Читать книгу Blume des Bösen - Gerd-Rainer Prothmann - Страница 29
Оглавление»Verdammte Scheiße! Jetzt reicht's mir! Aufmachen! Lasst mich hier raus! Aufmachen!«
Hans hämmerte wie ein Irrsinniger gegen die Zellentür. Jemand schaute durch das Guckloch. Hans hörte auf zu hämmern und trat zurück in die Mitte der Zelle. Von außen wurden die beiden Riegel aufgemacht und der Beamte, der ihn durch das Guckloch beobachtet hatte, kam herein und schaute ihn kommentarlos an. Dann ging er hinaus und schloss die Tür wieder.
»Alles, was hier abläuft, ist doch völlig absurd!«, legte Hans wieder los. »Was wollen Sie eigentlich rauskriegen? Ob ich ein Spion bin? Lächerlich! Jeder Spion würde pünktlich an die Grenze kommen. Da lässt man sich drüben als Student von der Polizei zusammenschlagen«, übertrieb er. »Weil man für den Sozialismus demonstriert, und hier wird man acht Stunden lang verhört, nur weil man zu spät an die Grenze gekommen ist. Wo steht das bei Marx? Meinen Sie, damit bringen Sie die sozialistische Bewegung voran? Ich habe nichts anderes getan, als in einer besonderen Situation die mir unwichtiger erscheinende Regelverletzung zu wählen!«
Die Riegel der Zellentür wurden wieder zur Seite geschoben. Die Tür wurde aufgeschlossen und der Wärter, der ihn hergeführt hatte, kam herein. Er sah Hans nur kühl an. Seine Miene war ebenso nichtssagend wie sein konturenloses rötliches Gesicht. Merkwürdigerweise war es Hans in diesem Augenblick völlig egal, ob er seine Situation möglicherweise noch mehr verschlechtert hatte. Nach einer für ihn nur schwer erträglichen Pause drehte sich der Mann um, verließ die Zelle, verschloss sie und schob die beiden Riegel wieder vor.
Hans setzte sich zurück auf die Pritsche, er fühlte sich wie leergelaufen. Als hätte der kleine Ausbruch seine letzten Reserven an Widerstandsenergie aufgezehrt. Nach Stunden monotonen Wartens war es ihm mittlerweile gleichgültig, was man mit ihm vorhatte. Auf keinen Fall würde er jedoch irgendeinen Namen nennen.
*
Mario stand mit seinem Alfa Romeo vor der Jazzschmiede.
Als die Probe zu Ende war, kam Laura die Steinstufen herauf.
Sie ärgerte sich ein wenig darüber, mit welcher Selbstverständlichkeit Mario einfach dastand, in der Annahme, sie würde auch ohne Verabredung Zeit für ihn haben.
Aber sie hatte Zeit und stieg ein.
Er wollte mit ihr ins Pergamonmuseum.
Er behandelte sie höflich. Fast zurückhaltend und vermied es strikt, sie zu berühren.
Das gefiel Laura, machte sie aber gleichzeitig misstrauisch.
Sie wurde den Verdacht nicht los, es könnte Strategie dahinter stecken.
Er parkte seinen Wagen gegenüber der Eingangsbrücke zur Museumsinsel. Ein aufschneiderischer Farbfleck vor dem antiken Gebäudekomplex. Es waren noch wenig Besucher dort. Sie setzten sich vor den Pergamonaltar auf die Bank und schwiegen. Laura kam der Gedanke, er hätte diese Kulisse in einem Anfall von Größenwahn gewählt. Der Altar war im Original für Zeus und Athene erbaut worden.
»Was macht eigentlich dein peruanischer Freund?«, fragte er auf einmal in die Stille.
Laura erschrak. Woher wusste er, dass Nelson Peruaner war? Warum interessierte er sich für ihn?
»Er studiert«, antwortete sie ihm knapp ohne den Versuch zu machen, ihn zu korrigieren und Nelson auch vor ihm als Chilenen auszugeben.
Übergangslos sprach er dann vom Pergamonaltar und dem beeindruckenden über hundert Meter langen Fries, auf dem der Kampf der Götter gegen die Giganten dargestellt war und ging nicht weiter auf Nelson ein. Als hätte er nie nach ihm gefragt.
Dann wollte er mehr über ihr Leben in der DDR erfahren. Aber Laura war vorsichtig geworden und erzählte nur Unverbindliches.
Als er sie vor der »Jazzschmiede« absetzte, sagte er nur: »Alte Freunde sind oft wichtiger als neue« und fuhr davon, ohne sich für ein neues Treffen verabredet zu haben.
*