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Vorwort IN KLEINEN SCHRITTEN UM DIE WELT

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Jeden Tag erreichen mich zahlreiche Mails von Müttern und Vätern, die davon träumen, ihrem Nachwuchs die weite Welt zu zeigen. Oft haben diese Eltern etwas gemeinsam – ihnen fehlt noch der Mut. Oder besser gesagt: der ausschlaggebende Impuls, der sie ihrem Familienurlaub näherbringt. Wie schön, wenn ich ihnen bei der Entscheidungsfindung zur Seite stehen darf. Ich erzähle dann von meinen eigenen Reiseerlebnissen, wie ich in unterschiedlichen Situationen gehandelt habe, und freue mich, wenn sie sich durch mich motiviert und in ihrem Vorhaben bestätigt fühlen. Jedoch ist mein eigentliches Anliegen, ihnen zu zeigen, dass Reisen mit Kindern nicht nur möglich, sondern ein besonderes Abenteuer sind. Man muss sich nur trauen und den ersten Schritt wagen. Der Rest ergibt sich mit ein wenig Willenskraft, Erfahrung und System von selbst.

Mein fast fünfjähriger Sohn und ich haben gemeinsam 35 Länder bereist, sind 73-mal geflogen, und Dante hat 64 Stempel in seinem Reisepass gesammelt. Und es sollen noch viele weitere folgen. Bis zur Einschulung im Sommer 2021 wollen wir unsere kostbare Flexibilität nutzen und so viel wie möglich reisen.

Ich muss allerdings zugeben, dass mir nicht immer klar war, dass mein Kind und ich irgendwann um die Welt reisen werden. Noch dazu als Backpacker in die unterschiedlichsten Länder: Indonesien, Malaysia, Lettland, Bulgarien, Kambodscha, Sri Lanka, Kolumbien, Nicaragua, El Salvador, Guatemala, Belize, Georgien, Rumänien, Myanmar, Laos, Albanien, Kosovo, Peru, Bolivien, Paraguay, ... Oh, klingt das schön! Fast wie ein Traum! Und ich bin ehrlich mit dir: Ich hätte vor meinem eigenen Mutterdasein nie gedacht, dass diese Länder mit einem Kind möglich wären. Überhaupt war ich davon ausgegangen, dass meine wilde Reisezeit mit der Geburt meines Sohnes für viele Jahre vorbei sei. Ich hatte mich schon die kommenden zwei Jahrzehnte als Stammgast in einer Ferienwohnung an der Ostsee oder im Pauschalurlaub auf Mallorca gesehen – auch schön, aber halt nicht meine präferierte Reiseart. Jedoch hatte ich damals die Rechnung ohne meinen kleinen Weltenbummler gemacht. Mit jeder Reise bewies mir Dante nämlich, was für ein wundervolles Abenteuer es ist, Hand in Hand mit meinem Kind in kleinen Schritten um die Welt zu reisen. Und zwar (fast) überallhin!

Allerdings muss ich an dieser Stelle auch gestehen, dass meine erste Kurzreise mit Kind der blanke Horror war. Mit meinem damals vier-monatigen Baby bin ich nämlich allein Zug gefahren. Von Hamburg bis nach Freiberg in Sachsen mit zweimal Umsteigen, noch dazu mit Gepäck und einem überdimensionalen Kinderwagen. Mir ging so was von die Pumpe. Ich war nassgeschwitzt und am Ende meiner Nerven. Deswegen hatte ich mir damals geschworen, nie wieder zu verreisen.

Wie gut, dass ich mich bereits ein paar Monate später nicht mehr an meinen eigenen Schwur erinnern konnte. Meine unbändige Reiselust war einfach zu groß. So wagte ich während meiner Elternzeit die nächsten Reisen. Diesmal weiter weg. Zuerst gemeinsam mit meinem Mann Lars nach Indonesien, und danach machte ich mit einer wildfremden Mama einen Roadtrip durch Malaysia. Anschließend sollte es wieder zurück an meinen alten Arbeitsplatz gehen. Mit 25 Tagen Urlaub im Jahr! Doch mein Chef hatte andere Pläne. Ich kam in diesen nicht vor.

Rückblickend betrachtet, war meine Kündigung das große Los. Ich fand mein neues berufliches Glück als freiberufliche Journalistin, Content- Marketing-Managerin und Autorin und gewann etwas Kostbares dazu: Zeit, Flexibilität und Freiheit. Immer wieder konnte ich meinen Rucksack packen und mit Dante die Welt erkunden. Meistens nur wir beide, da mein Mann uns aus beruflichen Gründen nur selten begleiten konnte.

Für mich ist das Reisen mit meinem Kind mittlerweile das Normalste der Welt. Oft dauert es eine Weile, wenn ich irgendwo da draußen auf einer Safari, im Dschungel, in einem vollgestopften mittelamerikanischen Chicken-Bus, auf einer abgelegenen Insel, im Museum, Tempel oder in der Wüste jemandem begegne, der mich verwundert anstarrt. Kurz grübele ich dann, ob ich vielleicht schmutzig im Gesicht bin, doch dann fällt es mir wieder ein. Für viele Menschen ist es einfach nur ungewöhnlich, ausgerechnet hier eine Mama mit ihrem Kind anzutreffen. In der Ferne. Und noch dazu ohne Mann!

