Читать книгу Geächtete Colthelden: Super Western Sammelband 7 Romane - Glenn Stirling - Страница 10

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Die Sonne sank. Blutrotes Licht spiegelte sich in den Fensterscheiben. Es brach sich an den Gewehrläufen der beiden Männer, die sich breitbeinig vor dem Sheriff-Office aufgebaut hatten. Logan Kellys Miene war undurchdringlich wie immer. Ruhig lud er seine Winchester 73 durch. Das Stampfen und Scharren der vielen Stiefel auf der Main Street verschluckte das metallene Geräusch. Kelly nickte dem Deputy an seiner Seite aufmunternd zu. Langsam stiegen sie die Verandastufen hinunter. Kellys Stimme hallte laut zwischen den verwitterten, staubüberzogenen Hausfassaden.

„Weit genug, Leute. Jeden weiteren Schritt werden Glenn und ich als Bedrohung auffassen und feuern! Geht nach Hause und seid friedlich. Red Hill ist keine offene Stadt, in der Fäuste und Schießeisen regieren!“

Die Menge auf der Fahrbahn stockte. Aber die vielen Männergesichter blieben finster und entschlossen wie zuvor. Dumpfes Geraune durchlief die dichten Reihen. Irgendwo wurde eine Faust in die Höhe gestoßen.

Eine Stimme hetzte: „Mach endlich Schluss, Sheriff. Wir wollen Ringo Pearson haben, und wir werden ihn bekommen. Niemand hat was gegen dich, Kelly. Aber sei vernünftig und gib diesen Mörder ’raus, sonst können wir für nichts mehr garantieren!“

„Sie haben alle miteinander stundenlang im Saloon getrunken!“, raunte Glenn dem Sheriff zu. „Jetzt sind sie zu allem fähig.“

Kelly hob das Gewehr etwas an. „Wenn ihr Ringo lyncht, seid ihr nicht besser als er und seine Freunde. Hinterher wird es euch Leid tun. Doch ich werde es gar nicht so weit kommen lassen. Also, geht jetzt wieder zurück und macht keinen Unsinn!“

„Der Unsinn liegt bei dir!“ Sam Babcock tauchte plötzlich in der vordersten Reihe auf. Sein Stadtanzug war zerknittert, sein schnurrbärtiges Gesicht gerötet. Er hielt eine schwere, doppelläufige Parker-Schrotflinte in den knochigen Fäusten.

„Logan, wir haben erfahren, dass der Richter erst in zwei Wochen in die Stadt zurückkommt. Zwei Wochen, in denen Ringo stündlich der Ausbruch gelingen kann. Oder seine Komplicen kehren zurück und holen ihn ’raus. Dann wird es wieder Tote und Verwundete geben. Genügt dir der Postkutschenüberfall und Jeffs Tod nicht? Logan, mit Worten kannst du uns nicht mehr bremsen. Zwei Wochen Frist für Ringo – das nimmt keiner von uns hin. Wir nehmen dem Richter, der Jury und dem Henker die Arbeit ab. Logan und Glenn, gebt jetzt den Weg frei. Wir holen den Mörder!“

Er machte den ersten Schritt, und sofort setzte sich auch wieder die Menge in Bewegung.

„Du also, Sam!“, murmelte der Sheriff heiser. „Ich habe es geahnt. Aber du schaffst das nicht!“

Babcock presste den Kolben der klobigen Parker gegen die Hüfte. Schweiß perlte über sein hageres Gesicht. „Sei nicht närrisch, Logan. Zwing mich nicht zum Äußersten. Ich muss es tun. Ich bluffe nicht. Ich bin es Jeff schuldig!“

Kellys Lippen wurden dünn. „Bleib, wo du bist, Glenn. Wenn sie das Office stürmen wollen, schießt du auf ihre Beine!“ Er warf einen flüchtigen Blick zum Obergeschoss. Dort befanden sich die vergitterten Zellenfenster über dem Office-Eingang. Zwei nervige Hände waren um die Eisenstäbe gekrampft. In der Dämmerung dahinter war das Gesicht des Gefangenen nur ein blasser, verschwommener Fleck. Kelly setzte sich ruckartig in Bewegung und stiefelte geradewegs der dichtgedrängten Schar entgegen.

„Logan!“, schrie Babcock wild. „Weg mit der Winchester, sonst drücke ich ab!“

Glenn machte unwillkürlich ein paar hastige Schritte hinter dem Sheriff her. „Kelly, seine Schrotladung wird Sie in Stücke reißen!“

Aber der Sheriff ging aufrecht und unbeirrt weiter. Die Menge hinter Babcock stockte. Dann blieb auch der Rancher stehen. Die Doppelläufe der Parker-Flinte wanderten mit Kellys Näherrücken in die Höhe.

