Читать книгу Wo Marx Recht hat - Fritz Reheis - Страница 7
|13|1. Kapitel Himmel und Erde
ОглавлениеEine „ernsthafte Depression“ sei „außerhalb des Bereiches des Möglichen“, verkündete die renommierte Harvard Economic Society im November 1929.1 Ein Jahr später lag die Wirtschaft der gesamten westlichen Welt am Boden. Sie hätten ihre Finanzgeschäfte im Einzelnen selbst gar nicht verstanden, bekannten die Chefs der Deutschen Industriebank (IKB) im September 2008.2 Kurz davor waren milliardenschwere Löcher aufgetaucht, die Bank musste durch staatliche Hilfe gerettet werden. Sie seien „schlecht darin, Dinge vorauszusagen“, sie seien keine Propheten, antwortete der Nobelpreisträger der Wirtschaftswissenschaften Robert Solow auf die Frage, ob er sich angesichts der katastrophalen Entwicklung der Wirtschaft nicht manchmal für seinen Beruf schäme.3 Wirtschaftswissenschaftler seien nur „Klempner“, so der Nobelpreisträger weiter, und von einem Klempner erwarte man auch keine Vorhersage, wann die Toilette zusammenbreche. Er solle sie reparieren.
An welchem Wissen orientieren sich die Praktiker der Wirtschaft eigentlich? Bei der Praxis des Sanitärhandwerks ist es klar. Klempner müssen einiges über Physik und Chemie gelernt haben, über Verfahrenstechniken und Materialeigenschaften, wenn ihre Praxis erfolgreich sein soll. Aber welchem Wissen über Wirtschaft und Gesellschaft können sich Manager und Politiker anvertrauen? Auf welchem Weg ist jenes Wissen eigentlich gewonnen worden und wann führt ein Weg statt zur Erkenntnis zur Täuschung? In diesem Kapitel wird der Leser zunächst kurz mit einigen grundsätzlichen Schwierigkeiten der Suche nach Erkenntnis konfrontiert, ehe er die Marx’sche Antwort auf die zugrunde liegende erkenntnisphilosophische4 Frage kennen lernt. Die Provokation des jungen Marx, so wird sich zeigen, bestand darin, der gesamten Denkerzunft seiner Zeit vorzuwerfen, sie würde einer fundamentalen Täuschung aufsitzen, die auf einem falschen Weg bei der Suche nach Wahrheit beruhe.