Читать книгу Revolver für Wells Fargo: Super Western Sammelband 7 Romane - Glenn Stirling - Страница 17
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ОглавлениеDie Sonne hatte den Dunst aufgelöst, und die Felswand über der Grotte leuchtete in goldener Pracht.
Green und Porter saßen schon im Kanu. Zander schob es vom Ufer weg und sprang hinein.
Burt saß noch auf der Bank vor der Hütte, uneins mit sich, ob es richtig war, die streitenden Parteien ihrem Schicksal zu überlassen. Aber er wusste, dass er nicht die Macht hatte, sie dazu zu zwingen, etwa die Berge zu verlassen, in denen sie nach einem Vertrag mit den Indianern nichts verloren hatten. Spätestens seit der Custer-Schlacht am Little Bighorn gab es keinen Richter und keinen Fortkommandanten, der noch im Ernst einen Mann davon abhalten würde, in den Bergen sein Glück zu suchen. Und ihn, den Marshal von Choteau, ging das schon gar nichts an.
Das Kanu entfernte sich.
Burt stand auf, nahm den Sack mit dem Gold und lief zum Korral. Er hängte die Fenz aus, trat hinein, stellte das Gold neben den Pfahl und griff nach dem Lasso.
Die Pferde standen auf der anderen Seite der Umzäunung im Wasser, hatten ihm aber die Köpfe zugewandt.
Indessen hatte das Kanu die Mitte des Sees erreicht.
Burt sah ein Blinken in der Felswand und erkannte eine Scharte in der halben Höhe, die ihm vorher nicht aufgefallen war. Vielleicht gab es dort einen Weg oder gar eine Höhle, die ebenfalls zu dem unterirdischen System von Gängen gehörte.
Er blieb stehen und beobachtete den angestrahlten, goldenen Felsen. Nichts rührte sich dort. Indessen entfernte sich das Kanu rasch weiter, wurde immer kleiner und musste die Grotte nun schon bald erreicht haben.
Die Pferde konnten am Ende der Umzäunung, dort, wo sie ein Stück in den See reichte, Wasser saufen.
Da sah Burt wieder etwas. Dünner Rauch erschien über der vorspringenden Kante. Der Trapper tauchte auf und neben ihm schimmerte auf einmal das rote Haar der Poker-Lady in der Sonne. Etwas flog, kaum zu erkennen, durch die Luft. Burt meinte, ein Sprühen zu erkennen und neuen Rauch. Die Kerle im Kanu sprangen auf. Der Kahn schaukelte heftig. Zwei der Männer sprangen ins Wasser. Der dritte stand drin und gestikulierte und auf einmal explodierte die Ladung, die der Fallensteller ins Boot geworfen hatte. Ein Feuerball stach vor der Grotte in die Luft, schleuderte einen Kerl ins Wasser und fetzte das Kanu auseinander. Bretter und Paddel flogen in Rauch und Wasserfontänen gehüllt über den See und stürzten in ihn hinein.
Vom Felsen herunter feuerte der Trapper aus einem Gewehr, aber die beiden Schwimmer tauchten, kamen links der Grotte dicht unter dem Felsen wieder an die Oberfläche und retteten sich unter den überhängenden Granitwänden.
Der Trapper und die Poker-Lady verschwanden.
Burt ging zurück, nahm den Sack mit dem Gold und warf ihn in die halbvolle Regentonne, in der das Leder nicht zu erkennen war. Er verließ den Korral, warf das Lasso über den Pfahl und hängte die Fenz ein. Im See sah er den dritten Mann, der zu seiner Verwunderung nicht bei der Explosion umgekommen war, sondern zu den beiden anderen schwamm.
Die beiden unter der überhängenden Wand winkten dem dritten, der Porter sein musste. Dann halfen sie ihm, ans Ufer zu gelangen und alle drei verschwanden hinter Büschen, die vor den Felsen wucherten.
Burt schaute wieder dorthin, wo das Kanu auseinandergerissen worden war. Ein paar Teile davon schwammen in einem weiten Umkreis auf dem See, der sich indessen schon wieder beruhigt und geglättet hatte. Das Gold war in der Tiefe versunken und für immer verloren. Und wenn die Revolvermänner nun noch den Trapper töten würden, dann würde es für sie nichts geben.
