Читать книгу Historische Translationskulturen - Группа авторов - Страница 14

4.4 Qualifikationskriterien für Redakteure

Оглавление

Im Rahmen der Beschreibung der kroatischen Translationskultur geht Prunč auf die Qualifikationsnachweise und die Zugangsbeschränkungen zum dortigen Translationsmarkt ein, weil diese als einer der wesentlichen Faktoren für die Gestaltung einer demokratischen Translationskultur anzusehen sind (vgl. Prunč 2009: 8). So sollen auch an dieser Stelle die Qualifikationskriterien für die Einstellung von Redakteuren des RGBl. als eine weitere aufschlussreiche Dimension der Translationskultur des RGBl. erörtert werden. Zu Beginn des Erscheinens des RGBl. mussten Translatoren einen Nachweis über ein abgeschlossenes rechtswissenschaftliches Studium erbringen. Da sich dabei aber herausstellte, dass diese Ausbildung nicht unbedingt Garant für ausreichende Sprachkenntnisse und somit einwandfreie übersetzerische Arbeit ist, wurde ab 1856 nur noch ein Nachweis über ein abgeschlossenes Studium verlangt (vgl. Wolf 2012: 158).1 Beim RGBl. stand also die Frage im Vordergrund, ob die sachliche der sprachlichen Kompetenz vorzuziehen ist. Für den analysierten Zeitraum soll nun überprüft werden, welches Bewusstsein bei den slowenischen Redakteuren, Zeitungen und Fachzeitschriften sowie weiteren wichtigen Akteuren bezüglich der Profilanforderungen für den Redakteursposten bestand und ob versucht wurde, die Auswahlkriterien zu beeinflussen.

In der Anfangsphase des Erscheinens des RGBl. diskutiert Svečan die Frage, ob ein Jurist oder ein Linguist besser als Redakteur des RGBl. geeignet ist:

[…] in po moji misli ni treba, da morja vsi udi biti pravdoznanci; dosti je, ako so nekteri, uni pa jezikoslovci in pravi vlastenci, in bodi Bogu hvala, takih ne menka.2 (Svečan 1849b: 377)

Wie aus dem angeführten Zitat hervorgeht, kommt Svečan in seinen Überlegungen zum Schluss, dass nicht nur Juristen, sondern auch Sprachwissenschaftler angestellt werden sollten.

Als Matej Cigale im Jahre 1889 starb, bat sein Kontrolltranslator Josip Stritar den Philologen Karel Štrekelj um Unterstützung bei den Übersetzungsarbeiten (vgl. Kropej 2001: 48). Da Štrekelj bereits als Übersetzer für das RGBl. arbeitete, bemühte er sich, die vakante Stelle des Redakteurs zu bekommen. Er versuchte in seiner Korrespondenz mit Levec für seine Anstellung als Redakteur des RGBl. zu werben, obwohl er kein Jurist war. Als Beispiel führte er den Redakteur der ruthenischen Ausgabe Johann Glowacki an, der vorher als Chirurg arbeitete (Štrekelj 1889a). Štrekelj wurde bei seiner Bewerbung um den Redakteursposten auch von den slowenischen Kreisen unterstützt. Als Linguisten plädierten für ihn zwei renommierte Übersetzer: Fran Levec, Übersetzer des LGBl. für Krain, und der Verwaltungsjurist Andrej Winkler, der Levec bei Übersetzungen längerer Gesetzestexte aushalf und sich auch sonst um die Entwicklung der slowenischen Rechtsterminologie bemühte (vgl. N.N. 1898e: 278f.). Auch der Kontrollredakteur des RGBl. Stritar, der selbst Philologe war, teilte nicht die Auffassung jener, die meinten: „[…] da samo jurist more s pridom in uspehom zavzemati uredniško mesto […]“3 (Štrekelj 1889b). Levec informierte allerdings Štrekelj darüber, dass man in Ljubljana in bestimmten Kreisen hingegen der Auffassung war, dass nur ein Jurist als Redakteur in Frage kommt (vgl. Levec 1889, in Bernik 1971: 38). Der Sekretär des Vereins Pravnik, Danilo Majaron, setzte sich beispielsweise Štrekeljs Meinung nach ebenfalls für einen Juristen ein. Majaron hatte nämlich den Wunsch, dass der neue Redakteur in Zusammenarbeit mit dem Verein Pravnik eine einheitliche Rechtsterminologie erarbeiten würde, wofür Štrekelj selbst Verständnis aufbringt:

Njegova želja, da naj bi se naslednik Cigaletov postavil v zvezo s ‚Pravnikom‘ (društvom) ter skušal s tem rabiti enotno terminologijo in se o novih terminih posvetovati z udi imenovanega društva, – ta želja se mi zdi popolnoma opravičena, in prepričan sem, da se ji pameten urednik ne bo protivil, uže z ozirom na olajšanje svojega dela ne.4 (Štrekelj 1889a)

Sechs Jahre nach seiner Ernennung zum Redakteur der slowenischen Ausgabe kommt Štrekelj zum Schluss, dass eine juristische Ausbildung keineswegs ausreichen würde, um die Translate des RGBl. erstellen zu können. In seinem Brief aus dem Jahre 1896 geht er auf die terminologischen Herausforderungen beim Übersetzen des RGBl. ein:

Tu ni dovolj, da je človek jurist, kakor v Ljubljani mislijo, poznati mora vsaj nekaj vsako znanost; ne pravne znanstvene, ampak tehnologične stvari so stvari so najbolj sitne in težke. Tudi besedni kovač mora biti – in ravno to je bilo meni kot filologu najzopernejše, in rad sem se izognil takemu poslu kakor koli.5 (Štrekelj 1896)

Štrekelj war also der Auffassung, dass vor allem die technischen und nicht die rechtlichen Termini und Sachverhalte das größte Problem bei den Übersetzungen des RGBl. darstellen.

Diese Dimension der Translationskultur lässt erkennen, dass im analysierten Zeitraum intensiv über die erforderlichen Kompetenzen eines Redakteurs überlegt wurde. Aus den gewonnenen Daten kann vor allem für den Zeitraum nach Cigales Redaktionszeit behauptet werden, dass der sprachlichen Kompetenz Vorrang gegeben wurde. Beide Nachfolger von Cigale, Karel Štrekelj und Fran Vidic, waren nämlich Philologen. Auch der hier erwähnte Kontrolltranslator Josip Stritar war kein Jurist, sondern Schriftsteller und Kritiker. Sowohl in Wien als auch in den slowenischsprachigen Kreisen herrschte also im untersuchten Zeitraum, um ihn mit Schopp zu bezeichnen, ein „eng gefasster, semiprofessioneller Begriff vom Übersetzungsprozess“ (Schopp 2008: 239). Die Qualifikationskriterien für staatliche Translatoren waren in erster Linie auf Sachfachwissen und Sprachkenntnisse ausgerichtet und ließen kulturmittlerische Fähigkeiten außer Acht (vgl. Wolf 2012: 164f.). Dazu sei aber angemerkt, dass es im untersuchten Zeitraum noch nicht möglich war, eine translationsspezifische Ausbildung zu erwerben.6 Im Sinne der Translationskultur im Rahmen der Qualifikationskriterien für Redakteure wird aber vermutet, dass durch die Übersetzungen des RGBl. das Bewusstsein für entsprechende translatorische Kompetenzen zumindest ansatzweise geschärft wurde.

Historische Translationskulturen

Подняться наверх