„Bei Gott. Logan, ich habe dich gewarnt. Auf diese Entfernung ist es unmöglich, dass ich dich mit diesem Schießprügel verfehle. Sei endlich ...“

„Du redest zu viel, Sam!“, unterbrach ihn Kelly grimmig. „Warum drückst du nicht einfach ab, wenn du so wild auf diese Lynchparty bist. Es gibt keine andere Möglichkeit für dich. Nur – ich halte den Finger am Abzug! Ich werde dich ebenfalls erwischen. Ist diese Sache das wirklich wert, dass sich zwei alte Freunde gegenseitig über den Haufen schießen?“

Babcock kaute auf seiner Unterlippe. Die Doppelläufe des Schrotgewehrs begannen zu wanken. Glenn las die Anspannung auf Babcocks Miene. Wenn jetzt der Rancher die Nerven verlor, gab es keine Rettung mehr für Kelly. Der Sheriff war bis auf sechs Schritte an Babcock herangekommen.

„Du bringst es nicht fertig, Sam. Es ist keine Schande, nicht auf einen alten Freund zu schießen. Gib mir die Flinte, und alles wird vergessen sein!“ Er selbst ließ den Lauf seiner Winchester sinken. Die andere Hand streckte er Babcock entgegen.

Ein Zittern durchlief den Rancher. Er murmelte etwas, was niemand verstand. Dann ließ er die Parker einfach fallen.

In diesem Augenblick sah Glenn den drahtigen Cowboy an der Ecke des General Store auf den Gehsteig springen, sah die wirbelnde Schlinge – aber sein Warnschrei kam zu spät.

Das Lasso legte sich um Kellys Oberkörper, zog sich blitzschnell zusammen und schnürte ihm die Arme an den Leib. Ein harter Ruck riss den Sheriff aus dem Gleichgewicht. Seine Winchester rutschte über den Sand davon. Glenn gab einen Warnschuss auf den Cowboy ab. Der ließ das Seil fallen und sprang erschrocken hinter die Hausecke zurück. Da waren die Männer neben Babcock schon vorwärtsgestürzt und zerrten den Sheriff hoch. Verbissen versuchte Kelly die Schlinge abzustreifen und sich zu wehren. Ein Kolbenhieb wischte über seinen Hinterkopf. Er erschlaffte. Mit einem einzigen Triumphschrei wogte die wilde Schar auf das Office zu.

Glenn jagte ihnen eine Kugel vor die Füße. Aber die hinteren Reihen drängten die vordersten unaufhaltsam weiter. Staub vernebelte alles. Glenn schrie scharf: „Die letzte Warnung! Beim nächsten Mal schieße ich gezielt!“

Mündungsblitze stachen aus dem Staub. Etwas zischte heiß an Glenns linkem Ohr vorbei. Er sah den Schützen und feuerte. Der Mann schrie, sein rechtes Bein knickte weg, er sackte zusammen. Glenn wich geduckt, das Gewehr im Hüftanschlag, zur Office-Veranda zurück. Ein wahrer Hagel von Geschossen prasselte jetzt gegen das Obergeschoss, wo sich die Zellen befanden. Holzsplitter rieselten herab. Ringos Gesicht war blitzschnell vom Zellenfenster verschwunden.

Das Gewehr repetierend, sprang der Deputy Sheriff hinter einen kantigen Verandadachpfosten. Ehe er erneut einen Schuss abfeuern konnte, spürte er den harten Druck von Metall zwischen den Schulterblättern.

„Fallenlassen, Trafford!“

Er stand erstarrt. Die Menge auf der Straße brach in begeistertes Gejohle aus. Kelly war hinter der lebendigen Mauer verschwunden. Glenn drehte langsam den Kopf. Das angespannte Gesicht der hübschen Saloonbesitzerin war ihm ganz nahe. Der Ausdruck in ihren Augen erinnerte Glenn an Sam Babcock.

„Sally, was soll das? Sie machen sich eines Verbrechens schuldig, wenn Sie nicht gleich …“

„Kein Palaver, Trafford! Weg mit dem Gewehr, oder ich drücke ab! Es würde mir Leid tun. Aber ich will Jeffs Mörder nicht davonkommen lassen. Ich habe Jeff geliebt, Trafford!“

Die ersten Männer polterten die Verandastufen herauf. Glenn spannte alle Muskeln an und schleuderte sich herum. Sally Maine prallte zurück. Einen Moment zögerte sie, den Finger am Abzug zu krümmen. Blitzschnell packte Glenn zu. Der kurzläufige Remington 38 knallte auf die Bretter. Flüche trafen Glenns Ohren. Katzenhaft wirbelte er erneut herum, und sein Gewehrlauf folgte der Bewegung.