Er schaute auf das Buschwerk im Osten, konnte aber die Revolvermänner nicht sehen. Noch war Burt unentschlossen und fragte sich, ob er sie nicht doch zur Vernunft bringen konnte. Minuten vergingen, bis er sah, wie sich die Büsche bewegten und die drei nassen Halunken keuchend aus dem Gestrüpp kamen.
Sie waren gerannt, blieben nun stehen, atmeten heftig und blickten ihn am Korral vorbei an. Sie hatten ihre Hüte verloren und die Haare klebten ihnen an den Köpfen.
„Was habt ihr denn?“, fragte Burt.
Green kam näher. Die beiden anderen folgten ihm.
„Hast du ihn gesehen?“
„Ich habe ein Blinken gesehen, mehr nicht.“
„Der hat das Kanu mit dem Presspulver gesprengt, das du ihm gebracht hast“, erwiderte Porter.
„Was soll denn das heißen?“ Burt wandte sich um, ging zur Hütte und setzte sich auf die Bank. Als er den Kopf hob, hatten die drei Kerle ihn bis auf drei Yard erreicht und ihre Revolver in den Händen. Die Mündungen waren auf ihn gerichtet.
Burt war es, als wollte sein Blut in den Adern zu kochen beginnen. „Dreht ihr jetzt durch?“
„Wir haben nachgedacht, Marshal.“ Green grinste. „Der alte Opa kann uns nicht entwischen, das weißt du ja. Seinetwegen haben wir also keine Eile. Aber du könntest inzwischen nach Great Falls reiten und in aller Stille versuchen, die ganzen Berge zu kaufen.“
„Dann wäre es dein Gold“, setzte Porter hinzu. „Mit Papier und Stempel!“
„Genau.“ Green nickte.
„Wovon sollte ich das denn bezahlen?“
„Du musst ja nicht unbedingt sagen, dass du das Gold hast, das aus der Postkutsche gestohlen wurde“, erklärte Zander. „Wenn du dir das schenkst, kannst du die ganzen Berge kaufen.“
„Ihr seid ja verrückt!“
„Vielleicht“, räumte Green ein. „Aber sicher ist sicher. Du könntest schließlich auch dem Richter einen ganz schönen Vers aufsagen. Wie wir hier einer dem anderen kalte Füße besorgen!“
„Bis jetzt betrifft das euch aber noch nicht.“
„Noch nicht“, schränkte Green ein. Burt blickte auf Zander. Er hatte eine Beule an der Stirn, sein nasses Hemd war stellenweise verbrannt. Das Kinn des Kerls war schief. „Du hast unheimliches Glück gehabt. Ich dachte, es hätte dich mit zerfetzt.“
Zander grinste. „Nur die Guten sterben jung, Marshal! — Wo hast du denn das Gold?“
„Versteckt.“
„Vor uns?“
Burt hob die Schultern an. „Einfach so. Ohne nachzudenken.“
„Sozusagen der sechste Sinn, was?“ Porters Grinsen wurde teuflisch.
„Ja, vielleicht.“ Burt sah, dass aus Greens Revolver ein Wassertropfen fiel. „Seit ihr eigentlich sicher, dass die Kanonen auch noch losgehen?“
Porter war unsicher, hob seine Waffe an und schaute hinein.
Burt, der genau wusste, dass sie sich wirklich überlegt hatten, ihn für immer aus dem Wege zu räumen, sprang auf, warf sich gegen Green und Porter gleichzeitig und rannte auf den Zaun zu.
Porter war gefallen und Green gegen Zander geprallt. Als sie die Überraschung hinter sich hatten, sprang Burt über den Zaun hinweg.
Zander drückte ab, aber seine Waffe gab nur ein Klicken von sich.
Da war Burt Mercer hinter dem Zaun und rannte auf die Pferde zu.
Green schoss. Seine Kugel traf einen Pfosten und riss ihn auf. Porter sprang auf die Beine und wollte schießen, aber auch seine Waffe versagte.
