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2 Das Reichsgesetzblatt und die slowenischen Übersetzungen

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Basierend auf dem Kaiserlichen Patent über die Einführung eines allgemeinen Reichsgesetzblattes vom 4. März 1848 war das RGBl. im Zeitraum bis 1918 das Veröffentlichungsblatt der gesamtstaatlichen Gesetzgebung der Habsburgermonarchie. Die Originalfassung in deutscher Sprache wurde in neun weitere Sprachen des Vielvölkerstaates übersetzt, darunter auch ins Slowenische. Um die Übersetzungen anfertigen zu können, wurde ein Redaktionsbüro gegründet, in welchem Redakteure und Übersetzer für die einzelnen Sprachausgaben des RGBl. beschäftigt wurden.1

Im Zeitraum von 1849 bis 1918 waren folgende Personen als Redakteure für Slowenisch tätig: Franc Miklošič, Matej Cigale, Karel Štrekelj und Fran Vidic (vgl. Wolf 2012: 161f.).2 Bei der Erstellung von Übersetzungen waren die slowenischen Redakteure mit mehreren Schwierigkeiten konfrontiert. Die slowenische Sprache (Prunč 2012: 85) war zu Beginn dieses Zeitraumes noch nicht normiert und aufgrund der historisch gewachsenen administrativen Zergliederung stark dialektal fragmentiert, eine Etablierung als Verkehrs-, Amts- und Bildungssprache wurde noch nicht vollzogen.

Die Übersetzungen des RGBl. stellten aber auch aus weiteren Gründen für die slowenischen Translatoren eine große Herausforderung dar. Einerseits war der enorme Umfang des RGBl. problematisch. Im Jahr 1853 umfasste es beispielsweise 1.428 Seiten. Andererseits regelten die Gesetzestexte diverse Themenbereiche. Somit mussten in der weder funktional komplett ausgebildeten noch einheitlich standardisierten slowenischen Sprache Übersetzungen von Staatsverträgen oder Gesetzen in den Bereichen Schulwesen, Landwirtschaft, Steuern, Bergbau etc. angefertigt werden. Das fast vollständige Fehlen übersetzerischer Hilfsmittel stellte ein weiteres Problem dar. In den Jahren von 1825 bis 1848 (Melik 1994: 16f.) verfassten lediglich 62 Schriftsteller Bücher oder Artikel in der slowenischen Sprache; die periodische Presse, die den Übersetzern als Paralleltext dienen konnte, war kaum vorhanden. Auch in den verfügbaren Wörterbüchern war eine terminologische Recherche fast unmöglich, denn bis zum Jahr 1860 gab es nur drei umfangreichere deutsch-slowenische und zwei slowenisch-deutsche Wörterbücher.3 Dazu sei noch angemerkt, dass die slowenischen Translatoren entweder über eine philologische oder eine juristische Ausbildung verfügten. Eine universitäre translatorische Ausbildung konnte damals hingegen nicht erworben werden. Zweifelsohne kann somit behauptet werden, dass diese historische Periode nicht nur für den Ausbau der slowenischen Standard- und Fachsprache, sondern auch für die Entwicklung des slowenischen translatorischen Handlungsfeldes von großer Bedeutung war. Dies stellen sowohl die umfangreichen Untersuchungen von Nuč (2017) im Bereich der slowenischen Übersetzungen des Reichsgesetzblattes als auch von Žigon/Almasy/Lovšin anhand der Übersetzungen von Lehrbüchern als „osrednji vir informacij […] celih generacij“4 (Žigon/Almasy/Lovšin 2017: 143) zweifelsohne fest.

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