Читать книгу Geächtete Colthelden: Super Western Sammelband 7 Romane - Glenn Stirling - Страница 13

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Ein Jahr war vergangen.

Im südlichen Colorado, zehn Meilen von der Stadt Pagosa Springs entfernt, jagte ein staubbedecktes Reiterrudel auf den Hof einer kleinen, halbverfallenen Farm. Die junge dunkelhaarige Frau an dem lehmummauerten Ziehbrunnen ließ erschrocken den Eimer fallen, als sie sich plötzlich von den finsteren Gestalten umringt sah.

Der große, hagere Mann, dem das strohgelbe Haar unter der Hutkrempe hervor bis auf die Schultern fiel, schaute kalt auf sie hinab. „Nur keine Aufregung, Ma’am! Wenn Sie vernünftig sind, geschieht Ihnen nichts!“

„Wer sind Sie? Was wollen Sie hier?“

„Eine kleine Arbeit erledigen! Alles andere braucht Sie wirklich nicht zu interessieren. Bob, schaff sie ins Haus. Hush, du versteckst die Pferde, und du, Dick, siehst nach, ob sie allein hier lebt. Wenn jemand versucht, uns in die Quere zu kommen, fackelst du nicht lange. All right?“ Er saß ab. Die anderen folgten seinem Beispiel. Der kleine rothaarige Reiter fasste nach den Leinen der Pferde. Der sehnige Mann mit dem Schnurrbart nahm zwei Revolver in die Fäuste und näherte sich geduckt dem niedrigen Wohnhaus. Der größte und breitschultrigste Bursche von den vieren ging grinsend auf die Frau zu.

„Nun komm schon, mein Täubchen. Begleite den guten Bob brav ins Haus und nichts wird ...“

„Nein!“ Die Frau presste sich entsetzt an die Lehmmauer des Brunnens. „Nein, gehen Sie weg. Fassen Sie mich nicht an!“

Der Hüne lachte grollend und streckte seine behaarten Fäuste nach ihr aus.

„Ringo!“, schrie Liz Kelly gellend. „Hilf mir, Ringo!“

Neben dem Schuppen stand wie aus dem Boden gewachsen ein schlanker schwarzhaariger Mann. Dick Hadley war mit katzenhafter Schnelligkeit herumgewirbelt, und noch aus dieser Bewegung peitschte sein rechter Colt. Die Kugel pochte eine Handbreit neben Ringo in die Schuppenwand.

„Aufhören!“, schrie der gelbhaarige Anführer des Rudels. „Es ist Ringo, der alte Feuerschädel. He, Amigo, ich dachte, du würdest längst das Gras von unten betrachten. Wie hat es dich hierher verschlagen!“

Ringo Pearson kam langsam auf den Hof. Seine Hand lag immer noch auf dem Kolben des tief geschnallten Colts.

„Bob!“, knurrte er den hünenhaften Slaughter an. „Lass sofort Liz in Ruhe. Weg von ihr, sonst …“

Slaughter schaute Tate Rancon, den Bandenboss, an. Der nickte, und da erst trat Slaughter von Liz zurück. Rancon warf Liz einen prüfenden Seitenblick zu. „Deine Frau, Ringo?“

„Sie wird es in ein paar Tagen sein.“

„Gratuliere, alter Junge!“ Rancon grinste herzlich und streckte Pearson seine Hand hin.

Ringo übersah sie. „Ich habe nicht vergessen, was vor einem Jahr im Red Hill County in Arizona geschah. Dass ich noch lebe, ist bestimmt nicht dein Verdienst, Tate. Besser, ihr steigt wieder auf eure Gäule und verschwindet von hier!“

„Gar keine Wiedersehensfreude? Schade. Ringo, mein Junge, die Sache von damals kannst du mir nicht vorwerfen. Ich habe dir immerhin eine Chance gelassen. Wenn du Mac Drovis nicht auf Anhieb richtig erwischt ...“

„Lassen wir das!“, winkte Ringo hastig ab und schaute schnell zu Liz hin. „Reitet jetzt!“