Burt erreichte den Grauschimmel, warf sich auf das Tier und riss es herum.
Zander hatte seine Trommel weitergedreht, versuchte es wieder und da entlud sich der Coltrevolver mit einem peitschenden Knall. Auch Green schoss.
Eine Kugel streifte Burt am Arm. Eine andere Kugel strich dem Grauschimmel über die Hinterhand.
Das Pferd stieß ein trompetendes Wiehern aus und setzte über den Zaun hinweg und ins berstende Gestrüpp hinein. Und während sich auf der anderen Seite die Revolver entluden und das Krachen durch das Tal hallte, entfernte sich der Marshal. Er lag fast auf dem Hals des Pferdes und hielt sich an der Mähne fest, die ihm ins Gesicht schlug. Er hörte die Kerle immer noch schießen. Einmal wimmerte eine Kugel misstönig vorbei. Er schaute zurück und sah in der Luft tanzende Äste und Staub, hinter denen die Hütte und die schießenden Revolvermänner versanken.
Als die Büsche hinter Burt Mercer lagen, feuerte einer der Kerle aus einem Gewehr. Aber da sie ihn hinter der Staubwand kaum sehen konnten, war es unwahrscheinlich, dass sie zu dem Erfolg kamen, den sie sich davon versprachen.
Burt zügelte den ungesattelten Grauschimmel am Anfang der Schlucht zwischen hohen Felsen, auf denen Bergwald stand. Er schaute nun wieder zurück. Das Feuer verstummte. Das Pferd hatte noch große ängstlich blickende Augen und es bewegte sich unruhig. Burt schlug ihm gegen den Hals.
„Es ist ja alles in Ordnung!“
Abermals schaute er zurück. Der plötzliche Stimmungsumschwung bei den Kerlen hatte ihn so sehr überrascht, dass er jetzt noch Mühe hatte, ihn zu begreifen. Auf einmal hatten sie eine Gefahr in ihm gesehen. Es schien damit zusammenzuhängen, dass sie das Gold nun endgültig für greifbar hielten.
Umkehren erschien dem Marshal im Augenblick als sehr riskant. Sie waren nicht nur drei gegen ihn, das hätte ihn am Ende weniger geschreckt. Nein, sie hatten auch Gewehre, während er auf seinen Revolver angewiesen war. Sie konnten schon auf ihn schießen, wenn seine Waffe noch wirkungslos war.
Burt beschloss, abzuwarten und zunächst einmal das Tal zu beobachten. In ihrer Gier nach dem Gold in der Grotte würde sich bestimmt schon bald seine Chance von selbst ergeben.
Er schnalzte mit der Zunge und ritt in die Schlucht hinein.
„Hast du es, Les?“, fragte Green in die Hütte hinein.
„Nein!“, schallte es zurück.
„Verstehe ich nicht.“ Green wandte sich um, schaute zum Korral hinüber, in dem Porter herumsuchte und dann abermals durch das Fenster in die Hütte. „Er ist auf einem ungesattelten Pferd weg geritten. Also hat er es nicht bei sich!“
„Aber hier ist es nicht!“ Zander warf in der Hütte einen Stuhl an die Wand, weil er immer wütender wurde. Denn genauso wie Green verstand er nicht, wo das Gold geblieben sein sollte.
Porter kam kopfschüttelnd aus dem Korral und hängte die Fenz ein. „Da drin ist es nicht, das steht fest.“
Zander durchsuchte noch die Küche, blickte in den gemauerten Herd und rückte den einfachen Bretterschrank von der Wand weg. Er trat hart auf jede Diele, weil er dachte, es wäre doch irgendwo etwas hohl .Aber er fand das Rohgold nicht.
Zander verließ die Hütte und sagte: „Nichts, Melvin. Absolute Fehlanzeige!“
„Dann hat er es in den Büschen versteckt“, erklärte Porter.
„Komisch“, murmelte Green.
„Was?“ Zander kniff die Augen zusammen.
