Читать книгу Revolver für Wells Fargo: Super Western Sammelband 7 Romane - Glenn Stirling - Страница 14

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Die Tür der Hütte öffnete sich mit einem lauten Knarren, das dem Jaulen einer Katze glich. Der Trapper trat blinzelnd und mit einem doppelläufigen Schrotgewehr in der Armbeuge heraus. Er war mit einer ausgebeulten Hose und einem offenstehenden Hemd bekleidet, sah noch verschlafen aus und kratzte sich im Stoppelbart. Vor der Schwelle blieb er stehen.

Die Reiter hielten in einer Reihe vor dem Gebäude, neben dem sich ein kleiner Korral befand, der bis hinunter in den See führte und so den fünf Pferden darin zugleich als Tränke diente. Vor dem Korral lag ein großes Kanu am Ufer.

„Was ist los, was wollt ihr mitten in der Nacht?“, fragte der Fallensteller grollend.

Die Kerle lehnten sich auf die Sattelhörner und grinsten selbstzufrieden. Die Tatsache, dass Hingle da war, beruhigte sie ganz offensichtlich.

„Die Postkutsche ist drei Meilen hinter der Stadt überfallen worden“, sagte Burt.

„So?“ Hingle blickte erstaunt auf die Männer und ließ das Schrotgewehr sinken.

„Von einem einzigen Mann, der einen Graben quer über die Piste ausgehoben hat“, setzte Green hinzu.

„Von einem Mann?“

„Ja, von einem Mann!“ Burt Mercer nickte. „Und der ist dann durch den Fluss und hinter der Stadt vorbei in die Berge geritten.“

„Hier, Hingle“, sagte Green.

Die anderen grinsten nicht mehr.

Hingle schaute von einem zum anderen und kratzte sich wieder im Bartgestrüpp.

Auf der Türschwelle tauchte die Frau plötzlich auf. Janice O’Brien, die sie Poker-Lady nannten, trug eine rote Kattunbluse, die ihr kupferfarbenes Haar rötlich schimmern ließ. Kalt sprühten ihre grünen Katzenaugen. Sie trug ferner einen langen, bis auf den Boden reichenden Wildlederrock und einen breiten Gürtel, in den Silbernägel geschlagen waren. Mit blitzenden Augen trat sie neben den Trapper und fragte: „Und warum kommen Sie deswegen mit fünf Deputies hierher, Marshal Mercer?“

„Das sind nur Faschingssterne, Poker-Lady, mit denen die Revolvermänner sich zieren. Sie denken, es wäre dann amtlicher.“

Blitze schossen Burt aus den großen grünen Augen der Frau entgegen. „Ich heiße Janice Hingle!“

Burt lächelte. „Es war dir doch früher recht, dass wir dich Poker-Lady nannten. — Ist es, weil sie dich aus Medicine Bow fortgejagt haben?“

Das sechsunddreißig Jahre alte Barmädchen zeigte schimmernde kräftige Zähne. „Ich bin Janice O’Brien, Mercer, merke dir das gefälligst oder es setzt etwas!“

Porter pfiff durch die Zähne. „Alle Teufel, hat die Haare auf den Zähnen!“

„Und was bist du für ein Lackaffe?“ Poker-Lady ging auf Porters Pferd zu, griff nach dem Kopfgeschirr und drehte die Faust mit einer jähen geübten Bewegung herum.

Scharf wieherte das erschrockene Pferd und machte eine so heftige Bewegung, dass Porter aus dem Sattel geschleudert wurde.

Poker-Lady lachte schallend und schaute in der Runde herum. Aber die erwartete Wirkung blieb aus. Die Männer lachten nicht, grinsten nicht einmal und sie fanden es auch nicht spaßig. Crim Porter stand auf, ging vor das Pferd und das Mädchen wich zurück.

„Lass sie, Crim“, sagte Green leise. „Sie braucht wohl mal einen Spaß hier in der verdammten Einsamkeit.“

Die Lippen des Mädchens pressten sich zusammen.

„Was wollt ihr also?“, rief der Trapper scharf.

Burt stieg vom Pferd. „Wir suchen nach einem Mann, der in die Berge geritten ist. Mit einem Haufen Rohgold. Und wir möchten uns in deiner Hütte umsehen.“

„In meiner Hütte?“

„So ist es, Hingle.“

„Und wieso das?“

„Fragen stellen kannst du!“, sagte das Mädchen verächtlich. „Weil sie dich im Verdacht haben, ihr Gold geklaut zu haben, das hörst du doch, Quincy!“

„Ich? — Wie kommt ihr denn auf mich?“

„Sehr einfach.“ Green stieg nun ebenfalls ab. „Du bist gestern in Choteau gewesen und hast die Stadt vor der Postkutsche verlassen.“

„Aber... Aber ich bin doch nach Westen und die Kutsche bestimmt nach Osten!“

Green lächelte. „Ist es denn schwer, ein Stück zu reiten und dann einen Bogen zu schlagen?“

Irritiert schaute der Fallensteller von einem zum anderen und Burt begann zu ahnen, dass Hingle mit dem Überfall nichts zu tun hatte.

„Es ist am besten, du lässt uns deine Hütte mal genau ansehen“, schlug der Marshal vor.

Auch Green kam näher, schob die Poker-Lady zur Seite und ging mit Burt auf den Trapper zu, der zurück trat und die dollargroßen Mündungslöcher des Schrotgewehres anhob.

„Bist du verrückt?“, fragte Burt Mercer gedehnt. „Du wirst doch nicht wirklich auf uns schießen, nur weil wir uns deine Hütte ansehen wollen, Hingle?“

„Du hast mir gestern gegen diese Kerle geholfen und machst heute mit ihnen, Marshal!“

Burt schüttelte den Kopf. „Du bringst alles durcheinander, Quincy. Der Kutscher der Wells Fargo ist ermordet worden und sein Begleiter schwerverletzt. Und außerdem fehlt Rohgold für ungefähr zehntausend Dollar!“

„Ich würde mich nicht so sperren“, mischte sich die Frau ein.

Hingle trat weiter zurück. „Wenn ich abdrücke, kriegt jeder von euch was ab!“

„Der ist verrückt genug, das zu machen“, brummte Tamplin, der wie Zander und Turny noch auf seinem Pferd saß und den Kopf zwischen die Schultern gezogen hatte.

„Hingle, mach keinen Unsinn!“, mahnte Burt leise. „Es geht um Raubmord. Und wenn du damit nichts zu tun hast, ist es besser, du lässt uns nachsehen!“

Noch drei Yard trennten Burt Mercer von den großen Mündungslöchern des Schrotgewehres. Die Parker zitterte in den Händen des Trappers.

„Quincy, lass sie die Hütte durchsuchen!“, riet die Frau erneut.

Burt ging weiter, streckte langsam die Hand aus, packte dann jäh das Gewehr und riss es dem Fallensteller aus der Hand. Er meinte, die Frau und auch Green aufatmen zu hören.

„Ich habe damit nichts zu tun!“

Burt schüttete den Kopf. „Die Revolvermänner der Mine waren im Saloon in Choteau, Hingle. Die haben mehr als ein Dutzend Leute die ganze Zeit gesehen.“

„Welche ganze Zeit denn?“, fragte die Poker-Lady.

„Die ganze Zeit, bis der verletzte Transportbegleiter auf einem Postpferd zurückkam.“

„Ach so.“

„Gefällt dir wohl gar nicht, wie, Poker-Lady?“ Green grinste die rothaarige Frau scharf an. „Im übrigen überfallen wir nicht die Transporte, die wir selbst bis Choteau begleiten.“

„Zutrauen würde ich es euch schon“, sagte das furchtlose Barmädchen. „Danach aussehen tut ihr!“

„Die muss mal ein paar auf die Klappe haben, schätze ich!“, schimpfte Zander.

Burt ging an dem Trapper vorbei in die Hütte, in der es wüst aussah.

Das Mädchen trat auf die Türschwelle, lehnte sich gegen den Balken und kreuzte die Arme vor der Brust. „Ich bin noch nicht zum Aufräumen gekommen.“

„Man sieht es.“

„Aber das interessiert euch ja sicher nicht.“

Burt blickte noch einmal über den Tisch hinweg, um nichts zu übersehen. „Wieso bist du eigentlich zu ihm gegangen und hier geblieben, Poker-Lady?“

„Das hast du mich vor Wochen schon mal gefragt. — Und ich will nicht mehr Poker-Lady genannt werden! Nimmst du nie Rücksicht auf die Wünsche der Menschen?“

„Nicht, wenn sie sich so oft ändern wie bei dir.“ Burt Mercer rückte einen Stuhl von der Wand weg, durchsuchte einen Schrank aus Fichtenbrettern.

„Mach Platz!“, kommandierte Green.

Das Mädchen wandte sich um und versperrte dem Revolvermann den Weg. „Du nicht. Wenn überhaupt, dann hat höchstens der Marshal ein Recht dazu. Aber selbst das möchte ich noch bezweifeln. Eine Spur in die Berge ist noch kein Grund, jede Hütte zu durchwühlen.“

„Mach Platz!“

„Ich denke nicht daran“, sagte das Mädchen und musterte den Revolvermann kalt und abweisend.