„Erst wenn wir erledigt haben, weshalb wir hier sind!“, lächelte Rancon schief. „Gehen wir ins Haus. Hush, bring endlich die Pferde weg. Storrow und seine Leute werden nicht lange auf sich warten lassen.“

„Moment, Tate!“, stieß Ringo scharf hervor. „Was hast du vor? Vergiss nicht, dass du hier auf meinem Grund und Boden stehst!“

„Tatsächlich? So sehr hast du dich geändert? Wegen ihr?“ Rancon grinste zu Liz hinüber. „Der wilde Ringo Pearson als biederer Schollenbrecher. Wenn das kein Witz ist!“

„Ringo, wer sind diese Leute!“, flüsterte Liz nervös. „Schick sie fort. Sie haben nichts Gutes im Sinn.“

„Aber, aber!“, sagte Rancon gespielt vorwurfsvoll. „Ringo wird doch wissen, was er seinen alten Freunden schuldig ist, was? Vielleicht wird er diesen Tag noch feiern, weil er ihm eine Chance bietet, auf die er wahrscheinlich schon lange wartet. Ringo Pearson als Farmer, nein, das ist etwas ganz Unmögliches. Ringo, was hältst du davon, wieder in meine Crew einzusteigen und mit uns eine ganz große Sache ...“

„Hör auf damit, Tate! Ich habe mit euch nichts mehr zu tun!“

„So nachtragend bist du?“

„Das hat damit nichts zu tun! Tate, ob du es glaubst oder nicht, ich habe ein neues Leben begonnen. Ich war damals dem Tod mehr als einmal näher als je zuvor. Ich habe genug von dem Leben, das ihr führt. Ohne Liz wäre ich längst verloren. Ja. du hast recht, ihretwegen bin ich das geworden, was du jetzt vor dir siehst. Ich bereue es nicht. Kreuz und quer hat mich Liz durch das Land begleitet. Ich habe mühsam die paar Groschen zum Leben in einsamen Städten am Spieltisch verdient. Dann bot sich die Chance, diese Farm für billiges Geld zu kaufen. Ich habe zugegriffen und ich …“

„Nicht gerade ein glänzendes Geschäft!“, sagte Rancon ironisch und betrachtete grinsend die brüchigen Gebäude ringsum. Slaughter lachte laut.

„Was ihr denkt, ist mir gleich!“, zischte Ringo. Er legte einen Arm um Liz. „Du weißt jetzt alles, Tate, und du musst einsehen, dass es keinen Sinn hat.“

„Wenn du wirklich meinst, du hältst das auf die Dauer durch!“, unterbrach ihn der Bandenführer kühl. „Dieses armselige Leben. Arbeit von früh bis spät, nur, um gerade über Wasser zu bleiben. Verrückt, total verrückt. Wenn man bedenkt, wie fix du mit dem Eisen bist, wie geschickt mit den Karten. Ringo, du wirst noch sagen, dass mich der Himmel geschickt hat. Ich plane eine ganz große Sache, mein Junge. Viel Geld ist da zu machen. Und du bist genau der Mann, der mir noch fehlt!“

„Hast du mich vorhin nicht verstanden, Tate? Du solltest aufhören. Es ist sinnlos!“

„Gut, warten wir ein bisschen damit. Storrow wird ohnehin bald hier sein.“

„Wer ist Storrow?“

„Ich sage es dir im Haus. Kommt, Jungs!“ Sie marschierten los, als seien sie hier zu Hause.

Ringo biss sich auf die Unterlippe und starrte ihnen unbehaglich nach. Liz schaute ängstlich zu ihm hoch. „Komm!“, murmelte er nur und zog sie mit sich hinter den anderen her.

