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Teilung zwischen Hand- und Kopfarbeit

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Die Umstände, die das Bewusstsein trüben und täuschen können, hängen Marx zufolge engstens mit dem Grad und der Art der Arbeitsteilung in der Gesellschaft zusammen. Solange es sich bei der Arbeitsteilung um die zwischen Bauern und Schustern handelt, also um alltagsnahe, materielle Arbeit, bleibt im Bewusstsein der Bauern und Schuster der gesellschaftliche Charakter ihrer täglichen Praxis, vor allem ihre wechselseitige Angewiesenheit, lebendig. Der Schuster zog vielleicht von Hof zu Hof und fragte, wie heute noch manchmal die Scherenschleifer, ob es etwas zu reparieren gebe oder gar neue Schuhe benötigt würden. Der Großvater des Bauern hatte diese Arbeit vielleicht noch selbst gemacht, so dass alles, was mit der Teilung der Arbeit und der Spezialisierung der Fertigkeiten zu tun hat, für alle Beteiligten offensichtlich war. Problematisch wurde die Arbeitsteilung von dem Punkt an, so Marx, als sich die geistige Arbeit von der materiellen ablöste. Das ist der Fall, wenn ein Teil der Gesellschaft nur für die materielle Produktion zuständig ist, der andere für das „Geistige“ – die Planung und Leitung. Marx nennt diese besondere Form der Arbeitsteilung die „wirkliche“. Materielle Voraussetzung für sie ist die Existenz eines Mehrprodukts: Die Produktivität muss so weit entwickelt sein, dass nicht nur das materielle Überleben aller gesichert ist, sondern darüber hinaus ein Überschuss an Lebensmitteln vorhanden ist, der es ermöglicht, einige Gesellschaftsmitglieder |23|– Priester, Verwalter, Forscher, Manager – von der materiellen Produktion freizustellen. Sie sind dann allein für die Planung und Leitung der Produktion zuständig.

Sobald diese Stufe der Arbeitsteilung erreicht ist, verändert sich das Verhältnis von Sein und Bewusstsein entscheidend: Das Bewusstsein vom gesellschaftlichen Charakter der materiellen Tätigkeiten kann verloren gehen. Einerseits können jene Menschen, die mit ausführenden Tätigkeiten befasst sind, diese nur mehr als ihre Privatangelegenheit betrachten. Sie machen ihren Job und wollen dafür gutes Geld, mehr interessiert sie nicht. Andererseits kann bei den Planern und Leitern der Produktion das Bewusstsein von den materiellen Zusammenhängen ihrer Tätigkeit verschwinden. Ihnen kommt es nur darauf an, dass alles funktioniert, dass das Verhältnis von Aufwand und Ertrag beständig optimiert wird. Was das für die arbeitenden Menschen bedeutet, interessiert sie nur sehr begrenzt. Diese gesellschaftliche Spaltung zeigt sich spiegelbildlich: „Die da oben“ seien „reine Theoretiker“, die von der „wirklichen Praxis“ keine Ahnung hätten – und „die da unten“ seien nicht fähig, „selbst Verantwortung zu übernehmen“, sie bräuchten einfach eine „klare Führung“. Je mehr in Wirtschaft und Gesellschaft die materiellen und geistigen Tätigkeiten getrennt sind, desto größer ist also die Gefahr, dass auch im Bewusstsein ihr Zusammenhang nicht mehr hergestellt wird. Das hat eine doppelte Konsequenz: Der materielle Produktionsprozess bleibt geistig unverstanden, stellt sich ohne Bewusstsein her, und das Bewusstsein kann sich einbilden, etwas anderes als das „bewusste Sein“ zu sein. Dies ist die Geburtsstunde der „Entfremdung“ des Menschen, die Marx in mehreren seiner z.T. späteren Schriften genauer untersucht hat (vgl. Kapitel 3 und 5).

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