Green wurde wütend, wollte das Mädchen packen, aber Poker-Lady kratzte ihm ins Gesicht, bevor er es sich versah. Er brüllte, schimpfte und sprang zurück. Blut lief ihm über die Wange.

„Na los, komm her, du kriegst noch mehr!“, schallend lachte das gereizte Mädchen mit dem irischen Namen und den feuerroten Locken.

Fluchend wischte der Revolvermann sich über die Wange.

Burt untersuchte indessen das Unterteil des Schrankes, fand aber auch darin kein Gold. Er ging weiter, stocherte in der Asche des Herds, warf den Holzstoß daneben um und ging in den angrenzenden Raum, in dem ein breites Lager aus Fellen von der Wand bis fast an die Tür ragte und den Raum ziemlich ausfüllte.

Burt Mercer warf alle Felle von dem Lager und kehrte den Raum zweimal um und um, stocherte den Boden mit dem Gewehr ab und suchte auf den Dachsparren.

Gold gab es in dem Raum nicht. Er ging in den anderen zurück und schaute auf das Mädchen, das hereinkam, so dass Green in die Hütte treten konnte.

„Und, was ist?“, fragte der Revolvermann.

„Nichts.“

„Kein Gold?“

„Nein.“

Burt ging um den Tisch herum. Er hatte die Hammer der Waffe entspannt und klopfte mit ihr nun den festgestampften Boden ab, weil er dachte, dass es vielleicht doch einen Hohlraum darunter gab.

Green durchsuchte indessen noch einmal alles, was Mercer bereits in Augenschein genommen hatte. Auch im vorderen Raum schien es keinen Keller, noch nicht mal ein Loch unter dem Boden zu geben. Burt suchte noch die Wände ab, dann ging er hinaus und setzte sich neben den Fallensteller, der indessen auf der Bank hockte und auf die Männer schaute, die von den Pferden gestiegen waren.

„Nun, Marshal?“

„Man müsste noch das Tal durchsuchen.“

Hingles Gestalt richtete sich jäh auf der Bank auf. „Das Tal?“

Poker-Lady kam aus der Hütte und schob sich das lange Lockenhaar aus der Stirn.

„Ja, natürlich“, erwiderte Burt. „Gold rostet nicht. Das kann man überall ablegen, wenn man sich nur merkt, wo man es gelassen hat.“

Auch Green war wieder aus der Hütte gekommen. „Daran dachte ich gar nicht. Freilich müssen wir das Tal noch absuchen! Los, Leute! Aber mit System!“

Auch Green folgte den anderen Revolvermännern nun in das Buschwerk.

Der Marshal war müde, lehnte den Kopf gegen die warme Bretterwand und schloss die Augen. „Wer lebt denn noch in der Nähe?“, fragte er.

„Perce Stuart.“

Burt war sofort hellwach, öffnete die Augen und blickte den Trapper an. „Natürlich. — Wo ist seine Hütte?“

„Er hat eine Hütte am Westpass, aber sehr oft ist er nicht. dort. Er haust mal hier und mal da und kann mitunter für Wochen und Monate verschwunden sein. Er war schon mal einen ganzen Winter lang in Fort Bentson!“

Burt stand auf. „Stuart war gestern auch in der Stadt. Daran hatte ich nicht mehr gedacht.“

„Dann wird es aber Zeit!“, rief die Frau keifend. „Rufen Sie Ihre feinen Deputies nun zurück, Marshal und verschwinden Sie aus unserem Tal!“

„Immer eins nach dem anderen. Und nicht gar zu vornehm, Poker-Lady, das passt nicht zu dir.“

„Ich heiße O’Brien!“ Das Mädchen stampfte heftig mit dem Fuß auf.

„Du solltest lieber für mehr Sauberkeit sorgen. — Ich muss mich jetzt erst mal waschen.“ Er wandte sich ab, lehnte das Gewehr an die Wand hinter dem Fallensteller und ging am Korral entlang zum Wasser. Ein heller Sandstreifen in den weit in die Berge geschobenen See hinein, der mehrere hundert Yard Länge hatte. Hinter dem Sandstreifen fiel der Grund steil ab und der See war sicher ebenfalls sehr tief. Dort, wo der Zaun endete, begann struppiges Buschwerk, das bis zu einer Felswand führte. An dieser Stelle war an der dunklen Farbe des Wassers zu erkennen, dass es bis an den Rand in große Tiefe führte.

Burt Mercer wollte sich schon bücken, um die Hände eintauchen zu können, als ihm ein Seil auffiel, das über einem Ast verfangen hing und straff gespannt ins Wasser tauchte. Er stutzte, schaute zurück und sah Hingle und die ehemalige Spielerin, die beide unnatürlich bleich aussahen.

Da ging er am Zaun entlang durch das Wasser, trat den Busch zusammen, nahm das Seil und zog daran. Es kam Yard um Yard aus dem See, ließ sich nur schwer ziehen und wurde immer länger.

Burt hörte ein Knacken und sah eine Hutkrone über den Büschen auftauchen. Einer der suchenden Männer näherte sich.

Ein Knoten wanderte durch seine Hand und in die Schlinge hinein, die das Seil auf dem Boden bildete. Und dann auf einmal tauchte ein Ledersack auf.

In dieser Sekunde hatte der Revolvermann Zander den Sack des Buschgürtels erreicht, blieb stehen und blickte auf den Sack. Les Zander pfiff durch die Zähne.

„Die werden uns doch nicht aufs Kreuz gelegt haben, Marshal?“

Burt bückte sich, zog das Messer hinter dem Gürtel hervor und schnitt den Sack auf.

Goldbrocken rollten über den hellen Sandstreifen neben dem steilen Abhang des Felsens, der in schier bodenlose Tiefe führte.

„Alle Teufel“, murmelte Zander heiser. „Das ist es!“

Burt lehnte sich gegen den Zaun. Zander zog den Colt und feuerte mehrmals in die Luft. „Hierher, Leute, hierher! Der Marshal hat es gefunden und ich war auch ganz nahe dran!“

Burt ging am Zaun entlang, sah Männer durch die Büsche hasten und den Trapper die Fenz des Korrals neben der Hütte ausheben und auf den Boden werfen. Hingle stürzte in den Korral hinein und rannte hinter den fliehenden Pferden her.

Das Mädchen verharrte reglos vor der Hütte.

Die Revolvermänner waren inzwischen alle bei Zander angelangt und bestaunten den Fund, den Burt Mercer gemacht hatte. Zander selbst hätte das Gold kaum gefunden, da er durch die Büsche nicht weit genug an das Steilufer gelangt wäre.

Nachdem die Kerle die erste Überraschung hinter sich hatten, lachten sie zufrieden und teuflisch. Green bückte sich, verstaute das Gold in dem aufgeschlitzten Sack und hob ihn auf und die selbsternannten Marshals zogen wie eine Prozession am Korralzaun entlang zurück.

Indessen hatte Quincy Hingle das sinnlose Rennen hinter den Pferden eingestellt, weil ihm die Luft ausgegangen war und ihm offenbar auch die Sinnlosigkeit des Unterfangens bewusst wurde.

„Es hat doch keinen Zweck mehr“, sagte Poker-Lady, die noch vor der Hütte stand.

Mit hängenden Schultern stand der Trapper mitten im Korral. Er wirkte wie eine ausgebrannte alte Ruine; wie ein Mann, dem alle Felle weggeschwommen waren. „Aber es ist mein Gold! Es geht euch nichts an!“

Burt wandte sich ab, ging zur Hütte und setzte sich auf die Bank davor.

„Er hat mit dem Überfall nichts zu tun“, sagte Poker-Lady.

Sie grinsten sie alle an.

„Denkst du, wir ziehen die Hosen mit der Zange an, Poker-Lady?“, Green lachte rau. „Ich werde dir was sagen: Wir suchen nach Rohgold, das ungefähr zehntausend Dollar wert ist. Und wir suchen nach einem einzelnen Reiter, der gestern ein Choteau war und später in die Berge ritt. Und ich schätze, wir haben hier alles gefunden.“

„So ist es“, stimmte der blonde Crim Porter zu. „Es ist genau die Menge, die wir suchen.“

„Zufall“, erwiderte die Frau. „Nichts weiter als ein seltsamer Zufall!“

„Ich habe es gefunden“, sagte der Trapper krächzend. „Ich habe in den Bergen eine Goldader gefunden, genauso wie euer Boss.“

Burt blickte den alten Mann so ungläubig an wie die anderen.

Melvin Green ging wieder in die Hocke, legte den aufgeschnittenen Sack auseinander und breitete das Gold darauf aus.

„Natürlich stimmt die Menge“, sagte Tamplin. „Es hat den gleichen Gehalt und ist genauso viel.“

„Und der Sack?“

Green hob den Kopf. „Was ist mit dem Sack?“

„Ist es der Sack, in dem das Gold in eurer Mine verstaut wurde oder ist er es nicht?“

Melvin Green schob das Gold von dem aufgeschnittenen Lederbeutel, drehte ihn um und schüttelte den Kopf.