Drinnen saß Tate Rancon bereits am Tisch. Slaughter kam mit einem Schinken, Maisbrot und einer halbvollen Flasche dunkelrotem mexikanischen Wein aus der Küche. Er kaute mit vollen Backen und grinste Ringo herausfordernd an. Die anderen langten ebenfalls zu. Rancon drehte sich eine Zigarette. Zorn blitzte in Ringos dunklen Augen auf. Er machte zwei Schritte auf Rancon zu, und da legte Dick Hadley sofort beide Hände auf die Revolvergriffe. Liz zog Ringo zurück. Nebeneinander standen sie stumm da und starrten auf die vier Banditen.

„Bob, Hush. an die Fenster mit euch!“, befahl Rancon. „Wenn Storrow auftaucht, sagt sofort Bescheid. Willst du dich nicht setzen, Ringo? Ich erzähle dir alles!“ Er kümmerte sich nicht darum, dass Pearson wie festgenagelt stehenblieb. Er zündete sich seine Zigarette an und rauchte ruhig.

„Für dich springen fünfhundert Dollar heraus, Muchacho! Nur für den Anfang. Für ’ne kleine Arbeit, die du aus dem Handgelenk erledigst. Fünfhundert Bucks, stell dir das vor, Ringo!“

Liz sagte mit zitternder Stimme: „Lassen Sie ihn endlich in Ruhe!“

Rancon zuckte die Achseln. „Das ist Männersache. Mischen Sie sich da nicht ein, Ma‘am! Ringo ist es schließlich, der dafür zu sorgen hat, dass der Geldbeutel nicht leer wird. Ihr seid noch nicht verheiratet? Die Hochzeit ist in ein paar Tagen? Well, Ringo, mit fünfhundert Bucks sieht die Welt für euch beide gleich anders aus, wetten? Und danach wird das Geld nicht zu fließen aufhören. Lass andere Leute die Dreckarbeit auf dem Feld tun. Wofür ich dir die Fünfhundert gebe? Für ein Pokerspiel in Pagosa Springs, nichts weiter! Jawohl, hast schon richtig gehört. Sollst nichts weiter tun, als dich mit ’nem Mann an einen Tisch setzen und pokern. Nur gewinnen musst du dabei, aber wie ich dich kenne, ist das für dich alten Kartenhai eine Kleinigkeit. Darauf hast du dich schon immer verstanden, nicht?“

Ringo schluckte. Er starrte Rancon wie gebannt an. „Da ist todsicher ein Haken dabei!“

„Ich will dir reinen Wein einschenken, Amigo!“, lächelte Rancon dünn. „Dann werden dir die Augen aufgehen, und du wirst freudestrahlend zugreifen. Ich habe es hier in Colorado weit gebracht. Hush, Bob und Dick – das ist nur ein Bruchteil meiner jetzigen Crew. Ich bin nicht mehr der kleine Bandenführer, der sich vor jedem Sternträger verkriechen muss. Drüben in Alamosa auf der andere Seite der San-Juan-Berge gehört mir eine Reihe von Saloons. Mein Wort hat Gewicht in der Stadt. Ich regiere dort sozusagen, verstehst du? Es gibt nur einen Mann, der mir Kummer macht. Mark Storrow. Ihm gehört das große Frachtgeschäft, ohne das Alamosa nur ein verlassenes Drecknest wäre. Storrow habe ich bereits gehörig in die Zange genommen. Ein Teil seiner Männer ist verschwunden, Frachtzüge blieben auf der Strecke, na, du weißt ja Bescheid. Er ist ziemlich am Ende und schwer verschuldet. Heute und morgen entscheidet es sich!“

Er lehnte sich auf dem Stuhl zurück. „Storrow hat seinen jüngeren Bruder Dave nach Durango geschickt, wo sie eine Filiale ihres Frachtunternehmens besitzen. Von dort soll Dave das Geld nach Alamosa bringen, das Mark Storrow so dringend braucht, um über Wasser zu bleiben. Außerdem hat Mark irgendwo einen Kerl aufgetrieben, der den Posten als Sheriff oder Marshal in Alamosa annehmen will. Bis dahin hat es dort keinen Sternträger gegeben. Du kannst dir denken, dass mir daran liegt, dass es auch so bleibt. Well, der junge Dave Storrow mit dem Geld und der neue Sheriff werden morgen durch Pagosa Springs kommen und dort sicher ’ne Pause einlegen. Wir warten dort bereits. Den Sheriff übernehmen wir. Dich möchte ich gegen Dave einsetzen. Sein großer Fehler ist, dass er trinkt und leidenschaftlich spielt. Kapierst du? Es genügt, wenn du ihm den Zaster beim Pokern abknöpfst, und die Storrow-Frachtlinie ist ruiniert.“ Rancon lachte leise.

