Читать книгу Geächtete Colthelden: Super Western Sammelband 7 Romane - Glenn Stirling - Страница 9

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Schweiß und Staub brannten in Ringos Augen. Seine Beine waren schwer wie Blei, und er hatte das schreckliche Gefühl, nicht mehr vom Fleck zu kommen. Gnadenlos sengte die Arizonasonne auf ihn herab. Durch das Rauschen des Blutes in seinen Ohren schwollen die Hufschläge der Verfolger immer mehr an. Der Atem kam stoßweise über seine rissigen Lippen. Seine Lungen schmerzten. Er stolperte immer häufiger. Halb benommen, nur noch automatisch, setzte er Fuß vor Fuß.

Ein Blick über die Schulter zeigte ihm Logan Kellys Gestalt dunkel, ins Riesenhafte verzerrt vor dem Hintergrund des blass-blauen Firmaments. Kellys hochbeiniger Falbe war den anderen weit voraus. In Kellys Ledergesicht bewegte sich kein Muskel. Die Augen waren hell und ausdruckslos wie Kieselsteine. Ringo schrie vor Wut und Verzweiflung, packte seinen Revolver und feuerte im Weiterlaufen zurück. Seine Hand war längst nicht mehr sicher. Die Kugel schlug seitlich neben dem Sheriff in den Sand. Wieder und wieder drückte Ringo ab. Logan Kelly holte unbeirrt auf. Sein Mund war ein dunkler messerscharfer Strich im sonnengebräunten Gesicht. Ringo wandte sich wieder nach vorne und versuchte seine Anstrengungen zu verdoppeln.

Umsonst!

Ganz unvermittelt fiel der Boden vor ihm zu einem steilen Hang ab. Unten schimmerte zwischen halb verdorrten Mesquite- und Kreosotsträuchern die Sohle eines ausgetrockneten Bachbettes hell im gleißenden Licht. Ringo trat mit einem Fuß ins Leere, konnte das Gleichgewicht nicht mehr halten und stürzte vornüber. Er überschlug sich einmal und rutschte dann auf der nachgebenden Sand- und Geröllschicht in die Tiefe. Unten blieb er zunächst benommen und erschöpft liegen. Als er dann schließlich schwankend auf die Füße kam, hatte er den Revolver verloren. Der Himmel über den Arroyorändern war leer. Aber da waren wieder die Hufschläge! Dumpf drohend und ganz nah!

„Ringo!“ Der helle, aufgeregte Ruf trieb die Windung des Arroyos entlang. Ein Schatten fiel zuerst hinter der nächsten Biegung hervor, dann tauchte ein nickender Pferdekopf auf. Ringo bückte sich und packte den nächstbesten faustgroßen Stein. Die Wildheit eines in die Falle gegangenen Raubtiers sprühte aus seinen Augen. Zwei Pferde tauchten im trockenen Creekbett auf. Im Sattel des einen saß eine schmale, hell gekleidete Gestalt. Ein Aufleuchten huschte über das Gesicht des Banditen. „Liz!“

„Ringo, schnell. Hier ist ein Pferd für dich!“ Liz Kellys seidiges, dunkles Haar war staubgepudert. Der Gewaltritt von Red Hill aus hatte ihre Wangen gerötet. Die helle Sommerbluse, die sie zu dem geteilten Reitrock trug, war durchgeschwitzt. Keuchend stolperte Ringo auf die näherkommende Reiterin zu. Liz warf ihm die Zügel des zweiten Pferdes zu.

„Ich bin so froh, dass ich nicht zu spät komme!“

„Liz!“, krächzte er. „Das werde ich dir nie vergessen!“

In dem Augenblick, da er sich aufs Pferd zog, tauchte Logan Kellys hagere Gestalt schräg über ihnen an der Arroyokante auf.

„Pearson, gib auf!“ Ein Warnschuss peitschte über den Hang. Ringos Gaul scheute. Ringo verfehlte die Steigbügel. Nach der Anstrengung der Flucht gehorchten seine Muskeln nicht mehr. Rücklings stürzte er vom Pferd in den Sand. Mit ungeduldigen Hackenschlägen trieb der Sheriff seinen Falben den steilen Hand herab. Der langläufige Colt ruhte wie festgeschmiedet in seiner Rechten.