„Nein, der Sack ist ein anderer, Marshal.“

„Sage ich doch!“, rief der Trapper sofort. „Ich habe das Gold gefunden und mit eurem Überfall nichts zu tun!“ Die Revolvermänner wurden ernst und ihre Augen funkelten scharf.

„Das könnte doch sein“, sagte Burt gedehnt.

„Willst du uns jetzt auch verschaukeln, Marshal?“, rief Green. „Du denkst wohl, er könnte dir später etwas von der Beute geben, wie?“

Burt stand auf. „Es klingt ziemlich unwahrscheinlich, aber es ist nicht ausgeschlossen. Und wenn ihr nachdenkt, kommt ihr selbst darauf.“

Green tippte sich an die Stirn.

„Ich habe doch gesagt, dass es unwahrscheinlich klingt!“, schimpfte Burt, um mehr Nachdruck zu erreichen. „Aber es ist deswegen nicht ausgeschlossen.“

„Es könnte natürlich auch der andere gewesen sein, der die Kutsche überfiel“, räumte Green ein. „Dieser schlitzohrige Kerl, der mir in der Stadt schon mehrmals auffiel. Wie hieß er doch gleich?“

„Stuart“, sagte der Trapper hastig. „Perce Stuart!“

„Ganz richtig!“, Green nickte. „Es könnte also sein, dass er die Kutsche überfiel und du ihn nur beobachtet hast, Hingle. Dann hast du auf ihn gelauert. Oder du bist ihm gefolgt. Dann hast du dein Gewehr durchgeladen und geschossen.“

„Und danach hast du das Gold dann sozusagen gefunden“, setzte Tamplin grinsend hinzu.

„Ich habe es in einer Höhle gefunden! Eine ganze Goldader. Es ist ja kaum mehr als eine Probe, was hier liegt!“

„Das ist wahr!“, meldete sich Poker-Lady.

Burt blickte sie ein paar Sekunden an. Er setzte sich wieder auf die Bank

und streckte die Beine aus. „Ist es denn weit zu der Goldader, Hingle?“

„Nein.“

„Dann würde ich vorschlagen, du zeigst uns die Ader. Wenn es sie wirklich gibt und das Gold in ihr sieht so aus wie das hier, dann wollen wir dir glauben, dass es ein dummer Zufall ist.“

„Nein!“, rief der Fallensteller.

„Was?“, fragte Burt, der ihn nun anschaute.

„Ich zeige sie nicht!“

Poker-Lady lachte bellend. „Ihr müsst doch verrückt sein! Es stecken Hunderttausende drin! — Millionen! Wenn er euch die Ader zeigt, schlagt ihr ihn zusammen und nehmt euch selbst das Gold!“

„So schlecht sind wir doch gar nicht.“ Porter grinste schief und ein wenig auch schon mit blitzender Gier in den Augen. „Und wenn sie ihm gehört, können wir es ja doch nicht ändern.“

„Das ist es ja“, sagte das Mädchen. „Sie ist nicht auf seinen Namen eingetragen.“

„Und warum nicht?“, fragte Green.

„Könnt ihr euch das nicht denken?“ Das Mädchen kam näher und lehnte sich auf der anderen Seite der Bank gegen die Hüttenwand. „Wenn er nach Great Falls geritten wäre, um eine Mine anzumelden, dann wären hundert Männer auf seiner Spur gewesen. Es hätte einen unvorstellbaren Run gegeben, Mord und Totschlag und Kämpfe mit den Indianern. — Wenn aber niemand davon wusste, konnte Quincy das Gold in aller Stille abbauen und wir wären damit eines Tages verschwunden. Vielleicht wäre nie herausgekommen, dass es hier in der Nähe Gold gegeben hat.“

„Habt ihr noch mehr?“, Burt blickte das Mädchen an.

„Wozu?“

Burt zuckte mit den Schultern. „Ist doch einfach. Wir suchen Rohgold im Werte von zehntausend Dollar. Wenn ihr noch mehr von dem Zeug habt, klingt eure Geschichte wahrscheinlicher.“

Auch die Revolvermänner blickten nun abwartend und fragend auf die rothaarige Frau, die sich in die Lippe biss und zu überlegen schien.

„Nein, mehr haben wir noch nicht aus der Ader geschlagen“, sagte der Trapper. „Das heißt, ich habe nicht mehr aus ihr geschlagen! Sie weiß nicht, wo die Ader ist. Jedenfalls nicht genau.“

„Heißt das, du würdest auch ihr nicht trauen?“ Burt Mercer schaute zur anderen Seite.

„Er traut sich selbst nicht!“, stieß die Frau hervor. „Und er ist extra nach Choteau geritten, extra um diese Schau der Armut abzuziehen. Extra, versteht ihr! — Ein verdammter Narr bist du gewesen, Quincy! — Wärst du hier gewesen, hätten sie dich niemals damit in Verbindung gebracht.“

„Das hat kein Mensch voraussehen können“, maulte der alte Trapper.

Ein paar Herzschläge lang schwiegen sie alle und starrten auf das Gold, den Trapper und die Frau.

„Es ist wahr!“, rief die Poker-Lady. „Wir können eine so phantastische Geschichte nur glauben, wenn er die Ader zeigt“, entgegnete Burt.

Melvin Green nickte nun. „In Ordnung, Marshal. Wenn er sie zeigt, glauben wir es.“

„Das könnte euch so passen!“, rief Hingle keifend. „Jetzt, wo ihr genau wisst, dass das Gold nach dem Gesetz herrenlos ist!“

„Wenn du es nicht zeigst, wird dein Kopf bald herrenlos sein“, erwiderte Tamplin mit triefendem Hohn in der Stimme. „Dann schaffen wir dich nämlich zum Richter. Und weiter weg von hier wird deine Geschichte nur immer unglaubwürdiger.“

„Das könnte euch so passen!“ rief Hingle. „Es ist meine Ader! Ich habe sie gefunden!“

Green ging an dem Gold vorbei, setzte sich neben Burt, zog seinen Tabaksbeutel aus der Tasche und drehte sich eine Zigarette. Er klemmte sie zwischen die Lippen, suchte in seinen Taschen nach einem Schwefelholz und rieb es an seinem Revolver an. Green steckte den Beutel ein, lehnte sich zurück, rauchte mit Genuss und betrachtete das Gold. „Ein Ding ist das!“ Er lachte auf. „Wir nehmen von hier entweder einen Mann mit, der bald das Zeitliche segnet oder wir stecken uns die Taschen voll Gold. Auf eine legale Weise, denn die Berge sind herrenlos.“

„Sie gehören den Indianern“, schränkte Burt ein.

Green grinste ihn an. „Na eben, sage ich doch. Sie sind praktisch herrenlos!“ Er nahm die Zigarette aus dem Mund und blies den Rauch in die Luft.

Wieder herrschte eine Weile Schweigen. Green beobachtete die Männer und sah, dass sie die Geschichte noch immer nicht glauben mochten und er selbst war auch im Zweifel. Dass es ein anderer Sack als der war, in den das Gold ursprünglich einmal gepackt wurde, sagte gar nichts.

„Und warum hast du es im See versteckt?“, fragte Tamplin schließlich.

„Sollte ich es so herumliegen lassen, dass es jeder gleich sehen kann, der hierher gelangt?“

Burt stand auf. „Wir reiten jetzt zu deiner Goldader oder in die Stadt. Du hast die Wahl und fünf Minuten Zeit, dich zu entscheiden, Hingle!“

„Er hat es bestimmt gefunden, ich verbürge mich dafür!“, die Frau blickte Burt beschwörend an. „Jeden Tag brachte er ein paar der Brocken. Es hat insgesamt nur zwei Wochen gedauert, bis er das alles zusammenhatte. Und vor allem deswegen wollte er das Pulver haben, Marshal. Bis jetzt ist er doch noch gar nicht zu einer Sprengung gekommen!“

„Dann macht ihr die Million sozusagen mit einem Knall, wie!“, Green lachte und paffte den Rauch in die Luft und er schaute ihm nach, wie er über den Pferden zerflatterte.

„Ihr braucht es ja nicht zu glauben!“, stieß die rothaarige Frau hervor. „Aber Tatsache ist es!“

„Wer dir was glaubt, der spinnt“, erklärte Tamplin grob. „Und im übrigen sind wir sowieso nicht vertrauensselig. Wir glauben, was wir sehen!“

„So ist es!“, Green paffte weitere Wolken in die Luft. „Und eine Minute ist schon um, Alter. Lange darfst du nicht mehr überlegen!“

„Es ist meine Goldader!“

„Und dein Kopf!“

Die Frau ging in die Hütte. Hingle lief vor der Bank vorbei und folgte ihr. Green wollte aufstehen, aber Burt Mercer hielt ihn zurück.

