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TAGE DER WAHRHEIT: EHRE ODER WORTBRUCH

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Wir waren nach den ganzen ICSIs im ersten Halbjahr 2010 noch mal zwei Wochen zur Erholung in den Urlaub gereist, aber die vergingen zu schnell und ich war wieder in der Wirklichkeit angekommen. Ich wollte nun das Besprochene mit den Kollegen in der Firma durchziehen und über die Bühne bringen. Mein Bauchgefühl sagte mir mal wieder, dass etwas nicht stimmte. Aber das war mir egal, ich war mir sicher, dass ich das Spiel besser könnte als die beiden.

Ich veranlasste sowohl die Erstellung der Unterlagen für die Aufhebung meines Vertrags als auch der Papiere zum Verkauf der Anteile. Meinen neuen Arbeitsvertrag ließ ich mir per E-Mail bestätigen. (Heute reicht mir auch nur ein Wort. So sollte das im Leben sein, wenn jeder sich an sein Wort hält, gibt es keine Probleme.) Tief in mir wusste ich wohl schon, dass sie ihr Wort nicht halten würden. Für den Fall der Fälle war da ja noch die eine Klausel in meinem Vorstandsvertrag – mit einer Abfindung, wenn der Vertrag nicht verlängert würde. Ziehen wollte ich die Klausel nicht, aber zur Not würde ich sie ziehen, wenn mein Partner tatsächlich nicht Wort halten sollte. Ich beschloss, es darauf ankommen zu lassen. Die Unterschriften liefen alle glatt, der Deal war unter Dach und Fach. Im September wollten wir dann meinen neuen Arbeitsvertrag als Vertriebsleiter schließen.

Meine Frau und ich fuhren im August noch mal in den Urlaub nach Miami, um die Sonne zu genießen, aber auch, um zu überlegen, ob wir dort nicht vielleicht sogar ein paar Jahre leben wollten. Unter Palmen am Strand mit einem Cocktail in der Hand – es gibt schlechtere Orte für eine Auszeit. Ich informierte mich, was eine für uns passende Immobilien kosten würde. Da die geplatzte Immobilienblase noch voll im Gange und der Immobilienmarkt in den USA zum Erliegen gekommen war, lag der Dollar bei 1,40 und die Preise für Immobilien waren im Keller. Der Floh in meinem Ohr, Geld in eine Immobilie zu stecken, wurde zu einer konkreten Idee:

a)Das Geld ist gut und sicher in einer Immobilie geparkt.

b)Ein Verlust bei diesem niedrigen Stand und guten Wechselkurs ist unwahrscheinlich.

c)Das Gefühl, sich so einen Traum zu erfüllen, ist unbezahlbar.

d)Reisen und Leben in fernen Ländern bildet.

e)Sonne und Spaß als Rendite reichen mir völlig aus, mehr brauch’ ich nicht.

Und wie es der Zufall so wollte, fanden wir in einem der Türme direkt am Strand eine schnuckelige kleine Neubauwohnung im 33. Stock für den Preis, den man auch für eine normale 3-Zimmer-Wohnung in Deutschland bezahlt. Sieben Pools am Deck im sechsten Stock, 2.000 qm Fitnessstudio, eigener Strand und in erster Meereslinie. Dafür bekam man schon damals in München nur eine 2-Zimmer-Wohnung mit Blick auf das Nachbarhaus.

Sich den Traum von einer Wohnung am Atlantik zu erfüllen wäre einfach nur geil. Doch vom Traum zum Albtraum ist es manchmal nur ein kurzer Weg: Im September stand ja der schriftlich ausgemachte Termin an, um meinen neuen Angestelltenvertrag als Vertriebsleiter zu unterschreiben. Zwei Tage vorher kam eine Mail (!) von meinem ehemaligen Partner, dass man künftig auf meine Dienste in der Firma verzichten werde, ich also nicht Vertriebsleiter werden würde. Dieses Verhalten haute mich um und verletzte mich tief. Ich war zwar darauf vorbereitet, aber dass sie mich so ausschalten wollten, hätte ich einfach nicht gedacht, warum auch? Wieder mal hatten mein gesunder Menschenverstand und mein Bauchgefühl recht behalten. Ich sollte einfach öfter daraufhören.

Das war bis dato mein größter beruflicher Erfolg und gleichzeitig meine schlimmste Erfahrung. Und ich lag ja sowieso schon nach dem Verlust unseres Kindes am Boden. Aber mich mit einem Wortbruch aus der eigenen Firma zu schmeißen war ein heftiges Erlebnis. Mir so das Messer in den Rücken zu stechen war eine bittere Pille, die ich noch Jahre mit mir herumtrug. Und dabei hatte ich ihnen meine Firmenanteile sogar nur zum reinen Kassenwert überlassen. Auf dem freien Markt hätte ich das X-Fache erlösen können.

Wer mich kennt, weiß, ich schmeiße nie den ersten Stein, sondern versuche immer, alles gütlich zu klären. Aber ich stoppe auch nicht nach einer Niederlage oder wenn ich erschöpft bin, sondern erst, wenn ich fertig bin. Und da war ja noch die Klausel aus meinem Vorstandsvertrag …

Gegen das Tabu

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