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Anteil nehmen und Anteil geben – sich öffnen und mitteilen
ОглавлениеPaulus und seine Mitarbeiter erinnern die junge Gemeinde in Thessaloniki an ihre Erstbegegnung. »Wir […] waren bereit, euch nicht allein am Evangelium teilzugeben, sondern auch an unserem Leben, denn wir hatten euch liebgewonnen« (1Thess 2,8).
Weitersagen kostet uns mehr als nur ein paar Worte. Es gilt, in zugewandter Haltung teilzunehmen an den Freuden und Nöten, den Erfolgen und Enttäuschungen der anderen. Da ist Zeit zu investieren, da sind Wege und Umwege mitzugehen. Das Wort Jesu von der zweiten Meile (Mt 5,41) gilt hier im Besonderen. Bevor wir mit unserem Anliegen ein ernsthaftes Gespräch erwarten können, müssen wir ein offenes Herz und Ohr haben für die bedrängenden und erfreulichen Erfahrungen der anderen. In der amerikanischen Jugendarbeit von Young Life (YL) gilt der Leitsatz: »To win the right to be heard« (Wir müssen erst das Recht(!) gewinnen, selber gehört zu werden).
Wir sagen oft zu schnell: »Die wollen ja nichts vom Evangelium wissen. Die haben überhaupt kein Interesse!« Könnte es sein, dass sie deshalb kein Interesse haben, weil wir kein Interesse an ihrem Erleben und Erleiden haben?
Paulus schreibt: »Wir haben euch teilgegeben an unserem Leben!« Unsere Gesprächspartner wollen wissen, wie das Evangelium in unserem Leben Gestalt gewonnen, wie es uns geprägt, verändert, durch Höhen und Tiefen getragen hat. »Erzähl mir, was du mit dem Evangelium erfahren hast, wie du Anfechtungen und Versagen durchgestanden und bewältigt hast, wie du nach Niederlagen wieder aufgestanden bist, woher und wie du Mut zum Weitermachen bekommen hast!« Es geht nicht um die Weitergabe von Lehrformeln, von richtigen Glaubenssätzen, sondern vorrangig um das Weitergeben von Leben, es geht um das Mitteilen und Teilgeben von Glaubens- und Lebenserfahrungen, Krisen und Zweifeln und dem »Dennoch« des Glaubens. Wenn wir uns selber öffnen, gerade auch den Vollzug des Glaubens bei uns sehen lassen, können wir hoffen, dass sich auch die anderen öffnen, aufmerksam und gespannt etwas von unserem Leben in und mit Christus wissen wollen. Die Idee ist, sich gegenseitig zu öffnen – und zwar auf Augenhöhe!