„Was denn, Marshal?“

„Wir warten.“

„Der hat drinnen noch Waffen, das ist sicher!“

„Ich weiß. Aber damit kann er gegen sechs Mann doch nichts werden. — Lass die beiden mal nachdenken.“

„Sie glauben am Ende, der hat wirklich Gold gefunden?“

„Ich habe von Anfang an gesagt, dass es unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen ist. Und alles, was die beiden sagten, klingt durch und durch logisch. Das ist euch doch auch aufgefallen, Green!“

„Blödsinn!“, Green rauchte weiter. „Glaubt es einer von euch?“ Er blickte auf seine Partner.

„Ich glaube, dass wir Glückspilze sind, wenn der alte Knacker wirklich eine Goldader gefunden hat, die ihm bis dato nicht gehört“, entgegnete Tamplin. „Da kann sich jeder nehmen, was er fortzutragen vermag.“

„Und selbst, dass Hingle sie nicht zeigen will, ist noch logisch“, setzte Burt Mercer hinzu. „Denn mit euch würde die Gier durchgehen, das sieht man jetzt schon.“

„Wäre doch klar, dass wir nehmen, was wir und unsere Pferde tragen können, Marshal!“ Green lachte polternd, warf die Kippe auf den Boden und trat mit dem Stiefel darauf. „Wer da mit leeren Händen wieder weggeht, der zieht die Hosen wirklich mit der Zange an!“

„Jetzt fängst du wohl auch schon an, den Quatsch zu glauben, Melvin?“, fragte Zander.

„Dummes Zeug! Mir schmiert doch keiner Kleister auf die Backen. Aber ansehen würde ich es mir schon. Soviel Zeit ist. Da die Kutsche überfallen wurde, macht es nichts, wenn wir einen Tag oder zwei später zur Mine reiten.“

„Du fängst also doch an, daran zu glauben“, stellte Porter fest. „Und wenn ihr mich fragt, neugierig bin ich auch schon geworden. Ist ja auch kein Wunder!“

Zander kauerte sich bei dem Gold auf den Boden, nahm die Nuggets eins nach dem anderen in die Hand und schüttelte immer wieder den Kopf. „Es sieht wie das Gold aus der Mine aus. Haargenau so!“

„Hier in den Bergen könnte Gold überall gleich aussehen“, schränkte Burt Mercer ein. „Aber soll ich mal was anderes sagen? — Ich hab verdammten Hunger!“

Zander richtete sich auf. „Wir auch, Marshal.“ Er ging in die Hütte. „Wir wollen was zu essen. Und Durst haben wir.“

„Das Wasser im See kann man trinken“, meldete sich der Trapper. „Wir nehmen es auch. Und wenn ihr was zu essen haben wollt, müsst ihr bezahlen. Ich habe nichts zu verschenken.“

„Klarer Fall, Hingle. Du bist ja auch ein armer Schlucker, der nur mal die Postkutsche überfallen und mindestens einen Mann umgebracht hat. Da, hast du einen Dollar. Nun rücke schon heraus, was du hast!“

Zander kam alsbald mit Brot und geräuchertem Schinken aus der Hütte und verteilte es. Sie begannen alle zu essen, auch Burt Mercer.

„Du musst die Ader zeigen“, sagte die Frau in der Hütte. Sie sprach gerade noch so laut, dass Burt sie verstehen konnte.

„Spinnst du?“, zischte Hingle.

„Nein, Quincy. Du hast keine Wahl. Entweder du zeigst sie oder sie schleifen dich unter den Galgen. Das geht schneller, als du denkst!“

„Aber ich habe keine Postkutsche überfallen. Sie haben keinen Beweis gegen mich!“

„Sie denken, sie haben einen. Dein Pech, Quincy. Ein tückischer Zufall. Du hast keine Wahl!“

Der Trapper fluchte lästerlich.

Burt Mercer aß Brot und Schinken und fand beides vorzüglich. In der Hütte hörte er die beiden wieder reden, aber sie sprachen leiser und so verstand er sie nicht mehr. Schließlich kam die rothaarige Frau heraus.

„Und?“, fragte Burt. „Für was hat er sich denn nun entschieden?“

„Es müsste eine Möglichkeit geben, seinen Anspruch auf die Ader zu sichern.“

Green lachte schallend. „Habt ihr sonst noch Sorgen?“

Burt stand auf. „Ich werde ihm beim Richter bestätigen, dass er die Ader gefunden hat.“

„Das ist mir nicht genug!“, stieß der Trapper hervor, der in diesem Augenblick über die Schwelle trat.

„Tut mir leid, Hingle, aber ich fürchte, mehr ist nicht drin.“

Der Trapper schaute in der Runde herum.

„Les, sattle ihm ein Pferd“, sagte Green. „Wir brauchen doch Pferde, Hingle?“

„Ja“, gab der Trapper gedehnt zurück.

Die junge Frau starrte ihn nicht begreifend an, aber Hingle streifte sie nur mit einem kurzen Blick.

„Am besten, du kommst auch mit, Poker-Lady“, sagte Burt.

„Ich will diesen Namen nicht mehr hören!“, fauchte die Frau wie eine gereizte Raubkatze.

Les Zander war inzwischen zum Korral gegangen und sattelte für den Fallensteller ein Pferd. Green rief ihm nach, dass auch die Frau mit ihnen reiten würde und dass Zander noch ein Pferd satteln sollte.

Burt ging zu seinem Grauschimmel, führte ihn an den See und ließ ihn saufen. Aber das Tier zeigte sich lustlos und schien keinen Durst zu haben. Burt Mercer führte es zurück und wartete, bis alle soweit waren. Die Frau widersprach nicht, war vielleicht sogar froh, dass sie mitreiten sollte. Sie nahm Les Zander das Pferd ab und stieg auf.

Burt sammelte das Gold. Green brachte einen anderen Ledersack aus dem Anbau der Hütte und hielt ihn auf. Burt ließ die Nuggets hineinfallen und Melvin Green zog den Beutel zu. Als er sich damit abwenden wollte, riss Burt Mercer ihm den Ledersack aus der Hand. Green wirbelte herum.

Burt Mercer lächelte. „Der Marshal bin ich, Green, auch wenn du den Blechstern immer noch an der Jacke hast!“

Der Revolvermann zeigte die Zähne und knurrte etwas Unverständliches.

„Wenn es Gold aus einer Ader ist, die es irgendwo geben sollte, dann geht dich das Zeug nicht mehr an als irgend wen sonst“, erklärte Fred Tamplin. „Hoffentlich ist dir das auch klar. Marshal.“

„Die wollen mich betrügen, diese Halunken!“, schimpfte der Trapper, der auf sein Pferd gestiegen war. „Die wollen mein Gold schlucken! Aber es gehört mir und geht euch einen Dreck an.“

„Jetzt reicht es aber!“ Zander, der ebenfalls schon im Sattel saß, trieb sein Pferd an. Das Tier wieherte schrill und machte einen Satz auf den Fallensteller und dessen Braunen zu.

Beide Pferde prallten hart zusammen. Auch andere Tiere wieherten nun schrill und stiegen in die Höhe. Zander knallte dem überraschten Trapper die Faust gegen die Brust und Hingle flog auf die Hinterhand des Pferdes und in den Staub vor der Hütte.

Der Trapper sprang fluchend auf und zerrte einen Revolver unter der Jacke hervor.

„Schluss jetzt!“, befahl Burt barsch. Er tauchte hinter dem Fallensteller auf.

Hingle fuhr herum und wollte die Waffe auf Burt anschlagen, aber der begriff die Bewegung sofort richtig und schmetterte dem Mann die Handkante gegen den Knöchel. Der Fallensteller öffnete gegen seinen Willen die Hand und die Waffe landete auf dem Boden.

Als Quincy Hingle sich bückte, stellte Burt Mercer den Stiefel auf den Coltrevolver. „Es reicht nun, Quincy. Wir reiten jetzt zu der Goldader und dann sehen wir weiter. Ich tue für dich, was ich kann und du wirst deine Mine schon eingetragen bekommen.“

„Wer das glaubt, wird selig“, stieß Hingle hervor.

„Und wer’s nicht glaubt, stirbt auch“, sagte die rothaarige Frau sarkastisch.

„Ihr müsst vor allem davon ausgehen, dass wir euch kein Wort glauben“,

sprach Burt weiter. „Du bist im Zugzwang, Hingle. — Also los!“

Schimpfend ging der Fallensteller zurück und schloss die Tür der Hütte. Er hob vom Boden einen Balken aus und hängte ihn in dafür vorgesehene Holzkrampen rechts und links in den Pfosten.

Zwei Minuten später waren sie unterwegs, ritten durch das Dickicht und in den Hohlweg, aus dem sie gekommen waren. Burt hatte den Revolver des Fallenstellers in Hingles Satteltasche gesteckt, nachdem er ihn entladen hatte. Niemand blieb zurück. Green ritt hinter allen anderen, aber er blickte mehr auf den Sack mit dem Gold an Burts Sattel, als auf den Trapper.

„Wie weit ist es, Hingle?“, fragte Burt, ohne den alten stoppelbärtigen Mann anzusehen.