„Zurück mit euch, ihr Narren!“

Doch Sally gab noch nicht auf. Wie eine Tigerin warf sie sich, von hinten gegen den Deputy. Die Sekunde der Ablenkung, in der das Gewehr aus der Richtung geriet, genügte. Glenn konnte die Frau zwar noch abschütteln, dann hatten ihm kräftige Fäuste die Waffe entwunden. Er schlug wild um sich, traf zwei, drei Männer, bis er rettungslos eingekeilt war. Die Arme wurden ihm auf den Rücken gezerrt. Er stieß mit den Stiefeln zu. Ein Mann schrie vor Schmerz. Dann rammte eine Faust Glenn in den Leib, dass er sich zusammenkrümmte. Ein zweiter Hieb traf ihn seitlich am Kopf. Funken kreisten vor seinen Augen. Plötzlich besaß er überhaupt keine Kraft mehr. Babcocks Schrei schallte wie aus weiter Ferne.

„Vorwärts, Leute! Heraus mit Pearson und an den nächsten Ast mit ihm!“

Grölend drang die Meute ins Sheriff-Office ein.

Ringo lag flach auf den Bodenbrettern, und die Schüsse von der Straße hämmerten den Mörtel von der Zellendecke. Als keine Kugel mehr hereinpfiff, sprang der Bandit auf und rüttelte wild an der verschlossenen Gittertür. Der Lärm auf der Straße vor dem Office schmerzte in seinen Ohren. Tritte pochten die steile Holztreppe vom Erdgeschoss herauf.

Ringo hielt den Atem an. Gleich darauf erschien Liz. Ein Schlüsselbund rasselte in ihrer Hand. Über Bluse und Reitrock hatte sie einen capeähnlichen Mantel geworfen. Ringo streckte ihr durch die Zellengitter die Hände entgegen.

„Liz, mein Liebes! Hilf mir da heraus, ehe es zu spät ist!“

„O Ringo!“ Sie taumelte gegen die Eisenstäbe. „Alles ist so schrecklich! Sie haben Dad niedergeschlagen. Sie werden ...“

„Die Schlüssel!“, keuchte der Gefangene. „Liz, schließ um Himmels willen die Zelle auf!“

Sie begann nach dem passenden Schlüssel zu suchen. Ihre Hände zitterten heftig. Ringo lauschte zur Straße hinab. Öliger Schweiß überzog sein verkrampftes Gesicht.

„Liz, schnell doch, schnell!“ Wieder rüttelte er verzweifelt an den Stäben, als könnte er mit bloßen Fäusten hier ausbrechen.

Die Tochter des Sheriffs hielt plötzlich inne. Ihr dunkler Blick suchte Ringos Augen. „Ringo, hast du Jeff Babcock wirklich kaltblütig ermordet? Die Wahrheit, Ringo!“

Im ersten Moment wollte er eine wilde Verwünschung ausstoßen. Er beherrschte sich. „Liz, kennst du mich so wenig?“, schnaufte er heiser. „Jeff hatte eine faire Chance! Alles andere ist Lüge! Ich konnte einfach nicht vergessen, was Jeff und sein Vater mir angetan haben! Du solltest die Peitschennarben auf meinem Rücken sehen! Ich musste einfach nach Red Hill zurückkommen und mit Jeff abrechnen. Dafür kann man mich doch nicht hängen, Liz!“

„Und diese anderen Männer? Diese Banditen, die die Postkutsche überfielen und das Geld raubten? Sind sie wirklich deine Freunde?“

„Liz, mein Gott! Hörst du nicht, dass sie gleich ins Haus kommen? Ich werde dir später alles ...“

„Ringo, es ist so wichtig! Ich muss es gleich wissen!“

Sie hatte den passenden Schlüssel gefunden, und Ringo starrte wie gebannt auf ihre Hände. Seine Wangenmuskeln zuckten unablässig.