Ringos Fäuste öffneten und schlossen sich. Liz flüsterte: „Sag ihm, dass du davon nichts wissen willst!“

Ringo murmelte rau: „Und was wollt ihr hier bei mir, Tate? Ihr wartet auf Storrow?“

„Auf den älteren, auf Mark, ja! Mit ein paar Burschen ist er losgeritten, um Dave und den neuen Sheriff in Pagosa Springs abzufangen und sicher nach Alamosa zu geleiten. Er nimmt die Abkürzung und muss jeden Moment auf deiner Farm auftauchen, Ringo. Well, weiter kommt er mit seinen Reitern bestimmt nicht.“

„Verdammt. Ihr wollt sie alle ...“

Rancon schnippte mit den Fingern. „Was erwartest du denn? Wenn alles klappen soll, darf er Pagosa Springs nicht erreichen, und dafür sorgen wir. Bob, Hush. Dick und ich sind nur eine Vorausabteilung. Ein Großteil meiner Leute schwärmt im offenen Land und ist sicher bereits dabei, den Ring um die Farm zuzuziehen. Nur keine Aufregung, dir wird nichts passieren. Mark Storrow und seine Leute haben keine Chance mehr!“

„Mein Gott!“, stöhnte Liz entsetzt. „Ringo, lass es nicht zu!“

„Wie sollte er es verhindern?“, fragt Rancon kalt, stand auf und legte die Hand auf den Revolverknauf. „Ringo, denke lieber über mein Angebot nach. Wenn das hier vorbei ist, möchte ich, dass du mit uns nach Pagosa Springs reitest.“

Webster fuhr aufgeregt beim Fenster herum.

„Sie kommen. Mark Storrow an der Spitze. Er hat nur vier Leute bei sich. Das wird ein Kinderspiel, Tate!“

Slaughter brach wieder in raues Gelächter aus. Die Banditen packten ihre Waffen und verteilten sich an Fenstern und Tür.

Die Hufe pochten am Schuppen vorbei auf dem lehmigen Farmhof. Die Reiter saßen müde und über und über mit Staub bedeckt in den Sätteln. Mark Storrow, der Mann an der Spitze, war gedrungen und kräftig gebaut, besaß einen gepflegten grauen Vollbart und trug zur einfachen Reitertracht einen gestreiften, städtisch geschnittenen Rock. Er lenkte sein Pferd auf den Ziehbrunnen zu. Die anderen folgten, ahnungslos, schläfrig, nur vom Wunsch nach frischem Wasser und einer Rast beseelt. Rancon grinste kalt, während er behutsam den Hammer seines Colts spannte. Um Ringo kümmerte sich keiner mehr.

Liz raunte drängend: „Du musst sie wenigstens warnen. Mein Gott, du kannst doch nicht Zusehen, wie sie …“

„Zu spät!“. murmelte er dumpf. „Ich handle mir höchstens eine Kugel ein!“

„Ringo, aber …“

„Nein, Liz. Sei still. Es hat keinen Sinn mehr!“ Er wollte sie an sich ziehen. Doch sie riss sich los und stürzte geradewegs zur Tür. Rancon fluchte und versuchte ihr den Weg zu versperren.

Liz’ Schrei zitterte gellend ins Freie. „Storrow, Vorsicht. Eine Falle.“

Ringo holte sie vor Rancon ein und zerrte sie zurück. „Liz, halte dich da ’raus!“

Sie wehrte sich keuchend gegen seinen harten Griff. „Loslassen, Ringo. Tu doch etwas für diese Leute!“

Vom Hof trieben Hufstampfen, Pferdewiehern und überraschte Männerstimmen.

