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1.4 Unternehmensformen

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Unsere liberale Rechts- und Wirtschaftsordnung gestattet es Unternehmen im Allgemeinen, in verschiedenen Rechtsformen tätig zu werden. Im Bereich der Unternehmensrechtsform des privaten Rechts kennen wir Grundformen (Einzelunternehmung, Personen- oder Kapitalgesellschaft), Sonderformen (Europäische WirtschaftlicheInteressenvereinigung, Reederei, Stiftung) und Mischformen (GmbH & Co. KG, Betriebsaufspaltung, GmbH & Still). Auch die öffentliche Hand ist unternehmerisch tätig. Hier sind sog. Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu identifizieren, die aus Gründen der Wettbewerbsneutralität der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer unterliegen. Daneben gibt es weitere Rechtsformen des privaten Rechts mit Unternehmensbezug, so z. B. die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), die Unterbeteiligung oder die Societas Europea (SE). Seit Mitte 2013 ist die Wahl der Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung für Freiberufler wählbar. Sie stellt eine Rechtsformvariante der Partnerschaftsgesellschaft (PartG) dar, bei der die Haftung für aus fehlerhafter Berufsausübung entstehende Schäden auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt ist.

Aufgrund europarechtlicher Vorgaben sind auch nach ausländischem Recht gegründete Rechtsformen zu beachten. Für deren Einordnung – als Personen- oder Kapitalgesellschaft – ist ein Strukturvergleich durchzuführen. Die englische Rechtsform Private Limited Company by Shares (kurz: Limited) hat in Deutschland als Rechtsformalternativezur GmbH inzwischen eine gewisse Verbreitung. Den verschiedenen Vorzügen (fast and cheap) stehen aber auch gewichtige Nachteile gegenüber, etwa in Form erhöhter Publizität, der strengen Einhaltung von formalen Regelungen und laufender Rechtsformkosten. Hat die Limited ihren Satzungssitz in England, übt sie ihre Geschäftsleitung aber in Deutschland aus (Verwaltungssitz), so ist sie nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG i. V. m. § 10 AO in Deutschland mit ihrem Welteinkommen unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Sie unterliegt auch der Gewerbesteuer, wenn sie eine inländische Betriebstätte unterhält (§ 2 Abs. 2 GewStG). Bei Doppelansässigkeit sieht das DBA Deutschland-Großbritannien die sog. Tie-Breaker-Rule vor, nach der die Gesellschaft allein in dem Staat als ansässig gilt, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung befindet.

Bedingt durch die mögliche Wahl der Limited wurde das GmbH-Recht modifiziert und die haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft (§ 5a GmbHG) eingeführt. Sie kann mit einem Mindestkapital von 1 € gegründet werden und ist damit erkennbar auf Existenzgründer ausgerichtet. Gewinne dürfen hier zunächst nicht vollständig ausgeschüttet werden. 25 % des Gewinns müssen in eine gesetzliche Rücklage eingestellt werden, bis das Mindeststammkapital von 25.000 € erreicht ist.

Die Offenheit unseres Rechtssystems gegenüber neuen Entwicklungen zeigen auch mezzanine2) Finanzierungsformen, die eine Mittelstellung zwischen Eigenkapital und Fremdkapital einnehmen. Sie kommt vor allem in Betracht, wenn eine Direktbeteiligung nicht gewünscht wird, andererseits infolge starken Wachstums eine weitere Aufnahme von Kreditmitteln nicht möglich ist.

Mezzanine Finanzierungsformen werden meist in Form von stillen Beteiligungen, partiarischen Nachrangdarlehen oder als Genusskapital vergeben. Dabei handelt es sich um eine verzinsliche Kapitalüberlassung auf Zeit, die mit verschiedenen Informations- und Zustimmungsrechten verbunden ist. Wesentliche Unterschiede zum Kredit sind die Nachrangigkeit gegenüber anderen Gläubigern und der Verzicht auf Sicherheiten. Die Konditionen können individuell ausgestaltet werden; aufgrund des erhöhten Risikos liegen sie über den Zinssätzen einer Fremdfinanzierung. Die zeitliche Befristung liegt oftmals bei sechs bis zehn Jahren. Häufig kombiniert man mezzanine Varianten mit einer Beteiligung am Wertzuwachs, um so die laufenden Finanzierungskosten zu senken. Kapitalgeber stellen insbesondere Banken, Versicherungen, Beteiligungsgesellschaften und Risikokapitalgesellschaften dar. Die Einordnung, ob es sich hier um Eigen- oder Fremdkapital handelt, muss in einer Gesamtbetrachtung erfolgen. Steuerlich richtet sich die Prüfung am Mitunternehmerbegriff aus.