„Aufstehen, Pearson! Die Hände hoch!“

Liz lenkte schreckensbleich ihr Pferd zwischen die Männer.

„Nein, Vater. Bitte, lass ihn. Gib ihm eine Chance!“

Ringo stemmte sich abermals hoch und tastete wieder nach dem leeren Sattel. Er war zu ausgebrannt, um auch nur ein einziges Wort hervorzubringen. Wie Fieber glühte es in seinen Augen, als er wieder versuchte, auf das Pferd zu kommen. Vor Anstrengung traten die Adern an seiner Stirn hervor. Kelly hatte die Arroyosohle erreicht.

„Aus dem Weg, Liz! Du weißt ja nicht, was du von mir verlangst!“ Er wollte seinen Falben an ihr vorbeitreiben. Liz klammerte sich an seiner schenkellangen Cordjacke fest. Ihre Stimme zitterte.

„Dad, sie werden ihn hängen. Das hat er nicht verdient. Denk an die Zeit, in der er einer von Babcocks tüchtigsten Cowboys war. Du selbst hast damals gesagt …“

„Die Vergangenheit interessiert mich nicht. Liz, was fällt dir ein. Für einen Verbrecher Partei zu ergreifen. Du solltest schleunigst in die Stadt zurückreiten!“

„Dad, du weißt doch, was ich stets für Ringo empfunden habe. Nichts hat sich daran geändert!“

Mit einem Ruck hatte sich Logan Kelly von seiner Tochter losgerissen. Jetzt starrte er reglos in das schmale, blasse Gesicht. Die Worte kamen mühsam über seine dünnen Lippen.

„Was sagst du da? Liz, mein Kind, ich will das nicht gehört haben. Meine Tochter und ein Mann wie Ringo Pearson? Das wird es niemals geben, nie!“

Staubwolken schoben sich oben über den Arroyorand. Sheriff Kellys Aufgebot donnerte heran. Liz riss den Kopf zu Ringo herum. Der Bandit saß endlich im Sattel. „Fort mit dir, Ringo!“

Ringo wendete, und da war Liz‘ Vater auf gleicher Höhe mit ihm. „Mach dir keine falschen Hoffnungen, Junge. Du bekommst genau das, was du verdienst!“ Er griff Ringo in die Zügel.

Ringo schlug keuchend die Faust nach Kellys Kopf. Der Sheriff wich gewandt aus. Dann traf er mit dem Coltlauf den Desperado quer über die Stirn. Ringo flog auf der anderen Seite aus dem Sattel. Der Gaul rannte los, und Kelly machte sich nicht die Mühe, ihn aufzuhalten.

Liz’ entsetzter Aufschrei ging im Dröhnen der vielen Hufe unter, die beim Arroyo anlangten. Ein Durcheinander erregter, heiserer Stimmen wehte den steilen Hang herab. Logan Kelly war mit einem Satz von seinem Falben. Der Stetson glitt ihm an der Windschnur auf den Rücken. Sein eisgraues Haar glänzte in der Sonne. Trotz seines Alters bewegte sich der lederhäutige Mann schnell und geschmeidig. Ringo kniete im Sand. Blut sickerte über seine Stirn. Der Sheriff von Red Hill hielt ihm die Coltmündung vor das Gesicht.

„Du bist verhaftet, Pearson. Gib endlich auf!“

Ringo krächzte: „Verdammter Menschenjäger. Schieß doch. Damit du dir keine Sorgen um Liz zu machen brauchst!“ Seine Hände schossen vor, krallten sich in Kellys Jacke fest und wollten Kelly umreißen. Die Augen des Sheriffs waren kalt und ausdruckslos wie zuvor, als er den Coltlauf erneut niedersausen ließ. Ohne einen Laut sank Ringo in den Sand zurück.

Liz hatte die Fingerspitzen vor die Lippen gepresst. Tränen liefen ihr über die Wangen, ohne dass sie es merkte. Sie saß wie gelähmt im Sattel. Die Aufgebotsreiter waren ausgeschwärmt den Hang herabgeritten. Sie bildeten einen Kreis um Kelly und den Desperado. Dann tauchte ein weiterer Reiter auf, der den Ring der anderen durchbrach.

Glenn Trafford, der Deputy. Atemlos sprang er neben Kelly vom Pferd.