»Ach, alles nur halb so wild«, winke ich dann ab. »Ist fast wie zu Hause, nur halt unter Palmen.« Denn mal unter uns: Die (abgesehen vom Gepäck) größten Herausforderungen, denen ich mich auf Reisen stellen muss, kenne ich auch von daheim. Im tropischen Paradies wird ebenso rumgemotzt, das Essen ausgespuckt, gekreischt, der Schlaf verweigert oder gleich ganz gestreikt. Auch im Urlaub müssen Windeln gewechselt, der Schnuller oder das Schnuffeltuch gesucht und Tränen getrocknet werden. Und nur weil man weit weg vom trauten Heim ist, bedeutet das nicht, dass die eigenwilligen Trotzphasen nicht mitreisen. Also fast alles wie zu Hause – nur in einer exotischen Umgebung, meist entspannter Atmosphäre und mit ordentlich viel Gepäck.

Viele Menschen, mit denen ich mich austausche, bewundern immer wieder meinen großen Mut – und gehen davon aus, dass ich perfekt organisiert bin. Sie irren! Ich bin weder besonders mutig noch perfekt organisiert. Allerdings bin ich mittlerweile routiniert und weiß, was auf einer Reise mit Kind besonders wichtig ist. Du solltest

dich im Vorfeld nicht verrückt machen

+ dich mit der Reiseart und dem Land,

für das du dich entscheidest, wohlfühlen

+ die eigene Angst zu Hause lassen

(denn Angst ist ein schlechter Reisebegleiter)

+ stattdessen auf dein Bauchgefühl hören

+ mit viel Respekt und allen Sinnen reisen

+ ruhig weiter atmen, wenn mal wieder nichts nach Plan läuft,

+ dir nach Möglichkeit viel Raum für Spontanität und Flexibilität lassen

= entspannte Familienreise.

Das ist meine Zauberformel fürs Reisen mit Kindern. Mit außergewöhnlichem Mut hat das nichts zu tun – und wenn du das Chaos in unseren Unterkünften oder meiner Handtasche sehen würdest, wüsstest du, dass man auch ohne perfekte Organisation mit einem Kind reisen kann. Mit ein bisschen Willenskraft, Erfahrung und System, die man sich Schritt für Schritt aneignet, ist (fast) alles möglich, und die ganze Welt steht einem offen – auch und vor allem mit Kindern!

Was dich im Folgenden erwartet? Statt dich mit Fakten und Infos zu den gängigen Themen wie Packen, Fliegen, Dokumente, Checklisten und Co. zu erschlagen (die findest du dann gebündelt im Anhang des Buchs), nehme ich dich mit auf unsere zahlreichen Reisen durch nahe und ferne Länder und lasse dich hautnah teilhaben an unserem Leben als Mama und Sohn auf Reisen. Ich erzähle dir Geschichten von wundervollen Erlebnissen und unbezahlbaren Momenten unterwegs – und von Situationen, die einfach nicht so schön waren. Denn auch die Schattenseiten gehören zum großen Abenteuer mit dazu. In 14 Kapiteln findest du eine Menge Tipps, die mein Sohn und ich auf unseren gemeinsamen Reisen durch 35 Länder sammeln durften – und die ich jetzt gerne an dich weitergebe. Außerdem möchte ich vermitteln, was kleine Kinder eigentlich vom Reisen haben, was sie unterwegs lernen und wie ein Masterplan für den Notfall aussehen könnte. Dazwischen findest du Interviews mit anderen reisefreudigen Eltern, die von ihren eigenen Erfahrungen und Erlebnissen berichten. Kurz und gut: Dieses Buch soll Eltern, werdenden Eltern, Omas, Opas und anderen reisefreudigen Menschen Mut machen und aufzeigen, was alles möglich ist.

DAS GLEICHNIS VOM FAHRRADVERRÜCKTEN RENTNER

Am Ufer des Mekongs unterhielt ich mich mit einem englischen Rentner. Während Dante Steine in den Fluss warf, die Sonne am Horizont unterging und Fischerboote im gemächlichen Tempo an uns vorbeituckerten, erzählte er mir enthusiastisch von seiner Fahrradtour durch Thailand, Laos, Kambodscha und Vietnam. Vier Monate war er mit seinen rüstigen Kumpels insgesamt unterwegs, und gerade hatten sie die Hälfte ihrer Strecke auf dem Fahrradsattel hinter sich gebracht.

Mit einem Mountainbike bei brütender Hitze auf staubigen Schotterpisten voller Schlaglöcher unterwegs zu sein stellte ich mir mächtig anstrengend vor. Noch dazu in dem Alter! Und mit Gepäck! Das wäre nichts für mich, dachte ich. Doch seine Augen funkelten lebendig, als er mir von seiner Reise vorschwärmte.

Die Sonne war bereits untergegangen, und der abendliche Himmel über dem Mekong hatte sich in ein wunderschönes, knalliges Pink verwandelt, als mich der Rentner interessiert fragte: »Wie ist es denn, allein mit einem Kind zu reisen? Ich stelle mir das extrem strapaziös vor.«

Plötzlich musste ich laut lachen. Genau das Gleiche hatte ich doch gerade über seine Tour durch Südostasien gedacht. »Nicht anstrengender als euer verrückter Fahrradtrip«, entgegnete ich lapidar.

Daraufhin fing der Rentner ebenfalls an zu lachen. In seinen Augen sah ich, dass er mich verstanden hatte.

Wenn ich groß bin, werd' ich auch ein Machu Picchu

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