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Birthday Bliss

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An meinem Geburtstag machen wir einen Ausflug an die Elbe. Als ich Carsten gestehe, dass ich noch nie hier war, lacht er.

Für meinen Geschmack und meine Schuhe laufen wir viel zu lange durch Gestrüpp und Sand. Ich habe mich ja schon daran gewöhnt, dass mein Freund jemand ist, der eine Wanderung durch die menschenleere Heide schöner findet als einen Brunch in einem schicken Café. Einer, der lieber, wie er es nennt, vernünftige Wanderstiefel für einen Ausflug anzieht als modische Schläppchen. Aber Funktionskleidung ist ein ganz anderes Kapitel. So weit sind wir noch lange nicht. Und werden wir auch nie sein.

Langsam werde ich wütend. Hätte ich gewusst, dass ich meinen Geburtstag damit verbringe, meine neuen Sandaletten zu ruinieren und schwitzend durch den Sand zu traben, hätte ich mich nicht auf das Elbe-Abenteuer eingelassen. Es wird später ewig dauern, bis wir wieder beim Auto sind.

»Jetzt sind wir da.« Carsten zeigt stolz auf eine kleine Ausbuchtung direkt am Wasser, die versteckt hinter Büschen liegt.

»Wow. Hier ist es wirklich total schön. Und so romantisch. Der Fußmarsch hat sich mehr als gelohnt«, flöte ich und bin wirklich begeistert.

Carsten breitet ein Handtuch auf dem Ministrand aus, und wir stoßen mit dem mitgebrachten, eisgekühlten Sekt auf meinen Geburtstag an. Ich lege mich hin und fange an, mich zu entspannen.

Als ich gerade eingedöst bin, wache ich von einem seltsamen Summen auf. Zunächst kann ich das Geräusch nicht zuordnen, aber dann sehe ich eine Frau mit wallenden Gewändern und wallendem Haar, die sich auf einem Baumstamm nur einige Meter entfernt von uns niedergelassen hat. Und die sich anscheinend dazu entschlossen hat, ihre Umwelt mit ihrem leiernden und gleichzeitig pathetischen Gesang zu beglücken.

Carsten ist ebenfalls aufgewacht, und wir schauen uns ungläubig an. Nun sind wir so weit gelaufen, um einen Platz nur für uns zu finden, und sind jetzt doch gezwungen, entweder zu gehen oder den Gesängen einer leibhaftigen Druidin zu lauschen.

Wir packen unsere Sachen ein und finden einen Kilometer weiter eine andere schöne Stelle, an der wir uns ausbreiten. Hoffentlich dürfen wir hier ein bisschen für uns sein.

Die Sonne ist immer noch warm, und das angenehm schwappende Wellengeräusch der Elbe lullt mich ein. Arm in Arm schauen wir auf das Wasser.

All I ever wanted, all I ever needed is here in my arms.

Vor meinem Trip nach Australien hatten Wanderungen, Camping, Segeln und Sterne beobachten ganz und gar nicht zu meinem Leben gehört. Die Sommer verbrachte meine Familie immer auf Sylt, und wenn ich allein verreiste, konzentrierte ich mich auf Städtetrips mit Kulturprogramm. Erst in Down Under wurde mir die Kraft und Weite der Natur bewusst, und sie gefiel mir. Wohlgemerkt ohne Funktionskleidung! Ich habe mir nie vorstellen können, mit einem Naturburschen zusammen zu sein, aber jetzt gefällt mir auch das.

Langsam wird es Abend. Die Welt ist weich. Carsten entzündet ein Feuer.

»Darf man das hier überhaupt?«, frage ich ängstlich und denke, dass bestimmt gleich die Polizei kommt und uns verhaftet. Stattdessen kommen zwei betrunkene Landstreicher vorbei, die sich, ohne zu fragen, zu uns setzen und uns vollschwafeln.

Zum zweiten Mal an diesem Tag beschließen wir zu gehen. Und doch hinterlässt dieser so ganz andere Geburtstag in der Natur einen unauslöschlichen Eindruck bei mir.

Katrin ist schwanger. Sie sucht eine Vertretung für ihre Elternzeit. Im Vorübergehen fragt sie: »Hast du Lust?«, als würde es wieder um das Schreiben von Premiereneinladungen gehen.

»Äh. Jaha.«

Die Stelle wird aber auch extern ausgeschrieben. Ich muss mich also ganz normal in den Bewerbungsprozess einreihen.

Einige Tage später bekomme ich eine offizielle Mail mit einem Terminvorschlag für ein Vorstellungsgespräch mit meinem potenziellen Vorgesetzten und der Personalmanagerin.

Oh Gott, oh Gott, oh Gott. Ich bin ja jetzt schon völlig aufgeregt. Wie soll das erst bei diesem Gespräch werden?!

