Читать книгу Die Wahrheit ist immer anders - Friedrich von Bonin - Страница 19
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Wie vermisste ich jetzt meinen Großvater, seine freundliche Art. Wieder saß ich in meinem Zimmer und entging der Gegenwart, der Anklage und zog mich zurück in die Erinnerung an ihn. Ich sah fast körperlich sein lächelndes Gesicht mit den neugierigen Augen auf mir ruhen, ich fühlte seine mitleidende Art. So hatte er mich angesehen, wenn ich mir das Knie aufgeschlagen hatte bei dem Versuch, auf dem Fahrrad fahren zu lernen. Erst hatte er mir Jod auf das Knie getupft, es brannte furchtbar, dann ein Pflaster darauf geklebt und dann mir Geschichten erzählt, „von früher“, wie wir sie nannten.
„Ja weißt du“, setzte er die begonnene Erzählung fort, „ich habe dann Andrea geheiratet, deine Großmutter. Kathrin, deine Großtante, hat sie erst etwas misstrauisch angesehen, sie wollte ihr ja den Bruder wegnehmen, aber Andrea hat sie sofort in ihr Herz geschlossen. Wir alle haben nach der Heirat in dieser Villa gewohnt, die damals etwas heruntergekommen war, nicht so gepflegt wie heute, aber wir haben uns wohl gefühlt. Anni hat, das muss 1923 gewesen sein, eine Stellung in München gefunden und uns verlassen. Wir waren damals sehr traurig, aber ich konnte mit meinem Verdienst als Maurer mein und Kathrins Studium finanzieren und als wir, Andrea und ich, die beiden Examen hatten, das war 1925, haben wir geheiratet.