„Ist er tot?“ Aber da begann sich Ringo schon wieder am Boden zu regen. Der Wille zum Überleben und zur Flucht war wie festgewurzelt in seinem Unterbewusstsein und machte ihn zäh wie eine Raubkatze. Kelly ging zu seinem Falben, kam mit Stahlfesseln zurück und ließ sie um Ringos Handgelenke zuschnappen.

„Warum bist du hinter ihm her, Glenn? Du konntest doch nicht ahnen, dass er zur Bande der Postkutschenräuber gehört.“

„Er hat mit zwei Freunden in Red Hill auf Jeff Babcock gelauert und ihn erschossen!“, erwiderte Glenn heiser. Dann erst entdeckte er das Mädchen, und wieder spürte er die gleiche Bitterkeit wie in der Stadt.

Einen Moment war ein scharfes Aufblitzen in Kellys hellen Augen. Dann bückte er sich und zerrte den wieder zu sich kommenden Banditen mit harter Faust in die Höhe. Ein Mann aus dem Aufgebot ritt dicht an die kleine Gruppe heran. Er war hager und grauhaarig wie der Sheriff. Der buschige graue Schnurrbart und der gestreifte Tuchanzug waren der einzige wesentliche Unterschied. Sonst hätten sie Brüder sein können. Jetzt starrte der Schnurrbärtige den Deputy entgeistert an. Um seine Mundwinkel zuckte es.

„Was sagst du da, Glenn? Was hat Ringo getan?“

Glenn schaute auf. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Es tut mir leid. Babcock. Jeff ist tot. Ringo war wie besessen von seinen Rachegedanken!“

Das Zucken um Sam Babcocks Mundwinkel wurde heftiger. Eine Weile saß er wie gelähmt im Sattel. Sein Blick wanderte über Glenn hinweg ins Leere. Ringsum war jeder Laut verstummt. Schließlich schien sich Babcock wieder zu fangen. Mit einer zähflüssigen Bewegung richtete er sein wettergegerbtes, schnurrbärtiges Gesicht, das so gar nicht zu dem teuren, städtisch geschnittenen Anzug passte, auf den Gefangenen.

„Du Dreckskerl! Ich wünschte, wir hätten dich schon damals aufgehängt, du Lump!“ Er schlug die Jacke zurück und griff zum Colt. Ringo lehnte schwitzend und schwer atmend an der Flanke von Kellys Falben.

Kelly trat schnell auf den Großrancher zu. „Nein, Sam. Nimm dich zusammen. Ich kann verstehen, wie hart dich das trifft.“

„Dann geh aus der Schusslinie, damit ich diesem Mordbanditen den Lohn geben kann!“, schrie Babcock los.

„Sam, ich trage den Stern. Ich werde das nicht zulassen. Wir nehmen Ringo mit nach Red Hill. Dort kommt er ins Jail und später vor den Richter. Ich bin sicher, dass es für ihn nur ein Urteil geben wird: Tod durch den Strang!“

Sam Babcock hörte ihn überhaupt nicht. Das Feuer des Hasses flackerte in seinen Augen. „Er hat Jeff auf dem Gewissen!“, knirschte er. „Jeff, der mir immer ein guter Sohn war. Nein, Logan, nein, du kannst nie begreifen, wie das ist. Hölle, Jeff von diesem Hundesohn erschossen. Kaltblütig umgebracht. Geh weg, Logan, geh, und lass mich mit ihm abrechnen. Ringo, du Schuft, ich werde dich töten!“

„Nein!“, stieg da Liz’ schriller Schrei auf. „Dad, um Himmels willen, lass es nicht zu!“

Logan Kelly stand wie aus Stein gehauen, den Blick unverwandt in Babcocks verzerrtes Gesicht gerichtet. „Steck das Eisen zurück, Sam. Sei vernünftig!“

„Vernünftig?“ Babcock lachte hart auf. „Wie kannst du dieses Wort in den Mund nehmen, nach allem, was geschehen ist. Himmel, Logan, und ich hielt dich immer für meinen besten Freund!“

„Das bin ich immer noch. Aber gleichzeitig vertrete ich das Gesetz. Und das duldet keinen Gefangenenmord. Mord, jawohl, Sam!“ Er winkte knapp mit einer Hand. „Glenn, nimm deinen Colt. Wenn Babcock auf mich feuert oder mich umzureiten versucht, dann drück ab!“

Glenn gehorchte automatisch und schwang seinen Frontier hoch. Babcock schluckte schwer, halfterte seine Waffe und beugte sich im Sattel vor. Seine Augen funkelten den Sheriff herausfordernd an. „Denkst du wirklich nur an das Gesetz, Logan? Oder vielleicht mehr an deine Tochter, he?“

„Sam, Vorsicht!“, sagte Kelly schneidend.