Rancon brüllte: „Gebt es ihnen!“

Sein Colt dröhnte zuerst. Die anderen feuerten ebenfalls. Die Front des Farmhauses spuckte eine ganze Serie von grellen Mündungsblitzen. Die Reiter hatten ihre Gäule halb gewendet, als der Bleihagel gegen sie schmetterte. Im Nu verwandelte sich die Gruppe in ein Knäuel stürzender Männer, aufsteigender, schrill wiehernder Pferde und wallendem Staub. Zwei Männer wurden von der Salve förmlich aus den Sätteln gemäht. Ein Gaul brach zusammen. Die anderen versuchten zu fliehen. Da tauchten weitere Reiter zwischen den Nebengebäuden auf. Düstere, kaltäugige Gestalten, die ihre Revolver ebenfalls auf Storrow und seine Männer gerichtet hielten. Ihre Schüsse vermischten sich mit dem Dröhnen der zweiten Salve vom Farmhaus.

Danach gab es nur noch leere Sättel. Der langgezogene Todesschrei eines Getroffenen vermischte sich mit dem dumpfen Wirbel der Hufe. Die Pferde sprengten davon. Am Steigbügel des einen Gauls hing Mark Storrow fest, der graubärtige Mann wurde wie ein Stoffbündel über den Boden gerissen, und dann war sein Pferd bereits hinter einer nahen Buschreihe, die die Sicht zum offenen Grasland behinderte, verschwunden. Ein Mann versuchte auf allen Vieren mit schmerzverzerrtem Gesicht vom Farmhof zu kriechen. Nach einigen Yards fiel er schlaff nieder und rührte sich nicht mehr. Pulverrauchschwaden treiben im gleißenden Sonnenlicht an den morschen Brettergebäuden vorbei. Die Stille war beklemmend.

Liz drückte ihr totenblasses Gesicht gegen Ringos Brust. „Mein Gott. Diese Mörder, diese ...“ Ihre Stimme versagte. Rancon drehte sich mit verkniffener Miene vom Fenster ab.

„Zum Teufel. Beinahe hätte sie uns alles verpatzt. Ein Glück, dass die anderen Jungs rechtzeitig zur Stelle waren. Ringo, was starrst du mich wie ein Gespenst an. Hast du schwache Nerven bekommen seit vorigem Jahr? Was du mit Mac Drovis angestellt hast, war doch nichts anderes als das hier!“

„Tate, sei still!“, flüsterte Pearson heiser.

Rancon ging auf den Hof. Slaughter, Hadley und Webster folgten. Liz hob ihr schmales Gesicht zu Pearson. „Warum hast du mich aufgehalten? Warum hast du nichts getan.“

Er schob sie von sich und stiefelte mit gesenktem Kopf und düsterer Miene ebenfalls aus dem Haus. Die Reiter lenkten ihre Gäule zum Brunnen. Einer ließ den leeren Eimer hinab und kurbelte ihn wassergefüllt wieder herauf. Er trank in tiefen Zügen, ehe er sich grinsend Rancon zuwandte. Ein stoppelbärtiger Bursche, kräftig gebaut, mit einem unsteten Flimmern in den Augen. „Hallo, Boss. Ganze Arbeit, was?“

„Sei nicht zu voreilig, Slim!“, grollte Slaughter schräg hinter Rancon. „Da! Seht euch das mal an!“

Hinter der Buschreihe war wieder Mark Storrows Pferd aufgetaucht. Der Sattel war nicht mehr leer. Storrow kauerte zusammengesunken auf dem Leder, beide Hände krampfhaft um das Sattelhorn gekrampft. Er hatte den Hut verloren. Das graue Haar hing ihm zerzaust ins zerfurchte Gesicht. Rancon und der Stoppelbärtige fluchten. Von den anderen riss einer ein Gewehr an die Schulter und feuerte blitzschnell zwei, drei Schüsse hinaus. Die Einschläge lagen zu kurz. Storrow schlug seinem Tier verzweifelt die Stiefelabsätze in die Weichen. Der Gaul jagte los. Einen Moment schien es, als würde Mark Storrow aus dem Sattel geworfen. Er ließ sich auf den Pferdehals fallen und krallte sich an der dichten Mähne fest.