An besagtem Tag arbeite ich am Empfang. Ich habe anscheinend als Letzte mein Bewerbungsgespräch, denn ich muss erst einmal meine Konkurrentinnen begrüßen und bei der Personalabteilung anmelden. Am liebsten würde ich sie wieder wegschicken. Sie sehen alle älter aus als ich. Reifer. Erfahrener. Besser ausgebildet.

Ich versuche, mich nicht verrückt zu machen, und stelle konzentriert die Anrufe durch.

Dann bin ich dran. Meine Knie schlottern, als ich zum Konferenzraum laufe, in dem das Gespräch stattfindet.

»Es ist nur eine Unterhaltung. Nur eine Unterhaltung«, rede ich mir gut zu und versuche, den Kloß hinunterzuschlucken, der meinen Hals blockiert.

Als ich erst einmal sitze, geht alles besser. Ich stelle gute Fragen und antworte adäquat teils ernsthaft, teils humorvoll, was gut anzukommen scheint.

Dann ist das Gespräch schneller zu Ende, als ich dachte, und ich werde mit den Worten »Vielen Dank, Franziska. Wir melden uns« verabschiedet.

»Franziska?« Steffi aus der Personalabteilung ist am Telefon.

»Thomas hat sich für dich entschieden. Also, wenn du möchtest, wirst du ab dem 1. seine Assistentin sein.«

Was für eine Frage!

»Ja, ich möchte! Sehr gern sogar!«

Ich habe den Job!! Meinen allerersten, richtig gut bezahlten Job, und den auch noch in der Filmbranche!! Das muss gefeiert werden! Und in unserer »Bald sind wir reich«-Euphorie machen Carsten und ich bei Zehn-Grad-Hamburger-Nieselwetter eine Hafenrundfahrt, essen dabei tonnenweise Streuselkuchen mit Sahne und laden am Abend alle, die wir kennen, zu uns nach Hause ein, um in unserer unmöblierten Wohnung auf dem Fußboden sitzend eine Flasche Sekt nach der anderen zu köpfen.

»Christian! Christian – here! Please, Christian!«

Ich mache den Fehler, zu den schreienden Fotografen zu schauen, und blicke direkt in das Blitzlichtgewitter, das mich mehrere Sekunden erblinden lässt.

Christian Bale scheint das Problem nicht zu haben und lächelt freundlich in alle Richtungen. Ich finde allein schon die Scheinwerferbeleuchtung irre grell. Hunderte Fans und Schaulustige haben sich an der Absperrung zum roten Teppich versammelt. Die Geräuschkulisse ist ohrenbetäubend. Einige Meter weiter steht das Batmobil aus Batman Begins, der heute hier promotet wird.

Dass ich hier bin, ist völlig unwirklich. Meine erste Blockbuster-Premiere. Ich bin Adrenalin.

»Also, haben Sie jetzt ein Ticket für mich oder nicht?«

Ich mache beim Einlass den Trouble-Counter: Zu mir kommen die Gäste, die kein Ticket bekommen, die es verloren oder vergessen oder die sich noch auf den letzten Drücker überlegt haben, dass sie doch gern dabei sein würden, obwohl sie nicht zugesagt haben.

»Sie stehen gar nicht auf der Einladungsliste. Es tut mir leid, aber ich kann Sie leider nicht reinlassen.«

»Wissen Sie denn gar nicht, wer ich bin?« Die aufgebrezelte Lady, die da vor mir steht, will sich nicht so schnell abwimmeln lassen, und ich bekomme einen Schreck. Ist sie vielleicht doch wichtig?

»Doch, Sie haben mir ja Ihren Namen gesagt. Aber wir haben Sie gar nicht eingeladen. Sie stehen nicht auf der Liste.«

Das hört sich jetzt ja wirklich an wie im Film. Die Dame zieht beleidigt ab, und schon steht der nächste Gast vor mir. Er ist auf der Liste.

Nachdem alle Gäste im Kino sind, erlaube ich mir, durchzuatmen. Das erste Mal seit drei Tagen, so fühlt es sich zumindest an.

Ich konnte immer schon gut organisieren, aber hier den Überblick zu behalten … Das ist vielleicht doch eine Nummer zu groß für mich. Bis jetzt hat aber alles geklappt. Natürlich auch, weil die Eventagentur, mit der wir zusammenarbeiten, einfach toll ist. Nun folgt noch die Party, und wenn da auch alles wie am Schnürchen läuft, vor allem im VIP-Bereich, und die Schauspieler und die Führungsetage happy sind – dann bin ich es auch. Und erleichtert.

Vielleicht werde ich dann doch nicht gleich wieder gefeuert. Denn diese neue Angst begleitet mich, seit ich den Job angetreten habe, wie ein sehr treuer, aber nicht besonders netter Freund.

Kaffee mit Käuzchen

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