Читать книгу ChessPlanet - Edahcor's Geheimnis - Gabriella Gruber - Страница 27
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LAYLA
Ich starre auf meinen Notizblock. Heute habe ich zwar Lust, wieder etwas zu zeichnen, aber mir fällt überhaupt kein passendes Motiv ein.
Ich lasse mich auf mein Bett fallen und betrachte die hölzerne Decke und ihre prunkvollen Verzierungen, doch selbst diese schenken mir keine ausreichende Inspiration, die ich auf Papier festhalten kann.
Da im Moment wohl nicht meine kreativste Stunde ist, gebe ich das Überlegen auf, setze mich an die Bettkante und hole meine Gitarre raus. Ich singe ein Lied von einem Mädchen, das drei Wünsche einfordern darf, es aber nicht tut, weil sie bereits glücklich ist. Es klingt ein wenig melancholisch, ein solches Lied aus meinem Mund.
Wäre ich dieses Mädchen und hätte diese Wünsche frei, wäre mein erster Wunsch, dass ich nach draußen gehen und mit den anderen reden könnte. Mein zweiter Wunsch wäre, dass meine Mutter hier wäre. Meinen dritten Wunsch würde ich mir für schwere Zeiten aufheben.
Meine Gedanken schweifen zurück zu meiner Mutter. Angeblich ist sie ein paar Jahre nach meiner Geburt gestorben. Ich weiß nur, dass sie ein wundervoller Mensch war, der mich mehr als jeden anderen geliebt hat. Das hat mir mein Vater oft gesagt, wenn er nicht wieder so angsteinflößend und fremd zu mir war.
Ich habe überhaupt keine Ahnung, was in meiner Vergangenheit passiert ist. Den lieben langen Tag sitze ich immer nur in diesem Zimmer rum, lese, zeichne, spiele Gitarre oder starre Löcher in die Luft. Okay, ab und zu gehe ich in die Küche, um mir etwas zu essen zu holen, oder beschäftige mich mit Wanderungen durch das Haus, das ich inzwischen in- und auswendig kenne. So geht das schon, seit ich überhaupt denken kann.
Das Einzige, was mich immer wieder antreibt, ist die Hoffnung, dass sich das alles irgendwann einmal ändern könnte. Mit einer Erfindung, die mir erst noch einfallen muss.
Vor ein paar Tagen konnte ich wenigstens mal kurz raus gehen. Auch nur dank der großzügigen Phasen, die mein Vater so selten hat.
Ich erinnere mich noch an die braunen Augen, die mich hinter dem Busch entdeckt haben. Ob er sich auch an mich erinnert? Ob er noch an mich denkt?
Mein Magen knurrt. Ich stehe auf, lege mein Instrument auf mein Bett und gehe die Treppe hinunter zur Küche. In einem Regal ist noch eine angebrochene Tüte mit Chips. Ohne zu zögern, greife ich danach und schleiche wieder aus der Küche.
Vielleicht sollte meine Erfindung etwas sein, mit dem ich diese Fensterscheiben einschlagen kann? Immerhin hält mich ein Zauber davon ab, durch die Haustür zu fliehen. Vielleicht ist ja Springen die Lösung?
Ich gehe an einem großen Fenster vorbei, das mir die Sicht zu unserem See frei gibt, der weit in der Ferne still auf jemanden wartet, der ihn besucht.
Wieder kommen die Erinnerungen an den fremden Jungen zurück. Seine Augen gehen mir nicht mehr aus dem Kopf. Sie waren so sanft, so neugierig. So schön.
Ich wende mich ab.
Oder soll die Erfindung eine Art Dietrich sein, mit dem sich die Schlösser der versiegelten Türen hier öffnen lassen?
Ich lasse meine Hand behutsam über die goldenen Verzierungen auf dem Rahmen der großen braunen Tür streifen, die ich selten offen gesehen habe. Es ist die Portaltür, durch die mein Onkel uns manchmal besuchen kommt. Vielleicht ist bei ihm eine bessere Welt, ohne einen besitzergreifenden Vater?
Doch ein Frösteln bei dem Gedanken an den Ort hinter dem Portal lässt diese Idee zerplatzen.
Ich sehe mir die zwei goldenen Rauten, die jeweils eine der Türhälften verziert, genauer an. Sie reflektieren das Sonnenlicht, das durch eines der Fenster direkt in den Raum dringt. Mein Spiegelbild, das mich durch die glänzenden Rauten verschwommen anblickt, sorgt für eine Gänsehaut, die sich wie zarte Nadelstiche auf meinem Körper ausbreitet.
Nadelstiche. Spitze. Das ist es!
Schnell stopfe ich mir die Chips, die ich gerade aus der Tüte gefischt hatte, in den Mund und renne die Treppe nach oben in mein Zimmer.
Dort angekommen, zeichne ich Striche auf ein Blatt meines Zeichenblocks. Endlich habe ich sie: Die Sache, auf die ich schon so lange gewartet habe!
Voller Aufregung trenne ich das Blatt ab, angle mir noch eine Hand voll Chips, gehe aus meinem Zimmer und schließe die Tür hinter mir.