„Dass er überhaupt damit gerechnet haben soll, in uns auf einmal Gegner zu haben.“
„Ja, das begreife ich auch nicht“, stimmte Porter zu. „Er hat vielleicht doch einen sechsten Sinn!“
„Und wieso ist er dann nicht gleich stiften gegangen, als er sah, dass wir zurückkamen?“
„Das weiß ich auch nicht.“
Green griff auf einmal nach Porters Arm. „Bleib so stehen!“ Er schaute über den See und sah den Trapper an der Felswand der Grotte auf dem flachen Uferstreifen.
„Was ist?“, fragte Porter atemlos. „Hingle steht am Eingang der Grotte. Aber man sieht ihn nur halb. Vielleicht tritt er weiter heraus! — Les, hast du dein Gewehr in der Hand?“
„Nein.“
„Verdammt und zugenäht! Wo ist es?“
„Mein Gewehr liegt auf dem Seegrund. Aber das vom Marshal steht in der Hütte.“
„Geh ganz langsam hinein. Und sieh nicht zu Hingle hinüber. — Crim, du sollst dich doch nicht bewegen!“
Porter, der sich gerade langsam umwenden wollte, blieb fluchend stehen. „Ich will ihn doch auch mal sehen.“ Hingle kam nicht weiter aus der Grotte.
Zander ging Schritt um Schritt zurück, hielt es dann doch nicht länger aus und rannte in die Hütte hinein. Als er mit Burt Mercers Winchester 73 wieder auftauchte, feuerte der Trapper einen Schuss ab. Aber infolge der großen Entfernung ging seine Kugel weit fehl.
Porter wirbelte herum. Zander schoss aus dem Gewehr, repetierte und schoss noch einmal, aber ebenso wie der Trapper ohne Erfolg.
Hingle war in der Grotte verschwunden. Eine Kugel schrammte gegen die Felswand und heulte als Querschläger quarrend über den See:
Zander schoss noch einmal.
„Hör auf!“, befahl Green. „Schade um die Patronen. Er ist doch gar nicht mehr dort!“
Über Zander zerflatterte der Pulverrauch in der Sonne.
Hingle ließ sich nicht mehr sehen. „Wir müssten mit dem Kerl irgendwie fertig werden“, schimpfte Porter. „Sonst ziehen wir noch die kürzeren. Denn wir dürfen nicht vergessen, dass wir es nun auch mit dem Marshal zu tun haben. Das lässt der nicht auf sich beruhen, dass wir ihm den Garaus machen wollten und nur daran gehindert wurden, weil unsere Waffen ein Bad genommen hatten.“
„Ich weiß auch, dass er zurückkommt, um uns irgendwie in die Pfanne zu hauen und das Gold zu holen, das er versteckt hat. Aber wichtiger ist doch wohl der Trapper. Wir können durch die Büsche zu dem nördlichen Uferstreifen zurückgehen und in die Grotte schwimmen. Was anderes gibt es nicht.“
„Da knallt er uns wie Hasen ab“, entgegnete Zander.
„Ja, das denke ich mir auch“, gab Green zu. „Deshalb wäre ich dafür, dass wir die Pferde satteln und nach Osten reiten.“
Porter starrte ihn an, als würde er an seinem Verstand zweifeln. „Aufgeben?“
„Scheinbar.“
„Was heißt das?“
„Wir reiten in die Schlucht, steigen ab und schleichen zurück. Wahrscheinlich werden er und die Poker-Lady versuchen, zu dem nahen Uferstreifen zu schwimmen und dann die Hütte zu erreichen. Und dann warten wir auf ihn.“
„Guter Gedanke!“, lobte Zander. „Los, das machen wir!“
„Keine Hast, mahnte Green. „Die beobachten uns, das ist sicher! — Les, jage mal noch ein paar Kugeln hinüber. Das sieht dann echter aus!“ Zander schlug das Gewehr an und schoss noch dreimal zu der Grotte und wieder war das Quarren eines Querschlägers zu hören und das wummernde Echo schallte von allen Felsen zurück.
In der Grotte rührte sich nichts.
„Gut, das reicht.“ Green ging zum Korral, hängte die Fenz aus und warf sie auf den Boden. Er nahm ein Lasso, fing sein Pferd ein und sattelte es am Zaun. Verstohlen schaute er dabei immer wieder über den See hinweg. Aber der Trapper zeigte sich immer noch nicht.