„Eine gute halbe Stunde müssen wir schon reiten.“

„Und wo ist das Presspulver, welches ich aus dem Store hierher gebracht habe?“

„In der Höhle. Es ist eine Höhle, in der ich die Ader fand. Ich wollte darin eine Bärenfalle aufstellen und sah das Funkeln in der Wand. Es ist seltsam, dass es den Indianern nie aufgefallen ist.“

„Die konnten es sich vielleicht nur nicht erklären“, wandte die rothaarige Frau ein. „Oder sie waren nie in der Höhle. Es gibt zehntausende von Höhlen in den Bergen.“

„Ich werde den Verdacht nicht los, dass ihr beiden blufft“, erwiderte Burt.

Sie gaben ihm keine Antwort.

Burt ließ seinen Grauschimmel zurückfallen, als der Weg zu schmal für sie alle drei wurde. Das Sonnenlicht erreichte nun schon den Boden des schnurgeraden Hohlweges und die Hitze des Hochsommertages nahm rasch zu. Neben Melvin Green ritt Burt weiter.

„Alles nutzlos“, sagte Green verdrossen. „Die halten uns nur zum Narren!“

„Das können wir wirklich nicht wissen.“

Green winkte ab.

„Er war, soviel ich in der Stadt hörte, immer eine ehrliche Haut“, gab Burt zu bedenken.

„Mag schon sein. Aber er war auch immer allein. Jetzt ist eine Frau bei ihm, die an relativ viel Luxus gewöhnt ist, an große Städte, an das Schillern der Bars und rollende Dollars. Sie kam bestimmt völlig mittellos hier an. Und da fragte sie sich natürlich, wie sie wieder zu Zaster gelangen könnte!“

„Daran habe ich auch schon gedacht.“

„Und Hingle, dieser alte Hohlkopf, ist los geritten, um für sie Bucks zu beschaffen. Bucks oder was anderes, was einen Wert hat. — Gold zum Beispiel.“

Burt blickte auf die Frau, die eine Wildlederjacke mit hochgestelltem Kragen und Fransen an den Ärmeln übergezogen hatte. „Die weiß angeblich nicht, wo die Goldader ist.“

„Na und?“

„Wenn Hingle wirklich Gold gefunden hat, dann stimmt Ihre Theorie nicht, Green. Dann ist es nicht die Frau, die an den Fäden zieht. Dann wird sie höchstens versuchen wollen, auch zu ihrem Anteil zu gelangen!“

„Wir werden ja sehen.“

„Eben.“ Burt schaute auf die Reiter, denen sie folgten und manchmal auf den blinkenden Fastnachtsstern des Revolvermannes, der dessen Redensarten den Anstrich einer Amtshandlung geben sollte.

Als sie die Pferde in einem weiten Felsenkessel zügelten, schaute Tamplin zum Stand der Sonne und sagte: „Jetzt sind wir schon fast eine Stunde geritten. Ist es endlich das Tal?“

Die Reiter umringten den Fallensteller und die Frau. Auch die Poker-Lady blickte fragend auf Hingle.

Burt stellte sich in den Steigbügel auf und warf einen Blick über den Felsenkessel, der so kahl war, dass es nur in der Sonne brütende Steine gab, keinen Strauch, kein Wasser, nichts. Aber unterhalb der morschen Felsen befanden sich zahllose Höhlen in dem weiten Oval; viel mehr, als sie in ein oder zwei Stunden durchsuchen konnten. Leben schien es aber hier nicht zu geben und wieso Hingle darauf verfallen sein sollte, hier eine Braunbärenfalle aufzustellen, war ihm deshalb schleierhaft und verstärkte seinen Verdacht, dass der Trapper bluffte.

Umso wachsamer behielt Burt ihn im Auge.

„Also, was ist los?“, fragte Green barsch. Er lenkte sein Pferd an die Seite des Fallenstellers. „Los, Maul auf oder du liegst gleich wieder im Dreck!“

„Ja, da ist es“, sagte Hingle heiser.

„Wo?“

„Da drüben.“ Quincy Hingle nickte mit dem Kopf über den Weg. Sie blickten alle zur anderen Seite und Burt merkte, wie Hingle sie beobachtete. Auch die Frau schaute in eine andere Richtung und schien sich nicht mehr für die Goldader zu interessieren, deren Anblick der Fallensteller ihr angeblich vorenthalten hatte. Es war für Burt nur ein weiteres Indiz dafür, dass sie hier nicht richtig sein konnten. Gleichzeitig würde das aber sagen, dass Poker-Lady mehr wusste, als sie zugegeben hatte, falls es hier überhaupt irgendwo Gold gab.

„Also los“, sagte Zander und ritt durch das Tal.

Der Hufschlag der Pferde hallte gegen die kahlen Granitwände und schallte von diesen zurück. Es klang, als wären hundert und mehr Reiter unterwegs. Hingle setzte sich ohne Aufsehen weiter nach hinten ab. Auch das Mädchen versuchte, zurückzubleiben. Genauso unauffällig registrierte Burt, während er sah, wie die anderen nun doch Jagdfieber packte. So halb und halb hatten sie sich davon überzeugen lassen, dass es hier eine Goldader geben würde und diese wollten sie jetzt sehen. Dann würden sie die überfallene Postkutsche und den toten Fahrer vermutlich von einer Sekunde zur anderen vergessen und in zügelloser Gier auf das Gold losgehen, um als gemachte Männer mit den Taschen voller Gold aus den Bergen zu reiten. Ihr Boss in der Mine hinter den Bergen würde sie nie Wiedersehen.

Turny und Porter trieben die Pferde in der Mitte des Kessels zum Galopp an, schrien, um die Anspannung loszuwerden und sprengten zu der großen Höhle hinüber, die Hingle unter anderen gemeint haben konnte.

Burt hielt an und legte die Hände auf dem Sattelhorn übereinander.

Green jagte hinter seinen Partnern her. Vor der Höhle sprangen sie alle von den Pferden und rannten hinein. Sie stießen sich gegenseitig aus dem Wege und verschwanden in der Tiefe des Berges. Sie waren ein wilder und habgieriger Haufen und noch viel versessener als Burt gedacht hatte. Keiner dachte daran, dass der Trapper ihnen entwischen könnte.

Burt hielt noch hinter den beiden und sie schauten nun gleichzeitig zurück. Der Marshal lächelte kühl.

In der Höhle waren die Revolvermänner zu hören. Es schien ein tiefer Riss im Gestein zu sein, vielleicht auch entsprechend dunkel und Hingle kannte die Höhle mit Sicherheit, wie er hier in der Gegend sowieso fast jeden Stein kannte;

„Willst du es nicht sehen, Burt?“, fragte die Poker-Lady.

„Da drin gibt es doch nichts weiter als Steine zu sehen. Und du weißt doch auch, dass wir hier nicht richtig sind.“

„Ich weiß nicht, wo das Gold ist.“

„Das habe ich auch nicht behauptet.“ Burt ritt auf die rothaarige Frau zu. „Aber du weißt doch, wo ungefähr die Höhle sein muss. — Hier ist sie nicht, stimmt doch?“

Poker-Lady presste die Lippen aufeinander, dass sie wie ein schmaler Strich in ihrem kantigen bleichen Gesicht standen, in dem die großen grünen Augen funkelten.

Hingle riss sein Pferd jäh herum und trieb es an. Er brüllte, schlug dem Tier die Faust zwischen die Ohren und bohrte ihm die Sporen in die Flanken.

Das Mädchen starrte verbissen und kaum erstaunt oder erschrocken vor sich hin.

Burt verfolgte den alten Fallensteller, machte das Lasso vom Sattel los und schlug dem Grauschimmel auf die Hinterhand.

Rasch näherte sich der Marshal dem Fliehenden, der gehetzt zurückschaute. Hingle hatte sich das alles ganz gut ausgerechnet, nur war ihm entgangen, dass den Marshal keine blindwütige Gier packen könnte. Das war nicht seine Art.

Der Trapper schlug auf sein Pferd ein, aber sein Vorsprung schmolz weiter zusammen.

Burt hob die Hand mit dem Lasso über den Kopf und als der Grauschimmel dicht hinter dem Braunen war, da flog die Schlinge durch die Luft, über den Kopf des Trappers und zu seiner Brust und den Oberarmen hinunter. Mit einem Ruck spannte sich das Lasso. Burt hielt den Grauschimmel an und lenkte ihn zur Seite. Hingle wurde aus dem Sattel gerissen, rutschte über die Hinterhand des Pferdes und stürzte schreiend auf den warmen Steinboden des Kessels.

Der Braune galoppierte noch ein Stück weiter, beschrieb dann einen Bogen und sprengte an der Felswand entlang zu der verharrenden Frau zurück.

Burt ließ das Lasso locker. „Los, steh auf, Hingle!“

Jammernd wälzte sich der Fallensteller, kroch auf die Knie und stand auf.

Burt lenkte das Pferd zurück und ritt auf die Frau zu und der Trapper musste ihm am straffen Lasso folgen, ob er wollte oder nicht.