Unternehmen können aus einer Vielzahl von Rechtsformen auswählen und diese auch beliebig kombinieren. Das Gesellschaftsrecht gibt nur den jeweiligen Rahmen vor und überlässt die konkrete Ausgestaltung den Beteiligten. Interessant ist die Frage, welche tatsächliche Bedeutung den einzelnen Rechtsformen zukommt. Über die Verbreitung der verschiedenen Unternehmensrechtsformen in Deutschland gibt das Unternehmensregister Auskunft. Detaillierte Angaben über Rechtsform und Größe der Unternehmen enthält die Umsatzsteuerstatistik des Statistischen Bundesamtes (s. Abb. 1.1). 82 % der deutschen Unternehmen sind in der Rechtsform eines Personenunternehmens organisiert. Auch wenn die Anzahl der Kapitalgesellschaften aufgrund der Zusammenfassung in Organschaften in der Statistik geringer ausfällt als tatsächlich vorhanden, zeigt sich die deutliche Dominanz von Einzelunternehmen und Personengesellschaften. Ebenso vorherrschend sind Unternehmen bis zu einer Umsatzgrenze von 1 Mio. €(s. Abb. 1.2).

TAB. 1.1:

Unternehmen nach der Rechtsform in Deutschland

Quelle: Statistisches Bundesamt; Umsatzsteuerstatistik (Voranmeldungen) 2011.


1) Nur Steuerpflichtige mit Lieferungen und Leistungen über 17.500 €, die USt-Voranmeldungen abgeben.

2) Einschl. GbR u. Ä.

3) Einschl. GmbH & Co. KG.

4) Einschl. KGaA und bergrechtliche Gewerkschaften.

TAB. 1.2:

Unternehmen nach Umsatzgrößenklassen

Quelle: Statistisches Bundesamt; Umsatzsteuerstatistik (Voranmeldungen) 2011.


Literatur Beck, H./Prinz, A., Zahlungsbefehl, München 2010. Haberstock, L./Breithecker, V., Einführung in die Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, 16. Aufl., Berlin 2013, S. 1–4, 116–144. Hundsdoerfer, J./Kiesewetter, D./Sureth, C., Forschungsergebnisse in der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre – eine Bestandsaufnahme, ZfB 2008, S. 61–139. Kaminski, B./Strunk, G., Einfluss von Steuern auf unternehmerische Entscheidungen, 2. Aufl., Wiesbaden 2012, S. 3–14. Küting, K. u. a., Saarbrücker Plädoyer für eine normative theorie- und praxisbezogene Betriebswirtschaftslehre, in: Der Betrieb (DB) 2013, S. 2097–2099. Kußmaul, H., Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, 7. Aufl., München 2014, S. 1–3. Marx, F. J., Entwicklungen in der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre – Zum 90. Geburtstag der betriebswirtschaftlichen Teildisziplin, SteuerStud 2009, S. 521–525. Schlager, J., Warnung vor methodischer Einseitigkeit in der „Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre“, in: Der Wirtschaftstreuhänder 2011, S. 99–101. Schneider, D./Bareis, P./Siegel, T., Für normative Steuerlehre – wider eine Beseitigung des gesellschaftlich verpflichteten Fundaments der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre, DStR 2013, S. 1145–1151. Siegel, T. u. a., Betriebswirtschaftliche Steuerlehre am Scheideweg?, FR 2013, S. 1128–1132. Schneeloch, D., Zum Stand der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre – Eine kritische Bestandsaufnahme, BFuP 2011, S. 243–260.

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