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FLUCHT BEDEUTET BRUCH MIT DER HEIMAT

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Ein echter Migrant ist ein Egoist, ein unverbesserlicher Narzisst. Er glaubt, dass er das Land, in dem er geboren ist, nicht verdient hat. Ein Land, so voller Armut, mit so wenig Zukunft, so viel Gewalt, so viel Verfall, so viel Schmutz, so viel Heuchelei, so wenig Liebe, das hat er nicht verdient. Aus diesen Gründen ist die Fremde seine erste Wahl.

Flucht bedeutet: der Migrant hat sich entschieden, mit dem Land, in dem er geboren ist, zu brechen. Und dieser Bruch wird ihn sein Leben lang begleiten. Er wird zum Quell all seiner Schuldgefühle und seiner Freiheit, seiner Verdrängung und seiner Verleugnung, seiner Erinnerung und seiner Sehnsucht, seines Vergessens und seiner Melancholie, seiner widerstreitenden Gefühle und seiner Schizophrenie. Erst wenn er es in der Fremde zu etwas gebracht hat, kann er sich wieder mit seinem Land versöhnen. Ist er dort aber erfolglos und bringt es zu nichts, dann verliert er jeden Halt, und der Bruch mit der Heimat wird für ihn ein Bruch mit der ganzen Welt, dem ganzen Universum. Er wird vorgeben, sein Herkunftsland übertrieben zu lieben, nur um sich an seiner neuen Heimat zu rächen: So fest hatte er doch daran geglaubt, dass sie ihm eine bessere Zukunft bescheren würde! Aber die hat sie ihm, so meint er, verweigert. Schließlich hatte er sich doch dieser neuen Heimat wegen seinem eigenen Land verweigert, hatte mehr an diese als an jenes geglaubt. »Und das allein soll nicht ausreichen, damit sich mir alle Türen weit öffnen?«, wundert er sich.

Unentbehrliches Handbuch zum Umgang mit Grenzen

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