Tamplin kam aus der Höhle gestürzt und brüllte: „Es ist finster am Ende, da sieht man nicht die Hand vor den Augen. Wir brauchen eine Lampe oder Fackeln!“

Burt zügelte das Pferd.

Tamplin hatte sich erst bei den Pferden weiter umgewandt, sah nun das Lasso zwischen dem Reiter und dem stoppelbärtigen Trapper und da ließ er von den Tieren ab und kam näher. „Was ist denn los?“

„Er wollte stiften gehen.“

„Aber...“

„Hier ist kein Gold. — Die anderen sollen herauskommen!“

„Ja ja“, erwiderte der Kerl abwesend, ging zurück und prallte gegen ein Pferd. „Melvin hat ja auch schon alles mit Schwefelhölzern abgeleuchtet. Aber wir dachten, mit einer richtigen Lampe könnte man mehr sehen.“

„Hier ist kein Gold“, sagte Burt noch einmal. „Nicht wahr, Poker-Lady, hier suchen die Männer vergebens?“

„Das weiß ich doch nicht“, gab die Frau schroff zurück. „Ich habe die Goldader nie gesehen!“

„Nein, nein, behauptet ja auch kein Mensch. Aber du weißt, dass sie hier nicht ist. Du hast eine grobe Vorstellung, wo man suchen müsste, um Gold finden zu können. Hier jedenfalls nicht. — Stimmt das?“

„Ich weiß nur, dass er keine Postkutsche überfallen hat“, entgegnete das rothaarige Mädchen.

„Also gut, lassen wir das.“

Da tauchte auch Zander auf und blickte aus zusammengekniffenen Augen auf Hingle, der sich von dem Lasso befreite. Das Pferd des Fallenstellers war in der Nähe der großen Höhle an der Felswand stehengeblieben.

„Was ist los, Fred?“, fragte Les Zander.

„Hingle wollte Fliege machen. Aber der Marshal hat ihn zurückgeholt.“

Burt rollte das Lasso auf.

„In der Höhle ist kein Gold“, murmelte Zander enttäuscht. „Er hat uns verschaukelt!“

Nach und nach kamen die anderen zurück und blinzelten gegen das grelle Sonnenlicht. Und Zander sagte immer wieder, dass Hingle zu türmen versucht hatte. Sie blickten ihn wütend an und sahen auch sonst aus, als müssten sie sich dringend abreagieren. Und Green sagte: „Es gibt nirgendwo in diesem Abschnitt Gold. Er hat uns reingelegt!“

„So ist es“, stimmte Porter zu.

Wie eine Mauer schoben sie sich näher. Turny hatte auf einmal das breitklingige Kampfmesser in der Hand. Und der Fallensteller wich mit Schweißperlen auf der Stirn zurück, trat auf einen Stein und stürzte mit einem erschrockenen Schrei auf den Rücken.

„Schluss!“, rief Burt scharf.

Sie warfen die Köpfe herum und sahen wie hingezaubert den Colt 45 in seiner Hand.

„Glaubst du wirklich, wir lassen uns das gefallen?“, zischte Green.

„Ihr hättet euch denken müssen, dass er uns zumindest nicht auf Anhieb zu seiner Goldader führt. Wenn es also überhaupt eine gibt, dann bestimmt nicht hier in der Nähe.“

„Wenn es eine gibt, dann prügeln wir es jetzt aus ihm heraus!“, rief Turny und hob die Hand mit dem Messer über den Kopf.

Burt wischte mit der linken Hand über den Hammer des Colts. Ein Donner raste durch den Felsenkessel, Pulverrauch zerplatzte und das Messer wurde dem Kerl aus der Hand gerissen, flog über die Männer hinweg und rutschte klirrend über den Boden.

Grollend hallte das Echo wie das eines Donnerschlages durch den kahlen Felsenkessel.

Turny blickte überrascht auf seine unverletzte Hand.

Der Pulverrauch zerflatterte.

„Ich habe ihn vom Pferd geholt, das reicht“, sagte Burt mit barscher Stimme. „Wir kehren jetzt um und reiten in die Stadt. Es gibt hier kein Gold, das stimmt schon, Green.“

„Es gibt Gold!“, behauptet die Frau schroff. „Eine große Ader in einer Höhle. Aber nur Quincy weiß, wo diese Ader ist.“

Sie schauten nun alle auf das schmale bleiche Gesicht der Frau.

„Ich muss es schließlich wissen“, fuhr sie fort. „Ich habe jeden Tag gesehen, wie er Nugget um Nugget aus der Tasche brachte und in dem Sack im See versteckte, damit es nur nicht jemand durch Zufall sehen sollte. Und ich habe ihn bestärkt, es so zu tun, damit es unser Geheimnis bleiben konnte. — Es gibt eine Goldader!“

Burt schaute sie an und sah die Unentschlossenheit, die die Kerle bewegte. Dann plötzlich schien der Bann zu brechen und sie warfen sich auf den Trapper und schlugen auf ihn ein.

Er hatte die Waffe auf die raufenden Kerle gerichtet und schrie: „Aufhören! — Lasst ihn in Ruhe!“

Niemand kümmerte sich um ihn. Ihre Fäuste schlugen auf den stoppelbärtigen Mann ein, der immer lauter schrie und nicht einmal die Hand heben konnte, um sich zu wehren.

„Die schlagen ihn tot!“, rief die Frau. „Tun Sie etwas! Wozu sind Sie der Marshal?“

„Aufhören!“, brüllte Burt in das Getümmel hinein.

„Ich zeige euch den richtigen Weg!“, jammerte der Trapper. „Ich zeige den Weg jetzt!“

Burt sprang aus dem Sattel, schob die Waffe in das Holster, riss Tamplin zurück und setzte ihn die Faust ans Kinn. Der Kerl flog mit rudernden Armen rückwärts und fiel in sich zusammen. Turny wurde von Mercer gepackt und gegen Green geschleudert und die beiden gingen zu Boden.

„Ich will es ja zeigen!“, stöhnte der Fallensteller, den die restlichen Revolvermänner immer noch mit Fäusten und Tritten bearbeiteten.

„Zurück!“, rief Burt, riss den Colt wieder aus dem Holster und feuerte über die Köpfe hinweg.

Sie ließen von Hingle ab. Er stöhnte, hustete. Blut lief ihm aus dem Mund und um sein linkes Auge herum färbte sich die Haut blau.

„Steh auf“, sagte Burt, während er die rauchende Waffe sinken ließ. „Gibt es nun Gold und wirst du uns richtig führen?“

Hingle setzte sich. Er nickte und wischte das Blut vom Mund.

„Es ist sein gutes Recht, es nicht zu verraten!“, rief die Frau. „Ihr würdet doch auch mit keinem teilen.“

„Los, Quincy!“ Burt Mercer winkte mit einer Kopfbewegung. „Unsere Geduld hat sich so ziemlich erschöpft, das musst du doch gemerkt haben!“

Sie ritten an einem Steilhang entlang und sahen unter sich in der Schlucht bizarr geformte Felsen. Der Weg an der Felswand führte sie nun bereits zwei Meilen nach Süden, so dass sie zwar eine andere Richtung eingeschlagen hatten, sich aber nicht weiter vom See und der Hütte des Fallenstellers entfernten.

Hingle ritt nun immer in der Mitte, so dass er weder nach vorn, noch nach hinten weg konnte. Auf der Felsleiste befand sich die rothaarige Frau neben Burt Mercer und er sah das Schimmern ihrer Kupferhaare in der grellen Sonne.

„Sind wir jetzt richtig?“, fragte Burt leise.

„Das musst du Quincy fragen.“

„Ich glaube, er blufft immer noch. Und du weißt es natürlich. — Hast du schon mal daran gedacht, dass ihn einer der Männer aus Enttäuschung niederschießen könnte?“

Sie schaute ihn kalt und abweisend an. „Und?“

„Allein kannst du in den Bergen nicht leben.“

„Ich bin nicht mit ihm verheiratet. Es hat sich so ergeben, dass ich ihn traf und er mich mitnahm.“

„Ich wollte eigentlich auf etwas anderes hinaus.“

„Worauf?“

„Wenn er tot ist und es gibt doch eine Goldader, dann wird sie keiner mehr finden. — Oder wüsstest du, wo man suchen muss?“

„Nein.“

„Dann solltest du Interesse daran haben, dass er lebt und keine zu großen Scherze mit uns macht.“

Sie schaute ihn nun eher forschend an. „Ich würde auf ihn einreden, wenn ich wüsste, dass es irgendeine Garantie gibt, die ihm die Ausbeutungsrechte sichert.“

„Ich kann nur tun, was in meiner Macht steht.“

„Bis er seinen Anspruch genehmigt hätte, wüssten zahllose Menschen von dem Gold. Was denkst du, Marshal, was er dann noch vorfindet?“

„Das weiß ich nicht.“

„Ein Goldgräbercamp. — Ich werde dir etwas sagen.“ Sie griff ihm in die Zügel.

Beide Pferde blieben dicht nebeneinander stehen.