Green stieg in den Sattel, ritt aus dem Korral vor die Hütte, stieg dort wieder ab und ging in das Gebäude hinein. Er nahm das Gewehr und kletterte draußen wieder in den Sattel.
Die beiden anderen kamen aus dem Korral. Alle drei ritten in östlicher Richtung durch das Tal und in die Schlucht hinein. Außer Sichtweite des Sees hielten sie sofort an, stiegen ab und kehrten zurück. Vom Boden aus waren die Büsche zu hoch. Melvin Green sah nur die Felswand weit oberhalb der Grotte und so wusste er, dass auch sie vom anderen Ufer des Sees aus nicht zu sehen sein konnten. Er winkte den beiden anderen. Sie brachten die Pferde mit, aber Green rief: „Seid ihr verrückt, die müssen wir natürlich hier lassen!“
„Und wenn der Marshal zurückkommt?“, fragte Zander
„Ja, der taucht noch mal auf, das ist sicher“, stimmte Porter kopfnickend zu. „Der will doch das versteckte Gold noch holen, Melvin. Und dass er sich so einfach geschlagen gibt, dafür ist er auch nicht der Kerl.“
„Die Pferde können sich aber nicht bücken! Und zu den Büschen steigt der Boden an und sie sind dann von der Grotte aus zu sehen.“
Sie blickten durch das Tal. Zander zeigte links an der Wand entlang. „Wenn wir nun einen Bogen schlagen, Melvin?“
Greens Blicke tasteten den Weg an der Wand entlang zur Westseite des Tales ab.
„Genügend Zeit haben wir bestimmt“, setzte Zander hinzu. „So schnell sind die beiden nicht. Die wollen sicher auch erst warten, ob wir auch wirklich verschwunden sind.“
„Also gut, versuchen wir es.“ Green nahm Porter den Zügel seines Pferdes ab und lief an der Wand entlang nach Südwesten.
Die beiden anderen folgten ihm. Immer wieder schauten sie zu den Büschen hinüber und sahen die Felswand dahinter, auf der das Sonnenlicht den ganzen Tag lang das goldene Schimmern erhielt. Die Grotte vermochten sie nicht zu sehen.
Als die Hütte zwischen den Revolvermännern und dem See stand, erreichten sie dichtes Buschwerk, in das sie nach Norden gehend eindringen konnten.
„Weit genug“, sagte Green, nachdem sie zwanzig Yard in das Dickicht gelaufen waren. „Hier lassen wir sie zurück.“
Sie banden die Zügel der Tiere zusammen, nahmen ihre Gewehre und schlichen geduckt weiter durch das raschelnde Buschwerk. Hinter den letzten Sagebüschen verharrten sie noch geduckt stehend, sahen die Hütte, den silbern leuchtenden See und die Grotte unter der goldenen Felswand.
Melvin Green kniete und sah Hingles Gewehr nach, das randvoll geladen war.
„Ob sie schon zu dem Uferstreifen geschwommen sind und durch die Büsche schleichen?“, fragte Zander.
„Woher sollen wir denn das wissen?“, knurrte Porter. „Geh weiter herunter, verdammt!“
Auch Zander kniete. Sie beobachteten die Grotte und als die Zeit verstrich und sich nichts tat, wurden sie immer unruhiger und sie blickten sich immer öfter gegenseitig an. Green schaute wachsam zu den Büschen östlich der Hütte hinüber, aber auch dort tat sich nichts.
Auf einmal aber geschah etwas völlig Unerwartetes. Aus der Grotte schwamm ein zweites Kanu und in dem Boot saßen der Trapper und hinter ihm dir rothaarige Frau.
Verblüfft starrten die drei Kerle über den See.
Das Kanu hielt vor der Grotte und schwamm treibend ein wenig nach links herum, so,dass seine ganze Länge deutlich zu erkennen war.
„Der alte Halunke ist doch mit allen Wassern gewaschen“, murmelte Porter, in dessen Stimme Anerkennung mitschwang. „Hast du damit gerechnet, Melvin?“
„Damit hat keiner gerechnet.“ Greens Hand schraubte sich fest um den Kolbenhals des Gewehres.
