Читать книгу Blume des Bösen - Gerd-Rainer Prothmann - Страница 25
Оглавление»Du hast uns ein Kuckucksei ins Nest gelegt. Dein Freund, der Herr Nelson Martinez, ist kein Chilene. Und er war kein Genosse der kommunistischen Partei, sondern Mitglied des M.I.R. Und vorher war er beim sendero luminoso in Peru und er ist obendrein auch noch drogensüchtig!«
Diesen Augenblick hatte Laura befürchtet, seit sie in die DDR gekommen war.
Der kalte graue Septembertag 1973 drängte sich wieder in ihr Bewusstsein. Die Gerüchte über einen bevorstehenden Putsch. Die von Militärfahrzeugen abgeriegelte Innenstadt Santiagos. Ihre Flucht in die kubanische Botschaft, in der schon alle Räume voller Flüchtlinge waren. Ihre verzweifelte Suche nach Nelson. Die Erzählung eines M.I.R.-Genossen über die Indumet-Fabrik im Industriegürtel Cerillos, wo sie auch schon mit Nelson gewesen war. Wo sie und Arbeiter AKA-Maschinenpistolen hingeschafft hatten für den Fall eines Putsches. Ein paar Arbeiter und M.I.R.-Leute hätten sich den Weg aus der umzingelten Fabrik freigeschossen. War Nelson unter ihnen? Lebte er noch? Vielleicht war er in die DDR-Botschaft geflüchtet.
Das entsetzte Gesicht ihres Vaters wurde wieder lebendig, als sie ihn überredete, sie mit einem Wagen der kubanischen Botschaft in die DDR-Botschaft fahren zu lassen, um dort nach Nelson zu suchen. Wie sie ihn verletzt unter einem Deckenbündel gefunden hatte, ihn dort gesund gepflegt und für den DDR-Botschafter eine chilenische Identität erfunden hatte, weil sie wusste, dass die DDR für Mitglieder des M.I.R. keine Sympathie hegte.
Sie verstummte vor Angst. Sie wusste nicht, wie man hier mit solch einer Verfehlung umgehen würde.
»Wegen böswilliger Täuschung der Behörden droht euch beiden Haft.«
Laura fing in ihrer ohnmächtigen Hilflosigkeit an, zu weinen.
»Du könntest deinen Wiedergutmachungswillen unter Beweis zu stellen?«
»Ich verstehe nicht.«
»Du willst doch in Zusammenarbeit mit den Werktätigen die Feinde unserer Republik bekämpfen?«
Laura nickte nur.
»Du willst doch deinen Beitrag im Geiste der revolutionären Wachsamkeit leisten?«
Obwohl sie nicht alles verstand, nickte sie weiter.
»Wirst du künftig im Sinne der deutsch-chilenischen Solidarität mit uns zusammenarbeiten?«
»Natürlich«, laut und es ehrlich meinend brachte sie endlich wieder ein Wort über die Lippen.
»Dann wirst du bald von uns hören.«
*
Eine ganze Weile konnte Hans seine Augen nicht aufmachen. Immer wenn er es versuchte, musste er sie sofort wieder schließen, weil ihn das Licht der Neonröhre an der Zellendecke zu sehr blendete. Kaum war ihm das gelungen, wurde das Licht ausgeschaltet und nach fünf Minuten wieder eingeschaltet.
Die Zelle war höchstens acht Quadratmeter groß. Sie war hell gestrichen. In der Nähe der Tür waren ein Spülklosett und ein Waschbecken.
Es gab keine Fenster. Nur Glasbausteine an der Außenwand. Hans saß auf der Pritsche und versuchte, seine Fassung zurückzugewinnen.
*