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Der Laden

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»Wo habt ihr denn diesen wunderschönen Tisch gekauft?« Meine Freundin Monika zeigt auf unseren Couchtisch, einen Kubus aus weiß lackiertem MDF mit einer eingelassenen, von innen beleuchteten matten Glasplatte.

»Den hat Carsten gebaut. So wie die Sitzelemente und die Regale auch«, erwidere ich stolz.

»Mensch, das sieht alles wirklich toll aus. Habt Ihr euch schon einmal überlegt, solche Sachen auch zu verkaufen?«

Tatsächlich haben wir wirklich schon darüber nachgedacht. In letzter Zeit sogar ziemlich oft. Und besonders intensiv, seit ich eines Nachts erwachte und Carstens Bettdecke an den Beinen blutdurchtränkt war. Im ersten Moment dachte ich, ich würde träumen. Völlig aufgelöst schlug ich die Decke zurück. Sein Unterschenkel war mit einer dicken Bandage verbunden, die das Blut aber nicht richtig stoppen konnte.

Ich erschrak fürchterlich, rüttelte Carsten vorsichtig wach, bis er mir schlaftrunken berichten konnte, dass er auf einem Schiff in eine Luke gefallen war, die jemand nicht ordnungsgemäß verschlossen hatte. Dabei hatte sich ein Eisenstab in sein Schienbein gebohrt, aber, wie er sagte, glücklicherweise nicht durch den Knochen.

Ich war schockiert. Wir hatten schon öfter darüber gesprochen, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen, aber mit diesem Unfall ist die Idee für mich ganz dringlich geworden. Ich will nicht, dass Carsten weiter diesen Gefahren im Hafen ausgesetzt ist.

Das alles erzähle ich Monika und schließe mit: »Also ja, wir haben schon einmal darüber nachgedacht, die Sachen auch zu verkaufen. Und zwar in einem eigenen Laden.«

Ein halbes Jahr später haben wir die Renovierungsarbeiten in unseren Geschäftsräumen endlich abgeschlossen. Die Möbel sind gebaut, die Wohnaccessoires, die Zeitschriften, CDs dazu gekauft, und wir können unseren Concept Store einrichten. Wird auch Zeit, denn in wenigen Tagen ist die Eröffnung geplant.

Mir geht es nicht gut. Ich bin noch nervöser als vor der größten Premiere, die ich bisher betreut habe. Wie konnte ich mich nur darauf einlassen. Ein Laden mit so vielen finanziellen und zeitlichen Verbindlichkeiten. Und die viele Arbeit neben meinem regulären Job, der mich schon sehr beansprucht und stresst.

Ich bin mir nicht mehr so sicher, ob das eine gute Idee war, und habe noch Caros mahnende Stimme in meinem Ohr: »Habt ihr euch das denn auch wirklich gut überlegt? So ein Laden, das ist ein ganz schöner Schritt.« Mit einem Schulterzucken hatte ich ihre Bedenken weggewischt, die mich jetzt wieder einholen.

»Meinst du wirklich, wir werden hiermit erfolgreich sein?«

Ich könnte es Carsten nicht verdenken, wenn er jetzt genervt wäre. Die Frage habe ich ihm in den letzten zwei Monaten schließlich schon hundertmal gestellt.

»Ich hab mir schon gedacht, dass du kurz vor der Eröffnung noch mal kalte Füße kriegst. Mach dir keine Sorgen. Das wird total super.«

Dieser unerschütterliche Optimismus macht mich manchmal – und besonders auch in diesem Moment – wahnsinnig. Er ist immer so. Immer. Für ihn ist immer alles »Sonnenschein«, und ich habe das Gefühl, der Miesepeter zu sein. Irgendwie ist das ungerecht. Wenn der eine immer nur positiv ist, muss der andere ja zwangsläufig die Rolle des Bedenkenträgers übernehmen. Ich bin genervt. Aber wenn ich ehrlich bin, eher von mir als von Carsten.

Meine kalten Füße sind wieder warm. Die Ladeneröffnung ist ein voller Erfolg. Wir verkaufen einen Couchtisch, bekommen zwei Aufträge für Wandlampen, und die schönen gepunkteten Schalen aus Frankreich werden uns aus den Händen gerissen. Mir ist schon klar, dass das nicht jeden Tag so sein wird, aber ich bin doch sehr erleichtert.

Kurz nach der Ladeneröffnung wird jedoch Schwamm in der Bausubstanz unseres Wohnhauses gefunden. Wenige Tage später beginnen die Bauarbeiten von nun an jeden Morgen um sieben Uhr. Wenn der Lärm der Maschinen endet, beginnen oben die Stöckelschuhe auf unseren Nerven herumzutänzeln, unter uns können wir das Fernsehprogramm mitverfolgen, und im Badezimmer hören wir die Gespräche der WG von nebenan.

Die permanente Geräuschkulisse, der Laden, die Arbeit – unsere Nerven liegen blank.

»Haben Sie denn eine Ahnung, wie lange das noch dauern wird?«

»Das kann ich Ihnen leider nicht sagen, aber ich fürchte, es wird eine längerfristige Geschichte.« Wenigstens ist unser Vermieter ehrlich.

Zurück auf dem Sofa schreit Carsten gegen den Lärm des Presslufthammers an: »Ich denke, wir sollten darüber nachdenken, umzuziehen.«

Carsten kann sich nicht vorstellen, unter diesen Umständen weiter hier zu wohnen. Und wenn ich ehrlich bin, ich auch nicht, obwohl ich sehr an unserem Zuhause hänge. Doch ich sehe ein, dass es keinen Sinn macht, weiter daran festzuhalten.

Dieses Mal ist es einfacher, etwas Passendes zu finden. In Winterhude haben wir Glück. Ein Loft direkt unterm Dach mit viel Licht. Ein riesiger, großzügiger Raum, ein extra Zimmer, Bad und Küche.

Kurz nach unserem Einzug komme ich von einer Woche Berlinale wieder nach Hause, und Carsten hat in Absprache mit dem Vermieter kurzerhand einen Durchbruch von der Küche zum Wohnraum gemacht. Eine Wahnsinnsüberraschung, und ich habe keine Ahnung, wann er das geschafft hat. Da, wo die Wand war, ist jetzt ein Tresen. Nun ist die Wohnung ganz und gar nach meinem Geschmack.

Kaffee mit Käuzchen

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