Das Kanu wurde nun abermals gewendet, der Fallensteller begann zu paddeln und das Wasser furchte sich. Lange Wellen liefen zu den Felsen und das Boot kam langsam über den See. Aber immer wieder hielt Quincy Hingle inne und schien die Hütte und die Büsche zu beobachten.
Zander richtete sich in den Büschen auf, drehte die Winchester 73 des Marshals herum und ein Sonnenstrahl brach sich auf dem Messingschloss. Das Blinken war gewiss bis auf den See hin zu sehen.
„Verdammt, herunter!“, zischte Green aufgebracht. „Spinnst du denn, Mann?“
Zander duckte sich sofort wieder.
Aber es war zu spät. Hingle hatte das Blinken gesehen. Er tauchte das Stechpaddel ein und wendete sein Fahrzeug auf dem See.
„Er haut ab!“, brüllte Porter. „Er hat irgend etwas gesehen!“
„Les hat er gesehen. Oder die Büsche haben gewackelt, als er aufstand. Verdammt, verdammt!“
Hingle hatte das Kanu in die entgegengesetzte Richtung gebracht und setzte es wieder in Fahrt.
„Los, der haut wirklich ab!“ Green sprang in die Höhe und brach aus dem Busch.
Porter und Zander folgten ihm. Die drei Kerle rannten zur Hütte, legten die Gewehre an und feuerten. Kugeln fuhren rechts und links vom Kanu ins Wasser und Fontänen spritzten in die Höhe. Mit einem kreischenden Schrei warf sich das Mädchen unter die Bordwand. Der Trapper ruderte schneller. Das Holz splitterte unter Kugeleinschlägen, der Fallensteller wurde getroffen und zuckte unter den Treffern zusammen. Er fiel auf den Rand, hing mit dem Oberkörper über und verlor das Paddel, das davon trieb.
Die Poker-Lady schrie gellend. Ihr rotes Haar war wieder über dem Bordrand des Bootes zu sehen. Es trieb nun abermals herum, der Trapper neigte sich weiter nach draußen und stürzte über die Wand.
Die Poker-Lady schrie fürchterlich.
Der Trapper versank. Sein Hut schwamm auf dem Wasser vom Boot weg. Eine ausgestreckte Hand von ihm tauchte noch einmal auf, dann ging r unter und kam nicht mehr zum Vorschein.
Die Kerle hatten die Waffen sinken lassen und blickten hinaus zu dem Boot, das ungefähr hundert Yard vom Ufer entfernt war.
„Es sinkt“, sagte Porter.
Auch Green erkannte, wie das Kanu tiefer ins Wasser sackte. Die Poker-Lady schrie immer noch, als hätte sie den Verstand verloren. Das Paddel und der alte Zylinder des Trappers trieben der Grotte entgegen, zu der ein sanfter Lufthauch blies.
„Du musst paddeln!“, rief Porter, der die Hände am Mund zu einem Trichter geformt hatte.
Die Frau schaute zurück.
„Paddeln!“, rief Porter wieder.
Zander ließ das Gewehr des Marshals fallen und machte die Bewegung des Paddelns, das die Frau nachmachen sollte.
Die Poker-Lady nahm wirklich das zweite Stechpaddel und tauchte es ins Wasser. Aber da sie es nicht wie der Fallensteller verstand, ihr Gewicht entsprechend zu verlagern, drehte sich das Boot steuerlos auf dem See um seine Achse.
„Andere Seite!“, brüllte Zander.
Die Poker-Lady tauchte das Paddel nun an der anderen Bordwand ins Wasser, das Kanu schwamm ein Stück weiter auf den See hinaus, dann drehte es sich abermals, nun aber nach links herum.
„Das schafft die nie!“, rief Porter.
Das zweite Stechpaddel und der speckige Zylinder des untergegangenen Fallenstellers hatten sich bereits weit von dem Boot entfernt.