„Ja!“

„Er wird euch niemals zu dem Gold führen, Burt. Aber es gibt diese Ader!“

Burt Mercer schaute vom versteinerten Gesicht der Frau hinter den anderen her.

„Nie“, sagte sie. „Er hat einmal in seinem ganzen Leben einen langen Faden des Glücks erwischt und er redet seit Wochen davon, wie er es wahrnehmen will. Er hat Pulver bestellt, hat den armen Teufel gespielt und streng darauf geachtet, kein einziges Nugget in die Stadt zu schaffen und Neugier zu erwecken. Und er weiß, was geschehen wird, wenn er die Ader zeigt.“

„Dann führt er uns jetzt also immer noch in die Irre?“

„Selbstverständlich. Und ihr seid verrückt, wenn ihr von ihm etwas anderes erwartet.“

„Und du willst uns nicht helfen?“

Sie schüttelte den Kopf, dass die roten Locken umherflogen. „Ich bin so wenig verrückt wie er!“

„Du hast doch nichts davon. — Oder was hat er dir für einen Anteil versprochen?“

„Wir heiraten, sobald wir in Kalifornien sind.“

„Nach Kalifornien soll es also gehen.“ Burt nickte und trieb sein Pferd weiter.

Nebeneinander folgten sie den anderen, die gute fünfzig Yard voraus waren.

„Ja, nach Kalifornien. Alle Menschen schwärmen von dieser wunderschönen Küste, an der es das ganze Jahr herrlicher Sommer sein soll und an der das Wasser blau ist, Palmen stehen und...“

„Ich habe es gehört“, unterbrach Burt den Redefluss der Frau. „Du willst ihn also beerben, wenn ich es richtig verstehe?“

Sie zuckte mit den Schultern. „Ich bleibe für den Rest seines Lebens bei ihm. Was will er mehr. Was ich später mache, darüber habe ich noch nicht nachgedacht.“

„Ja ja, das ist schon zu verstehen. Wenn man nur wenigstens wüsste, ob das auch alles stimmt. Ich meine, mich interessiert das verdammte Gold nicht. Ich brauche solchen Kram nicht, denn er schafft auch Feinde und Gefahr und beides nicht zu knapp. Aber ich muss den Überfall auf die Postkutsche aufklären.“

„Es ist nicht dieses Gold. Alles nur Zufall.“

Green schaute immer öfter zurück und verzögerte das Tempo, bis sie die anderen eingeholt hatten.

„Was ist denn, was habt ihr denn zu Tuscheln?“

„Es ist nichts, was du nicht schon wüsstest, Green. Aber sie bleibt dabei, dass er eine Goldader gefunden hat.“

Green schaute fluchend auf den Trapper und stieß ihn grob an. „Wie weit noch?“

„Zehn Minuten.“

„Das sagt er nun schon wieder eine Viertelstunde lang“, maulte Tamplin. „Am liebsten würde ich ihn in die Schlucht stürzen!“

Der Trapper blickte zu den bizarren Felsen in der Tiefe, die sich weit unter ihnen befanden.

Plötzlich hielt Burt den Grauschimmel an. „Halt!“, rief er.

Die ganze Kolonne kam zum Stehen.

Weiter die Schlucht hinunter und nur schwer zu erkennen, kreisten Geier am Himmel.

„Seht ihr das?“, Burt streckte den Arm aus.

Die Geier beschrieben Kreise und Bogen am Himmel und schlugen manchmal mit den Flügeln, dann wieder stiegen sie in der Thermik ohne einen Flügelschlag über die Gipfel und schwebten in den warmen Ablösungen, die in den azurblauen Himmel strebten und ein Flimmern vor den Felsen verursachten.

„Die haben Futter gefunden“, sagte Green. „Vielleicht ein abgestürztes Wild. — Weiter, Les!“

Zander und Tamplin ritten vor dem Trapper weiter. Die anderen folgten. Je näher sie den Geiern kamen, umso höher stiegen diese in die Luft. Schließlich, als die Männer und die Poker-Lady dort anlangten, wo die Vögel gekreist hatten, da waren diese zu winzigen Punkten am Himmel geworden.

Und unter den Reitern in der Tiefe schien ein Mensch zu liegen, die Kleidung und die Haut aufgerissen und Lanzen in den Rücken gebohrt. Sein Gesicht war der Erde zugekehrt und nicht zu erkennen.

„Ein schönes Wild“, murmelte Burt Mercer. „Ich denke, das sehen wir uns mal genauer an.“

Erst eine Stunde später hatten sie die tiefe Schlucht erreicht und hielten vor der Leiche. Sie war mit vier Lanzen an die angeschwemmte Erdschicht genagelt und sah schon auf dem Rücken liegend so fürchterlich aus, dass die Poker-Lady hastig vom Pferd sprang und sich übergeben musste.

Tamplin stieg als erster ab, zog die mit Federn geschmückten Lanzen aus dem Boden und der Leiche, der er den Stiefel in den Rücken setzte. Der Kerl warf die Lanzen in eine Spalte, klemmte dem Toten, der skalpiert war, den Stiefel unter den Leib und warf ihn herum.

Steif rollte die Leiche auf den Rücken. Burt spürte, wie auch ihn Übelkeit überkommen wollte und er sah aus den Augenwinkeln das hämische Grinsen Melvin Greens.

„Da braucht man Nerven wie Stricke, was, Marshal!“, Green lachte glucksend.

„Du scheinst ja solche Nerven zu haben.“

„Ja, hab ich.“

Burt blickte in das entstellte Gesicht des Skalpierten und erkannte, dass es Perce Stuart war, der seltsame Alte, der noch tags zuvor mit seinem langen Silberhaar in Choteau gewesen war.

Tamplin bückte sich und durchsuchte die Leiche, vermochte aber nichts zu finden:

„Der wird die Kutsche überfallen haben!“, rief der Trapper keifend.

„Er hat nichts bei sich“, sagte Tamplin. „Dem haben seine Mörder die Taschen um und um gedreht, Melvin.“

„Sind wir hier weit von der Hütte entfernt, in der er manchmal hauste?“, fragte Burt.

„Vielleicht eine Meile“, erwiderte der Trapper.

„Und in welcher Richtung liegt sie?“

„Nach Westen.“

„Dann war er vielleicht auf dem Weg dorthin.“

„Er war jedenfalls in Choteau! Und so gut wie ich kann auch er sich über die Kutsche hergemacht haben.“

„Er ist nicht in der Nähe der Kutsche und bei uns bemerkt worden“, erklärte Porter. „Ich habe ihn meines Wissens überhaupt nicht gesehen.“

„Aber Hingle schlich überall herum!“, stieß Tamplin hervor. „Mit seinem alten durchlöcherten Fell. — Um unauffällig zu erscheinen, wie die Poker-Lady uns weismachen will! Ich sage euch, die beiden haben von langer Hand geplant, die Kutsche zu überfallen, sobald sie ohne Passanten von Choteau abfährt. Und der da, der arme alte Teufel, der ist zufällig an Indianer geraten und massakriert worden. Das passiert jeden Tag irgendwo einem Weißen.

„Wir wollten ihn in einer Felsspalte beerdigen.“ Burt Mercer stieg aus dem Sattel, bückte sich und packte den skalpierten Toten am Arm. Er schleifte ihn zu einer breiten Spalte und legten

ihn darin in der Kühle ewigen Schattens auf den Boden.

Gemeinsam trugen sie Steine heran und bedeckten die Leiche damit, bis sie nicht mehr zu sehen war.

Plötzlich erschallte Hufschlag.

Burt wandte sich um und sah den Trapper auf dem Hals seines Pferdes liegend durch die Schlucht jagen. Er schüttelte den Kopf und sagte: „Der macht doch immer wieder das gleiche.“

Green war schon zu seinem Pferd gegangen, hatte das Gewehr aus dem Scabbard gezogen, repetierte es und schlug es an der Schulter an.

„Nur er weiß, wo die Goldader ist!“, rief die Poker-Lady schrill.

Das Donnern der Schüsse rüttelte an den Felsen. Die Pferde stoben erschrocken auseinander.

Quincy Hingles Pferd wurde in die Hinterhand getroffen, strauchelte, fing sich und fegte eine Geröllhalde hinauf. Es war verletzt und von dem Fallensteller offenbar nicht mehr zu kontrollieren. Mitten auf der Halde wurde es von Greens zweiter Kugel in den Hals getroffen und brach zusammen.

Die Frau biss sich in den Handballen, als der Trapper auf das Geröll stürzte. Ein paar Steine nahmen ihn mit, er rutschte ein Stück, blieb liegen und kleineres Geröll ging über ihn hinweg.

„Nur er weiß es!“, stieß die Frau kreidebleich hervor. „Wenn er tot ist, kriegt keiner das Gold!“

Green hatte das Gewehr sinken lassen. „Der ist nicht tot und von Gold weiß der auch nichts.“

Burt blickte auf die erschrockene Frau, deren Entsetzen und Angst ihm durch und durch echt erschienen und er war in dieser Minute mehr denn je überzeugt, dass es doch ein Zufall war, dass es eine Goldader irgendwo in der Nähe gab.

