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5.4Die Tragödie draußen
ОглавлениеFür die Welt jenseits der Familie, der Freunde und des Nahbereichs wird der Neostoizismus vielfach auch mit einer tragischen Weltsicht kombiniert. Hier neigt der Neostoizismus zum Fatalismus. Zu tief ist dann die Kluft zwischen der medial wahrgenommenen Not und den realen Handlungsmöglichkeiten. Der Dramatisierung der Bilder entspricht dann eine routinierte Distanzierung von ihnen – weil eben die weitere Welt doch eher einer Tragödie entspricht. Für diese tragische Weltsicht ist auch durch alle Sozialtechnologie kein echter moralischer Fortschritt zu erreichen. Die Konfliktlinien zwischen den Kräften bleiben immer die gleichen. Der Tragiker sieht deutlich: Alle Katastrophen des 20. Jahrhunderts waren dem Anspruch nach Weltverbesserungsprojekte, die in Wahrheit von Anfang an zum Gegenteil führten. Die Welt ist stets gefährdet, nicht nur durch die Bösen, sondern auch durch die, die sich in der jeweiligen Situation für die Guten halten. Dem nie endenden Schmerz und dem Terror dieser Welt kann daher nur durch den Aufbau einer kleinen Gegenwelt entkommen werden. Für den Tragiker gibt es nichts zu retten. Der Pessimismus der Tragik ist dann die andere Seite des kleinen Glücks. Konsequent zu Ende gedacht, mündet diese Haltung in ein »Lob des Fatalismus« (so der programmatische Titel des Buches des Theologen und Journalisten Matthias Drobinski).