„Les, hilf ihr!“, befahl Green. Entgeistert starrte Zander seinen Kumpan an. „Ich? Wie soll ich denn das machen?“
„Ganz einfach, du schwimmst zu ihr hinaus!“
„Warum denn ausgerechnet ich?“
„Dir haben wir es doch zu verdanken, dass der Trapper tot ist, du verdammter Idiot!“
„Das scheinst du schon wieder vergessen zu haben!“, zischte Porter grollend. „Nun los, mach schon!“
„Wer weiß, ob ich so weit schwimmen kann!“
Die Frau paddelte nun wieder auf der anderen Seite und das Kanu bewegte sich nach rechts herum.
„Nun mach schon, Les, es ist doch nicht weit!“, schimpfte Green. „Der Kahn geht unter!“
Tatsächlich sank das Kanu rasch immer tiefer ins Wasser. Da es aus Holz gefertigt war, ging Melvin Green jedoch davon aus, dass es nicht völlig sinken konnte. Nur würde die Frau es nicht ans Ufer bringen.
Vor sich hin brummend ging Les Zander in die Hütte und zog sich aus. Nur mit einer kurzen Unterhose bekleidet tauchte er wieder auf und blickte fragend auf seine Komplizen.
„Mach, mach!“, drängte Porter.
Die Frau trieb mit dem sinkenden Boot auf dem See und das kurze Stechpaddel eilte dem speckigen Zylinder nach, der nur noch als schwarzer Punkt auf der Wasserfläche zu erkennen war.
Zander ging zum Ufer hinunter, lief ins Wasser und schwamm dem Kanu entgegen. Er erreichte es und bugsierte es schiebend in Richtung auf den Sandstreifen unterhalb der Hütte neben dem Korral zu.
„Crim, du holst die Pferde!“, bestimmte Green. Er packte sein Gewehr am Lauf und schlenkerte sich den Kolben über die Schulter. Und während er sich den Hut ins Genick schob, lief er hinunter zu dem Sandstreifen, lehnte sich an den Eckpfosten des Korrals und blickte auf das Kanu und den schiebenden Zander. Weil die Frau immer wieder einmal paddelte, schwamm das Boot ständig mit schlenkernden Bewegungen nach links herum.
Green sah, dass das Gefährt innen bereits zur Hälfte mit Wasser gefüllt war und die bleiche Poker-Lady schien immer noch zu befürchten, dass es ganz versinken konnte.
Niemand sah den Marshal, der inzwischen ein Plateau erreicht hatte, das mit dürren Schwarzkiefern bewachsen war. Er kroch aus dem Dunkel des Bergwaldes, blieb etwas hinter der Kante liegen und beobachtete die Vorgänge im Tal und auf dem See.
Porter kam mit den Pferden aus dem Gestrüpp, führte sie in den Korral und sattelte sie ab.
Das Kanu erreichte jetzt das Ufer und sein Kiel schabte knirschend über den Sand. Die Frau sprang aus dem noch schwankenden Gefährt. Ihr Rock und die Bluse waren nass und klebten ihr auf der Haut, sie atmete heftig und stoßweise.
„Wäre beinahe ins Auge gegangen, was?“, Green grinste. „Wann hat er denn den Kahn gebaut?“
Die Poker-Lady schaute auf das beschädigte Kanu, das Zander nun höher auf den Uferstreifen zog. Wasser lief in fingerdicken Strahlen aus den Einschusslöchern und versickerte im warmen Sand.
„Ich habe etwas gefragt!“, erinnerte Green scharf.
„Er hat es irgendwann gebaut“, gab die Frau unwillig zurück. „Er hat nie etwas dem Zufall überlassen.“
Green ging zu dem Boot hinunter und kippte es mit Zander zusammen um. Dann lief Zander in die Hütte, trocknete sich mit seinem Hemd ab und zog es an.
Porter war über den Zaun des Korrals geklettert, weil er gerade in der Ecke nahe dem Wasser stand. Die Pferde soffen am See.
„Wir müssen es abdichten“, sagte Green. „Das ist gar nicht weiter schwer. Schaffe ein paar starke Äste von den Rüschen heran, dann sind wir in einer Stunde startklar.“
„Wozu?“, fragte die Frau.
