeinflussungen der Entscheidungsfindungen durch Veränderung der Vorteilhaftigkeit von Entscheidungsalternativen bei den Steuerpflichtigen. Zum anderen sind Steuerauswirkungen zu konstatieren, die eine mittelbare Beeinflussung auf die Gestaltung aktueller und zukünftiger Sachverhalte mit längerfristiger Wirkung kennzeichnet, und schließlich sind Steuerwirkungen als Reaktionen des Fiskus zu sehen. Gesetzgeber und/oder Fiskus reagieren auf die Handlungen des Steuerpflichtigen und passen das Gesetz an.

Beschränken wir uns auf den Bereich der betriebswirtschaftlichen Steuerwirkungen als Entscheidungswirkungen, können wir – wie die nachfolgende Darstellung zeigt – Steuerwirkungen als Liquiditäts-, Vermögens- und Organisationswirkungen, als Bemessungsgrundlagen-, Zeit-, Steuertarif-, Steuerarten- und Verfahrenseffekte und als Steuer­wirkungen auf Liquidität, Risiko, Rentabilität und den Inhalt des Entscheidungsfeldes unterscheiden.

Steuerwirkungen als
-Liquiditätswirkungen
-Vermögenswirkungen
-Organisationswirkungen (Gerd Rose)

ABB. 2.7:

Liquiditätswirkungen der Besteuerung

Quelle: Eigene Darstellung.


Steuerwirkungen als
-Bemessungsgrundlageneffekte
-Zeiteffekte
-Steuertarifeffekte (nur insoweit Franz W. Wagner)
-Steuerarteneffekte
-Steuerverfahrenseffekte
Steuerwirkungen auf
-Liquidität
-Risiko
-Rentabilität
-Inhalt des Entscheidungsfeldes (Dieter Schneider)

Diese drei Ansätze haben eine große gemeinsame Schnittmenge. Im Folgenden ist aber differenziert auf die Systematisierung von Wagner zurückzugreifen. Franz W. Wagner interpretiert Steuerwirkungen als Möglichkeiten zur Beeinflussung der Gestaltung durch den Entscheidungsträger. Das Erreichen von positiven Effekten wird angestrebt. Im Bereich von Bemessungsgrundlageneffekten können verschiedene Entscheidungsalternativen identifiziert werden, die zu unterschiedlichen Maßstäben oder Verfahren der Wertermittlung führen. Zeiteffekte treten bei Entscheidungsalternativen mit mehr­periodiger Wirkungsdauer auf. Die Unterschiede in der zeitlichen Struktur der Bemessungsgrundlagen können erfasst und mitgestaltet werden. Es entstehen dann positive Steuerbarwerteffekte. Die Besteuerung wird tendenziell in die Zukunft verlagert („relative Steuerbarwertminimierung“). Folge sind positive Liquiditäts- und Zinseffekte. Zeiteffekte sind auch bei niedrigen Realzinsen bedeutsam aufgrund ihrer positiven Liquiditätswirkung, denn es gilt die jederzeitige Zahlungsbereitschaft im Unternehmen zu gewährleisten.

Sodann sind Steuertarifeffekte durch Differenzierungen in den Steuersätzen gegeben (§§ 32a, 32b, 34, 34a EStG). Es existieren besondere Steuersätze (Sondertarife, ermäßigte Steuersätze) oder es sind unterschiedliche Tarifverläufe zu beachten, die ebenfalls von den Steuerpflichtigen ausgenutzt werden können. Tendenziell werden von Seiten der Steuerpflichtigen die günstigeren Sondertarife gewählt. Es sind dabei aber die jeweiligen Voraussetzungen zu beachten. Nach § 34 Abs. 3 Satz 4 EStG kann der Sondertarif (56 % des durchschnittlichen Steuersatzes) nur einmal im Leben in Anspruch genommen werden.

In einer erweiterten Betrachtung sind auch Steuerarten- und Steuerverfahrenseffekte einzubeziehen:

Steuerarteneffekte kennzeichnet, dass die Entscheidungsalternativen unterschiedlichen Steuerarten unterliegen und ggf. eine Handlungsmöglichkeit ausgewählt werden kann, die Steuerfreiheit bei einer Steuerart zur Folge hat. Denken Sie hier an nicht-gewerbliche oder gewerbliche Einkünfte, die mit Gewerbesteuer belastet sind. Steuerverfahrenseffekte zeigen sich ebenfalls bei der differenzierten Analyse des Steuerrechts. Die Entscheidungsalternativen unterliegen unterschiedlichen Regeln im Besteuerungsverfahren. Im Einzelnen können Stundung, Erlass, Vorläufigkeit oder das Nachprüfungsrisiko differenziert werden. Die Liquiditätswirkungen der Besteuerung zeigen sich wie folgt.

Orientierung bietet insbesondere das Kapitalwertkriterium unter Berücksichtigung der Besteuerung. Hier werden Zeiteffekte der Besteuerung sehr deutlich, wenn Steuern zum einen die periodische Bemessungsgrundlage betreffen und zum anderen im Kalkulationszinsfuß berücksichtigt werden.

Das Kapitalwertmodell misst die Wirkungen der Besteuerung auf betriebliche Entscheidungen. Es zeigt, ob und in welchem Umfang der Kapitalwert durch den Steuereinfluss verändert wird und – beim Vergleich verschiedener Investitionsalternativen – ob eine Rangfolgeänderung festzustellen ist. Unter bestimmten Umständen kann bei Investitionskalkülen die Einbeziehung von Steuern bzw. die Erhöhung des Steuersatzes zu einem steigenden Kapitalwert führen (Steuerparadoxon).

Die Beeinflussung betrifft zum einen die Besteuerung des Gewinns aus dem Investitionsobjekt. Der Gewinn unterscheidet sich von den Zahlungsüberschüssen, in dem periodisierende Rechenelemente berücksichtigt werden (bei Sachinvestitionen beispielsweise die periodische Abschreibung). Neben dem laufenden Gewinn werden die Liquiditätserfolge einbezogen. Diskontiert wird mit dem Kalkulationszinsfuß nach Steuern, wobei dieser Steuereinfluss vom Zähler abweichen kann. Der Kapitalwert nach Steuern (Ks) ergibt sich als:


mit


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