Babcock ballte die Fäuste. „Sie war damals ziemlich vernarrt in Ringo, nicht? Scheint, sie ist es immer noch. Hör zu, Logan, lass dir nur nicht einfallen, Ringo ihretwegen zu helfen. Er wird für Jeffs Tod mit dem Leben bezahlen. Alles andere interessiert mich nicht mehr! Und wenn du diesen Mörder auch nur im geringsten schützen willst, ist es aus mit unserer Freundschaft. Dann wirst du nicht mehr lange Sheriff in Red Hill sein.“

„Drohungen haben mich noch nie geschreckt, Sam. Ich weiß selber recht gut, was ich zu tun habe. Reitet, Leute! Das gilt auch für dich Sam! Glenn und ich bringen diesen Mann allein in die Stadt zurück!“

Babcock zog langsam seinen Gaul herum. „Es wäre schlimm für dich, wenn du’s nicht tätest, Logan!“ Er winkte den anderen zu. Es gab keinen unter ihnen, der dem reichsten und mächtigsten Rancher im Red Hill County nicht sofort gehorchte. Die Kavalkade schloss sich zu einer dichten Traube zusammen und war kurz darauf hinter der nächsten Arroyobiegung verschwunden. Nur der Sheriff, sein Deputy, der Gefangene und das Mädchen blieben zurück.

Ringo murmelte rau: „Ich bin froh, dass Sie zur Einsicht gekommen sind, Sheriff. Ich habe schließlich nichts weiter getan, als mit Babcocks Sohn abgerechnet. Nehmen Sie mir die Fesseln ab, und ich werde mich nie mehr in dieser Gegend blicken lassen. Das verspreche ich Ihnen!“

Kellys Blick war eisig. „Du irrst dich, Hombre. Glenn, hilf ihm aufs Pferd. Wir bringen ihn in die Stadt!“

Ringo presste die gefesselten Fäuste vor die Brust, als gelte es einen Angriff abzuwehren. „Kelly, Mann, sind Sie verrückt? Die Jury wird mich schuldig sprechen. Man wird mich hängen. Kelly, verdammt, Sie wissen, wie Liz und ich ...“

„Kein Wort mehr, du Lump!“, unterbrach ihn der Sheriff scharf. „Wenn du den Strick verdienst, bekommst du ihn auch. Los, in den Sattel mit ihm, Glenn. Wir reiten!“

„Liz!“, keuchte Ringo. „Bring du ihn zur Vernunft. Sag du ihm, dass wir beide ...“

Kellys Handrücken traf ihn auf den Mund und warf ihn gegen die Flanke des Falben zurück. Als Glenn dem Desperado in den Sattel half, stampften die Hufe von Liz’ Braunem näher.

„Dad, ich ...“

„Gib dir keine Mühe, Liz, es hätte keinen Sinn.“ Und dann wich die Schärfe aus seinem Ton. Er ging dicht an das Mädchen heran und fasste nach ihrer Hand. „Bist du so blind, Kleines, dass du den Unterschied nicht siehst? Ringo und Glenn. Wer von den beiden hat deine Liebe mehr verdient? Oder hast du die ganze Zeit nicht gemerkt, wie es um Glenn Trafford steht?“

„Kelly, lassen Sie das!“, rief Glenn heiser zu ihm herüber. Das Blut pochte ihm in den Schläfen.

Kelly murmelte noch: „Denk darüber nach, Liz. Bitte!“ Dann kam er zu Glenn und Ringo zurück. Liz trieb schnell ihr Pferd an, ohne noch einen Blick zurückzuwerfen. Als sie verschwunden war, begann Ringo höhnisch zu lachen.

„Alles umsonst, großer Sheriff. Du wünscht dir den falschen Schwiegersohn. Vielleicht hättest du Sam Babcock doch freie Hand lassen sollen, was?“

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