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NEUES JAHR UND NEUER SCHICKSALSSCHLAG

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Mit dem Gefühl eines guten zweiten Halbjahrs wollte ich ins neue Jahr 2014 starten und ich kann mich noch genau erinnern, es fühlte sich tatsächlich gut an, die ersten zwei Monate. Ich fand eine neue Idee für ein gutes Hobby und wollte aus einem Oldtimer einen straßenzugelassenen Rennwagen präparieren, damit meine Frau und ich damit Bergrennen fahren könnten. Gesagt, getan, nach gut vier Wochen fand ich eine Replik eines Ferrari 250 GTO in erbärmlichem Zustand, aber der Motor war gut. Ich plante das Projekt und stieß auch ein paar weitere Ideen an (ja, ich weiß, ich mache zu viel gleichzeitig).

Und dann klingelte eines Montags um 17 Uhr das Telefon und ich wusste schon, als ich die Nummer im Display sah, dass das nichts Gutes bedeuten würde. Woher dieses Gefühl auch kam, es lief nun wie in einem Film ab. Was hatte ich in den letzten Jahren nicht alles versucht, um Anja bei ihrem Kampf gegen den Krebs zu unterstützen. Bald hatte Anja Geburtstag und wünschte sich noch vor ein paar Wochen, dass wir unbedingt kommen und bei ihr auch übernachten sollten. Anja war, seitdem ich 18 Jahre alt war, meine beste Freundin. Wir hatten mit 18 Jahren eine Liebelei, aber das wurde schnell zu einer Top-Freundschaft. Nur leider kämpfte Anja seit nun mehr als acht Jahren gegen ihren Lungenkrebs, der auch streute – was für eine fiese Krankheit. Ich habe in den letzten Jahren bestimmt 40 Tage in der Klinik mit ihr verbracht, nach jeder Lungen-OP, und es waren zwischenzeitlich sieben. Sie hasste mich dafür, dass ich sie unangemeldet in dem Zustand direkt am nächsten Tag nach den OPs sah, aber gleichzeitig war sie froh, dass ich ihr Nein am Telefon nicht akzeptierte. Nach jeder Lungen-OP wurden die Narben mehr und diese Vorstellung belastete sie seelisch sehr.

Aber sie sagte nur: „Besser als sterben“. Ich kenne niemanden wie sie, sie hat das alles so tapfer ertragen. Unglaublich, wie sie das alles so positiv wegsteckte, und wie heftig, so was mitzuerleben. Sie hielt den Kopf immer oben, immer. Nur selten hat sie mal losgelassen und sich bei mir ausgeheult, jeder Moment mit ihr war lustig und locker. Sie rang mir einige Monate vor ihrem Tod das Versprechen ab, dass ich ein Auge auf ihren Bruder und meinen guten Freund haben sollte. „Mach ich, wenn du mit 100 gestorben bist“, antwortete ich damals. Ich vermisse sie sehr, und hätte ich gewusst, dass 2013 ihr letzter Geburtstag sein würde, na ja, was hätte man nicht alles …

Durch meine Sinnsuche und die psychische Unruhe war ich angeschlagener, als ich es mir selbst eingestand, und jetzt noch das. Eine meiner wichtigsten Bezugspersonen in den letzten 20 Jahren war am Ende doch überraschend gegangen. Damit rechnen musste man immer, aber wie so oft im Leben war gerade auch bei ihr in der letzten Zeit viel Antrieb da und anscheinend alles körperlich okay. Es war meine erste Beerdigung von jemandem, der mir so nahestand. Mich bewegte es sehr, wie viele Menschen da waren, bestimmt zwei- bis dreihundert, die in die echt große Kirche in Hof gekommen waren, um Abschied zu nehmen. Es gab eine Andacht und man musste sogar draußen stehen, so voll war es! So viel Liebe war da – jeder, der Anja nur ein bisschen kannte, mochte sie einfach, diese Ausstrahlung, dieses Lächeln und diese Liebe, die sie jedem entgegenbrachte, waren unglaublich. Es war eine schöne Andacht und es freute mich, dass wir bei der Familie saßen und mit ihnen zusammen an Anja denken durften.

Das Jahr wurde eine Achterbahnfahrt. Hans, Anjas Freund, war so nett, mich mit seiner Firma auf eine außergewöhnliche Reise zum Polarkreis einzuladen. So konnten wir nach dem Tod von Anja ein paar Tage zusammen verbringen und gemeinsam trauern. Zum Glück war es aber auch sehr spaßig, über Anja zu sprechen und sich auch an Lustiges zu erinnern, sie hätte es so gewollt. Ich habe noch heute das Gefühl, dass sie immer, wenn ich sie brauche, in meiner Nähe ist, und das ist immer ein gutes Gefühl.

Gegen das Tabu

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