„Holt ihn!“, befahl Green seinen Leuten. Er lud sein Gewehr nach und schob es in den Sattelschuh.

Tamplin und Turny liefen durch dünnen Alkalistaub die Schlucht hinauf und kletterten in die Geröllhalde. Sie befreiten den Fallensteller aus dem Gestein und stießen ihn vor sich her. Das Pferd schien tot zu sein. Die Frau neben Burt atmete erleichtert auf.

Turny und Tamplin stießen den Trapper gegen das Pferd der Frau.

„Ich schlage vor, wir legen ihn um“, erklärte Turny. „Das Gold haben wir, eine Ader kann er offenbar doch nicht zeigen, sonst brauchte er sich nicht so anzustellen und zehn Minuten zu Stunden zu machen. Er hindert uns nur und flieht am Ende doch noch, weil er sich hier zehnmal besser auskennt als wir!“

„Wir nehmen ihn weiter mit“, entschied Burt. „Und wir reiten jetzt zu seiner Hütte, holen für ihn ein frisches Pferd und dann weiter nach Choteau.“

Niemand widersprach, auch die Frau nicht. Alle stiegen auf die Pferde. Hingle kletterte hinter der Frau auf deren Tier, nachdem die Poker-Lady den Fuß aus dem Steigbügel gezogen hatte. Der kleine Zug setzte sich in Bewegung, passierte die abgerutschte Halde mit dem Kadaver des Pferdes darauf und verschwand zwischen den bizarr geformten Steingebilden der Felsen.

„Meinen Sattel habt ihr vergessen!“, jammerte der Fallensteller.

Keiner antwortete ihm. Verbissen schweigend folgten sie der Schlucht bis zu dem Hohlweg, durch den sie den Aufstieg zu der Felsleiste antraten. Und niemand verlangte nun noch von Quincy Hingle, dass er den Weg zu seiner Goldader zeigen sollte. Sie glaubten nicht mehr daran; bis auf Burt. Aber der verlegte sich zunächst darauf, die beiden scharf zu beobachten.

Aber auch die Poker-Lady zeigte sich verbissen und sprach kein Wort. Hingle jammerte höchstens manchmal, weil er so schlecht sitzen konnte und Schmerzen hatte, aber das vermochte die eiskalten Revolvermänner nur zum Grinsen zu reizen.

Tamplin ritt an die Seite der beiden, als der Hohlweg wieder breiter geworden war und als Hingle abermals jammerte, versetzte der Mann ihm einen Stoß, der ihn fast vom Pferd geworfen hatte. Im letzten Moment konnte der Fallensteller sich an der Frau festhalten.

Die Pferde kamen zum Stehen. Burt wollte etwas sagen, aber da hatte Tamplin den Revolver in der Hand und presste ihn Hingle gegen die Schläfe.

„Was willst du?“, zischte der Trapper.

„Hast du eine Goldader oder hast du keine?“

„Ich hab eine.“

„Wo?“

Hingle schluckte.

„Wenn ihr ihn tötet, ist das Gold für immer verloren“, mischte sich die Frau mit spröder Stimme ein. „Ich werde es euch sagen!“

„Dann heraus damit!“, zischte Tamplin.

Alle blickten gespannt auf die Frau und den alten Trapper, die auf einem Pferd saßen. Augenblicklich war wieder alles verändert, jeder von ihnen dachte wieder etwas anderes als noch in der Minute vorher.

„Ja, ich werde es sagen, damit es ein Ende hat“, fuhr die Frau fort. „Ich habe die Ader nie gesehen und habe also auch keine Ahnung, ob es schwer oder leicht ist, sie zu finden. Aber jedenfalls befindet sie sich in der großen Grotte am See, am anderen Ende als dem, an dem die Hütte steht.“

„Bist du des Teufels?“, schrie Hingle.

„Sie bringen dich um, wenn sie es nicht erfahren, merkst du das wirklich nicht?“, fragte die Frau abfällig. „Und was hast du noch von dem vielen Gold, wenn du tot bist?“

Zweifelnd schaute Green auf Burt. „Was halten Sie davon, Marshal?“

Burt hob die Schultern an.

„Vielleicht ist es ganz leicht, die Ader zu finden“, fuhr die Frau fort. „Vielleicht ist es aber auch eine sehr große, weit verästelte Grotte, die meilenweit in den Berg führt. Ich weiß es nicht.“

„Warst du nie dort?“, fragte Burt. „Doch. Aber nur am Anfang. Weit nahm Quincy mich nicht mit. Er verschwand dann in den Gängen, die abwärts führen, wie in die Hölle hinein!“ Green schaute wieder auf Burt und der zuckte mit den Schultern und sagte: „Ich weiß nicht mehr als ihr. Wir müssen es nachprüfen.“

„Und wenn das stimmt, wer hat dann die Postkutsche überfallen?“, fragte Green.

„Die vielen Fragen gehen mir auf die Nerven, Green. Ich bin doch nicht allwissend. — Los, weiter!“

Sie ritten den Hohlweg weiter hinauf, sahen die Felsleiste und plötzlich Indianer.

Die bronzefarbenen Körper der Dakotas schimmerten in der Sonne mit den Spitzen der Lanzen und den Messingschlössern ihrer Büchsen um die Wette.

Ohne Kommando waren sie alle von den Pferden und drängten die Tiere gegen die Steilwände des Hohlweges.

Es mochten zwölf bis fünfzehn Indianer sein, die ihre mit Federn, Schlangenhäuten und weißen Farbstrichen geschmückten Pferde ebenfalls angehalten hatten und absprangen.

Tamplin schoss als erster. Er und seine Freunde kannten es nicht anders. Wenn sie Dakotas trafen, wurde geschossen und nicht verhandelt.

„Hört auf!“, rief Burt. „Vielleicht kann man mit ihnen reden.“

Es war zu spät, sie feuerten schon alle und der erste Indianer brach mit einem Schrei zusammen.

Kugeln und Lanzen flogen in den Hohlweg herunter. Die Pferde waren unruhig und knallten mit den Hufen gegen die Wände. Das Hallen der Schüsse nahm zu.

Die Pferde der Indianer waren verschwunden und die Dakotas suchten so gut es ging Deckung hinter Steinen und Felsvorsprüngen. Einer wurde noch getroffen, bevor er verschwinden konnte, taumelte zurück und brach an der Kante der Felsleiste zusammen.

Das Pfeifen einer Kugel ging an Burt vorbei und machte ihm klar, wie gefährlich die Situation war.

„Gebt mir ein Gewehr!“, rief der Fallensteller.

Die anderen beachteten ihn nicht, schossen auf die Indianer und repetierten die Gewehre.

Tamplin brüllte plötzlich fürchterlich, ließ seine Waffe fallen, taumelte auf die Mitte des Hohlweges und zuckte unter den Einschlägen weiterer Kugeln zusammen. Er röchelte, seine Knie knickten ein und er stürzte steif auf den Weg.

„Die wollen uns fertigmachen!“, schrie Turny sinnlos.

Das Feuer der Männer verstärkte sich und ihre Kugeln mähten in den Indianerhaufen, der wieder aufgetaucht war, hinein, dass dieser auseinandergerissen wurde. Zwei, drei Teton Dakotas stürzten auf das Gestein und hauchten ihr Leben aus. Die anderen packte Panik, sie rannten zurück und verschwanden. Sekunden später war hämmernder Hufschlag zu hören, der sich rasch entfernte.

Sie ließen die Gewehre sinken, warteten und lauschten, bis die Geräusche, die zu einem Flüstern herabsanken, verstummten.

Pulverrauch und Staub wehten vermischt in der Luft.

Der Trapper und die Frau kamen hinter den Pferden hervor und blickten den Weg hinauf. Turny beugte sich über Tamplin und drehte ihn herum. Dem Toten stand der Mund offen und seine Augen blickten glasig ins Nichts. Turny drückte ihm die Augen zu und richtete sich auf.

„Der hätte sich auch nicht träumen lassen, dass es so schnell geht“, murmelte Porter. „Trotzdem hätte ich auch gern mal so einen kurzen Tod. Muss schön sein.“

„Wir nehmen ihn bis zu einer Stelle mit, an der wir ihn beerdigen können“, erklärte Green. „Danach kann der Trapper dann das überzählige Pferd nehmen. Als Vorschuss, falls wir wirklich Gold finden!“

Burt beobachtete die Kerle und musste feststellen, dass sie auch untereinander eiskalt waren. Der Tod ihres Kumpans rührte die Revolvermänner gar nicht. Und sicher würden sie auch aufeinander losgehen, wenn es eine Beute geben sollte, die es vielleicht zu teilen galt.

Burt Mercer stieg auf den Grauschimmel und ritt den Hohlweg hinauf, die Winchester 73 in der Armbeuge. Er hielt bei den toten Indianern, stieg ab und durchsuchte die Taschen der selbstgenähten Lederhosen, die sie trugen. Aber was er fand, gab ihm auch keinen Hinweis auf Gold.

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