Der Gewehrschütze schoss nochmals, obwohl keine Chance für einen Treffer bestand. Dann war der Fuhrunternehmer aus Alamosa hinter einer weiteren Strauchgruppe verschwunden.

Rancons Blick glitt zornig über die Männer. „Wenn der Hombre nach Pagosa Springs durchkommt, verpatzt er uns den ganzen Plan! Sein Bruder Dave und der Sheriff, der mit ihm kommt, dürfen auf keinen Fall gewarnt werden, ehe wir zuschlagen! Hush!“ Er drehte sich dem kleinen rothaarigen Webster zu. „Nimm dir zwei Leute und reite ihm nach! Ihr garantiert mir dafür, dass Mark Storrow nicht weit kommt! Verstanden?“

Webster grinste. „In seinem Zustand ist das kein Problem! He, Slim und Jack, ihr begleitet mich! In die Sättel mit euch, ihr Sumpfbiber! Nur keine Sorge, Tate! In Pagosa Springs treffen wir uns, und alles wird in bester Ordnung sein!“ Er rannte zu seinem Pferd, und gleich darauf jagte er mit den beiden anderen Desperados ins Grasland hinaus.

Liz schob sich leise neben Ringo. „Dein Pferd steht noch gesattelt im Stall. Reite ihnen nach und ...“

„Geben Sie’s endlich auf, Madam!“, sagte Rancon schneidend und drehte sich zu ihnen herum. „Ringo ist nicht dumm! Der weiß genau, auf welcher Seite das Brot gebuttert ist, nicht wahr Amigo? Zerbrichst du dir den Kopf über die Sache in Pagosa Springs? Ich weiß, ein einmaliges Angebot, für eine Pokerpartie fünfhundert Bucks zu kassieren! Wir brechen in ein paar Minuten nach Pagosa Springs auf. Ich hoffe, du kommst mit!“

„Ihr Schufte!“, keuchte Liz verzweifelt. „Wie weit wollt ihr es noch treiben? Verschwindet endlich ...“

„Sei still, Liz!“, sagte Ringo so schroff, wie er noch nie zu ihr gesprochen hatte. Erschrocken schaute sie ihn an. Rancon nickte lächelnd.

„Wachst du endlich auf? Hab’ es nicht anders erwartet!“

„Mörder!“, schrie Liz. „Ringo, sag ihm, dass er sich in dir täuscht! Dass du nie mit ihm …“

„Fünfhundert Dollar sind viel Geld!“, murmelte Ringo rau. „Ich muss nur dafür pokern …“

„Falsch pokern!“, unterbrach ihn Liz heftig. „Ich bin nicht dumm! Ringo, was ist in dich gefahren! Wie kannst du überhaupt die Möglichkeit in Betracht ziehen …“

„Fünfhundert Dollar!“, sagte Ringo wieder. „Um die zu verdienen, muss ich fast zwei Jahre auf dieser Farm schuften! Liz, wir beide können gewiss nichts an Tates Vorhaben ändern. Warum sollte ich also nicht die Möglichkeit nutzen, das Beste für uns daraus zu machen?“

„Das Beste?“ Liz wich erschrocken von ihm zurück. „Ringo! Und die Toten dort? Und Storrow, der schwerverwundet von Rancons Banditen gehetzt wird? Zählt das alles nicht? Du willst mit diesen Leuten gemeinsame Sache machen? Nein, Ringo, nein, das glaube ich nicht! So sehr kannst du dich nicht in kurzer Zeit ändern, nein!“

„Ändern?“ Rancon lachte leise. „Er wird nur wieder, was er immer gewesen ist! Meine Liebe, wissen Sie wirklich so wenig von ihm?“

„Tate!“ Ringo stampfte mit einem Fuß auf, aber Rancon beachtete es gar nicht. Er winkte seinen Leuten zu, die Toten wegzuschaffen. Liz blickte Ringo aus flackernden Augen an.