Er flüsterte kratzend: „Yeah, ich bin mit Tate Rancon und seiner Crew geritten! Ich ahnte nicht, dass er diesen Überfall plante. Nachdem mich Babcock damals zum Viehdieb gebrandmarkt hat, konnte ich nirgends mehr festen Fuß fassen! Verstehst du das nicht, Liz? Babcock hat mich erledigt. Ich fand nur noch die Gesellschaft von Burschen wie Rancon, Slaughter und den anderen! Und ich wollte nicht einfach für immer aus Arizona verschwinden. Ich konnte dich nicht vergessen, Liz, das ist der Grund!“

Er trat vom Gitter zurück und breitete in gespielter Resignation die Hände aus. „Jetzt weißt du alles! Wenn du mich dafür verdammst, ist es besser, du hilfst mir nicht.“

„Ringo!“, rief Liz gequält. „So darfst du nicht reden!“ Sie übersah das Lauern in seinen Augen und sperrte die Zelle auf. Er huschte geduckt heraus. Unten erklangen raue Stimmen. Stiefel polterten auf die Veranda.

„Eine Waffe, Liz!“, flüsterte Ringo heiser.

Sie griff unter ihren Umhang und reichte ihm seinen Revolvergurt mit dem langläufigen Fünfundvierziger. Ringo wog die Waffe grimmig in der Faust.

Liz fasste besorgt nach seinem Arm. „Komm! Ich habe Pferde bereitgestellt. Niemand wird dir hier noch ein Haar krümmen!“

Sie zog ihn die steile Holztreppe hinab. Unten im Korridor war es schon stockdunkel. Vorne stürmten die ersten Männer ins Office. Jemand schrie: „Da! Durch diese Tür geht’s zum Jail hinauf. Worauf wartet ihr noch?“

Ein Stuhl kippte um, Glas klirrte, und die Tritte hämmerten durch den Raum. Die Tür zum Korridor knarrte. Liz war mit Ringo bereits beim Hinterausgang angelangt. Sie glitten hinaus. Liz schloss vorsichtig die Bohlentür hinter sich.

Auf dem Hinterhof war es dämmrig. Die Sonne war hinter den Dächern von Red Hill verschwunden. Das rote Licht auf den oberen Kanten der falschen Holzfassaden verblasste. Im Osten blinkten die ersten Sterne fahl über dem öden, zerklüfteten Land.

Ringo sah zwei Pferde vor sich. Beide waren gesattelt und mit Ausrüstungsgegenständen bepackt. Liz saß gleichzeitig mit ihm auf. Ehe er etwas sagen konnte, hatte sie die Führung übernommen und ritt durch einen engen Durchlass zwischen Bretterwänden und Zäunen auf den Stadtrand zu. Ringo folgte dicht hinterher. Das Wutgeschrei aus dem Gefängnis trieb nur noch ganz schwach durch das monotone Hufstampfen.

Sie ließen die Häuser zurück. Unter dicht stehenden Pinien lenkte Ringo sein Pferd auf gleiche Höhe mit dem Mädchen. „Das Schlimmste ist überstanden! Liz, ich stehe tief in deiner Schuld. Besser, du kehrst jetzt wieder um!“

Zum ersten Mal brachte sie ein Lächeln zustande. Leise Bitterkeit war in ihrer Stimme. „Was habe ich in Red Hill noch verloren? Ich habe Dad einen Abschiedsbrief hinterlassen. Es gibt keine Umkehr mehr für mich. Mein Platz ist an deiner Seite, Ringo.“

Er starrte sie überrascht an. Schließlich stieß er heiser hervor: „Liz, das ist unmöglich! Es gibt keinen Ort, wohin ich dich bringen und wo wir in Sicherheit leben könnten! Ich besitze nichts weiter als dieses Pferd und diesen Colt!“

„Habe ich nach Sicherheit und Reichtum gefragt? Lass uns reiten, Ringo. Irgendwohin. Nach Wyoming oder Montana hinauf. Mir ist es gleich. Irgendwo wird es für uns einen Platz geben, wo wir ganz von vorne beginnen können.“

„Sie werden uns jagen, Liz! Alle! Dein Vater, Babcock, der Deputy – einfach alle! Wir werden hart, schnell und weit reiten müssen.“

„Du unterschätzt mich, Ringo! Keine Sorge, ich werde dir keine Last sein!“

Sie lehnte sich an ihn, und er küsste sie. Dabei schweifte sein Blick zu den Lichtern von Red Hill hinüber. Er erwartete jede Minute das Auftauchen der Verfolger. Die Gedanken jagten sich hinter seiner Stirn.

Liz sagte zögernd: „Vielleicht wird es dir nützen, wenn du eine Frau bei dir hast. Es gibt kaum einen Mann in diesem Land, der durch seine Kugeln eine Frau gefährden würde.“

Er nickte langsam. Dann meinte er besorgt: „Du willst sehr viel für mich riskieren. Liz. Ich kann das nicht von dir verlangen!“

Zur Antwort nahm sie wieder die Zügel ihres Braunen auf. „Komm weiter, Ringo!“

Geächtete Colthelden: Super Western Sammelband 7 Romane

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