Green und Porter wandten sich um. Zander kam angezogen aus der Hütte und schob sich die Haare mit gespreizten Fingern aus dem Gesicht.
„Was denn, wozu?“, knurrte Porter. „Wozu ihr es abdichten wollt?“, fragte die Frau mit eisig klingender Stimme und kalt funkelnden Augen.
„Wir wollen zur Grotte zurück.“ Porter grinste. „Was hast du denn gedacht?“
„Und was wollt ihr dort?“.
„Blöde Frage“, murmelte Porter. Green blickte die Frau aus zusammengekniffenen Augen an. „Willst du uns etwa erzählen, du wüsstest wirklich nicht, wo sich die Goldader befindet?“
„Ich will euch nichts erzählen und nichts vormachen, ich weiß es ganz einfach nicht.“
„Die Leier kennen wir“, sagte Porter verächtlich. „Die zieht nicht mehr, Poker-Lady!“
Die Frau zuckte mit den Schultern. „Ihr werdet euch vielleicht eine Menge einfallen lassen, mich zu zwingen, den Weg zu zeigen und ich lasse mir vielleicht auch eine Menge einfallen, um Qualen zu entgehen. Aber tatsächlich werde ich euch nur auf Verdacht irgendwohin führen können, wo sicher kein Gold zu finden ist. — Ich sage doch, er hat immer mit doppeltem Boden gearbeitet, hat alles zweimal abgesichert, wenn es ging. So ein Mensch erzählt doch keinem anderen sein größtes Geheimnis! Ich weiß es so wenig, wie ihr es jemals von ihm erfahren hättet.“
Porters Mundwinkel bogen sich ungläubig und verächtlich nach unten. Aber Green sagte: „Zu ihm passen würde es wirklich.“
„Ihr habt den einzigen Menschen getötet, der es wusste.“
„Was spielt das für eine Rolle, wenn er uns doch nicht an das Gold geführt hätte“, erwiderte Zander, der fürchtete, sie könnten erneut darauf zurückkommen, dass es seine Schuld gewesen war, dass der Fallensteller nun nicht mehr am Leben war und sie nicht mehr zu dem Gold führen konnte.
„Wenn das alles stimmt, was machen wir dann, Melvin?“, fragte Porter ratlos.
Green blickte auf die Poker-Lady. „Du bist jedenfalls hierher zu ihm gekommen und hast von dem Goldfund irgendwie erfahren. Und du bist hier geblieben, weil dich das gereizt hat, weil du dachtest, da findet sich im Laufe der Zeit ein ganzer Berg zusammen, den du irgendwie an dich bringen kannst.“
„Nein, das stimmt nicht. Hingle und ich wollten die Berge verlassen, wenn er meinte, es wäre genug und wenn ich das auch meinte. Wir hätten geheiratet und beide angenehm gelebt. — Aber das hab ich doch alles schon mal erzählt!“
„Wir müssen eben einfach planmäßig alles absuchen.“
Die Frau lachte rau auf. „In den Gängen könnt ihr euch hoffnungslos verirren. Ich war schon oft mit drüben und musste bei den Vorräten und Waffen bleiben, ohne dass ich jemals erfuhr, dass es noch weitere Depots gab. Ich habe dann oft genug auf eigene Faust versucht, ihn und das Gold zu finden und jedes Mal war ich froh, wenn es mir gelang, mich wenigstens wieder dorthin zu finden, wo er mich zurückließ!“
„Genug nun!“, sagte Green barsch. „Crim, du holst starke Äste. Wir dichten das Boot ab und versuchen es. — Bist du noch an dem Gold interessiert, Poker-Lady?“
„Dumme Frage.“ Die Frau schaute von den drei Kerlen hinauf auf den See, in dem der alte Trapper versunken und nicht mehr aufgetaucht war. Sie wusste nicht einmal, ob sie sehr traurig sein sollte, sie hoffte wie die anderen, dass man das Gold vielleicht doch finden könnte, wenngleich es ihr unmöglich war, daran zu glauben.
„Du kriegst einen Anteil wie jeder andere“, versprach Green. „Ein glattes Viertel.“