„Ist das wahr? War alles nur Heuchelei?“

Er wich ihrem Blick aus. Ein paar Schweißtropfen glänzten auf seiner Stirn. Seine Stimme klang fremd und verschlossen. „Ich habe dir nichts vorgemacht. Es war mir ernst. Es tut mir leid, Liz, aber ich glaube, ich habe doch den verkehrten Weg gewählt, Tate hat recht! Ich bin nicht für die Farmarbeit geschaffen!“

„Ringo!“

Sie lief zu ihm und packte verzweifelt seine Arme. „Wenn du kein Farmer sein willst, gibt es noch viele andere Möglichkeiten! Aber das bedeutet nicht, dass du wieder mit diesen Leuten reiten und Verbrechen begehen musst! Nein, Ringo, das auf keinen Fall!“

Er stand ganz steif. „Liz, du verstehst das nicht! So eine Chance, viel Geld zu verdienen bietet sich nicht jeden Tag!“

„Geld! Sprich nicht immer von Geld, Ringo!“

„Mein Leben lang habe ich nichts besessen!“, stieß er in jäher Wildheit hervor. „Warum soll ich nicht einmal wissen, wie es ist, wenn man die Hände in den Schoß legen und den anderen bei der Arbeit zusehen kann? Wenn man teure Anzüge trägt und teure Zigarren raucht! Liz, ich denke nicht nur an mich. Ich will dir mehr bieten als nur diese elende, erbärmliche Farm, die der nächste Sturm schon über den Haufen reißen kann!“

„Wenn du wirklich an mich denkst, Ringo, wenn du mich liebst, dann bleibst du jetzt bei mir und sprichst nie mehr von solchen Dingen!“

„Weibergeschwätz!“, knurrte Rancon verächtlich. „Eines Tages, wenn sie abgerackert und alt ist, wird sie diese Farm als Hölle verfluchen! Dann ist es zu spät! Für euch beide! Also, komm schon, Amigo!“

„Ich hole mein Pferd!“, nickte Ringo.

Liz schrie: „Nein, tu’s nicht! Hör nicht auf ihn!“

Aber Ringo ging bereits mit langen Schritten zum Stall hinüber. Liz verkrampfte die Hände vor der Brust. Sie schaute ihm nach, als sehe sie ihn plötzlich in einem neuen Licht. Rancon musterte sie höhnisch.

„Er ist ein Bandit und wird es immer bleiben! Damals in Red Hill hat er Jeff Babcock zusammen mit Bob Slaughter und Dick Hadley umgelegt, ohne ihm eine Chance zu lassen. Später, auf der Flucht, hat er einen meiner Reiter mit einem ganz faulen Trick aus dem Sattel geschossen, um sein Pferd zu kassieren. Von so einem Mann verlangen Sie, dass er sich in einen braven Bürger verwandelt, der sich nur um seine liebe Frau kümmert?“ Er lachte klirrend. „Sie vergeuden Ihre Hoffnung, Verehrteste! Oder haben Sie das alles nicht gewusst? Fragen Sie Bob oder Dick! Ich lüge nicht!“

Liz starrte ihn entsetzt an und bekam kaum noch genug Luft. Plötzlich wirkte sie krank und gebrochen. Kalter Triumph stahl sich in Tate Rancons helle Augen.

„Hören Sie auf den Rat eines Mannes, der was von dieser Art Leben versteht! Schlagen Sie sich Ringo aus dem Kopf. Schreiben Sie ihn einfach ab! Das wird es Ihnen und ihm leichter machen!“

Liz würgte hervor: „Das sagen Sie nur, um ihn ganz für Ihre Crew zu bekommen!“

„Gewiss auch deshalb!“, gab Rancon sofort zu. „Aber genauso gut wissen Sie, dass ich mir alles andere nicht aus den Fingern gesogen habe! Sie können wirklich keinen besseren Rat bekommen!“

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