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Zu meinen Füßen

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Absage. Absage. Praktikum ohne Übernahme. Absage. Absage. Unbezahltes Praktikum. Praktikum. Praktikum. Antworten auf meine Bewerbungen, die ich nicht lesen will. Und immer wieder heißt es: »Zu wenig Berufserfahrung.« Zur »Generation Praktikum« zu gehören, ist ein Fluch. Ich habe bei einer angesehenen Modezeitschrift in New York ein Praktikum gemacht, bei einem Stadtmagazin in Tokio gearbeitet, habe einige Monate bei einer Produktionsfirma auf Mallorca gejobbt, bei McDonald’s auf Sylt hinter der Kasse gestanden, gekellnert, in der Redaktion eines TV-Senders hospitiert, bei einer Personalberatung ausgeholfen, bei einer PR-Agentur für Luxusmarken ein Volontariat absolviert und mehrere praktische Arbeiten im Rahmen meines Modejournalismus- und Medienkommunikations-Studiums abgegeben, die wirklich gut waren. Außerdem spreche ich fließend Englisch, Französisch und Spanisch.

Und jetzt bin ich frustriert und hilflos. Kein Job? Kein einziger?

Meinen Karrierestart habe ich mir definitiv anders vorgestellt. Eigentlich wollte ich als Redakteurin, Stylistin oder Marketing-Managerin um den Globus reisen, die Metropolen dieser Welt mein Zuhause nennen und mir in der Modebranche einen Namen machen. Und was habe ich bisher erreicht? Einen in der Probezeit hingeschmissenen Job und nun eine Aushilfstätigkeit am Empfang bei Warner Bros. Nicht besonders ergiebig. Die früher von mir angestrebte Karriere als weltreisende Modekritikerin ist mir zwar aktuell nicht mehr so wichtig, aber einen Job zum Geldverdienen hätte ich ja schon gern.

Außerdem geht es mir auf die Nerven, dass Carsten jetzt jede Nachtschicht annehmen muss, die er kriegen kann, damit wir uns die Wohnung überhaupt leisten können.

Als ich gefrustet und deprimiert von der Arbeit nach Hause komme, begrüßt mich Carsten schon an unserer Wohnungstür, als hätte er meine Gedanken gelesen.

»Ich habe eine Überraschung für dich.«

Statt mich in die Wohnung zu lassen, nimmt er mir die Handtasche ab und schließt die Tür. Wir gehen zusammen vier Stockwerke nach oben. Unter dem Dach angekommen, steigt er auf eine Leiter und öffnet die Dachluke. Er geht voraus und bedeutet mir, ihm zu folgen. Wenige Sekunden später liegt mir Eimsbüttel zu Füßen. Ein laues Lüftchen weht mir um die Nase, und ich stoße einen aufgeregten Juchzer aus, als ich einen gedeckten Tisch mit Kerzen entdecke. Sämtliche Jobs, die ich nicht habe, sind mir in diesem Moment herzlich egal. Noch ehe ich mich versehe, knallt ein Korken, wir stoßen an, und ich bin so unendlich und lächerlich glücklich, dass ich es niemals irgendjemandem beschreiben könnte.

Bald zeigt sich auch beruflich endlich ein Quäntchen Glück: Während ich bei Warner den Tür- und Telefondienst am Empfang verrichte und mich erneut verzweifelt durch die Stellenanzeigen im Internet scrolle, kommt eines Tages Katrin, die Assistentin des Marketing Directors, vorbei.

»Kannst du mir bei etwas helfen? Da könnten auch ein paar Extrastunden für dich rausspringen.« Sie weiß, dass ich einen Job suche und knapp bei Kasse bin.

»Na klar. Was brauchst du?« Ich schließe die deprimierenden Suchfenster und widme mich ihren Ausführungen.

Sie ist unter anderem für die Organisation der Filmpremieren zuständig und möchte, dass ich sie beim Versand der Einladungen für das nächste Event unterstütze.

»Bin dabei!«

Von nun an halte ich meine Ohren offen und bin sofort da, wenn Extra-Jobs verteilt werden. Unserer Haushaltskasse tut das gut. Genau wie die Nachtschichten, die Carsten nun wirklich jedes Wochenende im Hafen schiebt.

»Und du hast sie wirklich gefragt, ob sie in der Wohnung ihre Schuhe ausziehen kann?«, frage ich Carsten ungläubig.

Unsere Traumwohnung hat einen Wermutstropfen: Sie ist sehr hellhörig. Gelegentliche Gesprächsfetzen unserer Nachbarn sind nicht so das Problem. Aber über uns wohnt die Frau mit dem lautesten Gang der Welt, die noch dazu ein Faible für Stöckelschuhe hat …

»Und wie hat sie reagiert?«

»Sie hat mich gefragt, warum. Da habe ich gesagt, dass es hier im Haus sehr hellhörig ist, ich ständig wechselnde Schichten habe und dass es sehr nett wäre, wenn sie etwas Rücksicht nehmen könnte.«

»Und was hat sie da gesagt?«

»Ja, mal sehen …«

»Mehr nicht?«

»Nein. Das war alles.«

Mit einem ohnmächtigen Wutgefühl im Bauch tagträume ich Ally-McBeal-like, wie ich unsere Musikboxen umgekehrt an die Decke schraube, um Punkt drei Uhr in der Nacht Carstens »Best of Hardcore Metal«-Playlist in ohrenbetäubender Lautstärke zum Besten gebe und Madame »Mal sehen« mit elektrisiertem Haar aus dem Bett fällt.

Kaffee mit Käuzchen

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